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Taxi zum Gottesdienst - Ev.-Luth. Martini-Kirchengemeinde ...

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Gnade?<br />

3<br />

An(ge)dacht…<br />

Nehmen wir einmal an, in Ihrer Nachbarschaft zieht ein Mann ein,<br />

von dem alle wissen, dass er Kinder misshandelt hat. Nun ist die<br />

Strafe verbüßt, die Gutachten bescheinigen eine veränderte Persönlichkeit,<br />

von der, nach allem was Menschen wissen können, keine<br />

aktuelle Gefahr mehr ausgeht.<br />

Sie haben Kinder und werden mit dieser Neuigkeit konfrontiert.<br />

Wie würde wohl Ihre und meine Reaktion sein? Gehören wir zu<br />

denen, die auf die Straße gehen mit Plakaten, das Haus belagern,<br />

die Öffentlichkeit mobilisieren? Wer kann garantieren, dass dieser<br />

Mensch nicht wiederholt, was er schon einmal getan hat?<br />

Einfach ist diese Situation nicht. Die Angst der Protestierenden ist<br />

allzu verständlich.<br />

Der christliche Glaube zeichnet sich dadurch aus, dass er Gnade als<br />

Möglichkeit für einen Menschen, in die Gesellschaft zurückzukehren<br />

und neu anzufangen, großschreibt. Wenn die Gnade Gottes jedem<br />

gilt, der sich ihm zuwendet, dann sollen wir diese Haltung, so gut<br />

es Menschen können, leben. Nicht also Sühne, Vergeltung, sondern<br />

Rückkehr ins Leben ist das Ziel, das nicht bei jeder und jedem<br />

erreicht werden kann. Dies sei eine Vernachlässigung, gar Verhöhnung<br />

der Opfer, heißt es oft. Doch Resozialisierung vor Sühne heißt<br />

ja nicht gleichzeitig Vernachlässigung der Opfer. Für beide Seiten<br />

alles zu tun, lautet die Verpflichtung.<br />

„Richtet nicht, damit Gott nicht über euch richtet“, sagt Jesus im<br />

Matthäus-<strong>Ev</strong>angelium. Der Mensch muss richten, die Gesellschaft<br />

vor manchen Menschen schützen. Es sollte uns bewusst sein, jedes<br />

Urteil ist immer auch ein Fehlurteil, weil wir nie alles erfassen. Die<br />

Umstände, Besonderheiten, die Geschichte enthüllen wir nie ganz.<br />

Dass der Mensch im Letzten über ein Menschenleben nicht urteilen<br />

kann, ist biblische Auffassung. Es ist in diesen Tagen nicht selbstverständlich,<br />

die christliche Auffassung mit allen Risiken und Erschwernissen,<br />

Unwägbarkeiten und Verletzungen, die diese Haltung mitbringt,<br />

wirklich öffentlich zu leben.

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