Magazin 3 - IBP Institut
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8 <strong>IBP</strong> <strong>Institut</strong> magazin 3 | 2012 Coaching / Beratung<br />
mir selbst auf Augenhöhe begegnen<br />
Warum Selbstfürsorge so<br />
wichtig ist und uns dennoch<br />
oft schwerfällt<br />
Gandhera Brechbühl und Silvia Pfeifer-Burri<br />
Selbstfürsorge ist Voraussetzung, um wirklich<br />
authentisch und aus einer nicht bedürftigen,<br />
erwachsenen Position heraus mit anderen<br />
Menschen in Beziehung zu sein. Denn nur wer<br />
in ausreichendem Mass für sich selbst da sein<br />
kann, kann für andere da sein, ohne sich<br />
selbst zu verausgaben. Oder mit den Worten<br />
des Dalai Lama: «Damit jemand im Stande ist,<br />
wahrhaft Mitgefühl gegenüber anderen zu<br />
entwickeln, benötigt er oder sie zunächst eine<br />
Grundlage, auf der Mitgefühl kultiviert<br />
werden kann. Diese Grundlage ist die Fähigkeit,<br />
mit seinen eigenen Gefühlen verbunden<br />
zu sein und für sein eigenes Wohlergehen<br />
zu sorgen […]. Fürsorge für andere setzt Fürsorge<br />
für sich selbst voraus.» 1<br />
Selbstfürsorgliches Verhalten setzt<br />
also Selbst-Aufmerksamkeit und<br />
Selbst-Mitgefühl voraus. Die Selbst-<br />
Aufmerksamkeit – im Sinne eines<br />
inneren Beobachters, der auf den<br />
verschiedenen Seins-Ebenen wahrnimmt,<br />
was in uns passiert – dient als<br />
Sensorium, das uns Informationen<br />
über unsere Befindlichkeit liefert.<br />
Selbst-Mitgefühl, im Sinne einer<br />
wertschätzenden, einfühlenden und<br />
freundlichen Haltung uns selbst<br />
gegenüber, nimmt diese Informationen<br />
ernst und schafft damit Zugang<br />
zu unserem fürsorglichen Teil, der<br />
sich daraufhin unserem bedürftigen<br />
Teil zuwenden kann. Wenn dieser<br />
ideal beschriebene Ablauf so stattfinden<br />
kann, erfahren wir in uns selbst<br />
Zuwendung, Trost und Verbundenheit.<br />
Er generiert eine Erfahrung von<br />
Selbstwirksamkeit, die unserem<br />
Organismus ein positives Feedback<br />
liefert, den Selbstkontakt vertieft<br />
und Stress deutlich reduzieren kann.<br />
Selbstfürsorge findet auf allen Seins-<br />
Ebenen des Menschen statt: auf der<br />
körperlichen, emotionalen, kognitiven,<br />
sozialen und spirituellen Ebene<br />
(Beispiele dazu siehe Kasten). Die<br />
Strategien dazu können individuell<br />
sehr verschieden aussehen. Langfristig<br />
erfolgreiche Selbstfürsorge-Strategien<br />
weisen aber immer folgende zwei<br />
Gemeinsamkeiten auf: Sie werden<br />
erstens von einer akzeptierenden und<br />
wohlwollenden inneren Haltung<br />
getragen und zeichnen sich zweitens<br />
durch eine gute Balance zwischen<br />
Tun und Sein, Aktivierung und<br />
Entspannung, Zeit mit Anderen und<br />
Zeit für sich aus.<br />
Doch warum fällt uns Selbstfürsorge<br />
immer wieder so schwer?<br />
Die Antworten darauf finden wir<br />
sowohl in unserer Vergangenheit als<br />
auch in der Gegenwart.<br />
In unserer frühen Kindheit sind wir<br />
darauf angewiesen, dass unsere Bedürfnisse<br />
durch fürsorgliche Bezugspersonen<br />
erkannt und befriedigt<br />
werden. Passiert dies in einem ausreichenden<br />
Mass, so lernen wir als<br />
Kind nach und nach, die Botschaften,<br />
die uns unser Körper schickt, zu<br />
Erfolgreiche Strategien<br />
zeichnen sich<br />
durch eine gute<br />
Balance zwischen<br />
Tun und Sein,<br />
Aktivierung und<br />
Entspannung, Zeit<br />
mit Anderen und<br />
Zeit für sich aus.<br />
verstehen und unsere Bedürfnisse<br />
wenn möglich selbst zu regulieren.<br />
Wir lernen, einen eigenen inneren fürsorglichen<br />
Teil zu entwickeln. Passiert<br />
dies nicht in einem ausreichenden<br />
Mass, so gewöhnen wir uns mit der<br />
Zeit daran, unsere instinktiven Impulse,<br />
körperlichen Bedürfnisse und Emotionen<br />
zu unterdrücken, zu ignorieren<br />
oder ganz einfach abzuschalten.