Marie-Thérèse Walter - Kunstkontor
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1. Figure (Baigneuse à la cabine) / Figur (Badende in der Kabine).<br />
Kreidelithographie im Umdruckverfahren auf Vélin Lafuma (mit Wasserzeichen), im Stein signiert und datiert, Mai 1929.<br />
23,7 : 14 cm auf 28,2 : 22,4 cm.<br />
Bloch 96; Mourlot XXVI; Rau 29; Geiser/Baer 246 b (von c); Reuße 30; Cramer 17.<br />
Auflage: 25 Abzügen auf diesem Papier; 275 auf einfachem Papier, gedruckt von Duchâtel, als Beilage der Zeitschrift "Le manuscrit autographe",<br />
Nr. 21, erschienen bei Auguste Blaizot, Paris Mai-Juni 1929.<br />
Daneben eine gewisse Anzahl zusätzlicher Probedrucke auf diesem Papier.<br />
Eine signierte Auflage hat es nicht gegeben.<br />
"Dies ist eine der bedeutendsten surrealistischen Lithographien Picassos. Sie wurde mit Fettkreide auf Umdruckpapier gezeichnet<br />
und ohne weitere Bearbeitung als ein paar Schraffierungen oben rechts auf Stein übertragen. Diese 'Figure' ist eine weibliche Gestalt mit<br />
winzigem rundem Kopf und umfangreichen, deutlich zur Schau gestellten Brüsten und Geschlechtsteilen. In Nr. 2 der Zeitschrift 'Documents'<br />
von Georges Bataille veröffentlichte Michel Leiris 1930 einen berühmt gewordenen Text über Picasso mit dem Hinweis: '... Die<br />
Geschöpfe, die er erfindet, ignorieren uns und leben ungerührt vor unseren Augen, vielleicht in einer geschlossenen Welt, die jedoch einzig<br />
unserer Schwäche wegen geschlossen ist. So wenig ihre Anordnung mit jener zu tun haben mag, der die Zusammenstellung unserer<br />
Organe gehorcht, sind sie weder Gespenster noch Ungeheuer. Es sind andere Geschöpfe als wir oder vielmehr die gleichen,aber von<br />
einer anderen Form, einer augenfälligeren Struktur und vor allem von einer wunderbaren Selbstverständlichkeit. Und wir sind nicht am<br />
Ende unseres Staunens'.<br />
Mit ihren Volumen, ihrem Relief und ihrer schönen Beleuchtung wirkt diese Lithographie durchaus wie eine Skulptur. Picasso sagte einmal:<br />
'Es genügte, die Gemälde zu zerschneiden - sind die Farben doch letzten Endes nur Angaben verschiedener Perspektiven, nach<br />
der einen oder anderen Seite geneigter Ebenen - und sie dann gemäß den von der Farbe gegebenen Merkmalen zusammenzusetzen,<br />
um sich einer >Skulptur< gegenüberzusehen. Das verschwundene Gemälde würde dabei nicht vermißt.'<br />
Picassos Werk besitzt eine Einheit, die seine Skulpturen unlöslich mit seinen Gemälden, Zeichnungen und Graphiken verbindet. [...]<br />
Den winzigen runden Kopf auf dieser Lithographie finden wir unverändert in anderen Werken wieder, besonders in L'Ange (Slg. Kahnweiler),<br />
einer über fünf Meter hohen Skulptur aus Eisenbeton, von der Picasso zunächst in La Californie eine Modell aus geschnittenem und<br />
bemaltem Blech fertigte (Musée Picasso, Paris). In seinem Artikel von 1930 über Picassos jüngste Arbeiten schrieb Michel Leiris: 'Die<br />
ganze Phantasie ist auf die Schaffung neuer Formen gerichtet, die aber weder über noch unter den alltäglichen Formen liegen, aber<br />
wahr sind wie diese, obschon verschieden und vollständig neu.'" 1<br />
Weitere Literatur: Conzen, Ina, Picasso. Badende. Katalog der Ausstellung der Staatsgalerie Stuttgart 2005. S. 88, Kat. Nr. 58<br />
1 Passeron, Roger, Picasso. Zürich 1984. S. 46