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BESINNUNG
Liebe Gemeinde,
wieder geht ein Jahr zu Ende, die
Tage sind kürzer als die Nächte,
Kälte, Nässe und Finsternis lassen
die Erinnerung an den warmen,
sonnigen Sommer verblassen.
Entgegen jeglicher wirtschaftlicher
Vernunft und allen Energiesparbemühungen
zum Trotz werden auch
dieses Jahr wieder unzählige Lichter
in Vorgärten und Fenstern die
Dunkelheit erleuchten, um das
richtige Ambiente zu zaubern.
Drinnen am Lagerfeuer der Flachbildschirme
flackern die Jahresrückblicke,
medial inszenierte Höhepunkte
der „wichtigsten und e-
motionalsten Momente des Jahres
und alle Highlights aus Politik,
Wirtschaft und Sport“.
„Protzbischof“ steht zwar noch in
keinem Duden – hat aber gute
Chancen nach „Wulffen“ (2012)
und „Guttenbergen“ (2011) auf
einen Platz auf der Kandidatenliste
für das Wort des Jahres. Ob ehrliche
Empörung oder Häme, Hohn
und Spott – das Ergebnis in jedem
dieser Beispiele der letzten drei
Jahre ist das persönliche Scheitern
von Amts- und Würdenträgern
am gesellschaftlichen moralischen
Anspruch durch verzerrte Selbstwahrnehmung,
Realitätsverlust
oder mangelnde Kritikfähigkeit.
Beispiele ließen sich endlos fortsetzen.
Besonders hart ist es,
wenn es DIE moralische Instanz
schlechthin betrifft – die Kirche
selbst. Wozu dann überhaupt eine
Kirche, deren zum großen Teil
staatlich finanzierte Aufgaben – ob
Unterhalten von Krankenhäusern,
Kindergärten oder Altenheimen –
von jeder anderen beliebigen Institution
erledigt werden können?
Denn sind es nicht gerade die
Menschen, die in diesen Einrichtungen
arbeiten, die besonders
hohe moralische Erwartungen erfüllen
müssen? Was also führt uns
zu der Annahme, die Kirche selbst
sei Garant der Moral und Ordnung?
Was erwarten wir eigentlich
von „der Kirche“? Wie weit hat sie
in unserem Leben überhaupt noch
Platz? Schließlich finanzieren wir
alle mit unseren Kirchensteuern
ein System, das auf diese Fragen
Antworten geben muss. Vielleicht
kennen Sie Ihre Antwort ja schon,
vielleicht ist Ihnen bewusst, dass
Kirche immer ein menschliches
Gebilde bleiben und genauso wie
eine Familie niemals „perfekt“ sein
wird. Vielleicht ist Kirche für Sie
(Fortsetzung auf Seite 4)
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