steueranwaltsmagazin 2/2013 - Wagner-Joos Rechtsanwälte
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Andreas Jahn Gestaltungsüberlegungen zur steuerwirksamen Realisierung stiller Lasten<br />
<br />
Beiträge<br />
2. Anschaffungskosten, § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
Anschaffungskosten sind gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand<br />
zu erwerben und in einen betriebsbereiten<br />
Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand<br />
einzeln zugeordnet werden können. Dieser handelsrechtliche<br />
Begriff der Anschaffungskosten gilt auch in der<br />
steuerbilanziellen Beurteilung. 17 Die bei der Übernahme<br />
von Verbindlichkeiten zutreffend erhöhten Anschaffungskosten<br />
bilden die Ausgangsgröße für die weitere bilanzielle<br />
Entwicklung eines zugegangenen Wirtschaftsgutes.<br />
3. Anwendung auch auf steuerbilanziell unterdotierte<br />
Passivposten<br />
Der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung von Anschaffungsvorgängen<br />
findet auch auf übernommene Passivposten<br />
und hierbei unabhängig davon Anwendung, ob<br />
der Ausweis dieser Passivposten in der Steuerbilanz einem<br />
Ausweisverbot bzw. sonstigen Passivierungsbegrenzungen<br />
ausgesetzt ist. Denn auch die Übernahme steuerrechtlich zu<br />
Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil des vom<br />
Erwerber zu entrichtenden Entgelts 18 und erhöht mithin<br />
dessen Anschaffungskosten. 19<br />
Die für verschiedene Aufwandspositionen steuerrechtlich<br />
angeordneten, von den handelsbilanziellen Ansätzen<br />
abweichenden, spezifisch steuerbilanziellen Ansatzverbote<br />
ändern hieran nichts. Durch derartige Verbote sollen – lediglich<br />
– am Stichtag bereits vorhandene Verpflichtungen<br />
entgegen den Vorgaben des handelsbilanzrechtlichen Imparitätsprinzips<br />
(§ 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 HGB) auf<br />
künftige Veranlagungszeiträume verlagert werden. Steuerbilanziell<br />
wird der Verlust aus schwebenden Geschäften erst<br />
bei seiner Realisierung effektuiert, nicht bereits bei seiner<br />
Entstehung. 20<br />
4. Übertragung als Realisierung der Verpflichtung<br />
Die entgeltliche Übertragung von Verbindlichkeiten ist eine<br />
solche Realisierung. Wird beispielsweise im Fall von Drohverlustrückstellungen<br />
der verlustbedrohte Vertrag entgeltlich<br />
gegen Schuldübernahme erworben, dann ist der Erwerber<br />
im Verhältnis zum Veräußerer verpflichtet, ihn von der<br />
gegenüber dem Gläubiger der Schuld weiter bestehenden<br />
Zahlungspflicht (im Streitfall die Verpflichtung zur Mietzahlung)<br />
freizustellen. Bei dieser Freistellungsverpflichtung<br />
handelt es sich nicht um den Teil eines schwebenden Geschäfts,<br />
denn das Geschäft wurde infolge des Erwerbsvorgangs<br />
bereits erfüllt. Die Freistellungsverpflichtung ist mithin<br />
vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der<br />
Steuerbilanz nach den für ungewisse Verbindlichkeiten geltenden<br />
Grundsätzen und nicht als Drohverlustrückstellung<br />
zu passivieren.<br />
Für den Fall, daß die entsprechende Verpflichtung entgeltlich<br />
erworben wird, greifen die spezifisch steuerbilanziellen<br />
Ansatz- und Bewertungsbeschränkungen somit<br />
nicht mehr. Denn dann ist die Verpflichtung realisiert. Sie<br />
ist deswegen vom Erwerber sowohl in der Handels- als auch<br />
in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen.<br />
5. Art der Übernahme ist dabei unbeachtlich<br />
Der von der Finanzverwaltung vertretenen Differenzierung<br />
zwischen Schuldbeitritt und Schuldübernahme folgt der<br />
BFH nicht. Ob die Schuld im Wege eines internen Schuldbeitritts<br />
oder aber im Zuge einer Vertragsübernahme nach<br />
§ 414 BGB oder im Fall des Erwerbs eines Betriebes nach<br />
§ 613a BGB oder im Wege der Ausgliederung 21 von Einzelwirtschaftgütern<br />
(außerhalb des UmwStG) übernommen<br />
wurde, ist unbeachtlich. Auf den Passivausweis des Erwerbers<br />
hat das keine Auswirkungen.<br />
Im Urteil vom 26.04.2012 liefert der IV. Senat die dogmatisch<br />
überzeugende Begründung für die Realisierung<br />
durch entgeltlichen Schuldbeitritt mit interner Freistellungsverpflichtung.<br />
Durch den Schuldbeitritt werden der ursprüngliche<br />
Schuldner und der Schuldbeitretende Gesamtschuldner,<br />
die zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet<br />
sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§ 426 Abs. 1 Satz<br />
1 BGB). Im Außenverhältnis führt ein Schuldbeitritt somit<br />
zur Entstehung einer eigenen Schuld des Beitretenden gegenüber<br />
dem Gläubiger. Im Innenverhältnis zum bisherigen<br />
Schuldner kann der Beitretende die Schuld durch entsprechende<br />
Vereinbarung in vollem Umfang übernehmen. Wird<br />
der ursprüngliche Schuldner gleichwohl von dem Gläubiger<br />
in Anspruch genommen, kann er von dem Beigetretenen<br />
Ausgleich verlangen; die Forderung des Gläubigers gegen den<br />
Beigetretenen geht auf ihn über (§ 426 Abs. 2 Satz 1 BGB).<br />
Das schlägt sich bei einem entgeltlichen Schuldbeitritt<br />
bei Pensionsverpflichtungen auch bilanziell nieder.<br />
Zwar schuldet der Altschuldner den Versorgungsberechtigten<br />
weiterhin künftige Versorgungsleistungen; seine Inanspruchnahme<br />
ist jedoch infolge des Schuldbeitritts des<br />
Neuschuldners nicht (mehr) wahrscheinlich. Wenn nach<br />
dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner allein die (leistungsfähige)<br />
Neuschuldner-GmbH künftig zu den Versorgungsleistungen<br />
verpflichtet ist, sind die Pensions-<br />
17 Vgl. auch BFH, Urteil vom 14.12.2011, I R 72/10, DStR 2012, 452,<br />
m.w.N.<br />
18 BFH, Urteil vom 17.10.2007, I R 61/06, Auswirkung von Rückstellungsverboten<br />
auf Veräußerungsgewinn, DStR 2008, 963.<br />
19 So auch BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 102/08, DStR 2010, 265 und<br />
Urteil vom 14.12.2011, I R 72/10, DStR 2012, 452.<br />
20 BFH, Urteil vom 16.12.2009, I R 102/08, Passivierung „angeschaffter”<br />
Drohverlustrückstellungen, DStR 2010, 265.<br />
21 § 133 Abs. 1 UmwG führt im Verhältnis zum Gläubiger zu einer<br />
gesamtschuldnerischen Haftung.<br />
<strong>steueranwaltsmagazin</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
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