Lebenslinien - Natur in Bewegung - Welt der Physik
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Rhythmus und Zeit<br />
7<br />
„Wenn man mit e<strong>in</strong>em netten Mädchen<br />
zwei Stunden zusammen ist, hat man das<br />
Gefühl, es seien zwei M<strong>in</strong>uten; wenn man<br />
zwei M<strong>in</strong>uten auf e<strong>in</strong>em heißen Ofen sitzt,<br />
hat man das Gefühl, es seien zwei Stunden.<br />
Das ist Relativität.“<br />
Albert E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong><br />
Zeit im Wandel <strong>der</strong> Zeiten<br />
Taschenuhr „Hora Universa“, vergoldet,<br />
Schweiz, um 1880. Auf <strong>der</strong> nicht sichtbaren<br />
Seite <strong>der</strong> Uhr bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> normales<br />
12-Stunden-Ziffernblatt, das die Ortszeit<br />
anzeigt. Der Stundenzeiger ist verbunden<br />
mit <strong>der</strong> hier sichtbaren „2-mal-12-Stunden-<br />
Scheibe“, die sich deshalb am Tag e<strong>in</strong>mal<br />
vollständig dreht. Entsprechend <strong>der</strong> Lage<br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Städte auf diesem <strong>Welt</strong>zeit-<br />
Ziffernblatt kann man so die jeweils dort<br />
herrschende Ortszeit ablesen. (Foto: Deutsches<br />
Uhrenmuseum, Furtwangen)<br />
__Sie tickt nicht laut, und wir müssen<br />
doch auf sie hören – unsere<br />
<strong>in</strong>nere Uhr. Spätestens nach e<strong>in</strong>em<br />
Flug über mehrere Zeitzonen<br />
h<strong>in</strong>weg merken wir, dass unser<br />
Lebensrhythmus von Zeitmessern<br />
bestimmt wird, die sich nicht so<br />
leicht umstellen lassen wie die Uhr<br />
am Handgelenk. Dazu kommen<br />
noch an<strong>der</strong>e Taktgeber, die den<br />
Organismus steuern: Bis zu 1000<br />
mal pro Sekunde feuert e<strong>in</strong>e gereizte<br />
Nervenzelle, 140 mal pro M<strong>in</strong>ute<br />
schlägt das Herz e<strong>in</strong>es Neugeborenen,<br />
nur halb so schnell das<br />
e<strong>in</strong>es Greises.<br />
Für viele an<strong>der</strong>e biologische Rhythmen<br />
liefert unser Planet Erde die<br />
Vorgaben: In 24 Stunden dreht er<br />
sich e<strong>in</strong>mal um se<strong>in</strong>e Achse – und<br />
nicht nur <strong>der</strong> Wechsel von Schlafen<br />
und Wachen folgt diesem Zeitmaß,<br />
son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Blutdruck, die<br />
Körpertemperatur, die Schmerzempf<strong>in</strong>dlichkeit,<br />
die Aktivität von<br />
Leber und Nieren und viele an<strong>der</strong>e<br />
Körperfunktionen. Selbst wenn wir<br />
Dass <strong>der</strong> Lauf <strong>der</strong> Zeit nicht<br />
unverrückbar feststeht, lernen<br />
wir im <strong>Physik</strong>unterricht – vorstellbar<br />
ersche<strong>in</strong>t es den Wenigsten.<br />
Unseren Vorfahren wären<br />
E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>s Überlegungen<br />
zur Relativität <strong>der</strong> Zeit vielleicht<br />
weniger fremd gewesen.<br />
Denn sie g<strong>in</strong>gen ke<strong>in</strong>eswegs<br />
von e<strong>in</strong>em gleichförmigen Zeitmaß<br />
aus. Nicht nur im babylonischen<br />
Reich teilte man Tag und Nacht – ungeachtet ihrer je<br />
nach Jahreszeit unterschiedlichen Länge – <strong>in</strong> je zwölf Stunden<br />
e<strong>in</strong>. Auch im Europa des Mittelalters unterschied man kurze W<strong>in</strong>terstunden<br />
und lange Sommerstunden. Erste tragbare Uhren gab<br />
es seit dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t. Doch sie waren seltene Kostbarkeiten.<br />
Der Tageslauf <strong>der</strong> meisten Menschen richtete sich nach dem<br />
Sonnenstand, jedes Städtchen lebte nach se<strong>in</strong>er eigenen Ortszeit.<br />
Die heute gültigen 24 Zeitzonen wurden erst 1911 festgelegt.<br />
Zu Postkutschenzeiten bedeutete die Zeitverschiebung für den<br />
Reisenden ke<strong>in</strong> Problem. Die Än<strong>der</strong>ungen waren ger<strong>in</strong>gfügig und<br />
das Reisetempo gemächlich. Erst Interkont<strong>in</strong>entalflüge bescherten<br />
uns das als Jetlag bekannte Unbehagen: Schlafstörungen,<br />
Verdauungsbeschwerden und Abgeschlagenheit s<strong>in</strong>d die Folgen,<br />
wenn wir von heute auf morgen die Nacht zum Tag machen müssen.<br />
Bei Flügen <strong>in</strong> Richtung Osten s<strong>in</strong>d sie beson<strong>der</strong>s heftig. Zwar<br />
passt sich unser <strong>in</strong>nerer Rhythmus <strong>der</strong> neuen Ortszeit an – doch<br />
braucht er dafür zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Zeit, die wir mit hohen<br />
Reisegeschw<strong>in</strong>digkeiten e<strong>in</strong>sparen wollten. Etwa e<strong>in</strong> Tag Umgewöhnungszeit<br />
pro Stunde Zeitverschiebung gilt als Faustregel.<br />
Richtiges Verhalten hilft, möglichst schnell wie<strong>der</strong> den passenden<br />
Takt zu f<strong>in</strong>den. So kann man mit <strong>der</strong> Umstellung schon vor <strong>der</strong><br />
Reise beg<strong>in</strong>nen – also vor dem Amerika-Trip jeden Tag etwas später,<br />
vor dem Flug nach Indien dagegen früher schlafen gehen. Am<br />
Ankunftsort sollten Reisende sich möglichst viel dem Tageslicht<br />
aussetzen, da vor allem das Licht am Stellrädchen <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren<br />
Uhr dreht.