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Der Diskus von Phaistos

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dem Datum, versicherte Kretschmer, es handle sich um eine Namensliste <strong>von</strong> 13 Soldaten, da die<br />

Zeichengruppen <strong>von</strong> Helm und Schild dreizehnmal auf der Scheibe auftauchen.“<br />

c) Im Zusammenhang mit dem möglichen Inhalt der Beschriftung bleibt die Wiederholung gleicher<br />

Bildzeichen auf beiden Seiten der Tonscheibe beachtenswert. Lehmann Joh. 28 hat nach der<br />

Entzifferung der hethitischen Keilschrifttafeln festgestellt, daß der größte Teil sich mit religiösen<br />

Ritualen und Regeln beschäftigt, für die besonders bezeichnend ist, daß jeder Gedanke<br />

wiederholt wird. Da auch beim <strong>Diskus</strong> auf beiden Seiten gleiche Zeichen wiederkehren, wird<br />

man auch hier mit einem religiösen Inhalt der Beschriftung rechnen dürfen.<br />

d) Gerade weil die Meinungen über den Inhalt der Scheibe, wie Bryans selbst feststellt, so<br />

außerordentlich widerspruchsoll sind, während man sich <strong>von</strong> der Entzifferung wertvollen<br />

Aufschluß über die Kultur und die Religion der frühen Minoer erhofft, mutet der Abschluß<br />

seines Berichtes etwas sonderbar an: „Ich hoffe, daß niemand je die Wahrheit herausbekommen<br />

wird. Es ist eine so hübsche Scheibe und ganz besonders reizvoll wegen ihres Geheimnisses.“<br />

5 Wer waren die frühen Minoer?<br />

Ed. Meyer 29 beginnt seine Beschreibung des <strong>Diskus</strong> mit der Bemerkung, daß „<strong>von</strong> den<br />

Volksstämmen in der Welt des ägäischen Meeres an dieser Stelle nur derjenige eine Erwähnung<br />

erfordert, <strong>von</strong> dem das vielleicht eigenartigste Fundstück aus dieser Epoche stammt, ein <strong>Diskus</strong> aus<br />

Ton, der sich zusammen mit Gefäßen und Schrifttafeln aus dem Beginn der kretischen Neuzeit am<br />

Palast <strong>von</strong> <strong>Phaistos</strong> gefunden hat.“ Wenn dann weiterhin dafür Stämme aus Kleinasien vermutet<br />

werden, so scheint der gleiche Forscher seine Mitteilungen 30 über die altheimische Bevölkerung<br />

Kretas vergessen zu haben: „Im Osten die Eteokreter - im Westen die Kydonen. Von den Kydonen<br />

wissen wir weiter nichts, außer daß Beziehungen zum Westen des Peloponnes (Elis) vorhanden<br />

gewesen zu sein scheinen. Die Träger der Kulturentwicklung sind wahrscheinlich die Eteokreter<br />

gewesen. In den letzten Jahrhunderten des 3. Jahrtausends dürfte vermutlich ein fremdes Volk, eben<br />

das, welches die Griechen Eteokreter nennen, nach der Insel gekommen sein und die ältere<br />

Bevölkerung aus der Osthälfte verdrängt oder unterworfen, dabei aber ihre Kultur übernommen und<br />

weitergebildet haben. Diese ältere, den Kleinasiaten verwandte Bevölkerung könnte sich dann in der<br />

Westhälfte der Insel in den Kydonen erhalten haben. Bei Phryxa in der Pisatis liegt ein Tempel der<br />

‘Athena Kydonia’.“<br />

6 Woher aber kamen diese frühen Siedler?<br />

a) Erst neuere Funde haben uns über die Besiedlung der Insel bessere Aufklärung gebracht. Danach<br />

werden die ältesten Siedlungen der minoischen Kultur an der Südküste Kretas nachgewiesen, am<br />

Rande der Messara-Ebene. Da die Form ihrer Gräber sich in Nordafrika noch lange bewahrt hat,<br />

scheinen ihre Begründer <strong>von</strong> dort gekommen zu sein. Neufunde westlich des Ida-Gebirges, so<br />

der eines Gaufürstenpalastes (um 2000 v. Chr.) <strong>von</strong> Monastiraki (bei Kloster Asomatos) haben<br />

erwiesen, daß die minoische Kultur nicht auf die Osthälfte der Insel beschränkt blieb. Ihre Träger<br />

sind vom Süden der Insel nach Westen und Norden vorgedrungen. An der Nordküste fanden sie<br />

die ältere steinzeitliche Bevölkerung des Ägäisraumes vor und verdrängten sie nach Osten,<br />

übernahmen aber ihre Siedlung Knossos, die bald den älteren minoischen Herrschersitz <strong>Phaistos</strong><br />

überflügelte.<br />

b) Genauere Mitteilungen über den Zeitpunkt der Besiedlung und die Herkunft der Siedler<br />

verdanken wir vor allem v. Ranke - Graves 31 : „Ausgegrabene Tongefäße lassen darauf schließen,<br />

daß eine libysche Einwanderung nach Kreta schon im Jahre 4000 v. Chr. stattgefunden hat. Eine<br />

28 4. 290<br />

29 1. II, 126<br />

30 1. I, 700-701<br />

31 5. II, 37

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