YOGA FÜR FAULE Beweglich bleiben – das ist wohl die wichtigste Voraussetzung für Wohlbefinden und Fitness nicht nur im Alter. Wenn der innere Schweinehund die Yoga- Stunde boykottiert, gibt es zum Glück eine Alternative: die Thai- Massage. Aus gutem Grund wird sie auch Yoga für Faule genannt 5 WENN DER SCHMERZ ENDLICH NACHLÄSST MASSAGE 65 VON RUTH ASCHRA 5/2014 65
Udo Eichelberg besuchte eine Massage-Schule in Chiang Mai, im Norden Thailands. Inzwischen hat er viele Ausbildungen absolviert Wie läuft eine Traditionelle Thai-Massage ab Ich treffe Udo Eichelberg in seinem Behandlungszimmer in Westerland auf der schönen Insel Sylt. Etwas atemlos komme ich an. Gerade war ich noch am Meer, dann habe ich schnell ein paar Einkäufe auf dem Markt erledigt. Nach der Begrüßung bietet er mir mit Blick auf meine Jeans eine leichte Thai-Hose an, die nicht modisch ist, sondern weit und bequem. Die traditionelle Thai-Massage findet nämlich am bekleideten Körper statt. Diese Tradition gibt dem Masseur die Möglichkeit, eine respektvolle Distanz zum Kunden zu wahren. Wer seine eigenen Kleider anbehalten will, kann zum Beispiel eine Trainingshose und ein bequemes Oberteil tragen. Hauptsache, die Kleidungsstücke bieten genügend Bewegungsfreiheit, kneifen nicht und schnüren nicht ein. Udo stellt mir ein paar Fragen nach Vorerkrankungen, danach lege ich mich auf die weiche Bodenmatte und denke darüber nach, was ich hier eigentlich erwarte. Mein Rücken tut da weh, wo alle Schreibtischtäter Probleme haben. Ich habe ein Hohlkreuz, meine letzte Yogastunde ist lange her. In den letzten Wochen bin ich viel Fahrrad gefahren, seitdem sind meine alten Schulterprobleme wieder aufgetaucht. Ob Thai-Massage da überhaupt gut tut Eine Friseurin hat mich zu Udo geschickt. „Wenn ich wieder mal zu lange gestanden habe und mich nicht mehr bücken kann, ist er meine Rettung“, meinte sie. Nach einer Ausbildung als Krankenpfleger hatte Udo Eichelberg in der Psychiatrie und in der Altenpflege gearbeitet. Dann erlernte er die traditionelle Thai-Massage und absolvierte auch eine Ausbildung zum Thai- Massage-Lehrer. Ob die Friseurin übertrieben hat Ich bin etwas skeptisch. Inzwischen hat Udo mit der Arbeit an meinen Füßen begonnen. Er dehnt und drückt, bewegt die Gelenke in alle Richtungen und zieht an den Zehen, bis sie knacken. „Langweilig“, denke ich und registriere, dass ich etwas müde werde. „Ich darf auf keinen Fall vergessen, ihn zu fragen, ob man das in Deutschland auch lernen kann“, denke ich noch, dann höre ich allmählich auf mit dem Denken. Es ist ein schönes Gefühl, entspannt auf der Matte zu liegen und bewegt zu werden. Von den Fußgelenken hat Udo sich allmählich in Richtung Knie vorgearbeitet, wo er einige schmerzhafte Punkte findet. Manchmal arbeitet er mit den Fingern, dann wieder spüre ich eine Faust, einen Ellenbogen oder Fuß. Auch die Beine werden langgezogen und gedehnt Wenn’s weh - und gleichzeitig wohl tut Einzelne Berührungen tun weh, aber nicht so, dass ich aufstehen und gehen möchte. Der Begriff „Wohlweh“ fällt mir ein. Er erscheint irgendwie passend und ich versuche, die Muskeln trotz Schmerz zu entspannen. Auch die Oberschenkel werden bearbeitet. Hier hat das Radfahren offenbar Spuren hinterlassen, die jetzt durch Druck und Kneten wieder beseitigt werden. Einmal zucke ich kurz zusammen. „Zu fest“, fragt Udo sofort. Dann schweigen wir wieder – die Stille ist angenehm. Er zieht die Beine lang, legt sie wieder ab und arbeitet sich anschließend von den Händen die Arme entlang zu den Schultergelenken. Wie zu erwarten, findet er wieder ziemlich schmerzhafte Punkte, die mich in meinem Halbschlaf stören. Ich spüre, dass ich im Rhythmus meiner Atmung bearbeitet werde. Wenn ich mich beim Ausatmen entspanne, wird der Fingerdruck des Masseurs fest. Ich stelle mir bildlich vor, dass der Schmerz zu einem Freund wird, wenn ich seine Existenz akzeptiere. Wenn ich ihn ansehe und begrüße, kann ich ihn bald wieder verabschieden. Ich fühle mich angenehm warm und schläfrig, komme mir abwechselnd vor wie eine wabernde Qualle und wie ein Segel, das straff gespannt wird. Manchmal habe ich das Bedürfnis, mich anders hinzulegen oder mich selbst zu strecken. Es scheint den Masseur nicht zu stören. Längst habe ich aufgehört, die üblichen Alltagsfragen oder gar Probleme zu überdenken. Sie sind mir im Augenblick nicht mehr wichtig. Macht die Entspannung Probleme unwichtig, oder ist meine Gleichgültigkeit entspannend für den Körper Auch so eine unwichtige Frage. Egal. Hauptsache, er hört nicht mehr auf. Natürlich hat auch diese Massage ein Ende. Ein- 66 5/2014