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wir uns endlich und ernsthaft darum zu bemühen; wenn nicht, dann können wir auch<br />
das Dogma vom allgemeinen Priestertum streichen. Es funktioniert nicht – und fast<br />
500 Jahre evangelischen Kirchentums haben das nun bewiesen -, dass alle in der Gemeinde<br />
Priester sein sollen, der Pfarrer es aber nicht sein will und keiner so recht weiß,<br />
was Priestertum überhaupt ist. Wenn man auf Grund der Quelle Ja sagen will zum<br />
Priestertum, dann muss es der Pfarrer für sich erst recht bejahen.<br />
2. Die Krise des Pfarramtes<br />
Mit dem Verlust an Priestertum hängt (nicht nur, aber auch) die Krise des Pfarramtes<br />
zusammen. Das ist keine neue Erkenntnis, auch wenn sie bisher immer wieder vom<br />
Tisch gewischt und in mancherlei guten Zeiten nicht wahrgenommen wurde. Doch<br />
schon 1830 schreibt Claus Harms (1778-1855) in den Reden an seine Theologiestudenten:<br />
„Es ist doch eine auffallende Sache …, dass, während in allen anderen Ständen ein<br />
jeder weiß, was er ist, und unter den Standesgenossen darüber nicht der mindeste<br />
Zwiespalt obwaltet, eben in unserem der eine sagt, wir sind das, der andere nein, wir<br />
sind nicht das, sondern das sind wir.“ 8 Harms weiß: „Katholiken und ein großer Teil<br />
Protestanten mit ihnen sprechen uns die Priester ab“, aber er kämpft um das Priestertum<br />
(nicht den Titel!) des evangelischen Pfarrers, weil „nimmer die Kirche einen Bestand<br />
hat ohne einen Priesterstand.“ 9<br />
Zu Harms Zeiten gehörten in unserem Land noch alle Menschen zur Kirche, ein jeder<br />
wurde getauft, konfirmiert, getraut und kirchlich beerdigt. Der Pfarrer war ein aus dem<br />
gesellschaftlichen Leben überhaupt nicht weg zu denkender Beruf. Eine bürgerliche<br />
Zivilgesetzgebung mit Standesamt usw. gab es noch nicht, und man darf wohl mit einigem<br />
Recht sagen, dass die damals für evangelische Pfarrer empfundene Krise mehr<br />
theoretischer Art war; eine Unsicherheit oder Uneinigkeit im Selbstverständnis des<br />
Berufes, nicht aber in der Praxis. Egal, wie sich der Pfarrer selbst verstand, er wurde<br />
gebraucht.<br />
Heue liegen die Dinge ganz anders. Die überlieferte Unsicherheit im Selbstverständnis<br />
des evangelischen Pfarrers wird durch die Probleme der Säkularisation existentiell verschärft.<br />
„Die geistliche und seelische Situation der deutschen Pfarrer wird durch den<br />
Widerspruch belastet, dass sie einerseits unter einen Überlastungssyndrom leiden,<br />
weil immer neue und höhere Anforderungen an sie herangetragen werden und andererseits<br />
sich die Mehrheit der Menschen in zunehmender Weise an ihrer Arbeit desinteressiert<br />
zeigt.“ 10 „Die Krise des Pfarrers ist offenkundig. Er hat es gelernt, kirchliches<br />
Publikum wie selbstverständlich und ohne Eigenarbeit vorzufinden und es kirchlich zu<br />
bedienen. Bleibt dieses Publikum nun heue aus, muss ihn das natürlich elementar verunsichern.“<br />
11<br />
8 8 C.Harms, Patoraltheologie, 119<br />
9 Ebd., 122<br />
10 TRE, Bd. 26, 366, Artikel „Pfarrer“, E. Winkler<br />
11 F. Chr. Schwarz, Theologie des Gemeindeaufbaus, 230