09.11.2012 Aufrufe

Corvin - Reiterhof Kinderhilfe eV

Corvin - Reiterhof Kinderhilfe eV

Corvin - Reiterhof Kinderhilfe eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Es war an einem Freitagabend, an dem wir<br />

beide, Nina und ich, nach der Springstunde<br />

noch einmal über den Hof schlenderten um zu<br />

schauen, ob alle Ställe zu sind. Wie Frauen<br />

nun mal so sind, haben wir uns total<br />

verquatscht und gnadenlos die Zeit vergessen.<br />

Unsere Gespräche wurden ganz plötzlich<br />

durch unerwarteten Besuch gestört. Ein<br />

Polizeiauto kam sehr langsam über den<br />

„Dehner“-Wendehammer direkt hinter dem<br />

Parkplatz der <strong>Kinderhilfe</strong> gefahren. Etwas<br />

irritiert schauten wir uns an und vermuteten<br />

eine Streifenfahrt. Nicht weiter darüber<br />

grübelnd fuhren wir mit unseren Gesprächen<br />

fort. Unterdessen fuhr die Polizeistreife den<br />

holprigen Schleichweg hoch, bis sie schließlich<br />

zwischen „Dehner“-Metall-Zaun und der<br />

Brombeerhecke zu Frau Wanzeks Garten<br />

stehen blieb. Zwei Beamte stiegen aus dem<br />

Fahrzeug aus, schauten sich ausgiebig den<br />

„Dehner“-Zaun an und unterhielten sich. Wir<br />

waren verwirrt und neugierig. Da wir auf die<br />

Entfernung nicht verstanden was gesprochen<br />

wurde, fingen wir an zu mutmaßen. Ninas<br />

favorisierte Version: Der eine muss mal. Wir<br />

schauten uns an und grinsten.<br />

Das Lachen verging uns, als sich uns auf<br />

einmal ein Polizist näherte. Völlig erschrocken<br />

fragten wir uns gegenseitig, ob wir zu laut<br />

waren und eventuell jemand etwas gehört<br />

hatte. Unser schlagartig aufgezogenes<br />

schlechtes Gewissen verzog sich in Windeseile,<br />

als wir sehr höflich gefragt wurden, ob wir<br />

ganz zufällig eine Leiter hätten. Nicht lange<br />

zögernd, aber noch immer sehr verwirrt und<br />

nachdenklich antworteten wir: „Ja natürlich,<br />

…wir bringen sie Ihnen vor“. Schnellen<br />

Schrittes flitzten wir nach hinten, um uns eine<br />

der Aluminiumleitern zu schnappen und sie<br />

dem Polizisten zu bringen.<br />

Vorne angekommen konnten wir unsere<br />

Neugier dann nicht mehr zügeln und ich<br />

fragte, was denn eigentlich passiert sei. Mit<br />

einem leichten Schmunzeln auf den Lippen<br />

Die Helfer in der Not<br />

bekamen wir zur Antwort, es hätte sich jemand<br />

in der „Dehner“-Gartenabteilung einsperren<br />

lassen. Wieder einmal völlig verblüfft schauten<br />

wir uns an, grinsten und ließen uns<br />

überraschen was da gleich auf uns zukommen<br />

sollte.<br />

Während wir zusammen mit dem Polizisten<br />

die Leiter organisiert hatten, ging seine<br />

Kollegin mit dem dahinter gefangen Herrn,<br />

dem die ganze Situation ausgesprochen<br />

peinlich zu sein schien, den äußeren Zaun auf<br />

und ab um möglicherweise eine Stelle zu<br />

finden, an der kein Stacheldrahtzaun den<br />

oberen Abschluss bildete.<br />

Selbst wir „Ortskundige“, die wir uns dann<br />

noch mal bemühten, in beiden Richtungen<br />

nach ungefährlichen und erklimmbaren<br />

Zaunstellen zu suchen, waren erfolglos. Es<br />

blieb uns also nichts anderes übrig, als den<br />

unfreiwilligen Häftling über den Stacheldraht-<br />

Zaun zu lotsen.<br />

Gesagt - getan. Nina und ich schlugen vor, die<br />

Aluleiter zu teilen und die eine Hälfte unserem<br />

Häftling auf der anderen Seite zu geben, damit<br />

dieser an ihr hoch klettern konnte. So weit, so<br />

gut, …nur wie kommt man mit kurzen Hosen<br />

über drei Stränge Stacheldraht, die insgesamt<br />

eine Höhe von ca. 60cm abdecken? Die<br />

Lösung: Eine Decke! Auch der Polizistin, die<br />

daraufhin sofort den Streifenwagen nach einer<br />

Decke inspizierte, konnte man ansehen, dass<br />

die gesamte Situation einer gewissen Komik<br />

nicht entbehrte. Es ließ sich keine Decke<br />

auftreiben. Also spurtete ich ins Stübchen um<br />

dort eines unserer Therapie-Pads (dicke<br />

Decken aus festem Stoff, auf denen die<br />

Patienten bei der Therapie sitzen) zu holen.<br />

Ich glaube etwas Komfortableres und Hosenboden-Schonenderes<br />

hätten wir zur Rettung<br />

eines aufgeschmissenen „Dehner“-Kundens<br />

gar nicht finden können.<br />

Dieser muss wohl bei seinem Einkauf so<br />

vertieft gewesen sein in die vielfältige<br />

„Dehner“-Pflanzenwelt, dass er die Durch-<br />

- 12 -<br />

Sagen, dass der Markt gleich schließen wird,<br />

völlig überhört haben muss. Irgendwann<br />

wurde ihm klar in welcher Lage er sich nun<br />

befand und rief, nachdem er keinen anderen<br />

Ausweg gefunden hatte, über sein Handy die<br />

Polizei an.<br />

Der Polizist, der mittlerweile eine Holzleiter<br />

aus der Remise ebenfalls an den Zaun gelehnt<br />

hatte, warf einen etwas seltsamen Blick auf<br />

das Therapie-Pad, das ich ihm entgegenstreckte.<br />

Gespannt verfolgten wir drei Frauen<br />

nun die spontan geplante Flucht.<br />

Unser Freund drinnen - nun darf man ihn ja als<br />

Flüchtling bezeichnen - erklomm die innere<br />

Metallleiter, hangelte sich etwas wackelig über<br />

den oberen Stacheldraht, auf dem das<br />

Therapie-Pad lag und schaffte dank der auf<br />

der Außenseite stehenden Aluleiter einen<br />

gelungen Abstieg.<br />

Zwischendurch hatten wir die Gelegenheit<br />

den Polizeibeamten zu erklären was es mit<br />

dem Therapie-Pad auf sich hat, was für eine<br />

Einrichtung wir überhaupt sind und wofür wir<br />

solcherlei Spezialanfertigungen von Sattelunterlagen<br />

benötigen.<br />

Nina konnte sogar den Polizeibeamten, der<br />

sich sehr für alles interessierte, dazu<br />

begeistern auf unser Sommerfest zu kommen,<br />

wo seine zweijährige Tochter gleich die<br />

Möglichkeit bekam, ein paar Runden auf<br />

“Vicky “ zu reiten.<br />

Wieder auf dem Boden angekommen, ohne<br />

meterhohen Metallzaun um sich herum, sah<br />

man dem Herrn die Erleichterung über seine<br />

Rettung an. Zugleich jedoch war ihm die<br />

Geschichte furchtbar peinlich und er dankte<br />

uns mit 10 Euro für die Kaffeekasse. Sich für<br />

unsere Unterstützung bedankend fuhren die<br />

beiden Polizeibeamten zusammen mit dem<br />

Geretteten davon.<br />

Und wir, wir fanden die Geschichte so<br />

…niedlich, dass sie unbedingt in die<br />

Hofzeitung musste.<br />

Sabine Kind

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!