Hofprediger Johannes Kessler - bei der Lukaskirche in Dresden
Hofprediger Johannes Kessler - bei der Lukaskirche in Dresden
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<strong>Hofprediger</strong> <strong>Johannes</strong> <strong>Kessler</strong> - Lukaspfarrer von 1908 bis 1933<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>n (Vicky und Wilhelm-Emil <strong>Kessler</strong>) durch Kaiser<strong>in</strong> Viktoria und Kaiser Wilhelm.<br />
<strong>Kessler</strong> setzte se<strong>in</strong>er Frau e<strong>in</strong> Denkmal, wenn er bekennt, sie sei ihm Seelsorger<strong>in</strong> gewesen.<br />
In drei Gefahren habe sie ihm immer wie<strong>der</strong> geholfen, vor die e<strong>in</strong> erfolgreicher<br />
Pfarrer gestellt sei. Erstens: Trotz großen Zulaufs, mancherlei Bewun<strong>der</strong>ung und Beliebtheit,<br />
e<strong>in</strong>fach und bescheiden zu bleiben. Zweitens: Trotz täglicher, ja stündlicher<br />
Beschäftigung mit dem Religiösen, das Heilige nicht zu etwas Berufs-, Gewohnheitso<strong>der</strong><br />
Geschäftsmäßigem werden zu lassen als Geistlicher nicht zum geistlichen Handwerker<br />
zu verkommen. Und drittens: dem dunklen Despoten <strong>der</strong> Selbstsucht zu wi<strong>der</strong>stehen,<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong> den sche<strong>in</strong>bar liebenswürdigsten Formen auftreten könne. Denn Selbstsucht<br />
sei Tod, nur Liebe sei Leben.<br />
Als <strong>Kessler</strong>s Entschluss bekannt wird, Pfarrer e<strong>in</strong>er völlig unbekannten <strong>Lukaskirche</strong> <strong>in</strong><br />
<strong>Dresden</strong> zu werden, stehen alle Kopf. (Rufe nach Bonn, Hamburg und Bremen hatte er<br />
ausgeschlagen.) 'Beim Kaiser <strong>in</strong> Ungnade gefallen', munkeln die e<strong>in</strong>en ('vermutlich wegen<br />
e<strong>in</strong>er taktlosen Predigt gegen den Luxus'). 'Durch se<strong>in</strong>en Lebensstil f<strong>in</strong>anziell ru<strong>in</strong>iert,<br />
will er <strong>in</strong> Sachsen se<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>anzen sanieren', unken an<strong>der</strong>e. 'Der Kaiser wolle durch<br />
se<strong>in</strong>en exzellenten <strong>Hofprediger</strong> den katholischen König von Sachsen bekehren', me<strong>in</strong>en<br />
e<strong>in</strong>ige sogar zu wissen. <strong>Kessler</strong> selbst gibt an, se<strong>in</strong> Hausarzt, Generalarzt Ernesti, habe<br />
ihm dr<strong>in</strong>gend geraten, sich e<strong>in</strong> etwas ruhigeres Pfarramt zu suchen, wenn er nicht <strong>in</strong><br />
wenigen Jahren verbraucht se<strong>in</strong> wolle. Zeitgleich habe er vom Dresdner Kirchenamt e<strong>in</strong><br />
Schreiben erhalten, Geheimrat Pank hätte ihn für das vakante Lukaspfarramt <strong>in</strong> Vorschlag<br />
gebracht.<br />
Ehepaar <strong>Kessler</strong> besucht <strong>Dresden</strong> "an e<strong>in</strong>em strahlend schönen Maiensonntag" im Jahre<br />
1908. Sie beeilen sich, um noch e<strong>in</strong>en Platz <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Lukaskirche</strong> zu bekommen, aber<br />
nur e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Plätze ist besetzt. Die anschließenden Gespräche mit Oberhofprediger<br />
Ackermann, Super<strong>in</strong>tendent Dibelius und Oberbürgermeister Beutler verstärken den<br />
E<strong>in</strong>druck, hier e<strong>in</strong>e neue große Aufgabe zu f<strong>in</strong>den.<br />
<strong>Kessler</strong> wird Pfarrer <strong>der</strong> <strong>Lukaskirche</strong>, an <strong>der</strong> weitere drei Pastoren auf <strong>der</strong> ersten bis<br />
dritten Diakonenstelle Dienst tun. In relativ kurzer Zeit schart sich um ihn e<strong>in</strong>e große<br />
Personalgeme<strong>in</strong>de nicht nur aus <strong>der</strong> Lukasparochie, son<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> ganzen Stadt, die<br />
über all die Jahre die <strong>Lukaskirche</strong> <strong>bei</strong> se<strong>in</strong>en Gottesdiensten bis auf den letzten Platz<br />
füllt. <strong>Kessler</strong>s Dienstbeg<strong>in</strong>n ist von manchen Schwierigkeiten mit <strong>der</strong> Kirchenbehörde<br />
getrübt. Man verwehrt ihm, den Titel e<strong>in</strong>es "<strong>Hofprediger</strong>s" zu führen man moniert, dass<br />
er sich nicht an die vorgeschriebenen Predigttexte halte, son<strong>der</strong>n se<strong>in</strong>e Textwahl nach<br />
seelsorgerlichen Gesichtpunkten trifft. (Als er sich 1914 als Feldprediger zur Verfügung<br />
stellt, wird ihm das als Pfarrer e<strong>in</strong>er so großen Geme<strong>in</strong>de von <strong>der</strong> Kirchenbehörde untersagt.<br />
Erst durch Intervention des Kaisers kommt er 1916 als Divisionspfarrer <strong>in</strong> Frankreich<br />
und Russland zum E<strong>in</strong>satz.)<br />
<strong>Kessler</strong> geht mit Elan an die Geme<strong>in</strong>dear<strong>bei</strong>t, die für ihn drei Schwerpunkte hat: Predigt,<br />
Seelsorge und Konfirmandenunterricht. Als Seelsorgebezirk obliegt ihm das sogenannte<br />
Schweizer Viertel. Die Kollegen nennen ihn den "Pastor <strong>der</strong> Vornehmen". Mit Lukasgeme<strong>in</strong>deglie<strong>der</strong>n<br />
wie dem späteren Reichskanzler Gustav Stresemann verb<strong>in</strong>det ihn e<strong>in</strong>e<br />
lebenslange Freundschaft. Weitere Schwerpunkte s<strong>in</strong>d: die "Familienabende"<br />
(d. h. Vortragsabende) im Saal des Zoologischen Gartens und Geme<strong>in</strong>defahrten (z. B.<br />
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