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Die Himmelspolizey Die Himmelspolizey - Astronomische ...

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<strong>Himmelspolizey</strong>, 25, Januar 2011<br />

eine Milliarde Jahre nach dem Urknall existiert<br />

haben müssen. <strong>Die</strong> neueste Auswertung der<br />

Bilder lässt eine Galaxie erkennen, die bereits<br />

600 Millionen Jahre nach Entstehung der Welt<br />

vorhanden war [6]. Unter Berücksichtigung<br />

der im ganz frühen Universum herrschenden<br />

physikalischen Verhältnisse, konnten sich<br />

jedoch nicht aus den extrem schwachen Inhomogenitäten,<br />

die uns heute der kosmische<br />

Mikrowellenhintergrund zeigt, in wenigen<br />

hundert Millionen Jahren derart massive<br />

Materieansammlungen wie Sterne und Galaxien<br />

bilden. Daraus lassen sich nun zwei Konsequenzen<br />

ableiten: Entweder stimmt etwas<br />

nicht mit der kosmischen Zeitskala oder die<br />

aus dem Mikrowellenhintergrund abgelesenen<br />

Dichtefluktuationen sind sehr viel größer als<br />

es aus den Temperaturschwankungen hervorgeht.<br />

Da ersteres von den Wissenschaftlern<br />

nicht in Betracht gezogen wird, bleibt nur die<br />

zweite Möglichkeit der Interpretation. Dann<br />

darf aber der überwiegende Teil der Materie<br />

im Wesentlichen nur gravitativ und nicht elektromagnetisch<br />

wechselwirken. Andernfalls<br />

hätte nämlich die mittlere, extrem hohe Temperatur<br />

des Weltalls in seiner allerfrühesten<br />

Entwicklungsphase und die damit verbundene<br />

virulente Wärmebewegung der Teilchen<br />

die Zusammenballung normaler Materie über<br />

das in den Temperaturfluktuationen des Mikrowellenhintergrundes<br />

hinausgehende Maß<br />

verhindert. Man könnte dieses Verhalten der<br />

normalen Materie mit Herbstlaub im Wind<br />

vergleichen, das sich nur schwer zusammenfegen<br />

lässt, weil der Wind es ständig wieder<br />

durcheinanderwirbelt. Wenn das Laub aber<br />

nun so beschaffen wäre, dass der Wind damit<br />

nicht oder nur schwach “wechselwirken“<br />

kann, dann ließe es sich sehr viel leichter und<br />

schneller zu Haufen zusammenkehren.<br />

Aufgrund dieser Indizien können wir also<br />

annehmen, dass es tatsächlich so etwas wie<br />

Dunkle Materie gibt. <strong>Die</strong> Frage ist aber, wie<br />

sie dann beschaffen sein muss und in welcher<br />

Menge sie relativ zur normalen baryonischen<br />

Materie vorhanden ist. Um dies wenigstens<br />

ansatzweise zu erhellen, müssen wir uns etwas<br />

mit dem Aufbau der Materie und ihrer Wechselwirkung<br />

mit der Strahlung beschäftigen.<br />

<strong>Die</strong> Materie besteht aus einer Reihe unterschiedlicher<br />

Elementarteilchen, die allesamt<br />

Fermionen genannt werden. <strong>Die</strong>se wiederum<br />

werden in zwei Familien unterteilt, die Baryonen<br />

und die Leptonen. Hinzu kommen<br />

weitere Teilchen, die Bosonen, die für die<br />

Wechselwirkung zwischen den Fermionen<br />

verantwortlich sind. <strong>Die</strong> Baryonen bilden<br />

die normale Materie, die allen vier Wechselwirkungen,<br />

insbesondere der starken Kernkraft<br />

unterliegen. Hingegen unterliegen die<br />

Leptonen, sofern sie elektrisch neutral sind,<br />

nur der schwachen Kernkraft und der Gravitation.<br />

Bei elektrisch geladenen Leptonen,<br />

wie dem Elektron, kommt noch die elektromagnetische<br />

Wechselwirkung hinzu. Daraus<br />

folgt, dass als Bausteine der Dunklen Materie<br />

nur elektrisch neutrale Leptonen oder bisher<br />

völlig unbekannte Teilchen in Frage kommen.<br />

Als solche haben die Physiker nun eine Reihe<br />

von Teilchen auserkoren, wie da sind: Neutrinos,<br />

Axionen, Monopole, WIMPs (weakly<br />

interacting massive particles) etc. Bis auf die<br />

Neutrinos sind alle Teilchen bisher spekulativ<br />

und äußerst exotisch; keines von denen wurde<br />

bisher gefunden. Da die nachgewiesenen Neutrinos<br />

sich aber de facto mit Lichtgeschwindigkeit<br />

fortbewegen und extrem leicht* sind,<br />

können sie nicht zu massiven Materieansammlungen<br />

zusammenklumpen. Sie kommen deshalb<br />

zumindest für die angeführten Indizien<br />

nicht als Kandidaten einer Dunklen Materie in<br />

Frage. Bleiben also nur die bisher rein hypothetischen<br />

Exoten übrig, auf die ich hier aber<br />

nicht weiter eingehen will. Anmerkung: Unter<br />

anderem hoffen die Physiker eines oder mehrere<br />

dieser Geisterteilchen im LHC (Large<br />

Hadron Collider), dem erst kürzlich in Betrieb<br />

gegangenen Super-Teilchenbeschleuniger bei<br />

Genf, nachweisen zu können.<br />

literatur:<br />

13<br />

Das Einzige, was sich demnach bisher über<br />

die Dunkle Materie sagen lässt, um die ermittelten<br />

kosmischen Erscheinungen zu erklären,<br />

ist, dass sie nicht oder nur schwach mit der<br />

Strahlung und der baryonischen Materie<br />

wechselwirken darf, kalt sein muss, d. h. aus<br />

schweren, langsamen, nicht-baryonischen<br />

Teilchen bestehen muss.<br />

Ferner kann man aus einer detaillierten<br />

Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung<br />

schließen, dass sich das Mengenverhältnis<br />

von baryonischer zu Dunkler Materie<br />

etwa wie eins zu vier verhält. Das heißt also,<br />

die gesamte Materie im Weltall nur zu etwa<br />

20 % aus normaler sichtbarer Materie und zu<br />

rund 80 % aus Dunkler Materie besteht.<br />

Zum Schluss sei noch angemerkt, dass<br />

ergänzend zur Dunklen Materie auch noch<br />

darüber nachgedacht wird, ob eine Modifikation<br />

des Newtonschen Gravitationsgesetzes<br />

die beobachteten Abweichungen von der<br />

Standardtheorie wenigstens teilweise erklären<br />

kann. Ein derartiger Ansatz ist unter dem<br />

Akronym MOND (MOdifizierte Newtonsche<br />

Dynamik) bekannt geworden.<br />

Fazit:<br />

<strong>Die</strong> nicht-baryonische Dunkle Materie<br />

bleibt trotz aller bisheriger Indizien bis heute<br />

noch spekulativ.<br />

Peter Steffen<br />

[1] : K. s. de boer<br />

Dunkle Materie. Weshalb? Wieviel? Wo? Jahr der Physik, www.physik-2000.de<br />

[2] : m. bartelmann, m. steinmetz<br />

Dem Dunklen Universum auf der SpurSterne und Weltraum 8/2010, Seite 32ff<br />

[3] : d. lennarz, C. Wiebusch<br />

Dunkle Materie http://web.physik.rwth-aachen.de/~hebbeker/lectures/<br />

sem0607/lennarz_ausarbeitung.pdf<br />

[4] : matthias bartelmann<br />

Cosmic Background Radiation and its Interpretation www.ita.uni-heidelberg.de/~msb/Lectures/gradTueb.pdf<br />

[5] : Hu Wayne<br />

The Microwave Background Power Spectrum http//:background.uchicago.<br />

edu/~whu/intermediate/intermediate.html<br />

[6] : http://www.nationalgeographic.de<br />

/aktuelles/fernste-galaxie-entdeckt

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