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Der Industriestrasse entlang.<br />
Auf einen Hamburger im Rathskeller.<br />
Wenn man einen Film in Originalversion sehen will,<br />
geht man nach Aarau.<br />
Titelseite: Blick durch ein Oblicht auf das Rathaus.<br />
Fotos Seite 1 bis 7: Jeannine Hangartner<br />
Heisse Marroni auf dem Weg über die Holzbrücke<br />
in die Altstadt.<br />
«Neue Sachlichkeit» im Strandbad Olten.<br />
Olé!ten – Wir kommen<br />
Normalerweise treffen wir uns um diese Zeit<br />
an einem Samstag zufällig am Graben beim<br />
Gemüse- oder Käsestand, in der Garage,<br />
am Ziegelrain oder im Gossip beim Kaffee;<br />
heute aber ist alles anders. 10:39 (weltgewandte<br />
ZugfahrerInnen wissen jetzt schon,<br />
was der Fahrplan zu dieser Zeit verspricht)<br />
und fünf abenteuerlustige Q-Redaktorinnen<br />
finden sich auf Gleis 4 ein, das Gepäck für<br />
zwei Tage geschultert. Wir fliegen aus. Eine<br />
andere Dimension haben wir uns vorgenommen,<br />
so nah und doch so fern: <strong>Planet</strong> Olten.<br />
Wo normalerweise nur vorbeigefahren wird,<br />
wo man sich nach einem Theater- oder sonst<br />
irgendeinem Besuch in Basel oder Bern beim<br />
Umsteigen auf den letzten Zug in Richtung<br />
Aarau trifft, haben wir ein Hotel gebucht:<br />
Olten Endstation, wir müssen aussteigen.<br />
Noch in der Bahnhofsunterführung, wenden<br />
wir uns mit der Frage, was man denn in<br />
Olten so tut, an eine Passantin: «Man fährt<br />
vorbei», ist die prompte Antwort. Etwas irritiert<br />
schauen wir ein letztes Mal auf die<br />
Anzeigetafeln und prüfen unsere Anschlüsse;<br />
keine Bange, hier kommen wir jederzeit<br />
wieder weg, mehrmals stündlich in alle Himmelsrichtungen.<br />
Wir halten uns für’s erste an die Schienen<br />
und dringen immer tiefer ein ins scheinbare<br />
Brachland der Lagerhallen. Unterhalb der<br />
auf dem Hügel thronenden Kantonsschule,<br />
erstreckt und manifestiert sich eine Seite<br />
Oltens, wo vielfältig und vielerorts angeknüpft<br />
werden kann. Madeleine Rey wird als<br />
Korrespondentin losgeschickt und tippt für<br />
die Daheimgebliebenen ‹Olten und sein Ge -<br />
genüber›. Wir gehen ebenfalls nach Gegenüber,<br />
überqueren die Aare und promenieren<br />
durch das in unseren Augen erfrischend<br />
weltstädtisch anmutende Zentrum der Stadt.<br />
Barbara Schwarz soll für uns auf einem architektonischen<br />
Rundgang die ‹Oltner Abendsonne›<br />
geniessen, während dem Jeannine<br />
Hangartner und Sandra Walti die Stadt ins<br />
Bild rücken.<br />
Unser Hotel liegt, grob lokalisiert, zwischen<br />
Aare und Jura, neben dem zehngeschossigen<br />
Hochhauskörper des Stadthauses<br />
und dem Trendlokal Magazin, wo sich am<br />
Wochenende die Landjugend aus dem Gäu<br />
vergnügt («die Stadt-Oltner zieht’s nach<br />
Zürich, Bern, Basel am Wochenende, die<br />
Leute vom Lande wiederum nach Olten»; der<br />
Eindruck hat also nicht getäuscht). Unsere<br />
Herberge hält, was sie verspricht: ein Bett<br />
zum Schlafen. Sie bietet aber noch mehr: im<br />
obersten Geschoss des Hotel Astoria trifft<br />
man sich im sisième zum Umtrunk mit Sicht<br />
auf die Stadt, doch wo es die Oltener Schickeria<br />
hinzieht, wollen wir weg. Wir verzichten<br />
auf die Übersicht und stürzen uns ins<br />
Getümmel.<br />
Wer Neuland erschliesst, will gestärkt sein<br />
und so begeben wir uns in den Kübel, wie<br />
das Restaurant Rathskeller gemeinhin genannt<br />
wird und be stellen, was dort alle<br />
bestellen: den legendären Hamburger. Die<br />
Szenerie ist beein druckend und wer nicht<br />
gerade mit dem von Saucen triefenden Menü<br />
ringt, zählt die Schiesseisen an der Wand<br />
(«die Oltner sind jederzeit für eine Revolution<br />
vom Kübel aus bereit») oder beobachtet<br />
die Einheimischen, die sich über alle gesellschaftlichen<br />
Schichten hinweg um die Tische<br />
scharen, ihrerseits versuchend, gute Essmanieren<br />
und den anscheinend besten Hamburger<br />
der Schweiz unter einen Hut zu bringen.<br />
Städtereisen lassen sich nur schwer von<br />
der Gastronomie trennen, darum lassen wir<br />
uns sagen, dass das Abendbrot am besten im<br />
Salmen zu geniessen ist und wir auf einen<br />
Schlummertrunk in der Vario Bar vorbeischauen<br />
sollen, was wir natürlich tun, um<br />
dort zu später Stunde als Aarauer Touristen<br />
Aufsehen zu erregen. Zuerst aber entdecken<br />
wir die Waadtländerhalle an der Marktgasse<br />
und bestimmen dieses ‹Sevilla von Olten› auf<br />
Anhieb zur Stammkneipe des Aufenthalts.<br />
Der Tiger, Jörg Binz und wie sie alle heissen,<br />
bemerken unter Gelächter und Augenzwinkern:<br />
«dass sich diese Frauen in eine solche<br />
Spelunke getrauen, wo nur die Räuber<br />
sind!» Wir schauen nicht nur tief ins Glas,<br />
sondern bei anregenden Gesprächen auch<br />
tief in die Seelen unserer Oltner Tischnachbarn<br />
(«da habt ihr ja bereits die Stadtoriginale<br />
getroffen», erklärt man uns später in der<br />
Vario Bar). Obwohl die Luft in Oltens Kneipen<br />
keineswegs dick ist und wir von der<br />
Offenheit der Stammgäste betört sind, treibt<br />
es uns wieder nach draussen, ans Wasser.<br />
«Selbst die Aare würde, wenn es ihr möglich<br />
wäre, einen grösseren Bogen um Olten<br />
machen», titelt eine Fasnachtszeitung, «zum<br />
Glück ist es ihr nicht möglich», denken wir<br />
und sind uns einig, dass mitunter die Nähe<br />
zum Wasser die Oltner Altstadt ausmacht<br />
und diese oltische Version des ‹Röstigrabens›<br />
(in diese Terminologie führten uns die Waadtländerhallen-Gäste<br />
ein) äusserst reizvoll ist.<br />
Nach einem kleinen Flirt mit dem Marronimann,<br />
dessen Kiosk sich in Form eines angenehm<br />
improvisiert erscheinenden Bretterverschlags<br />
müde an die alte Holzbrücke lehnt,<br />
stranden wir in der Oltner Badi, deren Gebäude<br />
wie ein Schiff im Hafen am Westende der<br />
Altstadt ruht. Fantastisch finden wir dieses<br />
Strandbad in allen Belangen und der Tenor<br />
ist einstimmig, das wollen wir auch für Aarau<br />
– übrigens nicht das Einzige, was wir vom<br />
Fleck weg importiert hätten.<br />
Angela Thut<br />
www.magazin-olten.ch, www.rathskeller.ch,<br />
www.salmen-olten.ch, www.variobar.ch<br />
2 Q Zeitung Aarauer Kultur 3/08<br />
Q Zeitung Aarauer Kultur 3/08 3