physik in österreich
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PERSONEN<br />
mehr als 100 Diplomarbeiten und 46<br />
Dissertationen betreut. Bei den kommissionellen<br />
Prüfungen war er oft genauer<br />
vorbereitet als der Kandidat. Wenn<br />
ihn dann die Begeisterung packte, hatte<br />
der Kandidat Schwierigkeiten, selbst<br />
noch zu Wort und zu Platz auf der Tafel<br />
zu kommen. Es hat uns selbst anlässlich<br />
e<strong>in</strong>er Evaluation erstaunt festzustellen,<br />
dass e<strong>in</strong>e größere Zahl der von ihm<br />
betreuten Studenten auch Spitzenpositionen<br />
<strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriellen Unternehmen<br />
übernehmen konnten. 7 se<strong>in</strong>er Assistenten<br />
haben sich habilitiert und s<strong>in</strong>d<br />
Professoren geworden. Dabei war es<br />
se<strong>in</strong> Bestreben, die wissenschaftliche<br />
Breite des Institutes noch zu vergrößern,<br />
<strong>in</strong>dem er jeden auf e<strong>in</strong> weiteres Fachgebiet<br />
lenkte. Diese Vielfalt, gepaart mit<br />
dem Ehrgeiz der herangereiften Schüler,<br />
die eigene Richtung zu fördern, führte<br />
zu dem Problem, dass es nach der<br />
Emeritierung niemanden gab, der die<br />
gewünschte breite wissenschaftliche<br />
Führung übernehmen konnte. Die Nachfolge<br />
blieb 17 Jahre vakant. Der Emeritus<br />
hat sich <strong>in</strong> die vielen Versuche der<br />
Nachbesetzung nicht e<strong>in</strong>gemischt.<br />
Trotzdem hat schließlich, der gute Geist,<br />
den E. Led<strong>in</strong>egg se<strong>in</strong>en Mitarbeitern<br />
e<strong>in</strong>gepflanzt hat, noch zu e<strong>in</strong>em guten<br />
Ende geführt. Die Epigonen überwanden<br />
ihre Gegensätze: schlussendlich<br />
konnte <strong>in</strong> Geme<strong>in</strong>samkeit e<strong>in</strong> <strong>in</strong> wissenschaftlicher<br />
und menschlicher H<strong>in</strong>sicht<br />
würdiger Nachfolger als Ord<strong>in</strong>arius und<br />
Spitze des Institutes gewonnen werden.<br />
E. Led<strong>in</strong>egg konnte es noch erleben,<br />
dass se<strong>in</strong> Nachfolger das Institut mit<br />
modernen Forschungsrichtungen unter<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der alten zu neuer Blüte<br />
geführt hat und auch zu dem <strong>in</strong>neren<br />
Frieden, der dem Gründer von Anfang<br />
an so am Herzen lag.<br />
E. Led<strong>in</strong>eggs Tätigkeit hat die verdiente<br />
Anerkennung gefunden. Er erhielt das<br />
Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft<br />
I. Klasse, das große Goldene Ehrenzeichen<br />
des Landes Steiermark, das Ehrenzeichen<br />
der Stadt Graz <strong>in</strong> Gold. Er war<br />
Mitglied der Kommission „Felder und<br />
Wellen“ der Internationalen Radiowissenschaftlichen<br />
Union. 1973 oder 1974<br />
hat er zusammen mit F. Aussenegg den<br />
Fachausschuss Elektrodynamik und<br />
Optik, heute: Quantenelektronik, Elektrodynamik<br />
und Optik der Österreichischen<br />
Physikalischen Gesellschaft gegründet.<br />
Alle Schüler, Mitarbeiter und auch Studenten<br />
werden E. Led<strong>in</strong>eggs großzügige<br />
Handlungsweise nie vergessen. Er<br />
war der Vater des Instituts, für das er mit<br />
großem E<strong>in</strong>satz kämpfte. Er hat<br />
manchmal von se<strong>in</strong>em Vorfahren, dem<br />
Venezianischen Admiral de Ponte gesprochen.<br />
Lächelnd fügte er dann h<strong>in</strong>zu:<br />
„Ja damals war das aber e<strong>in</strong> fließender<br />
Übergang zwischen regulärem<br />
Militär und Seeräuber.“ Auch war er sehr<br />
stolz darauf war, dass Admiral de Ponte<br />
viele Menschenleben rettete, weil er <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Kriegssituation auf e<strong>in</strong>e Schlacht<br />
verzichtete. Manche dieser von den Vorfahren<br />
ererbten Fähigkeiten, das diplomatische<br />
und taktische Geschick, der<br />
entschlossene Mut und Kampfgeist,<br />
wenn es nötig war, haben ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />
vielfältigen Bemühungen und damit<br />
auch uns genützt. Aber das Wort „Räuber“<br />
muss ausgeschlossen werden. Er<br />
hat nie jemandem etwas weggenommen,<br />
er hat nur gegeben. Er hat sich für<br />
alle e<strong>in</strong>gesetzt, die etwas brauchten, er<br />
hat sie gefördert und manchmal mehr<br />
an sie geglaubt als sie selbst es konnten<br />
<strong>in</strong> den Zweifeln der Anfänge der wissenschaftlichen<br />
Entwicklung.<br />
Andererseits hat er deren Eigenständigkeit<br />
gefördert und sich nicht e<strong>in</strong>gemischt,<br />
wenn e<strong>in</strong>er sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere<br />
Richtung als geplant entwickelt hat.<br />
Selbst wenn man ihm <strong>in</strong> die Quere kam,<br />
hat er dies nur e<strong>in</strong>mal gesagt und war<br />
niemals nachtragend. Er war Vorsitzender<br />
der Studienkommission. Er hat sich<br />
sehr bemüht um den Ausgleich zwischen<br />
den Jungen, die e<strong>in</strong>e Modernisierung<br />
des Studiums forderten, und<br />
den Alten, die beim Hergebrachten bleiben<br />
wollten. E<strong>in</strong>ige der aufmümpfigsten<br />
Jungen kamen aus dem Institut, weil<br />
sie vertrauen konnten, dass er nie se<strong>in</strong>e<br />
Macht als Institutsvorstand missbrauchen<br />
würde, um sie mundtot zu machen.<br />
Ebenfalls er<strong>in</strong>nern wir uns mit Dankbarkeit<br />
an viele großzügige E<strong>in</strong>ladungen bei<br />
den Institutsfeiern und –ausflügen.<br />
E. Led<strong>in</strong>egg hatte auch e<strong>in</strong>e künstlerische<br />
Ader: Er zeichnete und malte, ließ<br />
aber nur se<strong>in</strong>en engsten Kreis daran<br />
teilhaben. Anläßlich se<strong>in</strong>es 70. und se<strong>in</strong>es<br />
80. Geburtstags hat er e<strong>in</strong>e Auswahl<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Hörsaal ausgestellt. E<strong>in</strong>e<br />
Zeichnung, mit blauem Kugelschreiber<br />
auf e<strong>in</strong>em karierten A3-Bogen ausgeführt,<br />
zeigte e<strong>in</strong>e Skizze für se<strong>in</strong>en Vorschlag<br />
des Neubaus für die Physik<strong>in</strong>stitute:<br />
E<strong>in</strong>e russische Kathedrale, flankiert<br />
von Türmen und gekrönt mit barocken,<br />
gedrehten Zwiebeldächern. Mit<br />
dieser hat er sich die Langweile e<strong>in</strong>er<br />
Bauausschusssitzung vertrieben. Als er<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pause den anderen Mitgliedern<br />
des Ausschusses, die um technische<br />
Details und Quadratmeter rangen, se<strong>in</strong>en<br />
Entwurf präsentierte, erntete er<br />
Kopfschütteln und Unverständnis für<br />
se<strong>in</strong>en mangelnden Ernst. E<strong>in</strong>e andere<br />
Karikatur zeigte ironische Entwürfe für<br />
„Dienstuniformen“, mit großem Dekor<br />
für den Ord<strong>in</strong>arius, etwas ger<strong>in</strong>gerem<br />
für den Extraord<strong>in</strong>arius, und so weiter<br />
herunter bis zum niedrigsten Range.<br />
E. Led<strong>in</strong>egg war e<strong>in</strong> leidenschaftlicher<br />
Wissenschafter, e<strong>in</strong> unermüdlicher<br />
Lehrer, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>satzfreudiger und hilfsbereiter<br />
Institutsvorstand, vor allem aber<br />
e<strong>in</strong> höchst vornehmer und selbstloser<br />
Mensch. Das Institut, das er aufgebaut,<br />
die Studienrichtung, deren E<strong>in</strong>führung<br />
er erreicht hat, florieren. Was er uns<br />
gegeben hat, werden wir nie vergessen.<br />
Gerade weil es ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Assistentendase<strong>in</strong><br />
nicht so gut gegangen ist,<br />
hat er von uns diese Widrigkeiten ferngehalten.<br />
B. Schnizer, Graz<br />
STEFAN SCHINDLER<br />
wurde am 07.12.1946 <strong>in</strong> Oslip bei Eisenstadt geboren. Nach Absolvierung der Matura am Bundesgymnasium Eisenstadt im<br />
Jahr 1965 und dem Lehramtsstudium für Physik, Mathematik und Chemie kehrte er an se<strong>in</strong>e Schule als Professor zurück<br />
und unterrichtete überdies von 1971 bis 1977 am Gymnasium der Diözese Eisenstadt-Wolfgarten. Er zeichnete sich durch<br />
besonderes Engagement aus und betreute den Fachbereich Physik als Schwerpunkt. OStR Prof. Mag. Stefan Sch<strong>in</strong>dler<br />
verstarb nach schwerem Leiden am 19.06.2002.<br />
NR. 2/2004 17