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Mitteilungen 2012-2 - Institut für Personengeschichte

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12 m I t t e I l u n g e n des InstItuts <strong>für</strong> PersOnengeschIchte · AusgAbe 2 · XV. JAhrgAng · OktOber <strong>2012</strong><br />

Person und Gemeinschaft<br />

Zur Überführung der Bibliothek von Karl Schmid<br />

(24.9.1923 – 14.11.1993) ins <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Personengeschichte</strong><br />

von Volkhard Huth<br />

Es ist eine mehr als glückliche Fügung, sondern offen-<br />

bart tieferen Sinn, daß seit Anfang September <strong>2012</strong> die<br />

Gelehrtenbibliothek und der wissenschaftliche Nachlaß<br />

von Karl Schmid im <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Personengeschichte</strong> ver-<br />

wahrt werden: Arbeitsgrundlagen und Zeugnisse des<br />

wissenschaftlichen Wirkens eines Historikers, der in der<br />

zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Personen- und,<br />

insbesondere, der Adelsforschung neue Wege gewiesen<br />

hat - weit über den deutschsprachigen Raum hinaus. Im<br />

Ausland verspürte man auch, bezeichnenderweise, zu-<br />

erst den Erkenntnisschub, den Karl Schmid, bald auch im<br />

Verbund mit einer wachsenden Schar von Weggefährten<br />

und Schülern, über die Erschließung neuer Quellen und<br />

mit neuem methodischen Ansatz der Mediävistik wie<br />

der Adelsforschung überhaupt bescherte. Georges Duby<br />

war es, der 1974 Karl Schmid nach Paris einlud, um dort<br />

auf dem Colloque ›Famille et Parenté au Moyen Age‹<br />

über Strukturen von Verwandtschaft und Adel sprechen<br />

zu lassen, und ein gutes Jahrzehnt später konnte John<br />

B. Freed von den USA aus resümieren, die fach- wie na-<br />

tionale Grenzen überschreitenden Anstrengungen von<br />

Karl Schmid bei der Erschließung, Edition und prosopo-<br />

graphischen Durchdringung der Gedenküberlieferung<br />

seien der bedeutendste deutsche Beitrag zur sozialge-<br />

schichtlichen Erforschung des Mittelalters nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg gewesen.<br />

À propos: Diesen, die furchtbarste Katastrophe der Mo-<br />

derne, hat Karl Schmid ganz persönlich als traumati-<br />

sierende Erfahrung erlebt. Geboren 1923, im bis dahin<br />

heftigsten Krisenjahr der Weimarer Republik, verschlug<br />

es ihn nach Kriegsabitur und kurzer Grundausbildung im<br />

soeben von der Wehrmacht eroberten Frankreich als An-<br />

gehörigen einer Sturmdivision an die vorderste Front der<br />

Heeresgruppe Mitte in Rußland. Was er dort sah, emp-<br />

fand (und vielleicht auch darüber hinaus über das Ge-<br />

schehen im Hinterland der Front hörte), hat er mit seinen<br />

Schülern meines Wissens nie näher erörtert. Doch ließ er<br />

gelegentlich erahnen, wie schwer es auf ihm lastete. Sein<br />

Freund und wissenschaftlicher Mitstreiter Joachim Wol-<br />

lasch hat in seinem Nachruf auf Karl Schmid berichtet,<br />

daß dieser sich, käme er mit dem Leben davon, damals<br />

in Rußland geschworen habe, nie mehr in seinem Leben<br />

Angst zu erdulden. Keine Angst ließ Schmid jedenfalls<br />

erkennen, als er, von schwerster Krankheit gezeichnet<br />

und den baldigen Tod vor Augen, noch im Septem-<br />

ber 1993 im kleinen Kreis von Freunden und Schülern,<br />

zu denen auch der Unterzeichnete gehörte, seinen 70.<br />

Geburtstag feierte. Wie es der <strong>für</strong> die von Karl Schmid<br />

nach 1945 gewählten Lebensform entsprach, geschah<br />

das in Form eines kleinen Symposions, das ein in den<br />

Monaten zuvor am Historischen Seminar der Universi-<br />

tät Freiburg i. Br. abgehaltenes Forschungsseminar zum<br />

Thema »Herrschaft und Selbstverständnis des mittelal-<br />

terlichen Adels in kritischer Sicht« beschloß. Dieses Se-<br />

minar hatte zum Ziel, Schmids opus magnum, seine bis<br />

dahin unveröffentlichte (!) Habilitationsschrift von 1961,<br />

vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich erreichten<br />

Forschungsstandes, im Spannungsfeld neuer Befunde<br />

und Fragen wieder zur Diskussion zu stellen.

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