Von Torsten Haselbauer - Kinder bewegen
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Hort der Lebensfreude sein <strong>Von</strong> <strong>Torsten</strong> <strong>Haselbauer</strong><br />
Und genau da kommt der Sportverein ins Spiel. Die Vorteile<br />
eines aktiven Sporttreibens im Verein sind hinlänglich bekannt.<br />
Sie sind Orte des sozialen Lernens. Sie tragen zur Entwicklung<br />
eines positiven Sozialverhaltens und aktiven, oft auch gesunden<br />
Lebensstils bei. Sie vermitteln Normen und Werte und regen<br />
nicht selten zum bürgerschaftlichen Engagement an. In der<br />
Regel sind Sportvereine niedrigschwellige, soziale Orte. Sie sind<br />
so gut wie offen für alle Bevölkerungs- und Altersschichten.<br />
Doch sind gerade sozial benachteiligte <strong>Kinder</strong> und Jugendliche<br />
sowie sozial schwächere Familien in den Vereinen immer noch<br />
unterrepräsentiert. Oft auch deswegen, weil die erhobenen (und<br />
für die Vereine ökonomisch notwendigen) Mitgliedsbeiträge<br />
gerade von dieser Zielgruppe nicht mehr aufzubringen sind. Die<br />
monatlichen Gebühren sind so - unfreiwillig - zu sozialen<br />
Selektionsmechanismen geworden. "Diese Barriere zur Teilhabe<br />
am organisierten Sporttreiben im Verein für alle <strong>Kinder</strong>, unabhängig<br />
von ihrer ethnischen und sozialen Herkunft, wollten wir<br />
mit dem Projekt ‚Kids in die Sportvereine' aufbrechen. Und das<br />
ist uns gelungen", erklärt der Hamburger Sportjugend-<br />
Geschäftsführer Michael Sander.<br />
Das Aktionsprogramm ist allen <strong>Kinder</strong>n und Jugendlichen im<br />
Alter von sechs bis 18 Jahren zugänglich. Der Nachweis zur<br />
Teilnahme erfolgt über eine so genannte "Einkommens- und<br />
Bedürftigkeitsprüfung" in den Sportvereinen. "Es soll möglichst<br />
unbürokratisch sein, und vor allem soll auch der den Eltern<br />
lästige und oft von Scham geprägte Einkommensstriptease<br />
verhindert werden", so Heiner Brandi. In der Hauptstadt legen<br />
die betroffenen Familien den Vereinsverantwortlichen einfach<br />
den Sozialpass vor. Dieser gilt seit diesem Jahr als behördlich<br />
anerkannter Nachweis für "Bedürftigkeit". Den Pass erhalten<br />
Empfänger von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld, Sozialhilfeempfänger<br />
und Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.<br />
Im Idealfall<br />
prüfen die Eltern zunächst ihre<br />
Anspruchsberechtigung. Dann informieren<br />
sie sich über Sportvereine und<br />
Sportarten vor Ort und nehmen Kontakt<br />
zu einem Verein auf. "Wir verstärken<br />
unsere eigene Öffentlichkeitsarbeit über<br />
das Projekt. Nach der zentralen Infoveranstaltung<br />
für die Verbände wird das<br />
Programm jetzt auch vermehrt in<br />
Stadtteilläden, in Schulen und sozialen<br />
Einrichtungen bekannt gemacht. Dort<br />
werden die Familien informiert und<br />
motiviert, ihre Kids in die Sportvereine<br />
zu schicken. Denn, es kostet ja nichts",<br />
berichtet Berlins Sportjugend-<br />
Geschäftsführer Heiner Brandi. Geförderte Mitgliedschaften in<br />
mehreren Vereinen sind selbstverständlich ausgeschlossen. Der<br />
Verein selbst fordert die für ihn und das Projekt relevanten<br />
Informationsblätter und Formulare bei der Sportjugend an und<br />
stellt anschließend einen Förderantrag.<br />
Die Beitragssätze im <strong>Kinder</strong>- und Jugendbereich von Berliner<br />
Sportvereinen <strong>bewegen</strong> sich, bis auf wenige Ausnahmen (Golf,<br />
Tennis, Segeln, Tanzen), zwischen fünf bis 15 Euro. Eine maximale<br />
Förderung von zehn Euro gilt in dem Aktionsprogramm<br />
"Kids in die Sportvereine" für Berlin angemessen. Beim Berliner<br />
Karateverein Toruku ging die Aufnahme in das Programm<br />
- und damit die Übernahme der Mitgliedsbeiträge der betroffenen<br />
Kids durch die Sportjugend - unbürokratisch und<br />
schnell über die Bühne. Der Verein aus dem Stadtteil Moabit<br />
war einer der ersten im September 2008, der sich daran<br />
beteiligte. Wenn sich Eltern in dem Verein melden oder von<br />
den Vereinsverantwortlichen auf das Programm aufmerksam<br />
gemacht werden, dann ist alles andere meist nur noch Formsache.<br />
"Wir haben uns im Geschäftszimmer des Vereins<br />
getroffen. Der Vereinsvorsitzende hat mir dann in aller Ruhe<br />
erklärt, was über das Projekt für meine beiden <strong>Kinder</strong> machbar<br />
ist und vor allem, dass wir Anspruch darauf haben. Natürlich<br />
habe ich mich sehr gefreut und schnell zugesagt", erinnert<br />
sich Ertan Akdogan.<br />
Im Verein wird nicht publik gemacht, welche <strong>Kinder</strong> über das<br />
Programm "Kids in die Sportvereine" Mitglied sind und welche<br />
nicht. "Das ist uns eigentlich auch egal. Wir freuen uns über<br />
jeden neuen Jugendlichen, egal woher er kommt", so der Vereinsvorsitzende<br />
von Toruko Berlin, Murat Salbas. Seitdem der<br />
Karate-Verein aus dem Stadtteil Moabit als einer der 26 Berliner<br />
Vereine an dem Aktionsprogramm teilnimmt, plagt ihn eine<br />
große Sorge weniger. "Wir haben jetzt<br />
wieder eine Menge neuer Mitglieder in<br />
unserem Club. Wir sind ja ein kleiner<br />
Verein und da tut uns Nachwuchs<br />
immer gut", freut sich Salbas.<br />
Die erste Bilanz fällt also bei allen<br />
Beteiligten sehr positiv aus, egal ob in<br />
Berlin, Hamburg oder nun auch in<br />
Bremen. In Berlin ist das Aktionsprogramm<br />
offiziell seit dem 1. September<br />
2008 angelaufen. Bis zum Ende des<br />
vergangenen Jahres konnten 141 junge<br />
Menschen, davon 102 Jungen und 39<br />
Mädchen, als Teilnehmer den besagten<br />
Sportvereinen gewonnen werden.<br />
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