Praxis Journal - Onkologische Schwerpunktpraxis Celle
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<strong>Praxis</strong> <strong>Journal</strong><br />
Schmerzen<br />
und Schmerzbehandlung<br />
Vor kaum etwas anderem haben Tumorpatienten<br />
so viel Angst wie vor unerträglichen<br />
Schmerzen. Diese Angst ist<br />
nur allzu verständlich. Mit einer angepassten<br />
Schmerztherapie gelingt es heute<br />
aber bei nahezu jedem Patienten, den<br />
Schmerz auszuschalten oder zumindest<br />
auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.<br />
In Deutschland erkranken jährlich etwa<br />
400.000 Menschen neu an Krebs, wobei fast<br />
die Hälfte während der Behandlung über<br />
Schmerzen klagt; bei fortgeschrittener Erkrankung<br />
tun dies sogar 70 bis 90 Prozent<br />
aller Patienten.<br />
Wie entsteht der Schmerz?<br />
Bei Krebspatienten rührt der Schmerz von<br />
mindestens zwei Quellen her: Entweder<br />
verursacht der Tumor selbst Schmerzen –<br />
beispielsweise durch Ausschüttung von<br />
Schmerz-Botenstoffen – oder Schmerzen<br />
entstehen, weil der Tumor Organe schädigt,<br />
beispielsweise die Lunge oder das<br />
Skelettsystem. Tumorschmerzen entstehen<br />
nur selten plötzlich, im Allgemeinen beginnen<br />
sie als lästige, aber beherrschbare<br />
Beschwerden und nehmen dann unbehandelt<br />
bis zur Unerträglichkeit zu.<br />
Schmerzen sind individuell<br />
Was so einfach und plausibel klingt, empfinden<br />
Patienten jeweils ganz unterschiedlich:<br />
Schmerzen, die für den einen gut<br />
auszuhalten sind, verursachen beim anderen<br />
einen unerträglichen Leidensdruck.<br />
Schmerzen sind also etwas sehr individuelles,<br />
sie müssen deshalb im Rahmen<br />
eines maßgeschneiderten Konzeptes behandelt<br />
werden.<br />
Schmerzen kann man messen<br />
Zu diesem Konzept gehört zunächst die<br />
Messung des individuellen Schmerzes. Als<br />
Patient werden Sie aufgefordert, Ihre Beschwerden<br />
genau zu schildern und die<br />
Stärke der Schmerzen selbst zu beurteilen.<br />
Therapie<br />
Für diese Messung der Schmerzstärke oder<br />
Schmerzintensität haben sich verschiedene<br />
Verfahren bewährt: Am einfachsten geht<br />
das über eine Skala, auf der zwischen keinem,<br />
leichtem, mittelstarkem, starkem oder<br />
sehr starkem Schmerz unterschieden wird.<br />
Manchmal ist es auch sinnvoll, seine eigenen<br />
Schmerzen auf einer Skala zwischen 1<br />
und 100 einzuordnen.<br />
Bei Kindern wird die Schmerzstärke häufig<br />
mit der so genannten Smiley-Skala gemessen.<br />
Aus fünf mehr oder minder schmerzverzerrten<br />
Gesichtern soll das Kind dasjenige<br />
auswählen, das seinen momentanen<br />
Zustand am besten beschreibt. Das Ergebnis<br />
ist für den Arzt ein wichtiges Kriterium<br />
bei der Auswahl einer geeigneten Schmerztherapie.<br />
Die Messungen werden im Verlauf<br />
der Therapie außerdem regelmäßig wiederholt,<br />
um feststellen zu können, ob die<br />
Behandlung wirksam ist.<br />
Das WHO-Stufenschema<br />
Für die medikamentöse Therapie von Tumorschmerzen<br />
hat die Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) bereits im Jahre 1986 ein<br />
dreistufiges Schema verabschiedet. Mit<br />
den Medikamenten der ersten Stufe sollen<br />
der WHO zufolge mäßige, mit denen der<br />
zweiten Stufe starke und mit Medikamenten<br />
der dritten Stufe stärkste Schmerzen<br />
behandelt werden.<br />
Auf der ersten Stufe stehen Schmerzmittel,<br />
die keine Opioide – also keine Morphinähnlichen<br />
Substanzen – enthalten. Wenn<br />
die Schmerzlinderung auf Stufe 1 nur unzureichend<br />
ist, werden sie auf der Stufe 2<br />
mit so genannten schwachen Opioiden<br />
kombiniert. Ist auch so keine ausreichende<br />
Schmerzlinderung zu erzielen, werden auf<br />
Stufe 3 die schwachen Opioide durch starke<br />
Opioide (z. B. Morphin oder Methadon)<br />
ersetzt.<br />
Opioide regelmäßig einnehmen<br />
Speziell bei der Schmerzbekämpfung mit<br />
Opioiden ist es wichtig, die Medikamente<br />
in regelmäßigen Zeitabständen einzunehmen<br />
und nicht erst dann, wenn der<br />
Schmerz durchbricht. Wer Medikamente<br />
gegen chronische Schmerzen nur bei Bedarf<br />
einnimmt, läuft Gefahr, dass für die<br />
wirksame Schmerzlinderung in kurzer<br />
Zeit immer höhere Dosen benötigt werden.<br />
Manchmal verordnet der Arzt zusätzlich<br />
zu den Schmerzmitteln auch ein Antidepressivum;<br />
denn eine depressive Grundstimmung<br />
wie sie im Verlauf von Tumorerkrankungen<br />
immer wieder vorkommt,<br />
macht den Patienten meist schmerzempfindlicher.<br />
Das ist wahrscheinlich ein<br />
Grund dafür, dass bestimmte Antidepressiva<br />
schmerzlindernd wirken.<br />
Stufenschema der WHO<br />
zur Schmerzbehandlung<br />
1<br />
Nicht-Opioid-<br />
Analgetika<br />
(einfache, nicht<br />
morphinhaltige<br />
Schmerzmittel):<br />
Paracetamol,<br />
Ibuprofen<br />
Nicht-Opioid-<br />
Analgetika plus<br />
schwache<br />
Opioide (stärker<br />
wirkende, nicht<br />
morphinhaltige<br />
plus schwache<br />
morphinartige<br />
Schmerzmittel):<br />
Codein<br />
2<br />
Nicht-medikamentöse Maßnahmen<br />
Nicht nur mit Medikamenten lässt sich der<br />
Schmerz bekämpfen, auch Massagen,<br />
Wärme- oder Kältepackungen sowie Entspannungstechniken<br />
oder leichte Gymnastik<br />
können schmerzlindernd wirken.<br />
7<br />
Nicht-Opioid-<br />
Analgetika<br />
plus starke<br />
Opioide (stärker<br />
wirkende,<br />
nicht morphinhaltige<br />
plus starke<br />
morphinartige<br />
Schmerzmittel):<br />
Morphin<br />
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