Ernst Ludwig Kirchner
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Samuelis Baumgarte Galerie<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> Die Natur des Menschen
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong><br />
Die Natur des Menschen<br />
Malerei, Zeichnung und grafische Werke<br />
29.11.2014 – 28.02.2015<br />
Samuelis Baumgarte Galerie
Dr. Isa Bickmann<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong><br />
Je älter ich werde,<br />
desto mehr öffnet sich die Naturform mir …<br />
Kauernder Akt, vom Rücken gesehen,<br />
1905, Holzschnitt auf imitiertem<br />
Japanpapier, 13 × 10 cm auf<br />
53,3 × 38,7 cm<br />
Als der 25-jährige <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> im Juli 1905 die Diplomprüfung<br />
im Fach Architektur an der Technischen Hochschule in Dresden absolviert,<br />
steht für ihn bereits fest, dass er sich ganz der Kunst widmen wird. Erst<br />
wenige Wochen zuvor, am 7. Juni 1905, hatte er mit den Freunden Fritz<br />
Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff in Dresden die Künstler gemeinschaft<br />
„Brücke“ gegründet. Der 1880 in Aschaffenburg geborene <strong>Kirchner</strong><br />
zeichnet von Kindheit an, erschließt sich auf autodidaktischem Wege die<br />
Kunst, gleichwohl schult er sich – wie das in jener Zeit auch an den Akademien<br />
üblich ist – an der Kunstgeschichte. Er nennt Dürer und die alten deutschen<br />
Meister, Rembrandt und die Niederländer seine Vorbilder. Während<br />
des Wintersemesters 1903/04 hält er sich in München auf, wo er eine<br />
Ausstellung der französischen Neoimpressionisten und Fauvisten Signac,<br />
Rysselberghe, Seurat und Vallotton besuchen kann.<br />
<strong>Kirchner</strong>s Holzschnitte 1 aus den Jahren 1904 bis 1906 spiegeln deutlich<br />
seine Vorliebe für diese zeitgenössischen Vorbilder, doch darüber hinaus<br />
weisen sie auf Motivstränge hin, die fortan <strong>Kirchner</strong>s Werk bestimmen<br />
werden, wie den Akt, die Landschaft und das Porträt. Auch zeugen sie von<br />
seinem Bestreben, auf die abstrahierende Form hinzuarbeiten und dabei<br />
die Linie als wesentliches Gestaltungselement zu nutzen. Doch noch fließen<br />
formale Elemente des Jugendstils in <strong>Kirchner</strong>s Holzschnittkunst ein. Das<br />
Blatt „Kauernder Akt, vom Rücken gesehen“ (1905) war Teil der Jahresgabe<br />
von 1906 für die passiven Brücke-Mitglieder. Es zeigt einen auf den untergeschlagenen<br />
Beinen sitzenden Rückenakt. Den Hintergrund nimmt eine<br />
rhythmisierte Wanddekoration im Jugendstil ein. <strong>Kirchner</strong> hat in jener Zeit<br />
mehrfach die Ornamentik des Jugendstils in Zeichnungen und Holzschnitte<br />
eingebunden, und zumeist umformt er Bildmotive mit Ornamenten. Bei dem<br />
„Kauernden Akt“ bietet das Ornament dagegen einen Bezug im Bild selbst,<br />
nämlich zu den Grübchen auf den Hüftknochen der Nackten. Das Wandornament<br />
spiegelt den rückwärtigen Unterleib und wiederholt dessen Form,<br />
während die Linien der Wirbelsäule und der Schulterblätter in dem Muster<br />
des Polsters, auf dem das Modell ruht, eine Antwort finden. Ein anderer<br />
Holzschnitt aus dem gleichen Jahr, „Mädchen auf Sofa“, aus der Sammlung<br />
des Brücke-Museums in Berlin, wird auf Félix Vallottons „La Paresse“-Holzschnitt<br />
von 1896 zurückgeführt. 2 Zweifellos muss jenes Werk des Schweizers<br />
und Mitglieds der „Nabis“ <strong>Kirchner</strong> bekannt gewesen sein, denn es war<br />
vielfach in Kunstzeitschriften und in Julius Meier-Graefes Vallotton-Monografie<br />
abgebildet. Ein dem oben beschriebenen Blatt ähnliches Gegeneinander<br />
bildet auch hier der Kontrast zwischen dem hellen Frauenkörper und<br />
der kleinteilig gemusterten Unterlage.<br />
Die Sitzhaltung des kauernden Rückenaktes spielt möglicherweise auch<br />
auf Paul Gauguins Darstellungen von auf dem Boden sitzenden tahitianischen<br />
Frauen in ihrer frei präsentierten Nacktheit an. Indessen macht ein direkter
Vergleich sichtbar, wie viel stärker der Frauenkörper bei <strong>Kirchner</strong> in sich verschränkt<br />
erscheint und damit eher an den kraftvollen Ausdruck von Leid in<br />
der Zeichnung „Sorrow“ von 1882 aus der Hand Vincent van Goghs 3 erinnern<br />
mag, die einen sitzenden Akt von der Seite gesehen zeigt. Jene Darstellung<br />
ist in ihrem Realismus Ausdruck der Verzweiflung einer alleinerziehenden,<br />
alkoholkranken Frau und van Goghs tiefempfundener Empathie entsprungen.<br />
Beide Vergleiche mit Werken von van Gogh und Gauguin mögen durchaus<br />
naheliegen: In Weimar findet vom 7. Juli bis 15. September 1905 eine von<br />
Paul Cassirer organisierte Gauguin-Ausstellung statt. Aber auch Vincent van<br />
Goghs Werke erreichen die Dresdner Künstler: Vom 26. Oktober bis 11. November<br />
1905 zeigt die seit Beginn des Jahrhunderts für Präsentationen der<br />
Avantgarde bekannte Galerie <strong>Ernst</strong> Arnold 50 Werke von van Gogh. 1906<br />
sind Arbeiten des Niederländers bei Paul Cassirer in Berlin zu sehen. Die<br />
Brücke-Künstler sollen darüber „außer Rand und Band“ 4 geraten sein.<br />
Sichtbar wird <strong>Kirchner</strong>s Beschäftigung mit van Gogh und den „Fauves“ in<br />
dem Aquarell „Landschaft mit Bäumen“ von 1907 anhand der dynamischen<br />
Pinselbewegungen und vibrierenden Strichlagen. Eine suggestive, in den Landschaftsraum<br />
hineinziehende Perspektive erinnert zudem beispielsweise an<br />
den Norweger Edvard Munch. Beides zeugt von einer konstruktiv eingesetzten<br />
Rezeption der von <strong>Kirchner</strong> studierten Zeitgenossen. Auch der japanische<br />
Holzschnitt, seit den 1860er Jahren Kult und nach 1900 immer noch<br />
beliebtes Sammelobjekt, begeistert <strong>Kirchner</strong>. Dies zeigt sich z. B. in dem<br />
schlanken Hochformat des Holzschnitts „Unschlüssiges Mädchen“ von 1906.<br />
<strong>Kirchner</strong> führt mit den Künstlerfreunden und deren Lebensgefährtinnen<br />
in Dresden und ab 1911 in Berlin ein sehr freies, bürgerliche Konventionen<br />
ablehnendes Bohème-Leben, das mit der Auflösung der Brücke nach 70 gemeinsamen<br />
Ausstellungen 1913 endet. Er meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst<br />
und beginnt 1915 eine militärische Ausbildung. Kurz danach bricht er<br />
zusammen. Es folgen Sanatoriumsaufenthalte in Königstein i. Taunus. Während<br />
es ihm aufgrund einer diagnostizierten Alkohol- und Narkotikaabhängigkeit<br />
und nervösen Zuständen gesundheitlich nur langsam besser zu gehen<br />
scheint, kommt er in Kontakt mit dem Chemiker Carl Hagemann, der<br />
wichtiger Mäzen und Sammler werden soll. Außerdem erhält er seine erste<br />
Einzelausstellung in der Frankfurter Galerie von <strong>Ludwig</strong> Schames. 5<br />
1917 reist <strong>Kirchner</strong> erstmals nach Davos. Es kommt zu einem erneuten<br />
Sanatoriumsaufenthalt in Kreuzlingen 1918. Im gleichen Jahr übersiedelt er<br />
endgültig nach Davos. Erna Schilling, seit 1912 seine Lebensgefährtin, ist bei<br />
ihm. In Davos entsteht u. a. die Bleistiftzeichnung „Plaudernde Bauern auf<br />
der Stafelalp“ (1918), die fünf Personen in einer wellenartigen Reihung vor<br />
den Bergen im Hintergrund skizzenhaft wiedergibt. Auf der Rückseite des<br />
Blattes führt er in schwarzer und grüner Kreide die Skizze „Tobel bei der Stafelalp“<br />
aus. Sie zeigt auf, dass <strong>Kirchner</strong> rasch und unmittelbar nach der Natur<br />
zeichnet. Die Zeichnungen sind Ausdruck einer impulshaften Umsetzung<br />
des Gesehenen: „Ich muss zeichnen bis zur Raserei, nur zeichnen. Dann nach<br />
einiger Zeit das Gute aussuchen.“, schreibt er am 4. August 1919 in sein Tagebuch.<br />
6 1923 findet der Umzug in ein neues Haus auf dem Wildboden (Frauenkirch-Wildboden<br />
im Eingang zum Sertigtal bei Davos) statt. 7<br />
In der Schweizer Abgeschiedenheit hält der Künstler per Brief regen Kontakt<br />
zur Außenwelt und informiert sich mit Hilfe von Kulturzeitschriften, wie<br />
z. B. dem von Alfred Flechtheim begründeten „Der Querschnitt“ oder dem<br />
von Herwarth Walden herausgegebenen „Der Sturm“. Was sich in der aktuellen<br />
Kunst tut, ist ihm also wohlbekannt. In der Folge ändert sich Mitte der<br />
Landschaft mit Bäumen, 1907,<br />
Aquarell auf festem Büttenpapier,<br />
28 × 37 cm<br />
Unschlüssiges Mädchen, 1906,<br />
Holzschnitt auf chamois Papier,<br />
19 × 8,5 cm auf 21 × 11 cm<br />
Plaudernde Bauern auf der Stafelalp,<br />
1918, Bleistift auf satiniertem<br />
Halbkarton, 38 × 50 cm<br />
3
Sängerin am Piano, 1930, Öl auf<br />
Leinwand, 120 × 150 cm<br />
Alpenveilchen zu Weihnachten, 1917,<br />
Öl auf Leinwand, 60 × 70 cm<br />
zwanziger Jahre der Blick auf das eigene Œuvre: Er will nicht länger ein<br />
Expres sionist sein, vielmehr sieht er sich neuen internationalen Kunstströmun<br />
gen nahe. Er ändert seinen Malstil. Die Formen werden flächiger, die<br />
Konturenlinie gewinnt an Autonomie, Gesichter werden maskenartig. Vielleicht<br />
liegt der Grund für diese persönliche Weiterentwicklung in der Konkurrenzsituation<br />
zu den Kollegen, die ihn belastet. Er notiert sich von einem<br />
Besuch bei seinem Händler Schames in Frankfurt 1925: „Vor allem muss<br />
ich noch einen neuen jungen Händler für meine Sachen haben, der die anderen<br />
nicht hat, das wäre sehr wichtig.“ 8 Und zwei Tage später: „Bei<br />
Schames sind alle Brückeleute, das ist nicht gut für meinen Plan, allein vorwärts<br />
zu machen, sie haben mir ihn schon fast geraubt, ich muß einen neuen<br />
Mann, der die anderen nicht hat, bekommen.“ 9 Es verstärken sich die<br />
negativen Gefühle, schlechte Verkäufe in den Ausstellungen kommen hinzu.<br />
Die Lebens gefährtin Erna ist unglücklich in der Bergeinsamkeit.<br />
Im September 1926 notiert er: „Je älter ich werde, desto mehr öffnet sich<br />
die Naturform mir und ich schöpfe frei aus ihr zur Realisierung meiner Kunstform,<br />
die immer eindeutiger und stiller wird.“ 10 Stolz berichtet der Künstler<br />
dem Kunsthistoriker Alfred Hentzen, damals Assistent von <strong>Ludwig</strong> Justi an<br />
der Berliner Nationalgalerie, am 25. August 1931 „von dem schönste[n] und<br />
beste[n] [Bild] der letzten Jahre.“ So lobt <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> das Gemälde<br />
„Sängerin am Piano“, das er mit „29“ datiert und mit „cantatrice au piano“<br />
betitelt hat. In einem Katalog der Kunsthalle Bern von 1933 beschreibt er<br />
es folgendermaßen: „Von den senkrecht und schräg gesehenen Tasten steigen<br />
blaue horizontale Linienreihen auf, die man als Bild der Töne deuten kann.<br />
Die Arme der spielenden Sängerin setzen in der Umformung an der Brust<br />
an und geben damit der Bewegung das Feierliche. Die Gesichter der fünf Zuhörer<br />
sind trotz der Vereinfachung individualisiert.“ 11<br />
Deutlich ist im Bild zu erkennen, dass <strong>Kirchner</strong> Picassos Werk wahr- und<br />
annimmt. Vergleicht man es beispielsweise mit dem 1928 entstandenen „Baigneuses<br />
jouant au ballon“ 12 , in dem Picasso die Ballspieler mit stark überlängten<br />
Armen zeigt, wird Verbindendes deutlich. Picasso stärkt damit die<br />
Aktion der Spieler: das Strecken nach dem Ball, um ihn zu fangen. <strong>Kirchner</strong><br />
lenkt über die Form der überlangen Arme den Blick des Betrachters an den<br />
unteren Rand des Bildes, hin zu den Klaviertasten und wieder zurück zum<br />
Gesicht der Sängerin. Doch direkte Anleihen sind bei <strong>Kirchner</strong> nie zu finden 13 ,<br />
was dafür spricht, dass er Picassos Werk zwar studiert und für sich nutzbar<br />
macht, sich jedoch niemals direkte Übernahmen oder Zitate gestattet<br />
hat. 14 Darüber hinaus betrachtet er Picasso nicht ohne Kritik, wenn er sich<br />
nach dem Besuch einer Ausstellung in Zürich am 19. September 1925 notiert:<br />
„Nun war ich mit Müller in Zürich und sah dort die Ausstellung der modernen<br />
Maler aller Nationen. Es ist nicht gerade viel und nicht gerade Eigenes,<br />
was die Herren da produzieren. Der eigenartigste und beste ist<br />
sicherlich Picasso. Er ringt doch um Form in den alten Bildern wie in den<br />
neuen, nur kommt er nie zu einem Resultat, weil er alles sehr unfertig läßt.<br />
Die Skizze ist immer interessant, aber damit schafft man noch keinen Stil.<br />
Das Bild aus der blauen Periode ist wie ein angefangenes Kinoplakat. Fertig<br />
ist nur das kleine Stilleben von 1924 mit den Erdbeeren und dem Milchglase.<br />
Das ist gut und formale Phantasie. Die beiden großen stehenden Akte<br />
sehen sehr schön aus. Da merkt man das Herkommen Picassos von den<br />
Negern und Chavannes daran. Die Frau im Spiegel ist langweilig. [...]“ 15<br />
Der Vergleich zweier Stillleben, „Alpenveilchen zu Weihnachten“ von 1917<br />
und das wohl zehn Jahre später entstandene „Stillleben mit Krügen und<br />
4
Kerze“ machen <strong>Kirchner</strong>s Stilwechsel deutlich. Mit vehementem Strich gibt<br />
er jeder Blüte eine individuelle Erscheinung, während später Konturen die<br />
Formen bestimmen und die Aufsicht auf den Gegenstand, die bei dem Alpenveilchen<br />
den Blick in das Bild hineinzieht, sich mit einer seitlichen Ansicht<br />
in der Art einer kubistischen Annäherung verbündet. Der in der <strong>Kirchner</strong>literatur<br />
mehrfach „spitz“ genannte Farbauftrag wird zu einer neuen Flächigkeit<br />
in hochformatiger Staffelung und einer damit einhergehenden Beruhigung<br />
entwickelt.<br />
Über die Winter hilft sich <strong>Kirchner</strong> auch mit Aktfotografien, die er von<br />
Erna und z. B. der Tänzerin Nina Hard schoss, die das Paar 1921 besuchte.<br />
Es kommt zur Einbindung von nackten weiblichen Körpern in die Naturlandschaft.<br />
Die Natürlichkeit der Bewegungen ist dabei von zentraler Bedeutung.<br />
Es geht um ein „Malen ohne Posen“. Die sogenannte „Lebensreform“,<br />
die Lektüre von Gauguins Schrift „Noa Noa“, die kunsthandwerklichen Gestaltungen<br />
seiner Lebens- und Arbeitsräume und deren Ausstattung mit<br />
Teppichen stehen für eine Sehnsucht nach ursprünglichen Lebensweisen,<br />
nach dem Paradies. 16 „Drei Akte im Walde“ von 1933 führt den Bogen zurück<br />
zu den frühen Werken, die an den Moritzburger Seen entstanden sind,<br />
jenem „tahitianische[n] ‚Ersatzparadies‘ der ‚Brücke‘“. 17 Neben den Bildern<br />
der Idylle wendet er sich wieder den Straßenbildern zu.<br />
Mit „Strasse in der Dämmerung“ von 1929 knüpft <strong>Kirchner</strong> an seine Straßenszenen<br />
von 1912-15 an, und auch hier finden sich oben beobachtete Veränderungen.<br />
Während die Berliner Straßenszenen Motive wie die Kontaktaufnahme<br />
zwischen Mann und Frau, die Prostitution, darstellen 18 , reflektiert<br />
er nun das Miteinander-, Gegeneinander- und Auseinandergehen der Stadtmenschen.<br />
Eine Reise nach Essen, Frankfurt und Berlin im Mai/Juni 1929<br />
mag das Bildsujet ausgelöst haben. <strong>Kirchner</strong> stellt nicht nur die Straße der<br />
Großstadtmenschen dar, sondern auch die der Arbeiter, hier symbolisiert<br />
durch Pferd und Rad. In starker, fast kindlicher Vereinfachung ist in der Mitte<br />
ein Hund zu sehen, dazu ein einander zugewandtes Paar links, eine Frau<br />
mit moderner Pagenkopffrisur im rechten Vordergrund, den Weg eines Mannes<br />
mit Hut und Zigarette kreuzend. Es ist die Dämmerung, jene Zeit, in der<br />
sich die tags Tätigen mit den abendlichen Flaneuren abwechseln.<br />
Eines der letzten Bilder <strong>Kirchner</strong>s ist die „Scene aus Sommernachtstraum“<br />
von 1937, ein ungewöhnlich großes Gemälde von fast 2 mal 1,5 Metern. Der<br />
Vertraute des Königs der Elfen, Puck, beobachtet die vor ihm stattfindende<br />
Szene, die mit der Natur verwachsen scheint. Wie ein sich auflösender Geist<br />
flüchtet die gelbe Gestalt vor dem in den Farben des Baumes, violett, grün<br />
und blau, dargestellten Reiter. Die Szene ist nicht unmittelbar einer Textstelle<br />
der Komödie Shakespeares zuzuordnen; vielleicht sind es Pyramus und<br />
Thisbe aus dem Prolog oder Lysander/Demetrius und Hermia/Helena. <strong>Kirchner</strong><br />
setzt hier auf die nächtliche Stimmung und die Vereinigung von Figur und<br />
Natur, indem er den Reiter eine Art Mimikry mit dem Baum eingehen lässt.<br />
Im gleichen Jahr wird der Künstler aus der Akademie der Künste ausgeschlossen.<br />
639 Werke aus öffentlichen Sammlungen werden beschlagnahmt und<br />
32 Bilder <strong>Kirchner</strong>s touren in der berüchtigten Ausstellung „Entartete Kunst“<br />
durch Deutschland. All das belastet ihn sehr. Er trägt sich mit Suizidgedanken.<br />
In einem Brief aus Davos an Luise Schiefler, in dem er auch von der Arbeit<br />
an oben beschriebenem „Sommernachtstraum“ berichtet, schreibt der<br />
Künstler: „Die Zukunft liegt recht dunkel vor uns. Wie sich die jüngsten Ereignisse<br />
[i.e. die Ausstellung „Entartete Kunst“] im Ausland auswirken, weiß<br />
man noch nicht. Schaden werden sie dem Ansehen der gesamten deutschen<br />
Stillleben mit Krügen und Kerze,<br />
1927, Öl auf Leinwand, 70 × 60,5 cm<br />
Drei Akte im Walde, 1933, schwarze<br />
Kreide auf satiniertem chamois<br />
Papier, 36 × 51 cm<br />
Strasse in der Dämmerung, 1929, Öl<br />
auf Leinwand, 65,5 × 81 cm<br />
5
Kunst, das ist das Bedauerliche und Traurige. Wir hatten ja schon 5 Jahre<br />
infolge der Devisensperre Not. Wenn es sein muß, bringe ich auch das Leben<br />
zum Opfer für die Kunst. Ich habe ein reines Gewissen und habe stets das<br />
Beste meiner Arbeit anderen gegeben. Ein gültiges Werturteil wird erst lange<br />
nach uns möglich sein, denn das Neue in geistigen Dingen wird nie zu der<br />
Zeit richtig verstanden, in der es geschaffen wird.“ 19 Am 15. Juni 1938 scheidet<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> durch Selbstmord aus dem Leben.<br />
1 Der Holzschnitt, ein Hochdruckverfahren, findet um 1900 durch die Beschäftigung mit Dürer,<br />
der in seiner Zeit eine erste Modewelle dieser Technik ausgelöst hatte, unter den Künstlern wie<br />
z.B. Munch oder Gauguin neuen Zuspruch, ermöglicht er doch hohe Auflagen in gleichbleibender<br />
Qualität und kann zudem für eine den Künstlern wichtige Verbreitung ihres Werks sorgen.<br />
2 Magdalena M. Moeller, <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Zeichnungen und Aquarelle, Ausstellung im<br />
Brücke-Museum und dem Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück, München 1993, S. 32.<br />
Vgl. auch WVZ Dube, Nr. 50, Nr. 63.<br />
3 Garman Ryan Collection, New York.<br />
4 So berichtete es Fritz Schumacher. Vgl. Timothy O. Benson: Der Expressionismus in Deutschland<br />
und Frankreich, in: Ausst.-Kat. Expressionismus in Deutschland und Frankreich. Von Matisse zum<br />
Blauen Reiter, Ausstellung im Kunsthaus Zürich, München 2014, S. 14.<br />
5 Zu den Privatsammlungen und den Händlern <strong>Kirchner</strong>s vgl. den Ausst.-Katalog Expressionismus<br />
im Rhein-Main-Gebiet. Künstler – Händler – Sammler, Museum Giersch Frankfurt 2011, Petersberg<br />
2011, bsd. die Aufsätze von Christoph Otterbeck, S. 253-261, und Andreas Hansert,<br />
S. 216-223.<br />
6 Lothar Grisebach, E. L. <strong>Kirchner</strong>s Davoser Tagebuch, Köln 1968, S. 54.<br />
7 <strong>Kirchner</strong> lebt dort bis zu seinem Freitod am 15. Juni 1938. Erna bewohnt das Haus bis zu ihrem<br />
Tod 1945. Sein Bleiben dort hatte auch zur Folge, dass er im Gegensatz zu Künstlern, die während<br />
des Krieges in Berlin geblieben waren, keine durch Bomben und Brände verlorene Werke<br />
beklagen musste.<br />
8 Reisetagebuch 1925/26, 28.12.1925, Grisebach, a.a.O., S. 112.<br />
9 Ebd., S. 113. Sein Streben nach Fortentwicklung kulminiert in der Erfindung des Kunstkritikers<br />
Louis de Marsalle. Unter diesem Pseudonym veröffentlicht <strong>Kirchner</strong> 13 Jahre lang Artikel über<br />
sein Werk.<br />
10 Grisebach, a.a.O., S. 130 f., Reisetagebuch, Eintrag vom 16.9.1926.<br />
11 Zit. nach Felix Krämer, in: Ausst.-Kat. <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Retrospektive, Städel Museum,<br />
Frankfurt, Ostfildern 2010, S. 283. Die Briefstellen stammen aus: Hans Delfs (Hg.), <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong><br />
<strong>Kirchner</strong>. Der gesamte Briefwechsel, 4 Bde., Zürich 2010, Nr. 2555, und ders. (Hg.), <strong>Kirchner</strong>,<br />
Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay ... Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann 1906-1940,<br />
Ostfildern-Ruit 2004, S. 580 f., Nr. 752.<br />
Der Nachlass <strong>Kirchner</strong>s umfasst nahezu 2000 Briefe. Vgl. die Übersicht dazu bei Christian Saehrendt,<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Bohème-Identität und nationale Sendung, Dissertation Heidelberg<br />
2002, Frankfurt 2003, S. 75 ff.<br />
12 Öl auf Leinwand, Musée Picasso Paris. Eine weitere Version war kürzlich ausgestellt im Kunsthaus<br />
Zürich im Rahmen des „Reenactments“ der ersten Retrospektive des Künstlers von 1932<br />
in Zürich. 15.10.2010- 30.1.2011. http://www.kunsthaus.ch/picasso/ausstellung.php (abgerufen<br />
am 17.10.2014).<br />
13 Auch wenn er 1931/32 tatsächlich Ballspielerinnen darstellt. Öl auf Leinwand, Slg. <strong>Kirchner</strong>,<br />
Museum Davos, WVZ Gordon 993.<br />
14 Die in der <strong>Kirchner</strong>-Literatur vielerorts beschworene Picassoannäherung im Sinne einer Rezeption<br />
und Stilübernahme diskutiert Hyang-Sook Kim, in: Die Frauendarstellungen im Werk von <strong>Ernst</strong><br />
<strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Verborgene Selbstbekenntnisse des Malers, Dissertation Marburg 2001, Marburg<br />
2002. Zu Picasso bsd. S. 185 ff.<br />
15 Grisebach, Davoser Tagebuch, a.a.O., S. 93 f.<br />
16 Ausführlich dazu: Hanna Strzoda, Die Ateliers <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>s. Eine Studie zur Rezeption<br />
„primitiver“ europäischer und außereuropäischer Kulturen, Diss. Bamberg 2004, Petersberg<br />
2006, bes. S. 282-289.<br />
17 Roland März, Tahiti – Moritzburg und zurück, in: Ausst.-Kat. Paul Gauguin, Das verlorene<br />
Paradies, Museum Folkwang Essen, Neue Nationalgalerie Berlin, Köln 1998, S. 280.<br />
18 Vgl. hierzu auch den Beitrag von Nicole Brandmüller „Ein Expressionist in Berlin“ im Ausst.-Kat.<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Retrospektive, Städel Museum, Frankfurt, Ostfildern 2010, S. 99-105.<br />
19 Brief an Luise Schiefler, Witwe des Sammlers Gustav Schiefler, vom 29. Juli 1937. Abgedruckt in:<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>, Gustav Schiefler. Briefwechsel 1910-1935/1938, bearb. v. Wolfgang Henze<br />
in Verb. m. Annemarie Dube-Heynig u. Magdalena Kraemer-Noble, Stuttgart/Zürich 1990, S. 711 f.<br />
6
Dr. Isa Bickmann<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong><br />
The older I get,<br />
the more nature’s form reveals itself to me …<br />
When in July 1905 the 25-year-old <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> received his diploma<br />
in architecture from the Polytechnic in Dresden, he was already certain<br />
that he would devote himself wholly to art. Just a few weeks before,<br />
on 7 June 1905, he had founded the artists’ group, “Brücke”, with his friends<br />
Fritz Bleyl, Erich Heckel and Karl Schmidt-Rottluff. <strong>Kirchner</strong>, born in 1880<br />
in Aschaffenburg, began drawing in childhood and was a self-taught artist.<br />
Nevertheless he was schooled in art history, which at the time was usual<br />
at the academies. He named Dürer and the old German masters, Rembrandt<br />
and Dutch/Flemish masters as painters from whom he drew inspiration.<br />
During the 1903/04 winter semester he was in Munich, where he visited<br />
an exhibition of the French Neo-Impressionists and Fauvists: Signac, Rysselberghe,<br />
Seurat and Vallotton.<br />
<strong>Kirchner</strong>’s woodcuts 1 from the years 1904 to 1906 clearly reflect his<br />
preference for these contemporary role models. But even beyond this, they<br />
led him to a series of subjects that will henceforth define his work: the nude,<br />
landscape and the portrait. The woodcuts also testify to his attempt to approach<br />
a more abstract form and hereby use the line as an essential compositional<br />
element. But formal Jugendstil elements still flowed into <strong>Kirchner</strong>’s<br />
woodcut art. The single sheet “Kauernder Akt, vom Rücken gesehen/<br />
Hunched Nude, from the back” (1905) was part of the 1906 annual edition<br />
for the passive Brücke members. It shows a nude from the back, seated on<br />
folded legs. The background depicts a rhythmized Jugendstil wall décor. At<br />
that time <strong>Kirchner</strong> often included Jugendstil ornamentation in drawings and<br />
woodcuts and mostly reworked his pictorial motifs with ornaments. In the<br />
“Kauernden Akt/Hunched Nude”, on the other hand, the ornamentation alludes<br />
to the picture itself, namely to the hollows in the nude’s hipbones. The<br />
left wall décor mirrors the lower rear body and repeats its form, while the<br />
lines of the spine and the shoulder blades find a response in the pattern of<br />
the upholstery on which the model sits. Another woodcut from the same<br />
year, “Mädchen auf Sofa/girl on a sofa”, from the Brücke Museum collection<br />
in Berlin, takes us back to Félix Vallotton’s woodcut “La Paresse” from 1896. 2<br />
Without a doubt, <strong>Kirchner</strong> must have known this work by the Swiss artist<br />
and member of the “Nabis”, because it was often pictured in art magazines<br />
as well as in Julius Meier-Graefe’s Vallotton monograph. As in the abovementioned<br />
work by <strong>Kirchner</strong>, there is a similar play-off here between the<br />
contrast of the white female body and the mini-patterned bolster pillows.<br />
The posture of the seated nude possibly also alludes to Paul Gauguin’s<br />
portrayals of Tahitian women seated on the ground in their freely presented<br />
nudity. Meanwhile a direct comparison shows us how much more <strong>Kirchner</strong>’s<br />
female figure is seen in a bent-over position and thus may recall a<br />
powerful expression of suffering in Vincent van Gogh’s drawing “Sorrow”<br />
from 1882, 3 which shows a seated nude in profile. The realism of that de-<br />
Kauernder Akt, vom Rücken gesehen,<br />
1905, woodcut on imitation Japan<br />
paper, 13 × 10 cm on 53,3 × 38,7 cm<br />
7
Landschaft mit Bäumen, 1907,<br />
water colour on vat paper,<br />
28 × 37 cm<br />
Unschlüssiges Mädchen, 1906,<br />
wood cut on chamois paper,<br />
19 × 8,5 cm on 21 × 11 cm<br />
Plaudernde Bauern auf der Stafelalp,<br />
1918, pencil on satined cardstock,<br />
38 × 50 cm<br />
piction is an expression of the despair that has sprung from the fate of an<br />
alcoholic single mother and Van Gogh’s deeply felt empathy. Both comparisons<br />
with works by Van Gogh and Gauguin may be very apt: From 7 July to<br />
15 September in Weimar, a Gauguin exhibition organized by Paul Cassirer<br />
took place. Also Vincent van Gogh’s works reached the Dresdner artists:<br />
From 26 October to 11 November 1905, Galerie <strong>Ernst</strong> Arnold, known since<br />
the beginning of the century for its presentations of the avantgarde, showed<br />
50 works by Van Gogh. In 1906, works by the Dutchman were to be seen<br />
at Paul Cassirer’s in Berlin. The Brücke artists were supposedly “außer<br />
Rand und Band” 4 (out of control) in their reactions.<br />
<strong>Kirchner</strong>’s engagement with Van Gogh and the Fauves can be seen in the<br />
watercolor “Landschaft mit Bäumen/Landscape with Trees” from 1907,<br />
with its dynamic brushstrokes and the vibrating course of its lines. In addition,<br />
the suggestive perspective that suffuses the stretch of landscape<br />
recalls, for example, the Norwegian, Edvard Munch. Both testify to <strong>Kirchner</strong>’s<br />
constructively deployed reception of his contemporaries whom he<br />
studied. Also the Japanese woodcut, cult since the 1860s and after 1900<br />
a still well-loved collection item, inspired <strong>Kirchner</strong>. This can be seen, for instance,<br />
in the slim vertical format of the woodcut “Unschlüssiges Mädchen/<br />
undecided girl” from 1906.<br />
With his artist friends and their female companions, <strong>Kirchner</strong> in Dresden,<br />
and as of 1911 in Berlin, led a very free Bohemian life that rejected<br />
bourgeois conventions and that ended in 1913 with the breakup of the<br />
Brücke. He volunteered for military service and in 1915 began his training.<br />
Shortly after, he suffered a breakdown, followed by stays in a sanatorium<br />
in Königstein im Taunus. Because of a diagnosed alcohol and narcotics addition<br />
along with nervous exhaustion, he recovered his health only very<br />
slowly, but he did at this time meet the chemist Carl Hagemann, who was<br />
to become an important patron and collector. In addition he had his first<br />
solo exhibition at the Frankfurt gallery of <strong>Ludwig</strong> Schames. 5<br />
In 1917 <strong>Kirchner</strong> took his first trip to Davos, Switzerland. In 1918 a renewed<br />
stay in a sanatorium, this time in Kreuzlingen, became necessary.<br />
That same year he moved to Davos for good. Erna Schilling, his life partner<br />
since 1912, was with him. In Davos, the pencil drawing “Plaudernde Bauern<br />
auf der Stafelalp/chatting farmers at the Stafelalp” (1918), shows a sketchy<br />
drawing of five of them in a wave-like row against a background of mountains.<br />
On the back of this single sheet he sketched in black and green pastel:<br />
“Tobel bei der Stafelalp/Tobel at the Stafelalp”, which shows how very<br />
rapidly and directly <strong>Kirchner</strong> drew from nature. The drawings are an expression<br />
of an impulsive execution of what he sees: “I must draw to the verge of<br />
frenzy, merely draw. Then after a while choose what is good,” he wrote on<br />
4 August 1919 in his diary. 6 In 1923 he moved to a new house on the Wildboden<br />
(Frauenkirch-Wildboden at the entry to the Sertig Valley near Davos). 7<br />
In his Swiss isolation, the artist had contact with the outside world via<br />
the postal service and kept himself informed through cultural journals, such<br />
as “Der Querschnitt” founded by Alfred Flechtheim or “Der Sturm” published<br />
by Herwarth Walden. He knew very well what was current in art. His view<br />
of his own work subsequently changed in the mid-1920s. He didn’t want to<br />
be an Expressionist any longer but rather recognized an accessibility to the<br />
new international art trends. He changed his painting style. The forms are<br />
now flatter; lines and contours gain autonomy; faces become mask-like. The<br />
reason for this personal evolution perhaps lay in the rivalry between his<br />
8
colleagues that weighed on him. On a visit to his art dealer Schames in<br />
Frankfurt in 1925, he notes: “Above all I must get a new young dealer for<br />
my affairs, one the others don’t have, that would be very important.” 8 And<br />
two days later: “All the Brücke people are with Schames; that’s not good<br />
for my plan to go forward on my own. They’ve almost robbed me of him. I<br />
have to get a new man that the others don’t have.” 9 Such negative feelings<br />
increase; slow sales at exhibitions are an additional worry. And his life partner,<br />
Erna, is unhappy in this mountainous isolation.<br />
In September 1926 he notes: “The older I get, the more nature’s form<br />
reveals itself to me and I help myself freely to her in order to realize my art<br />
form, which is getting ever more distinct and more still.” 10 On August 25,<br />
1931, the artist proudly reports to the art historian Alfred Hentzen – at<br />
the time an assistant to <strong>Ludwig</strong> Justi at the National Gallery in Berlin – “on<br />
my most beautiful and best picture of these past years.” In these words<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> praised his painting “Sängerin am Piano/Singer at<br />
the piano” that he dated “29” and to which he gave the title “cantatrice au<br />
piano”. In a Kunsthalle Bern catalogue from 1933 he described it as follows:<br />
“Rising from the vertical and slanted piano keys are rows of blue horizontal<br />
lines that can be read as an image of the notes. The arms of the piano-playing<br />
singer begin at the reshaped breast and so transmit the celebration of<br />
the movement. The faces of the five spectators are individualized despite<br />
their simplification.” 11<br />
It is clearly recognizable in the painting that <strong>Kirchner</strong> has seen and accepted<br />
Picasso’s work. In comparing it, for example, with the 1928<br />
“Baigneuses jouant au ballon”, in which Picasso depicts the ball players with<br />
very elongated arms, 12 the connection is made clear. It was in this way that<br />
Picasso highlighted the action of the players: stretching out toward the ball<br />
in order to catch it. Through the form of the overlong arms, <strong>Kirchner</strong> guides<br />
the viewer’s eyes to the piano keys at the lower edge of the picture and<br />
back again to the singer’s face. Yet there are no direct imitations to be<br />
found with <strong>Kirchner</strong>, 13 which speaks for the fact that although he knew Picasso’s<br />
work and found it useful to himself, he yet never allowed any direct<br />
adoptions or quotations. 14 Beyond this he did not see Picasso without criticism<br />
when on 19 September 1925, after a visit to an exhibition in Zurich,<br />
he notes: “I was in Zurich with Müller and saw there the exhibition of modern<br />
painters from every country. What these gentlemen have produced is<br />
not precisely very much and not precisely their very own. The strangest<br />
and best is surely Picasso. He wrestles with the form in the old paintings<br />
as in the new, only he never gets a result because he leaves everything very<br />
unfinished. The sketch is always interesting, but from that you can’t create<br />
a style. The painting from the blue period is like a just-begun movie poster.<br />
Only the little still life from 1924 with the strawberries and the milk glass<br />
is finished. That is good, formal fantasy. The two large standing nudes look<br />
very beautiful. You notice here Picasso’s derivation from negroes and<br />
Chavannes. The woman in the mirror is boring. [...]“ 15<br />
The comparison of <strong>Kirchner</strong>’s two still lifes – “Alpenveilchen zu Weihnachten/cyclamens<br />
at Christmas” from 1917 with “Stilleben mit Krügen und<br />
Kerze/still life with jugs and candle” apparently done ten years later – make<br />
his change of style very clear. With a forceful line he gives each cyclamen<br />
flower an individual appearance, while later it is contours that determine<br />
the forms. And the view of the object – which with the cyclamens draws<br />
your eyes into the picture – now seen from the side is in line with a cubist<br />
Sängerin am Piano, 1930, oil on<br />
canvas, 120 × 150 cm<br />
Alpenveilchen zu Weihnachten, 1917,<br />
oil on canvas, 60 × 70 cm<br />
Stillleben mit Krügen und Kerze,<br />
1927, oil on canvas, 70 × 60,5 cm<br />
9
Drei Akte im Walde, 1933,<br />
black chalk on satined chamois paper,<br />
36 × 51 cm<br />
Strasse in der Dämmerung, 1929,<br />
oil on canvas, 65,5 × 81 cm<br />
approach. What in the literature on <strong>Kirchner</strong>’s application of paint is called<br />
“spitz” or pointy, he then developed into a new flatness in a tiered verticalformat,<br />
accompanied by a quieting down.<br />
Over the winter, <strong>Kirchner</strong> also helped out with nude photographs that he<br />
took of Erna and, e.g., the dancer Nina Hard, whom the couple visited in<br />
1921. The result is the integration of naked female bodies in a natural landscape.<br />
The naturalness of the movements is hereby of central importance.<br />
The issue is “painting without poses.” The so-called “life reform”, the reading<br />
of Gauguin’s book Noa Noa, the artful arrangement of his living and work<br />
rooms furnished with carpets – all stand for the longing of an intrinsic way<br />
of life, of paradise. 16 “Drei Akte im Walde/three nudes in the woods” from<br />
1933 takes us full circle to the early works that were painted at the Moritzburg<br />
lakes, the Tahitian ‘Ersatzparadies’ of the Brücke. 17 Besides the paintings<br />
of such idylls, he turned again to street depictions.<br />
With “Strasse in der Dämmerung/street at twilight” from 1929, <strong>Kirchner</strong><br />
builds further on his street scenes from 1912–15, and here too, changes<br />
are evident. While the Berlin street-scene motifs portrayed the contact<br />
between man and woman, of prostitution, 18 he now reflects on city<br />
people who come together, disagree with, and take leave of, each other. A<br />
trip to Essen, Frankfurt and Berlin in May/June 1929 may have triggered<br />
the depiction of this theme. <strong>Kirchner</strong> not only portrays the street of big city<br />
inhabitants, but also that of workers, here symbolized by horse and wheel.<br />
In a strong, almost childlike simplification, a dog can be seen at the center,<br />
to the left a couple faces each other; in the right foreground we see a woman<br />
with a modern haircut and bangs who is intersected by a man with<br />
hat and cigarette. It is twilight, the hour at which the day-players change<br />
into evening strollers.<br />
One of <strong>Kirchner</strong>’s last painting is the “Scene aus Sommernachtstraum”<br />
from 1937, an unusually large painting of almost 2 × 1.5 meters. The King<br />
of the Fairies’ confidant is Puck, who is here observing the scene before<br />
him and seems to have merged with nature. Like a decomposing ghost, the<br />
yellow figure flees from the rider who is pictured in the colors of the tree:<br />
violet, green and blue. The scene cannot be directly linked to any one passage<br />
from Shakespeare’s comedy. Perhaps the two characters are Pyramus<br />
and Thisbe from the prologue or Lysander/Demetrius and Hermia/<br />
Helena. <strong>Kirchner</strong> relies on the night’s atmosphere and the merger of figure<br />
and nature when, in a kind of mimicry, he has the rider fuse with the tree.<br />
In that same year, the artist was excluded from the Akademie der Künste.<br />
638 works from public collections were confiscated and 32 of his paintings<br />
were on tour through Germany, included in the infamous exhibition “Entartete<br />
Kunst/degenerate art”. All this weighed heavily on him; his thoughts<br />
turned suicidal. In a letter from Davos to Luise Schiefler in which he reports<br />
of his work on the above-noted “Sommernachtstraum“, the artist wrote:<br />
„The future lies quite dark before us. How the most recent events [i.e., the<br />
exhibition „Entartete Kunst“] will play out abroad, no one knows. Unfortunately<br />
and sadly it will harm the reputation of all German art. We have already<br />
had 5 years in a row of the hardship of an exchange embargo. If needs<br />
be, I will offer up my life for art. I have a clear conscience and have constantly<br />
given the best of my works to others. A valid judgement of its worth<br />
will first be possible long after us, for the new in cultural things is never<br />
properly understood in the era in which it is produced.” 19 On June 15th,<br />
1938 <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> took his life.<br />
10
1 Around 1900 through a new interest in Dürer, the woodcut, a high-pressure process, which in his<br />
time had triggered this technique’s first fashion trend, finds a new lease of life with artists like<br />
Munch or Gauguin. Through the possibility of large quantities and an unvarying quality in the work,<br />
an artist can see to a significant dissemination of his art.<br />
2 Magdalena M. Moeller, <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Zeichnungen und Aquarelle, exhibition at Brücke-<br />
Museum and the Kulturgeschichtliches Museum Osnabrück, Munich, 1993, p. 32. See also catalogue<br />
raisonné Dube, No. 50, No. 63.<br />
3 Garman Ryan Collection, New York.<br />
4 As reported by Fritz Schumacher. See Timothy O. Benson: “Der Expressionismus in Deutschland und<br />
Frankreich” in: exh. cat., Expressionismus in Deutschland und Frankreich. Von Matisse zum Blauen<br />
Reiter, exhibition at Kunsthaus Zurich, Munich 2014, p. 14.<br />
5 On the private collections and <strong>Kirchner</strong>’s art dealers, see exh. cat. Expressionismus im Rhein-Main-<br />
Gebiet. Künstler – Händler – Sammler, Museum Giersch, Frankfurt 2011, Petersberg 2011, esp. the<br />
articles by Christoph Otterbeck, pp. 253-261, and Andreas Hansert, pp. 216-223.<br />
6 Lothar Grisebach, E. L. <strong>Kirchner</strong>s Davoser Tagebuch, Cologne 1968, p. 54.<br />
7 <strong>Kirchner</strong> lived there till his suicide on June 15th, 1938. Erna lived in the house until her death in<br />
1945. His stay there resulted in the fact that, in contrast to artists who remained in Germany<br />
during the war, no bombs or fires destroyed his works.<br />
8 Reisetagebuch 1925/26, 28.12.1925, Grisebach, loc. cit., p. 112.<br />
9 Ibid., p. 113. His effort to an ongoing development culminated in his invention of the art critic, Louis<br />
de Marsalle. It was under this pseudonym that <strong>Kirchner</strong> published articles on his work for 13 years.<br />
10 Grisebach, loc. cit., p. 130 f, Reisetagebuch, note from 16 Sept 1926.<br />
11 Cited from Felix Krämer in: exh. cat., <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Retrospektive, Städel Museum, Frankfurt,<br />
Ostfildern 2010, p. 283. The passages quoted from the letters are derived from: Hans Delfs<br />
(ed.), <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Der gesamte Briefwechsel, 4 vols., Zurich 2010, No. 2555 and id. (ed.),<br />
<strong>Kirchner</strong>, Schmidt-Rottluff, Nolde, Nay ... Briefe an den Sammler und Mäzen Carl Hagemann 1906-<br />
1940, Ostfildern-Ruit 2004, p. 580 f., No. 752.<br />
<strong>Kirchner</strong>’s estate includes almost 2000 letters. See the survey on this by Christian Saehrendt,<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Bohème-Identität und nationale Sendung, dissertation Heidelberg 2002,<br />
Frankfurt 2003, p. 75 ff.<br />
12 Oil on canvas, Musée Picasso Paris. Another version was recently exhibited at Kunsthaus Zurich<br />
in the context of the “Reenactments” of the first retrospective of the artist, 1932 in Zurich.<br />
15.10.2010- 30.1.2011. http://www.kunsthaus.ch/picasso/ausstellung.php (accessed on 17 october<br />
2014).<br />
13 Also when he does actually depict girls playing ball in 1931/32. Oil on canvas, signed <strong>Kirchner</strong>,<br />
Museum Davos, catalogue raisonné Gordon 993.<br />
14 The approach to Picasso that is testified to in <strong>Kirchner</strong> literature in the sense of a reception and<br />
a style adoption is discussed by Hyang-Sook Kim in: Die Frauendarstellungen im Werk von <strong>Ernst</strong><br />
<strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>. Verborgene Selbstbekenntnisse des Malers, dissertation Marburg 2001, Marburg<br />
2002. On Picasso esp. p. 185 ff.<br />
15 Grisebach, Davoser Tagebuch, loc. cit., p. 93 f.<br />
16 Further detailed in: Hanna Strzoda, Die Ateliers <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>s. Eine Studie zur Rezeption<br />
“primitiver“ europäischer und außereuropäischer Kulturen, diss. Bamberg 2004, Petersberg 2006,<br />
esp. p. 282-289.<br />
17 Roland März, “Tahiti – Moritzburg und zurück” in: exh. cat., Paul Gauguin, Das verlorene Paradies,<br />
Museum Folkwang Essen, Neue Nationalgalerie Berlin, Cologne 1998, p. 280.<br />
18 See also the article by Nicole Brandmüller “Ein Expressionist in Berlin” in the exh. cat. <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong><br />
<strong>Kirchner</strong>. Retrospektive, Städel Museum, Frankfurt, Ostfildern 2010, p. 99-105.<br />
19 Letter from 29 July 1937 to Luise Schiefler, widow of the collector Gustav Schiefler. Printed in <strong>Ernst</strong><br />
<strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>, Gustav Schiefler. Briefwechsel 1910-1935/1938, ed. by Wolfgang Henze with<br />
editing by Annemarie Dube-Heynig and Magdalena Kraemer-Noble, Stuttgart/Zurich 1990, p. 711f.<br />
catalogue raisonné.<br />
11
Sandkarrer an der Elbe<br />
1904, Holzschnitt auf chamois Büttenpapier,<br />
8,8 × 13 cm auf 14,3 × 19,2 cm<br />
13
14<br />
Kauernder Akt, vom Rücken gesehen<br />
1905, Holzschnitt auf imitiertem Japanpapier,<br />
13 × 10 cm auf 53,3 × 38,7 cm
Strassenbild Dresden<br />
1905, Holzschnitt auf chamois Büttenpapier,<br />
15,9 × 12,7 cm auf 21,7 × 17,3 cm<br />
15
16<br />
Mädchenkopf in Lampenbeleuchtung<br />
1905, Holzschnitt auf chamois Büttenpapier,<br />
18,5 × 11,8 cm auf 20,5 × 15,5 cm
Schuppen am Elbufer<br />
1906, Holzschnitt auf geripptem chamois Büttenpapier,<br />
auf Karton aufgezogen, 18 × 19,7 cm auf 20,3 × 28,2 cm<br />
17
18<br />
Unschlüssiges Mädchen<br />
1906, Holzschnitt auf chamois Papier,<br />
19 × 8,5 cm auf 21 × 11 cm
Drei Sitzende Akte im Atelier<br />
1908, Tuschfeder auf bräunlichem Papier,<br />
42,3 × 57,6 cm<br />
19
20<br />
Liegender Akt<br />
1908, schwarze Kreide auf bräunlichem Papier,<br />
34 × 44 cm
Liegendes Paar<br />
1908, Bleistift auf imitiertem chamois Japanpapier,<br />
80 × 90 cm<br />
21
22<br />
Landschaft mit Bäumen<br />
1907, Aquarell auf festem Büttenpapier,<br />
28 × 37 cm
Toilette<br />
1912, Holzschnitt auf chamois satiniertem Papier,<br />
12,8 × 10,7 cm auf 19 × 15,3 cm<br />
25
26<br />
Alpenveilchen zu Weihnachten<br />
1917, Öl auf Leinwand, 60 × 70 cm
28<br />
Plaudernde Bauern auf der Stafelalp<br />
1918, Bleistift auf satiniertem<br />
Halbkarton, 38 × 50 cm
Zwei laufende Ziegen<br />
1918, Feder in Tusche und Aquarell auf<br />
satiniertem Halbkarton, 38 × 50 cm<br />
29
30<br />
Waldinneres<br />
1918, Pinsel in Tusche auf<br />
chamois Papier, 80 × 90 cm
Tannen und Alphütte (Stafelalp)<br />
1919, Reiskohle mit leichter Kolorierung<br />
auf leicht satiniertem chamois Papier,<br />
37,5 × 33 cm<br />
31
32<br />
Bergweg von oben gesehen<br />
1919, Radierung auf chamois Papier,<br />
20 × 25,4 cm auf 29,1 × 34 cm
Weidende Kühe<br />
1919, Radierung auf Kupferdruckkarton,<br />
25 × 28,5 cm auf 34,5 × 39,5 cm<br />
33
Bauernkopf (Martin Schmied)<br />
1919, Radierung auf Kupferdruckpapier,<br />
auf Karton mit Schieflernummer aufgelegt,<br />
25,1 × 19,9 cm auf 30,8 × 24 cm<br />
35
36<br />
Die Lehrerin<br />
1919, Lithografie auf gelbem Papier,<br />
27,7 × 32,7 cm auf 35 × 41 cm
Zimmerleute<br />
1920, Holzschnitt auf gelbem, gerippten, imitierten<br />
Japanpapier, 15,8 × 17,3 cm auf 32 × 29 cm<br />
37
38<br />
Hirtenbube<br />
1920, Radierung auf Kupferdruckpapier,<br />
25,8 × 18 cm auf 37,8 × 26,4 cm
Bauerntanz in der Sennhütte<br />
1920, Radierung auf festem chamois Blotting-<br />
Papier, 25,2 × 20 cm auf 32,5 × 24,7 cm<br />
39
40<br />
Zwei alte Frauen<br />
1920, Radierung (Kaltnadel auf Zink) auf Kupferdruckpapier,<br />
20 × 25 cm auf 33,5 × 39 cm
Steinarbeiter<br />
1920, Radierung (Ätzung auf Zink) auf chamois<br />
Blotting-Papier, 31 × 25 cm auf 36 × 29 cm<br />
41
42<br />
Milchmädchen auf dem Bergweg<br />
1920, Radierung auf chamois Papier,<br />
25,2 × 20,1 cm auf 44 × 28,2 cm
Bergtannen<br />
1920, Radierung auf schwerem Japanpapier,<br />
25,2 × 20 cm auf 44,5 × 29,5 cm<br />
43
Nackte Frau an der Quelle<br />
1920, Radierung auf chamois Kupferdruckpapier,<br />
25,2 × 20 cm auf 30 × 24,2 cm<br />
45
Berghirte im Herbst (Berghirte mit Ziegen)<br />
1921, Öl auf Leinwand,<br />
120 × 90,5 cm<br />
47
48<br />
Porträt Nele van de Velde<br />
1921, Lithografie auf festem chamois Papier,<br />
53 × 31 cm auf 64 × 48,5 cm
Liegende<br />
1921, schwarze Kreide auf<br />
satiniertem Papier, 35,5 × 53 cm<br />
49
50<br />
Schlafende (Schlafende Kranke)<br />
1921, Radierung auf festem chamois imitiertem<br />
Japanpapier, 31,3 × 25 cm auf 44 × 29 cm
Zwei Freunde (Dr. Hans Mardersteig und Dr. Frédéric Bauer)<br />
1921, Radierung in braun auf festem Kupferdruckkarton,<br />
19,8 × 16,4 cm auf 35 × 27,7 cm<br />
51
52<br />
Zwei badende Frauen<br />
1922, Holzschnitt auf chamois Kupferdruckpapier,<br />
23 × 16,7 cm auf 27 × 21 cm
Zwei Bauern<br />
1922, Lithografie auf satiniertem chamois<br />
Papier, 32 × 39,5 cm auf 37 × 54 cm<br />
53
54<br />
Sich unterhaltende Mädchen auf der Alp<br />
1922, Radierung, auf satiniertem chamois<br />
Halbkarton, 30,1 × 25 cm auf 47 × 33 cm
Sitzende Bäuerin<br />
1922, Radierung in braun auf chamois Kupferdruckpapier,<br />
18,6 × 17 cm auf 27,5 × 25,5 cm<br />
55
Kugelläuferin<br />
1923, Radierung auf festem chamois<br />
Papier, 30,9 × 25 cm auf 49 × 37 cm<br />
57
58<br />
Liegende Bauern<br />
1923, Radierung in braun auf Kupferdruckkarton,<br />
24,7 × 31,5 cm auf 31 × 39 cm
Zwei Badende<br />
1924, Radierung (Kaltnadel auf Kupfer) auf festem<br />
satinierten Papier, 30 × 25 cm auf 37 × 30,5 cm<br />
59
Blumen<br />
1924, schwarze Kreide auf<br />
chamois Papier, 43,4 × 57,6 cm<br />
61
Stilleben mit Krügen und Kerze<br />
1927, Öl auf Leinwand,<br />
70 × 60,5 cm<br />
63
64<br />
Liegende Erna im Tub mit angezogenen Beinen<br />
1927, Tuschfederzeichnung auf satiniertem<br />
chamois Papier, 34 × 46 cm
Mutter und Sohn<br />
1927, Feder in Tusche auf satiniertem<br />
chamois Halbkarton, 47 × 33,5 cm<br />
65
66<br />
Badende<br />
1927, Holzschnitt auf chamois imitiertem<br />
Japanpapier, 29,3 × 25 cm auf 42 × 33,5 cm
Kopf Hans Arp<br />
1929, Holzschnitt auf festem imitierten Japanpapier,<br />
35 × 31,6 cm auf 52 × 39,5 cm<br />
67
68<br />
Strasse in der Dämmerung<br />
1929, Öl auf Leinwand,<br />
65,5 × 81 cm
70<br />
Schreitender auf grünem Grund<br />
1928 – 1929, Öl auf Leinwand,<br />
70,5 × 60,5 cm
Stehender weiblicher Akt, die<br />
Arme hinter dem Kopf verschränkt<br />
1930, Kohle auf satiniertem<br />
Halbkarton, 51,5 × 35,5 cm<br />
71
72<br />
Sängerin am Piano<br />
1930, Öl auf Leinwand,<br />
120 × 150 cm
74<br />
Stehender Akt<br />
1930, schwarze Kreide auf leicht<br />
geripptem chamois Japanpapier,<br />
52 × 35,5 cm
Theaterszene<br />
um 1932, Pinsel in Tusche über Bleistift<br />
auf satiniertem Papier, 39 × 50 cm<br />
75
76<br />
Drei Akte im Walde<br />
1933, schwarze Kreide auf satiniertem<br />
chamois Papier, 36 × 51 cm
Im Café (wohl Schneider Davos)<br />
1935, Feder- und Pinselzeichnung in verschiedenen blauen<br />
Tinten, laviert auf satiniertem chamois Papier, 36 × 50 cm<br />
77
78<br />
Seelandschaft mit Regenbogen<br />
1935, Aquarell über Bleistift auf satiniertem<br />
chamois Halbkarton, 36 × 50 cm
Bauern beim Pflanzen<br />
1936, Aquarell und schwarze Kreide auf<br />
satiniertem chamois Papier, 38 × 50 cm<br />
79
Badeanstalt<br />
1936, Holzschnitt auf imitiertem<br />
Japanpapier, 50 × 37 cm auf 58,8 × 41,3 cm<br />
81
82<br />
Blick ins Sertigtal<br />
1936, Kohle auf satiniertem<br />
chamois Halbkarton, 51 × 36 cm
Kühe und Kälber im Gebirge<br />
1937, Bleistift auf Pergamin,<br />
42 × 29,6 cm<br />
83
Scene aus dem „Sommernachtstraum“<br />
1937, Öl auf Leinwand,<br />
196 × 150 cm<br />
85
86<br />
Blick auf Davos<br />
1934, Tuschfeder auf satiniertem Halbkarton,<br />
34,5 × 52,2 cm
Biografie<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> (1880–1938)<br />
1880 Geboren am 6. Mai in Aschaffenburg;<br />
Eltern sind <strong>Ernst</strong> <strong>Kirchner</strong> (1847–1921)<br />
und Maria Elise Franke (1851–1928).<br />
1882 Geburt des Bruders Hans Walter<br />
(1882–1954).<br />
1886 Umzug der Familie nach Frankfurt am<br />
Main, dann 1887 nach Perlen bei Luzern.<br />
1888 Geburt des Bruders Ulrich (1888–<br />
1950).<br />
1890 Übersiedlung nach Chemnitz, wohin der<br />
Vater <strong>Kirchner</strong>s als Professor für Papierwissenschaft<br />
berufen wurde. Eintritt<br />
<strong>Kirchner</strong>s in das Realgymnasium.<br />
1898 Erste Überlegungen, Künstler zu werden.<br />
1901 <strong>Kirchner</strong> besteht am 29. März die Reifeprüfung<br />
in Chemnitz.<br />
1901–05 Architekturstudium in Dresden, an<br />
der Technischen Hochschule.<br />
1903 Nach Erwerb des Vordiploms ein Semester<br />
Kunststudium in München bei<br />
den Professoren Wilhelm von Debschitz<br />
(1871–1948) und Hermann Obrist<br />
(1862–1927). An der privaten Versuchs-<br />
und Lehranstalt für Angewandte<br />
und Freie Kunst belegte er Kompositionslehre<br />
und Aktzeichnen. Besuch der<br />
8. Ausstellung der Münchner Künstlergruppe<br />
Phalanx; dort sieht er Werke<br />
unter anderem von Kandinsky, Seurat,<br />
Signac und Cross. Im Oktober Studienreise<br />
nach Nürnberg, wo er im Germanischen<br />
Nationalmuseum die Originaldruckstöcke<br />
Albrecht Dürers be wundert.<br />
1904 Rückkehr nach Dresden. Erste malerische<br />
Versuche, die noch dem Jugendstil<br />
verhaftet sind. Im Sommer zusammen<br />
mit seinem Kommilitonen Fritz<br />
Bleyl (1880–1966) erste Ausflüge zur<br />
Seenlandschaft um das Barockschloss<br />
Moritzburg bei Dresden. Bekanntschaft<br />
mit Erich Heckel (1883–1970).<br />
1905 Nach Abschluss des Studiums als Diplomingenieur<br />
am 5. Juni Gründung<br />
der Künstlergemeinschaft Brücke mit<br />
den Kommilitonen Erich Heckel, Karl<br />
Schmidt-Rottluff (1884–1976) und Fritz<br />
Bleyl. Beginn der „Viertelstundenakte“,<br />
der Zeichnungen nach Aktmodellen im<br />
Atelier oder in der Natur. Erste Holzschnitte.<br />
<strong>Kirchner</strong> übernimmt im September<br />
das Atelier Heckels in der Berliner<br />
Strasse 60. Im November erste<br />
Ausstellung der Brücke in der Kunsthandlung<br />
P.H. Beyer und Sohn in Leipzig.<br />
Freundschaft mit der Varietétänzerin<br />
Line, der „ersten Frau“ <strong>Kirchner</strong>s. Sein<br />
malerischer Stil ist noch der postimpressionistischen<br />
Schule verbunden.<br />
1906 Die Brücke formuliert ihr Programm,<br />
das sowohl als typografische Anzeige<br />
wie auch als Holzschnitt <strong>Kirchner</strong>s<br />
veröffentlicht wird. Wanderausstellung<br />
der Brücke, vor allem mit Zeichnungen,<br />
Aquarellen und Holzschnitten. Im Oktober<br />
große Ausstellung von Gemälden in<br />
der Lampenfabrik von Karl-Max Seifert in<br />
Dresden-Löbtau. Öffnung der Brücke für<br />
Passivmitglieder, die gegen einen Jahresbeitrag<br />
die von den Künstlern gestalteten<br />
Mitgliedskarten, Jahresberichte und<br />
gegen Ende des jeweiligen Jahres eine<br />
Mappe mit grafischen Arbeiten erhielten.<br />
Der Schweizer Maler Cuno Amiet<br />
(1868-1961), der wesentlich ältere Emil<br />
Nolde (1867–1956) sowie Max Pechstein<br />
(1881–1955) werden Aktivmitglieder.<br />
<strong>Kirchner</strong> arbeitet an den Moritzburger<br />
Seen. Er fertigt die ersten Radierungen<br />
und Lithografien. Die ersten plas ti schen<br />
Arbeiten, meist kleinfor matige Steinplastiken,<br />
entstehen.<br />
1907 <strong>Kirchner</strong> schneidet das erste Mitgliederverzeichnis<br />
der Brücke in Holz. Das erste<br />
gemalte Selbstbildnis mit Pfeife ent-<br />
87
Biografie<br />
steht (G 24). Vom 1. bis 21. September<br />
Ausstellung der KG Brücke im Kunstsalon<br />
Emil Richter in Dresden.<br />
1908 Im Januar Einzelausstellung zusammen<br />
mit Karl Schmidt-Rottluff im Kunstsalon<br />
August Dörbrandt in Braunschweig. Im<br />
Mai Besuch der Van-Gogh-Ausstellung<br />
mit über 100 Gemälden im Kunstsalon<br />
Richter. Erster Aufenthalt auf Fehmarn,<br />
in Begleitung der Geschwister Hans und<br />
Emmy Frisch (1884–1975), der späteren<br />
Ehefrau von Karl Schmidt-Rottluff,<br />
von der <strong>Kirchner</strong> die Fotografie erlernte.<br />
Der holländische Maler Kees van<br />
Dongen (1877–1968) wird Mitglied der<br />
Brücke. Vom 1. bis 23. September Ausstellung<br />
der KG Brücke im Kunstsalon<br />
Richter. Erste Zirkus- und Varietébilder<br />
entstehen, darunter der Schimmeldressurakt.<br />
1909 Im Januar Besuch der Matisse-Ausstellung<br />
in der Galerie von Paul Cassirer<br />
(1871–1926) in Berlin. Am 12. Juni Eröffnung<br />
der großen Brücke-Ausstellung<br />
im Kunstsalon Richter in Dresden. Doris<br />
Grosse (Dodo; 1884 – nach 1936), Modistin<br />
aus Dresden, wird <strong>Kirchner</strong>s Modell<br />
und Geliebte. Erster längerer Aufenthalt<br />
an den Moritzburger Seen bei Dresden.<br />
Fränzi Fehrmann (1900–1950) wird zum<br />
bedeutendsten Modell der Brücke. Zahlreiche<br />
Akt- und Tanzbilder entstehen. Im<br />
November Besuch einer umfangreichen<br />
Cézanne-Ausstellung in der Galerie Paul<br />
Cassirer in Berlin.<br />
1910 <strong>Kirchner</strong> tritt der Neuen Secession in<br />
Berlin bei; Max Pechstein ist zu jener Zeit<br />
Präsident dieser Künstlervereinigung. Im<br />
Mai lernt <strong>Kirchner</strong> den Maler Otto Mueller<br />
(1874–1930) kennen, der Mitglied<br />
der Brücke wird. Im September Eröffnung<br />
der Ausstellung Künstler gruppe<br />
Brücke in der Galerie Arnold in Dresden.<br />
Im Sommer an den Moritzburger Seen,<br />
zusammen mit Heckel und Pechstein und<br />
den beiden Mädchen Fränzi und Marzella.<br />
Zwei Gemälde leiten die Werkreihe Maler<br />
und Modell ein. Im September erscheint<br />
zur Brücke-Ausstellung in der Galerie Arnold<br />
ein mit 20 Holzschnitten illustrierter<br />
Katalog. Im Oktober Besuch bei dem<br />
Landgerichts direktor und Kunstsammler<br />
Gustav Schiefler (1857–1935) und der<br />
mit Karl Schmidt-Rottluff befreundeten<br />
Kunst historikerin Rosa Schapire (1874–<br />
1954) in Hamburg. Beginn der Korrespondenz<br />
mit Karl-<strong>Ernst</strong> Osthaus (1874–1921),<br />
dem Begründer des Museum Folkwang<br />
in Hagen. Unter dem Eindruck der italienischen<br />
Futuristen verändert sich der<br />
Malstil der Brücke; er wird „härter“. Angeregt<br />
von seinen Besuchen im Dresdner<br />
Völkerkundemuseum haut und schneidet<br />
<strong>Kirchner</strong> Holzplastiken.<br />
1911 Letzter Aufenthalt an den Moritzburger<br />
Seen. Im Februar/März große Brücke-Ausstellung<br />
im Kunstverein Jena. Im Gefolge<br />
von Erich Heckel und Max Pechstein im<br />
Oktober Übersiedlung nach Berlin (Atelier<br />
und Wohnung: Durlacher Strasse/Berlin-<br />
Wilmersdorf). Gründung des erfolglosen<br />
MUIM-Instituts (Moderner Unterricht in<br />
Malerei) zusammen mit Pechstein. Einzige<br />
Schüler sind Hermann Gewecke und<br />
Werner Gothein (1890–1968). Kontakte<br />
zum Literatenkreis Neuer Club (Kurt<br />
Hiller, Erwin Loewenson, Jacob van Hoddis),<br />
der seit Juni 1910 in dem Neopathetischen<br />
Cabarett öffentliche Vorträge<br />
und Rezitationsabende veranstaltet. Die<br />
Zeitschrift Der Sturm (hg. von Herwarth<br />
Walden) veröffentlicht vom Juli 1911 bis<br />
März 1912 10 Holzschnitte <strong>Kirchner</strong>s.<br />
Bekanntschaft mit Wilhelm Simon Guttmann,<br />
einem Schriftsteller und Begründer<br />
der Literaturzeitschrift Neue Weltbühne<br />
88
Biografie<br />
(1910). <strong>Kirchner</strong> löst sich vom gemeinsamen<br />
Brücke-Stil; der Farbauftrag wird differenzierter;<br />
die Palette konzentriert sich<br />
auf ge brochene Farbtöne.<br />
1912 Neue Freundin des Künstlers wird Gerda<br />
Schilling (1893–1923). Pechstein wird<br />
aus der Brücke ausgeschlossen. Intensiver<br />
Austausch zwischen der Künstlergruppe<br />
Blauer Reiter und der Brücke; im<br />
Februar Beteiligung an der Ausstellung<br />
Blauer Reiter in der Galerie Hans Goltz<br />
in München. Im April findet eine große<br />
Brücke-Ausstellung in der Berliner Galerie<br />
Fritz Gurlitt statt; im August/September<br />
wird diese Ausstellung in der Galerie<br />
Commeter in Hamburg gezeigt. Im<br />
Rahmen der Sonderbund-Ausstellung in<br />
Köln malen <strong>Kirchner</strong> und Heckel die dortige<br />
Kapelle aus. Dort sieht er die Plastiken<br />
Wilhelm Lehmbrucks (1881–1919),<br />
die sein Menschenbild beeinflussen.<br />
Im Sommer wird Erna Schilling (1884–<br />
1945), die Schwester Gerdas, <strong>Kirchner</strong>s<br />
Lebens partnerin. Zweiter Sommeraufenthalt<br />
auf der Insel Fehmarn, in Begleitung<br />
von Erna und Besuch von Erich<br />
Heckel und dessen Freundin Sidi Riha.<br />
Der Dichter und praktizierende Psychiater<br />
Alfred Döblin (1878–1957) besucht<br />
<strong>Kirchner</strong> um die Jahreswende in seinem<br />
Berliner Atelier. Die Stadtansichten aus<br />
der Metropole Berlin nehmen einen breiten<br />
Raum im Werk <strong>Kirchner</strong>s ein; es entstehen<br />
Hauptwerke wie der Nollendorfplatz.<br />
1913 <strong>Kirchner</strong> verfasst die Chronik der KG<br />
Brücke. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten<br />
über diese Schrift löst<br />
sich die Gruppe am 27. Mai auf. Einzelausstellung<br />
von <strong>Kirchner</strong> im Museum<br />
Folkwang in Hagen, die von Karl-<strong>Ernst</strong><br />
Osthaus vermittelt wurde. Ende des Jahres<br />
Einzelausstellung in der Galerie Gurlitt<br />
in Berlin. Nach einem Aufenthalt auf<br />
Fehmarn, in Begleitung von Hans Gewecke,<br />
Werner Gothein und Erna Schilling<br />
malt <strong>Kirchner</strong> das erste Selbstbildnis<br />
mit Erna, das Turmzimmer. Besuch des<br />
Malers Otto Mueller und seiner Frau<br />
Maschka auf Fehmarn. In Berlin entstehen<br />
wichtige Straßenbilder. <strong>Kirchner</strong><br />
illustriert Alfred Döblins Novelle Das<br />
Stiftsfräulein und der Tod, die 1914 in<br />
Berlin publiziert wird.<br />
1914 Von Februar bis März bedeutende Einzelausstellung<br />
im Kunstverein Jena. Freundschaft<br />
mit dem Archäologen Botho Graef<br />
(1857–1917), dessen Freund Hugo Biallowons<br />
(1879–1916) und dem Philosophen<br />
Eberhard Grisebach (1880–1945).<br />
<strong>Kirchner</strong> gestaltet für den Kölner Tabakhändler<br />
Feinhals dessen Stand auf der<br />
Werkbund-Ausstellung in Köln. Bekanntschaft<br />
mit Henry van de Velde (1863–<br />
1957), dem Leiter der Weimarer Kunstgewerbeschule.<br />
Vom Fenster seines<br />
neuen Berliner Ateliers (Körner strasse<br />
45, Berlin-Friedenau) aus malt <strong>Kirchner</strong><br />
die urbane Landschaft, deren Arterien<br />
die Eisenbahntrassen und -brücken darstellen.<br />
Das Mobiliar dieses Ateliers gestaltet<br />
<strong>Kirchner</strong> teilweise selbst. Erna<br />
fertigt nach den Entwürfen <strong>Kirchner</strong>s<br />
Stickereien. Die wichtigen Selbstbildnisse<br />
jenes Jahres belegen die zunehmenden<br />
Ängste, die <strong>Kirchner</strong> angesichts des<br />
Ausbruchs des I. Weltkrieges und seiner<br />
drohenden Einberufung plagen. Er<br />
verbringt zusammen mit Erna bis zum<br />
Kriegsausbruch einen letzten Sommer<br />
auf Fehmarn, das zur strategisch wichtigen<br />
Zone erklärt wird. Starker Konsum<br />
von Absinth.<br />
1915 <strong>Kirchner</strong> meldet sich „unfreiwillig freiwillig“<br />
– in der Hoffnung die Waffengattung<br />
wählen zu können – zum Militär. Einbe-<br />
89
Biografie<br />
rufung zur Mansfelder Feldartille rie in<br />
Halle an der Saale. Im September durch<br />
Intervention seines Reitlehrers, Prof.<br />
Hans Fehr (1874–1961), wegen einer<br />
psychischen Erkrankung vorläufig aus<br />
dem Dienst entlassen. Anfang November<br />
wird er bis zu einer möglichen Genesung<br />
dienstuntauglich geschrieben. Nach dem<br />
15. Dezember Abreise in das Sanatorium<br />
Dr. Kohnstamm, Königstein im Taunus.<br />
In den Selbstbildnissen dieser Jahre<br />
(Der Trinker und Selbstbildnis als Soldat),<br />
die zu den bekanntesten Künstlerselbstbildnissen<br />
der klassischen Moderne<br />
zäh len, spiegelt sich die existentielle<br />
Verzweiflung des Künstlers. Dr. Carl Hagemann<br />
(1867–1940), ein Chemiker und<br />
später Direktor der I.G. Farben, wird zu einem<br />
der wichtig sten Sammler <strong>Kirchner</strong>s.<br />
Trotz der Behinderung durch Kriegsdienst<br />
und Krankheit beginnt <strong>Kirchner</strong><br />
mit großformatigen Gemälden, darunter<br />
das Triptychon der Badenden Frauen (um<br />
1925 überarbeitet).<br />
1916 Aufenthalt in verschiedenen Sanatorien<br />
in Berlin und in Königstein. In Königstein<br />
Wandmalereien im Brunnenturm des Sanatoriums.<br />
Keine Besserung des Gesundheitszustandes.<br />
Diagnose von Dr. Oskar<br />
Kohnstamm (1871–1917), dem Leiter<br />
des Sanatoriums: Abhängigkeit von Veronal,<br />
einem Schlafmittel, im Verein mit<br />
Alkoholsucht und einer vorerst leichten<br />
Morphiumabhängigkeit. In Königstein Bekanntschaft<br />
mit dem Komponisten Otto<br />
Klemperer (1885–1973) und dem Schriftsteller<br />
Carl Sternheim (1878–1942). Die<br />
Landschaftsbilder und Porträts jenes<br />
Jahres gehören, gerade aufgrund der<br />
nervösen Handschrift, zu den Höhepunkten<br />
im Schaffen <strong>Kirchner</strong>s: Bildnis<br />
Dr. Kohnstamm und Königstein mit roter<br />
Kirche. In den Skizzenbüchern der Jahre<br />
1915/1916 finden sich sehr viele Studien<br />
nach Alten Meistern.<br />
1917 Vom 19. Januar bis 4. Februar durch Vermittlung<br />
von Eberhard Grisebach erster<br />
Aufenthalt in Davos. Bekanntschaft mit<br />
der Arztfamilie Spengler, deren Tochter<br />
Lotte Spengler die Ehefrau von Grisebach<br />
war. Nach überhasteter Abreise<br />
Rückkehr nach Berlin. Ende Februar<br />
Eröffnung einer <strong>Kirchner</strong>-Ausstellung<br />
im Kunstverein Jena. Am 9. April stirbt<br />
der Freund und Mentor Botho Graef an<br />
einem Herzschlag. Henry van de Velde,<br />
der in Deutsch land als „feindlicher Ausländer“<br />
gilt, lässt <strong>Kirchner</strong> wissen, dass<br />
er in der Schweiz (in Uttwil) die Neugründung<br />
einer Gewerbeschule plant. Am 6.<br />
Mai zweite Reise nach Davos. Im Sommer<br />
zusammen mit der Pflegeschwester<br />
Hedwig Einzug in die Rüeschhütte auf der<br />
Stafelalp. Ende August Besuch von van de<br />
Velde auf der Stafelalp. Ab 15. September<br />
hält sich <strong>Kirchner</strong> auf Anraten Henry<br />
van de Veldes im Sanatorium Bellevue<br />
bei Dr. <strong>Ludwig</strong> Binswanger (1881–1966)<br />
in Kreuzlingen auf. Dort Bekanntschaft<br />
mit dem Winterthurer Sammler Georg<br />
Reinhart und dem Dichter Leonhard<br />
Frank (1882–1961). Erna Schilling bleibt<br />
in Berlin und kümmert sich um die geschäftlichen<br />
und persönlichen Kontakte.<br />
Der Künstler, der an Lähmungen seiner<br />
Gliedmaßen und Bewusstseinsstörungen<br />
leidet, fertigt vor allem druckgrafische<br />
Blätter und Zeichnungen.<br />
1918 In Kreuzlingen Bekanntschaft mit Nele<br />
van de Velde (1897–1965). Im März/<br />
April Teilnahme an einer Ausstellung<br />
im Kunsthaus Zürich. Im Mai gründet<br />
<strong>Kirchner</strong> im Andenken an Botho Graef<br />
für den Jenaer Kunstverein die Botho-<br />
Graef-Stiftung, eine Schenkung von<br />
über 250 Druckgrafik und Zeichnungen.<br />
90
Biografie<br />
Ab 15. Juli wieder in Davos, in Begleitung<br />
des Pflegers Emil Brüllmann (= Brühlmann;<br />
1893–1937). Besuche von Grisebach<br />
und van de Velde. <strong>Kirchner</strong> bewohnt<br />
ab dem 20. September ein Haus<br />
der Hofgruppe In den Lärchen in Davos<br />
Frauenkirch. Am 13. Oktober erhält er<br />
die Niederlassungsbewilligung in Davos.<br />
<strong>Kirchner</strong> beginnt mit der skulpturalen<br />
Ausstattung des Hauses. Er malt eine<br />
Reihe von Alpenlandschaften, die in ihrer<br />
ekstatischen Farbigkeit zu den Hauptwerken<br />
dieser Jahre gehören. Im Herbst<br />
1918 schreibt er das Glaubensbekenntnis<br />
eines Malers.<br />
1919 Weiterführung der Kontakte zu deutschen<br />
Sammlern und Galeristen. Im Januar<br />
erste Sendungen aus Berlin, darunter<br />
die Druckerpresse und einige Tep pi che.<br />
Entwürfe für Stickereien für Erna und<br />
Lene Spengler, ab 1921 auch für Lise und<br />
Gret Gujer. Ab dem 5. Juli führt <strong>Kirchner</strong><br />
ein Tagebuch. Den Sommer verbringt er<br />
auf der Stafelalp. Der Maler Karl Stirner<br />
(1882–1943) besucht <strong>Kirchner</strong> auf der<br />
Stafelalp. Erna sendet aus Berlin Gemälde,<br />
Druckgrafiken und Zeichnungen, um<br />
das Berliner Atelier zu räumen. <strong>Kirchner</strong><br />
beginnt mit der teilweisen Restaurierung,<br />
aber auch Übermalung seiner frühen Bilder.<br />
Gleichzeitig malt er visionäre Landschaften<br />
wie Tinzenhorn - Zügenschlucht<br />
bei Monstein, die den für ihn neuen und<br />
überwältigenden Eindruck der Alpenlandschaft<br />
in symbolhaltigen Formen und Farben<br />
übersetzen. Neben seiner malerischen<br />
und zeichnerischen Arbeit fertigt<br />
<strong>Kirchner</strong> wieder Möbel, Relieftüren und<br />
freie plastische Arbeiten.<br />
1920 Januar/Februar Einzelausstellung im<br />
Kunst salon Schames in Frankfurt am<br />
Main. Erster Artikel <strong>Kirchner</strong>s über das<br />
eigene Werk, veröffentlicht unter dem<br />
Pseudonym Louis de Marsalle. Das kunstschriftstellernde<br />
Alter Ego dient der „objektiven“<br />
Darstellung der künstlerischen<br />
Entwicklung <strong>Kirchner</strong>s. Im Tagebuch ausführliche<br />
Notizen zur eigenen Rolle in der<br />
Geschichte der modernen Kunst. <strong>Kirchner</strong>,<br />
der ein Grammophon besitzt, veranstaltet<br />
in seinem Haus Tanzabende für<br />
seine Nachbarschaft. Erste Kontakte zu<br />
Schweizer Künstlern (Philip Bauknecht,<br />
1884–1933, u.a.). Kulissenmalereien für<br />
ein Laientheater in Davos. Im Sommer<br />
kurzer Aufenthalt auf der Stafelalp. In<br />
grafischen Blättern und Gemälden stellt<br />
<strong>Kirchner</strong> den Alltag seiner neuen Umgebung<br />
dar. Im Dezember Einzelausstellung<br />
im Hotel Belvédère in Davos. Der holländische<br />
Maler Jan Wiegers (1893–1959),<br />
der aus Gesundheitsgründen zeitweise<br />
in Davos lebt, wird erster Schüler <strong>Kirchner</strong>s.<br />
Im Oktober kommt Nele van de<br />
Velde in Begleitung ihrer Mutter Maria<br />
Sèthe für mehrere Wochen zu Besuch.<br />
Danach schnitt sie eine elfteilige Holzschnittfolge,<br />
die unter dem Titel Ein Tag<br />
bei <strong>Kirchner</strong> auf der Staffelalp in der Zeitschrift<br />
Genius (Bd. 2., Berlin 1921) veröffentlicht<br />
wurde. <strong>Kirchner</strong> widmet sich<br />
neben seiner künstlerischen Arbeit der<br />
intensiven Lektüre von kunsthistorischen<br />
und kunstkritischen Schriften. Hauptwerke<br />
jenes Jahres sind Mädchen im Föhn<br />
und Selbstporträt mit Katze.<br />
1921 Ausstellung im Kronprinzenpalais in<br />
Berlin mit 50 Werken. Am 14. Februar<br />
stirbt <strong>Kirchner</strong>s Vater. Auf einer Reise<br />
Anfang Mai nach Zürich Bekanntschaft<br />
mit der Tänzerin Nina Hard (Engelhard;<br />
1899–1971), die im Sommer bei <strong>Kirchner</strong><br />
wohnt und für zahlreiche Bilder Modell<br />
steht. Nach einer Tanzaufführung Ende<br />
September, im Vestibül der Zürcher Heilstätte<br />
in Clavadel, für die <strong>Kirchner</strong> den<br />
91
Biografie<br />
Vorhang schuf, reist Nina Hard ab. <strong>Kirchner</strong><br />
lernt den Dichter Jakob Bosshart<br />
(1862–1924) und die Weberin Lise Gujer<br />
(1893–1967) kennen. Erna Schilling bleibt<br />
jetzt dauerhaft in Davos. Vorher hat sie<br />
in einem Briefwechsel mit Edwin Redslob,<br />
seit 1920 Reichskunstwart, darum<br />
gebeten, für das Berliner Atelier <strong>Kirchner</strong>s<br />
eine Finanzierung von dritter Seite<br />
zu ermöglichen. Diesem Gesuch wurde<br />
von der Berliner Atelierkommission nicht<br />
entsprochen. <strong>Kirchner</strong> arbeitet weiter an<br />
den Panoramalandschaften.<br />
1922 Im Januar Ausstellung im Kunstsalon<br />
Schames: Schweizer Arbeit von E. L. <strong>Kirchner</strong>.<br />
Auflösung der Wohnung und des<br />
Ateliers in Berlin. Der Frankfurter Kunsthändler<br />
<strong>Ludwig</strong> Schames, einer der wichtigsten<br />
Förderer <strong>Kirchner</strong>s, stirbt am 3.<br />
Juli. Erste Kontakte mit dem Davo ser Sanatoriumsarzt<br />
Dr. Frédéric Bauer (1883–<br />
1957), der in den Folgejahren zu einem<br />
der wichtigsten Sammler und Mäzene<br />
<strong>Kirchner</strong>s wird. Vertiefung der Bekanntschaft<br />
zu Lise Gujer, die ab 1922/23 Textilarbeiten<br />
nach Entwürfen und Bildern<br />
<strong>Kirchner</strong>s fertigt. <strong>Kirchner</strong> illustriert<br />
Jakob Bossharts Novellenzyklus Neben<br />
der Heerstrasse, der Ende 1923 in Leipzig<br />
und Zürich publiziert wird. Er beginnt<br />
mit der Arbeit an den Alpsonntagen, den<br />
großformatigen „Wandmalereien auf<br />
Leinwand“.<br />
1923 Nach Auseinandersetzungen mit seinem<br />
Vermieter und dem Bruch mit den Familien<br />
Spengler und Grisebach mietet <strong>Kirchner</strong><br />
das Haus auf dem Wildboden, Davos-<br />
Frauenkirch. Dr. Bauer übernimmt die<br />
ärztliche Betreuung <strong>Kirchner</strong>s. Im Juni<br />
Einzelausstellung in der Kunsthalle Basel.<br />
Das Ehepaar Schiefler besucht <strong>Kirchner</strong><br />
für sechs Wochen, da Gustav Schiefler<br />
das erste Werkverzeichnis der druckgrafischen<br />
Arbeiten <strong>Kirchner</strong>s erstellen will.<br />
Der Basler Maler und Plastiker Hermann<br />
Scherer (1893–1927) besucht <strong>Kirchner</strong><br />
erstmals im August. Im Werk <strong>Kirchner</strong>s<br />
stehen nun ideale und litera rische Szenen<br />
gleichberechtigt neben Naturbeobachtungen.<br />
Die monumental gesehene<br />
Figur wird wichtiger.<br />
1924 Ab Januar brieflicher Kontakt mit dem<br />
Basler Maler Albert Müller (1897–1926).<br />
Im Juni/Juli große Einzelausstellung im<br />
Kunstverein Winterthur, die in der Bevölkerung<br />
als Skandal angesehen wird.<br />
Im Juli erscheint die von <strong>Kirchner</strong> illustrierte<br />
Gedichtsammlung des expressionistischen<br />
Dichters Georg Heym (1887–<br />
1912), Umbrae Vitae. Vertiefung der<br />
Bekanntschaft mit Hans Mardersteig<br />
(1882–1977). Will Grohmann (1887–<br />
1968), ein Kunstkritiker aus Dresden, besucht<br />
mit seiner Frau den Künstler, um<br />
eine Monografie über <strong>Kirchner</strong>s Zeichnungen<br />
vorzubereiten. <strong>Kirchner</strong> empfängt<br />
im Wildbodenhaus zahlreiche Besucher<br />
aus Deutschland und der Schweiz,<br />
die ihn und seine Kunst kennenlernen wollen.<br />
Im Herbst arbeitet der deutsche Maler<br />
Rolf Nesch (1893–1975) mehrere Wochen<br />
bei ihm. Im September Besuch von<br />
Edwin Redslob (1884–1973). In der Silvesternacht<br />
1924/25 wird von den drei Basler<br />
„Schülern“ <strong>Kirchner</strong>s, Paul Camenisch<br />
(1893–1970), Albert Müller und Hermann<br />
Scherer, die Künstlergruppe Rot/Blau<br />
gegründet. Der Künstler entfaltet im<br />
malerischen Werk eine thematische und<br />
formale Vielfalt, die vorher nicht zu beobachten<br />
war. Hauptwerke wie Schwarzer<br />
Kater, Vor Sonnenaufgang oder Die<br />
Freunde entstehen.<br />
1925 <strong>Kirchner</strong> verfasst in seinem Tagebuch<br />
einen Essay, betitelt Das Werk, in dem<br />
er seinen künstlerischen Werdegang<br />
92
Biografie<br />
skizziert. Im April/Mai werden unter anderem<br />
die Basler Künstler, die sich auf<br />
<strong>Kirchner</strong> als Vaterfigur berufen, in der<br />
Basler Kunsthalle unter dem Titel Jüngere<br />
Basler vorgestellt. Für das Gemälde<br />
Junkerboden erhält <strong>Kirchner</strong> während<br />
der Frühjahrsausstellung in der Preussischen<br />
Akademie in Berlin den „Preis der<br />
Republik“. Juni/Juli arbeiten <strong>Kirchner</strong> und<br />
Müller eng zusammen. Der Berner Maler<br />
Fritz Pauli (1891–1968) arbeitet auf dem<br />
Wildboden.<br />
Im August Besuch von Dr. Hagemann und<br />
Manfred Schames, dem Neffen von <strong>Ludwig</strong><br />
Schames. Erste Treffen mit Julius<br />
Hembus und dessen späterer Ehefrau<br />
Elisabeth, die ab 1930 für einige Bilder<br />
Modell stehen. Im September Reise mit<br />
Müller zur Internationalen Kunstausstellung<br />
in Zürich. Im Oktober trifft <strong>Kirchner</strong><br />
mit Dr. Bauer die Verabredung, eine umfangreiche<br />
Sammlung der eigenen Werke<br />
für den Förderer aufzubauen. Die anhaltende<br />
Beschäftigung mit den internationalen<br />
Tendenzen in der Kunst, vertreten<br />
von den Bauhauskünstlern, Pablo Picasso<br />
(1881–1973) und Le Corbusier (1887–<br />
1965) und anderen, zeitigt ihre Spuren<br />
im Werk <strong>Kirchner</strong>s. Letztes großes Panoramabild<br />
der Davoser Landschaft ist<br />
Sertigtal im Herbst.<br />
1926 Von Dezember 1925 bis März 1926 reist<br />
<strong>Kirchner</strong> erstmals wieder nach Deutschland.<br />
Überlegungen, ob ein Umzug nach<br />
Deutschland sinnvoll wäre, schließen sich<br />
der Reise an. Er besucht in Frankfurt,<br />
Chemnitz, Dresden und Berlin Freunde,<br />
Galeristen und seine Mutter. In Chemnitz<br />
nimmt er an einer Abendgesellschaft<br />
des dortigen Direktors der Städtischen<br />
Kunstsammlungen, Friedrich Schreiber-<br />
Weigand (1897–1953) teil; bei dieser<br />
Gelegenheit trifft er Schmidt-Rottluff. In<br />
Dresden trifft er die Tänzerinnen Mary<br />
Wigman (1886–1973) und Gret Palucca<br />
(1902–1993). Karl Schmidt-Rottluff, dem<br />
er in Berlin noch einmal begegnet, will<br />
eine neue Künstlervereinigung gründen.<br />
<strong>Kirchner</strong> lehnt ab. In Berlin besucht er<br />
auch Max Liebermann (1847–1935), dessen<br />
Porträt er später aus dem Gedächtnis<br />
malt.<br />
Januar/Februar große Einzelausstellung<br />
im Kölnischen Kunstverein; gezeigt werden<br />
Gemälde von 1907 bis 1925. Erste<br />
Hoffnungen auf einen Kontakt zum amerikanischen<br />
Kunsthandel. Im Juni reist<br />
<strong>Kirchner</strong> zusammen mit Albert Müller<br />
nach Dresden, um dort die Internationale<br />
Kunstausstellung zu sehen. Für die<br />
Zeitschrift Das Kunstblatt (hg. von Paul<br />
Westheim; 1886–1963) verfasst <strong>Kirchner</strong><br />
einen Artikel unter dem Titel Die<br />
neue Kunst in Basel. Von Juli bis September<br />
arbeitet Paul Camenisch bei ihm.<br />
Der Schweizer Künstler Rudolf Zehnder<br />
(1901–1988) besucht <strong>Kirchner</strong>. Will Grohmanns<br />
Das Werk <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>s<br />
erscheint in München. Gustav Schieflers<br />
erster Band Das druckgraphische Werk<br />
von <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> wird in Berlin<br />
publiziert. Am 14. Dezember stirbt Albert<br />
Müller an Typhus. Seine Ehefrau stirbt<br />
am 7. Januar 1927. Sie hinterlassen zwei<br />
Kinder, deren Adoption <strong>Kirchner</strong> kurzzeitig<br />
in Erwägung zieht. Wichtige Gemälde<br />
dieses arbeitsreichen Jahres sind Rothaarige<br />
nackte Frau, Bildnis Anna Müller<br />
und die beiden Porträts des Geigers<br />
Häusermann.<br />
1927 Ende 1926/Januar 1927 kann <strong>Kirchner</strong><br />
durch die Vermittlung des Davoser<br />
Landammanns Dr. Eberhard Branger<br />
(1881–1958; Landammann von 1920<br />
bis 1936) und des Architekten Rudolf<br />
Gaberel (1882–1963) im Schulhaus eine<br />
93
Biografie<br />
Ausstellung unter dem Titel <strong>Kirchner</strong> 10<br />
Jahre in Davos zeigen. Am 16. und am<br />
18. Februar hält der Direktor der Mannheimer<br />
Kunsthalle, Dr. Gustav Hartlaub<br />
(1884–1963), zwei Vorträge bei der Davoser<br />
Kunstgesellschaft; bei dieser Gelegenheit<br />
besucht er <strong>Kirchner</strong>. Am 13.<br />
Mai stirbt Hermann Scherer. Zwei Einzelausstellungen<br />
<strong>Kirchner</strong>s in Deutschland;<br />
im Kunstverein Wiesbaden und im<br />
Kunstsalon Fides in Dresden. Juni bis Juli<br />
große Einzelausstellung der grafischen<br />
Arbeiten in der Galerie Aktuaryus in Zürich.<br />
Besuch der Böcklin-Ausstellung in<br />
der Kunsthalle Basel.<br />
Im Tagebuch notiert <strong>Kirchner</strong> zwei programmatische<br />
Aufsätze zu Farbproblemen<br />
in der Malerei und zur akademischen<br />
Ausbildung. Er wird von Gustav Hartlaub,<br />
Frau Grohmann und Gustav Schiefler<br />
besucht. Bekanntschaft mit dem deutschen<br />
Ehepaar Hansgeorg und Elfriede<br />
Knoblauch, mit dem <strong>Kirchner</strong> von 1927<br />
bis 1938 einen intensiven Briefwechsel<br />
unterhält. Der Schweizer Künstler Hans-<br />
Rudolf Schiess (1904–1978) arbeitet für<br />
mehrere Wochen bei <strong>Kirchner</strong>. Ab September<br />
bereitet <strong>Kirchner</strong> die Gedächtnisausstellung<br />
für Albert Müller vor, die<br />
vom 9. Oktober bis zum 6. November in<br />
Basel gezeigt wird. Mit dem Direktor des<br />
neu erbauten Museums Folkwang in Essen,<br />
Dr. <strong>Ernst</strong> Gosebruch (1872–1953),<br />
erörtert <strong>Kirchner</strong> – auf Veranlassung seines<br />
Frankfurter Sammlers Dr. Carl Hagemann<br />
– die Möglichkeit, die Wandmalereien<br />
für den Festsaal des Museums zu<br />
gestalten. Für Hagemann entwirft <strong>Kirchner</strong><br />
einen großen Bildteppich, betitelt Das<br />
Leben. Im Werk <strong>Kirchner</strong>s werden die abstrahierenden<br />
Formreduktionen und die<br />
flächenbezogene Farbsetzung immer dominanter.<br />
Der Künstler beschäftigt sich<br />
zunehmend mit zeitgenössischen Maltheorien,<br />
deren Ergebnisse er in den „Neuen<br />
Stil“, wie er die Veränderung seiner Malweise<br />
selbst nennt, einfließen lässt. In den<br />
ersten großformatigen Entwürfen für den<br />
Festsaal zeigt sich <strong>Kirchner</strong>s retrospektive<br />
Lebenseinstellung; beispielsweise<br />
Die Vergangenheit/Die Erinnerung. Aber<br />
auch die symbolhaften Gemälde Mutter<br />
und Sohn und Vor Sonnenaufgang –<br />
Paar auf dem Balkon sind Zeugnisse einer<br />
Selbstreflektion.<br />
1928 <strong>Kirchner</strong> arbeitet vornehmlich an den<br />
Entwürfen für das Museum Folkwang. Beteiligung<br />
an einer Ausstellung der Neuen<br />
Secession in München. Mit sieben druckgrafischen<br />
Selbstbildnissen ist er auf<br />
der Ausstellung Künstler-Selbstbildnisse<br />
in unserer Zeit in der Galerie Franke<br />
in München vertreten. Er organisiert in<br />
Basel die Gedächtnisausstellung für Hermann<br />
Scherer. Auf der Biennale in Venedig<br />
wird im deutschen Pavillon <strong>Kirchner</strong>s<br />
Gemälde Schlittenfahrt ausgestellt. Bekanntschaft<br />
mit dem Ehepaar Hans Rohner<br />
(1898–1972) und Lotte Kraft-Rohner<br />
aus München, die ihn in Davos besuchen<br />
und in den Folgejahren als Modelle zur<br />
Verfügung stehen. Am 10. und 11. März<br />
Besuch von <strong>Ernst</strong> Gosebruch, der mit<br />
<strong>Kirchner</strong> über die Wandmalereien diskutiert.<br />
Die Nationalgalerie Berlin erwirbt<br />
das Gemälde Eine Künstlergruppe: Die<br />
Brücke (1926/27). Erna reist für die Monate<br />
Mai und Juni nach Deutschland. Im<br />
Oktober Besuch des Berliner Kunsthändlers<br />
Ferdinand Möller (1882–1956). <strong>Kirchner</strong>s<br />
Mutter stirbt am 23. Dezember. Die<br />
Malerei jenes Jahres steht ganz im Zeichen<br />
der Vorarbeiten für Essen. Neben<br />
vielen „Versuchen“ stehen Hauptwerke<br />
wie Nackte Frauen auf Waldwiese und<br />
Frau geht über nächtliche Strasse.<br />
94
Biografie<br />
1929 Kontakte zur Pariser Galerie Jeanne<br />
Bucher. Erna Schilling fährt im Frühjahr<br />
nach Deutschland; ab diesem Jahr hält<br />
sie sich öfters, hauptsächlich aus gesundheitlichen<br />
Gründen, in Berlin auf.<br />
Im April/Mai Beginn des Briefwechsels<br />
mit dem deutschen Maler und Bauhausschüler<br />
Fritz Winter (1905–1976). Am<br />
10. Juni überarbeitet <strong>Kirchner</strong> sein aus<br />
dem Jahre 1923 stammendes Testament.<br />
Möglicherweise Besuch der Ausstellung<br />
Bauhaus Dessau in der Kunsthalle<br />
Basel (April/Mai). Im Juni reist er<br />
über Zürich nach Deutschland. In Berlin<br />
und Essen Besuche bei Ferdinand Möller<br />
und <strong>Ernst</strong> Gosebruch. Im Sommer Besuch<br />
von Fritz Winter bei <strong>Kirchner</strong>.<br />
Im Spätjahr Wiederaufnahme der Korrespondenz<br />
mit Emil Nolde. Im Oktober Besuch<br />
des Münchner Kunsthändlers Franke<br />
in Davos. Keine Einzelausstellungen.<br />
Die Akte im Freien werden zum beherrschenden<br />
Bildmotiv <strong>Kirchner</strong>s; Hauptwerke<br />
wie der Akt in Orange und Gelb<br />
entstehen. Im Kunstblatt erscheint der<br />
bereits 1927 von <strong>Kirchner</strong> in Auftrag<br />
gegebene Aufsatz Gustav Schieflers E. L.<br />
<strong>Kirchner</strong>s Entwürfe für Wandgestaltung<br />
in einem Festsaal des Folkwang-<br />
Museums; Wandmalerei und Miniatur im<br />
Werk E. L. <strong>Kirchner</strong>s.<br />
1930 Bekanntschaft mit dem Davoser Verkehrsdirektor<br />
Walter Kern (1898–<br />
1966), der <strong>Kirchner</strong> fortan publizistisch<br />
unterstützt. Tanzabende von Gret Palucca<br />
in Davos; Besuche der Tänzerin auf<br />
dem Wildboden. Die Katze Bobby, die auf<br />
vielen Bildern <strong>Kirchner</strong>s dargestellt ist,<br />
stirbt zwölfjährig. Wenig Gemälde entstehen,<br />
darunter die wichtigen Werke<br />
Trabergespann, Liebespaar – Der Kuss<br />
und das programmatische Bild Farbentanz<br />
I.<br />
1931 Kleine Einzelausstellung in der Galerie<br />
Franke in München. Teilnahme an der<br />
Ausstellung German Painting and Sculpture<br />
im Museum of Modern Art in New<br />
York und an der Ausstellung L’Art vivant<br />
en Europe in Brüssel. Nachfolgerin von<br />
Bobby wird die Katze Schacky. Für eine<br />
Aufführung des gemischten Chors von<br />
Frauenkirch fertigt <strong>Kirchner</strong> wieder Kulissen<br />
und Vorhänge. Mitte Juni reist er<br />
nach Frankfurt zu seinem Kunsthändler<br />
Manfred Schames; danach nach Berlin.<br />
Er wird zum Mitglied der Preussischen<br />
Akademie der Künste berufen. Erste<br />
Kontakte mit Dr. Max Huggler (1903–<br />
1994), dem Leiter der Kunsthalle Bern.<br />
Der zweite Band von Gustav Schieflers<br />
Die Graphik <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong>s erscheint<br />
in Berlin. Erna wird in Berlin operiert.<br />
1932 Am 1. Januar fährt <strong>Kirchner</strong> nach Berlin,<br />
um mit Erna am 8. Januar auf den<br />
Wildboden zurückzukehren. Die Situation<br />
des für <strong>Kirchner</strong> lebensnotwendigen<br />
Kunstmarktes in Deutschland wird immer<br />
ungewisser. Im März besucht ihn Alfred<br />
Döblin, der sich auf einer Vortragsreise<br />
durch Deutschland und durch die<br />
Schweiz befindet. Beunruhigung über die<br />
politischen Verhältnisse in Deutschland.<br />
Im Juli drängt <strong>Kirchner</strong> Dr. Bauer, ihm<br />
morphiumhaltige Medikamente zu verschreiben.<br />
Der Architekt Rudolf Gaberel<br />
aus Davos, Präsident der Davoser<br />
Kunstgesellschaft, regt an, ein wichtiges<br />
Werk <strong>Kirchner</strong>s für die Gemeinde<br />
zu kaufen. Beginn der Vorarbeiten für<br />
die bedeutende Retrospektive, die 1933<br />
in der Kunsthalle Bern gezeigt werden<br />
soll. Letzte plastische Arbeiten entstehen.<br />
Hauptwerke dieses Jahres sind<br />
Springende Tänzerin - Gret Palucca und<br />
die Blonde Frau im roten Kleid – Bildnis<br />
95
Biografie<br />
Elisabeth Hembus. Daneben beginnt er<br />
die Arbeit an den Farbholzschnitten.<br />
1933 Einzelausstellung in der Kunsthalle Bern.<br />
Im Katalog zur Ausstellung erscheint<br />
der letzte Aufsatz unter dem Pseudonym<br />
Louis de Marsalle, den <strong>Kirchner</strong><br />
für tot erklärt. Bekanntschaft mit dem<br />
französischen Dichter und Surrealisten<br />
René Crevel (1900–1935), der sich aus<br />
gesundheitlichen Gründen in Davos aufhält.<br />
<strong>Kirchner</strong> beschäftigt sich jetzt ausgiebig<br />
mit dem Bogenschiessen. Nach<br />
dem Wahlerfolg der Nationalsozialisten<br />
zunehmende Irritation über die deutsche<br />
Kulturpolitik. Aber noch immer werden<br />
auch von der öffentlichen Hand Werke<br />
<strong>Kirchner</strong>s angekauft.<br />
<strong>Kirchner</strong> wird aufgefordert, auf seine Mitgliedschaft<br />
in der Preussischen Akademie<br />
zu verzichten. Er arbeitet hauptsächlich<br />
an Farbholzschnitten. In Briefen an<br />
seine Freunde beklagt sich <strong>Kirchner</strong> über<br />
die Platzverhältnisse im Wildbodenhaus,<br />
die ihm nicht erlaubten, seine großen Formate<br />
zu realisieren.<br />
1934 <strong>Ernst</strong> Gosebruch wird als Direktor des<br />
Museums Folkwang entlassen. Damit zerschlagen<br />
sich die Hoffnungen auf eine Realisierung<br />
der Entwürfe. Der Bauhauskünstler<br />
Oskar Schlemmer (1888–1934),<br />
den <strong>Kirchner</strong> seit 1914 kennt, besucht<br />
ihn in Davos. Im Mai Holzschnitt-Ausstellung<br />
in der Galerie Commeter in Hamburg.<br />
Ende Mai/Anfang Juni Besuch der<br />
Ausstellung des Schweizer Malers Otto<br />
Meyer-Amden (1885–1933) in Bern. Dort<br />
lernt <strong>Kirchner</strong> Paul Klee (1879–1940)<br />
kennen. Im September Besuche von Carl<br />
Hagemann und dem neuen Sammler<br />
Budczies. Es entstehen wenige Gemälde,<br />
darunter Akte im Wald.<br />
1935 In Bern Besuch einer Ausstellung mit<br />
Werken von Paul Klee. Am 20. Februar<br />
schreibt <strong>Kirchner</strong> aus Bern an Erna:<br />
„Ach, ich will malen, wenn ich zurückkomme,<br />
grosse Bilder, ich bin Wandmaler.“<br />
Vom 12. Mai bis zum 23. Juni werden<br />
Aquarelle und Zeichnungen <strong>Kirchner</strong>s im<br />
Kupferstichkabinett des Kunstmuseums<br />
Basel gezeigt. Bekanntschaft mit Christian<br />
Anton Laely (1913–1992), dem letzten<br />
„Schüler“ <strong>Kirchner</strong>s. Der Frankfurter<br />
Beckmann-Schüler Karl Tratt (1900–<br />
1937) besucht <strong>Kirchner</strong> anlässlich seines<br />
Kuraufenthaltes in Davos. Der Basler<br />
Chemiker Jacob Bosshart beginnt,<br />
Werke von <strong>Kirchner</strong> zu sammeln. Die<br />
deutsche Kolonie in Davos, zu welcher<br />
der Künstler kaum Kontakt pflegt, bekennt<br />
sich mehr und mehr zu den nationalsozialistischen<br />
Parolen. <strong>Kirchner</strong> beschäftigt<br />
sich kurzfristig mit dem Plan,<br />
die Kirche in Frauenkirch auszumalen;<br />
geplant sind unter anderem Szenen aus<br />
der Apokalypse. Er fertigt wieder mehr<br />
Gemälde, vor allem Stadtansichten,<br />
Sportszenen und Interieurs. Programmatisches<br />
Hauptwerk dieses Jahres ist<br />
die Balkonszene.<br />
1936 <strong>Kirchner</strong> erfährt von der Auflösung des<br />
Deutschen Künstlerbundes. Der Kunsthändler<br />
Curt Valentin besucht noch vor<br />
seiner Emigration in die USA <strong>Kirchner</strong> in<br />
Davos. Der Direktor des Detroit Institute<br />
of Art, Wilhelm R. Valentiner (1880-1958),<br />
bietet dem Künstler eine erste Einzelausstellung<br />
in den USA an. Das Kunsthaus<br />
Zürich fragt bei ihm wegen einer Einzelausstellung<br />
grafischer Arbeiten an. Bekanntschaft<br />
mit dem englischen Dichter<br />
Llewelyn Powys (1884–1939). <strong>Kirchner</strong><br />
klagt über schmerzhafte Darmprobleme;<br />
als Schmerzmittel nimmt er ein morphiumhaltiges<br />
Medikament. Vier düstere<br />
Landschaftsbilder bilden die wichtigste<br />
Gemäldegruppe dieses Jahres. Im Som-<br />
96
Biografie<br />
mer schnitzt er für das Portal des neuen<br />
Schulhauses in Davos Frauenkirch, das<br />
am 18. Oktober eingeweiht wird, ein fünffiguriges<br />
Relief. Der Sammler Hagemann<br />
besucht ihn im September. Im Dezember<br />
meldet sich Lucas Lichtenhain, der Konservator<br />
der Basler Kunsthalle, bei <strong>Kirchner</strong>,<br />
um eine Ausstellung für den Sommer<br />
1937 vorzubereiten.<br />
1937 Ausstellung im Institute of Art in Detroit.<br />
Im Spätjahr Ausstellung in der Buchholz<br />
Gallery Curt Valentin in New York. Alfred<br />
Barr vom Museum of Modern Art meldet<br />
sich bei <strong>Kirchner</strong>. Vom 30. Oktober<br />
bis zum 27. November Ausstellung in<br />
der Kunsthalle Basel. Ab 30. Juni wird<br />
in Deutschland die diffamierte „Entartete<br />
Kunst“ beschlagnahmt und auf einer<br />
Ausstellung, die bis 1941 durch verschiedene<br />
Städte des Reiches wandert, vorgeführt.<br />
Von <strong>Kirchner</strong> werden 639 Werke<br />
aus den Museen entfernt und später teilweise<br />
ins Ausland verkauft oder zerstört.<br />
Ende Juli wird <strong>Kirchner</strong> aus der Preussischen<br />
Akademie ausgeschlossen. Er<br />
überlegt, die schweizerische Staatsbürgerschaft<br />
zu beantragen. Als Hauptwerke<br />
dieses Jahres gelten die beiden Interieurs,<br />
die das Wildbodenhaus zeigen und<br />
das Abschiedsbild Hirten am Abend.<br />
1938 Der Anschluss Österreichs an Deutschland<br />
am 13. März fördert bei <strong>Kirchner</strong> die<br />
Angst, die Deutschen könnten über die<br />
österreichische Grenze in Graubünden<br />
einmarschieren. Er zerstört teilweise seine<br />
Druckstöcke und einige der Skulpturen,<br />
die sein Haus umgeben. Zu <strong>Kirchner</strong>s<br />
58. Geburtstag am 6. Mai trifft<br />
keine Gratulation aus Deutschland ein.<br />
Am 10. Mai beantragt er bei der Gemeinde<br />
Davos das Aufgebot für die Eheschließung<br />
mit Erna. Am 12. Juni zieht er diesen<br />
Antrag wieder zurück. Am 15. Juni<br />
erschießt er sich. Als letztes Bild steht<br />
auf <strong>Kirchner</strong>s Staffelei das melancholische<br />
Gemälde Schafherde. Am 18. Juni<br />
wird er auf dem Waldfriedhof in Davos, in<br />
unmittelbarer Umgebung seines letzten<br />
Wohnortes, beerdigt. Erna Schilling, die<br />
amtlich den Namen <strong>Kirchner</strong> führen darf,<br />
lebt noch bis zu ihrem Tod am 4. Oktober<br />
1945 im Wildbodenhaus.<br />
97
Werkliste<br />
1904<br />
S.13 Sandkarrer an der Elbe, Holzschnitt auf<br />
chamois Büttenpapier, 8,8 × 13 cm auf<br />
14,3 × 19,2 cm. Unten links signiert und<br />
unten rechts mit „Handdruck“ bezeichnet.<br />
Rückseitig mit dem Stempel des Künstlers<br />
„Unverkäuflich E. L. <strong>Kirchner</strong>“ sowie<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„H23“. Einer von sechs bisher<br />
bekannt gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube H 19.<br />
1905<br />
S.16 Mädchenkopf in Lampenbeleuchtung,<br />
Holzschnitt auf chamois Büttenpapier,<br />
18,5 × 11,8 cm auf 20,5 × 15,5 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „H 30“. Vom Künstler auf<br />
einen Unterlagekarton montiert und auf<br />
diesem in Tusche mit der Schiefler-Nr.<br />
„30“ versehen. Einer von vier bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube H 25.<br />
S.14 Kauernder Akt, vom Rücken gesehen,<br />
Holzschnitt auf imitiertem Japanpapier,<br />
13 × 10 cm auf 53,3 × 38,7 cm. Unten<br />
rechts signiert. Einer von 22 bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube H 52.<br />
S.15 Strassenbild Dresden, Holzschnitt auf<br />
chamois Büttenpapier, 15,9 × 12,7 cm auf<br />
21,7 × 17,3 cm. Unten links signiert und unten<br />
rechts mit „Handdruck“ bezeichnet.<br />
Rückseitig mit dem Stempel des Künstlers<br />
„Unverkäuflich E. L. <strong>Kirchner</strong>“ sowie mit<br />
dem Nachlass-Stempel, der Bezeichnung<br />
„H20“ und den Nummerierungen „K5923“<br />
und „C-4932“ in Bleistift. Vom Künstler auf<br />
einen Unterlagekarton montiert und auf<br />
diesem in Tusche mit der Schiefler-Nr. „20“<br />
versehen. Einer von fünf bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube H 63.<br />
1906<br />
S.17 Schuppen am Elbufer, Holzschnitt auf<br />
geripptem chamois Büttenpapier, auf<br />
Karton aufgezogen. 18 × 19,7 cm auf<br />
20,3 × 28,2 cm. Rückseitig mit den Nummerierungen<br />
in „C 3552“ und „K10438“<br />
in Tusche und Bleistift und den Nummerierungen<br />
„C 3552“ und „224“ nur in<br />
Bleistift. Einer von drei bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube H 76 II.<br />
S.18 Unschlüssiges Mädchen, Holzschnitt<br />
auf chamois Büttenpapier, 19 × 8,5 cm<br />
auf 21 × 11 cm. Unten links vom Bruder<br />
des Künstlers mit „K 225“ bezeichnet.<br />
Rückseitig mit dem Stempel des Bruders,<br />
Walter <strong>Kirchner</strong>, und der Nummerierung<br />
„225“. Einer von zwei bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube H 95.<br />
1907<br />
S.22 Landschaft mit Bäumen, Aquarell auf festem<br />
Büttenpapier, 28 × 37 cm. Rückseitig<br />
mit einem weiteren Aquarell „Wege und<br />
Bäume“, 1907, dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „A Dre/Aa 17“.<br />
1908<br />
S.19 Drei Sitzende Akte im Atelier, Tusch feder<br />
auf bräunlichem Papier, 42,3 × 57,6 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „F Dre/Bg 35“<br />
in Tinte, den Nummern „K 4860“ und „C<br />
2672“ in Tinte und Bleistift sowie der<br />
Nummer „4492“ in Bleistift.<br />
S.20 Liegender Akt, schwarze Kreide auf<br />
bräunlichem Papier, 34 × 44 cm. Rückseitig<br />
mit einer weiteren Zeichnung „Tänzerin“,<br />
schwarze Kreide, dem Nachlass-<br />
Stempel, der Beschriftung „KDre/Bg 80“<br />
und den Nummerierungen „K 8602“ und<br />
„8259“ in Bleistift.<br />
98
Werkliste<br />
S.21 Liegendes Paar, Bleistift auf imitiertem<br />
chamois Japanpapier, 34 × 44 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel, der Beschriftung<br />
„B Dre/Bg 22“ und den Nummerierungen<br />
„K 2630“ und „2255“ in<br />
Bleistift.<br />
1912<br />
S.25 Toilette, Holzschnitt auf chamois satiniertem<br />
Papier, 12,8 × 10,7 cm auf<br />
19 × 15,3 cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
sowie dem Stempel „Unverkäuflich<br />
E. L. <strong>Kirchner</strong>“. Einer von sieben<br />
bisher bekannt gewordenen Abzügen des<br />
Künstlers vor der Auflage. WVZ-Nr. Dube<br />
H 730 I.<br />
1917<br />
S.26 Alpenveilchen zu Weihnachten, Öl auf<br />
Leinwand, 60 × 70 cm. Signiert „EL <strong>Kirchner</strong>“<br />
oben rechts. WVZ Gordon 1968 Nr.<br />
501.<br />
1918<br />
S.29 Zwei laufende Ziegen, Feder in Tusche<br />
und Aquarell auf satiniertem Halbkarton,<br />
38 × 50 cm. Rückseitig „Kühe“, Feder in<br />
Tusche 1917/18 sowie mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung<br />
„F Da/Bm 13“.<br />
S.28 Plaudernde Bauern auf der Stafelalp,<br />
Bleistift auf satiniertem Halbkarton,<br />
38 × 50 cm. Unten rechts mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „FS<br />
Da/Aa 13“ in Tinte. Rückseitig (ehemals<br />
Vorderseite) schwarze und grüne Kreide<br />
„Tobel bei der Stafelalp“.<br />
S.30 Waldinneres, Pinsel in Tusche auf chamois<br />
Papier, 34 × 50 cm. Unten in der<br />
Mitte signiert. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „P<br />
Da / Aa3“.<br />
1919<br />
S.31 Tannen und Alphütte (Stafelalp), Reiskohle<br />
mit leichter Kolorierung, 37,5 × 33<br />
cm. Auf leicht satiniertem chamois Papier.<br />
Auf der Rückseite: „Königsstein“,<br />
Rohrfederskizze, 1916. Rückseitig mit<br />
dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„FS Da / Aa 14“.<br />
S.32 Bergweg von oben gesehen, Radierung<br />
auf chamois Papier, 20 × 25,4 cm auf<br />
29,1 × 34 cm. Rückseitig mit dem Nachlass<br />
-Stempel und der Nummerierung<br />
„R282“ und den Nummern „K9573“,<br />
„C 3597“ (2x erwähnt) und „9230“ in Bleistift.<br />
Einer von drei bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube R 240 III.<br />
S.33 Weidende Kühe, Radierung (Ätzung und<br />
Kaltnadel auf Zink) auf Kupferdruckkarton,<br />
25 × 28,5 cm auf 34,5 × 39,5 cm.<br />
Unten vom Künstler bezeichnet: „Weidende<br />
Kühe. Altes Blatt weitergearbeitet 19<br />
oder 18“. Rückseitig mit dem Nachlass-<br />
Stempel und der Nummerierung „R 238<br />
IV“ in Tinte sowie den Nummern „K9017“<br />
in Tinte und Bleistift und „C 880“ in Bleistift.<br />
Einer von vier bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr.<br />
Dube R 252 II.<br />
S.35 Bauernkopf (Martin Schmied), Radierung<br />
auf Kupferdruckpapier auf Karton mit<br />
Schieflernummer aufgelegt, 25,1 × 19,9<br />
cm auf 30,8 × 24 cm. Unten links vom<br />
Künstler in Bleistift mit „Probedruck“ bezeichnet.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-<br />
Stempel und der Nummerierung „R 243<br />
II“. Einer von acht bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr.<br />
Dube R 276 II.<br />
99
Werkliste<br />
S.36 Die Lehrerin, Lithografie auf gelbem<br />
Papier, 27,7 × 32,7 cm auf 35 × 41 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „L 355 D“ in Tinte<br />
sowie „K2984“ in Bleistift. Einer von vier<br />
bisher bekannt gewordenen Abzügen des<br />
Künstlers. WVZ-Nr. Dube L 345.<br />
1920<br />
S.37 Zimmerleute, Holzschnitt auf gelbem, gerippten,<br />
imitierten Japanpapier, 15,8 ×<br />
17,3 cm auf 32 × 29 cm. Rückseitig mit<br />
dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„H 382 II D“. Einer von sechs bisher<br />
bekannt gewordenen Abzügen des<br />
Künstlers. WVZ-Nr. Dube H 435 III.<br />
S.45 Nackte Frau an der Quelle, Radierung<br />
auf chamois Kupferdruckpapier,<br />
25,2 × 20 cm auf 30 × 24,2 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „R 253 II“ und den Nummern<br />
„K 9068“ und „C 4469“ in Tinte und<br />
Bleistift. Einer von drei bisher bekannt<br />
gewordenen Abzü gen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube R 290 II. A<br />
S.39 Bauerntanz in der Sennhütte, Radierung<br />
auf festem chamois Blotting- Papier,<br />
25,2 × 20 cm auf 32,5 × 24,7 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „R 311 I“. Einer von fünf<br />
bisher bekannt gewordenen Abzügen des<br />
Künstlers. WVZ-Nr. Dube R 298 I.<br />
S.38 Hirtenbube, Radierung auf Kupferdruckpapier,<br />
25,8 × 18 cm auf 37,8 × 26,4 cm.<br />
Rückseitig „Stehender Akt“, Feder in Tusche<br />
um 1914, mit dem Nachlass-Stempel,<br />
der Nummerierung „R 348 ID“ und<br />
den Nummern „K9442“ und „9099“ in<br />
Bleistift. Einer von fünf bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers. Unten<br />
links signiert und unten rechts mit<br />
„Eigendruck“ bezeichnet. WVZ-Nr. Dube<br />
R 317.<br />
S.40 Zwei alte Frauen, Radierung (Kaltnadel<br />
auf Zink) auf Kupferdruckpapier, 20 × 25<br />
cm auf 33,5 × 39 cm. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„R293“. Unten vom Künstler bezeichnet:<br />
„Zwei alte Frauen 1. Zustand 1919“. Einer<br />
von zwei bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr. Dube R<br />
323 I.<br />
S.41 Steinarbeiter, Radierung (Ätzung auf<br />
Zink) auf chamois Blotting-Papier,<br />
31 × 25 cm auf 36 × 29 cm. Im unteren<br />
Papierrand mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „R 277“, da rückseitig<br />
Aus schnitt aus dem Holzschnitt<br />
„Stafelalp“ 1918, Dube H 381, und die<br />
Nummerierungen K 9089“ und C3336“<br />
in Tusche und Bleistift. Einziger bisher bekannt<br />
gewordener Abzug des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube R 336.<br />
S.42 Milchmädchen auf dem Bergweg, Radierung<br />
auf chamois Papier, 25,2 × 20,1<br />
cm auf 44 × 28,2 cm. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„R 274 I“ in Tinte sowie „K9560“ in Bleistift.<br />
Einer von vier bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr.<br />
Dube R 335 II.<br />
S.43 Bergtannen, Radierung auf schwerem Japanpapier,<br />
25,2 × 20 cm auf 44,5 × 29,5<br />
cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „R330 II D“<br />
und den Nummern „C3174“, „K 443“ und<br />
„24“ in Bleistift. Einer von zehn bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube R 349 II.<br />
1921<br />
S.47 Berghirte im Herbst (Berghirte mit<br />
Ziegen), Öl auf Leinwand, 120 × 90,5 cm.<br />
Oben links in Tinte signiert. Rückseitig<br />
auf der Leinwand in Pinsel in dunkelblau<br />
signiert und mit „Berghirte mit Ziegen“<br />
100
Werkliste<br />
betitelt sowie mit dem großen Nachlass-<br />
Stempel und der Nummerierung „KN-Da/<br />
Aa 37“. WVZ-Nr. Gordon 0664.<br />
S.49 Liegende, schwarze Kreide auf satiniertem<br />
Papier, 35,5 × 53 cm. Rückseite „Badende<br />
am Ofen“, Bleistift 1913. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Beschriftung „K Da/Bg 46“ und den<br />
Nummerierungen „K 7570“ in Tinte und<br />
Bleistift und „7227“ in Bleistift.<br />
S.50 Schlafende (Schlafende Kranke), Radierung<br />
auf festem chamois imitiertem Japanpapier,<br />
31,3 × 25 cm auf 44 × 29 cm.<br />
Am unteren Blattrand betitelt und datiert<br />
„Schlafende Kranke 21“. Im rechten und<br />
linken Oberrand vom Künstler verschiedene<br />
Tuschspuren. Rückseitig mit der<br />
roten Versand-Nummer „169“ für Gustav<br />
Schiefler sowie mit dem Nachlass-<br />
Stempel und der Nummerierung „R 389<br />
II“, den Nummern „C 1185“ und „ K9406“<br />
in Tusche und Bleistift und der Nummer<br />
„9063“ in Bleistift. Einer von fünf bisher<br />
bekannt gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube R 392 II.<br />
S.51 Zwei Freunde (Dr. Hans Mardersteig und<br />
Dr. Frédéric Bauer), Radierung in braun<br />
auf festem Kupferdruckkarton, 19,8 × 16,4<br />
cm auf 35 × 27,7 cm. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„R 329 II D“. Einer von sechs bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube R 393 III.<br />
S.48 Porträt Nele van de Velde, Lithografie<br />
auf festem chamois Papier, 53 × 31 cm<br />
auf 64 × 48,5 cm. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel. Unten links innerhalb<br />
der Darstellung mit „5“ nummeriert. Einer<br />
von elf bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr. Dube L<br />
411 I.<br />
1922<br />
S.52 Zwei badende Frauen, Holzschnitt auf<br />
chamois Kupferdruckpapier, 23 × 16,7<br />
cm auf 27 × 21 cm. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel und der Bezeichnung<br />
„H 479 II“ und den Nummerierungen „K<br />
5752“, „5383“ und „1421“ in Bleistift. Einer<br />
von sieben bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr.<br />
Dube H 482 II.<br />
S.55 Sitzende Bäuerin, Radierung in braun auf<br />
chamois Kupferdruckpapier, 18,6 × 17<br />
cm auf 27,5 × 25,5 cm. Unten rechts in<br />
Tinte signiert. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „R<br />
318 III D“. Einer von acht bisher bekannt<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers außerhalb<br />
der Auflage von 50 Exemplaren<br />
in der Luxusausgabe von Will Grohmann,<br />
Das Werk E. L. <strong>Kirchner</strong>s, München 1926.<br />
WVZ-Nr. Dube R 410 III.<br />
S.54 Sich unterhaltende Mädchen auf der<br />
Alp, Radierung auf satiniertem chamois<br />
Halbkarton, 30,1 × 25 cm auf 47 × 33 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass- Stempel. Einer<br />
von drei bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr. Dube R<br />
421.<br />
S.53 Zwei Bauern, Lithografie auf satiniertem<br />
chamois Papier, 32 × 39,5 cm auf<br />
37 × 54 cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung<br />
„L 426 I D“ in Tinte sowie „K 2962“ und<br />
„C 4563“ in Bleistift. Einer von sechs bisher<br />
bekannt gewordenen Abzügen des<br />
Künstlers. WVZ-Nr. Dube L 419.<br />
1923<br />
S.58 Liegende Bauern, Radierung in braun<br />
auf Kupferdruckkarton, 24,7 × 31,5 auf<br />
31 × 39 cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung<br />
„R 440 II“. Einer von zwei bisher bekannt<br />
101
Werkliste<br />
gewordenen Abzügen des Künstlers.<br />
WVZ-Nr. Dube R 435 II.<br />
S.57 Kugelläuferin, Radierung auf festem chamois<br />
„Blotting Huber Frères Winterthur“,<br />
30,9 × 25 cm auf 49 × 37 cm“. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „R 426“in Tinte sowie „K<br />
9087“ und „C 3852“ in Bleistift. Einer von<br />
zwei bisher bekannt gewordenen Abzügen<br />
des Künstlers. WVZ-Nr. Dube R 466.<br />
1924<br />
S.61 Blumen, schwarze Kreide auf chamois<br />
Papier, 43,4 × 57,6 cm. Rückseitig „Rückenakt“,<br />
Bleistift 1912 sowie mit dem<br />
Nachlass-Stempel.<br />
S.59 Zwei Badende, Radierung (Kaltnadel auf<br />
Kupfer) auf festem satinierten Papier,<br />
30 × 25 cm auf 37 × 30,5 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„R 474 II“, den Nummerierungen<br />
„C 4342“ und „K 9314“ in Tusche und<br />
Bleistift und den Nummerierungen „8971“<br />
und „284/81“ nur in Bleistift. Einer von<br />
drei bisher bekannt gewordenen Abzügen<br />
des Künstlers. WVZ-Nr. Dube R 481 III.<br />
1927<br />
S.63 Stilleben mit Krügen und Kerze, Öl auf<br />
Leinwand, 70 × 60,5 cm. Unten links blaugrün<br />
signiert und datiert. Rückseitig mit<br />
dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„Da/Ac 12“. WVZ-Nr. Gordon<br />
0511.<br />
S.64 Liegende Erna im Tub mit angezogenen<br />
Beinen, Tuschfederzeichnung auf satiniertem<br />
chamois Papier, 34 × 46 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „F Da/Bg 83“ und den<br />
Nummern „K 10299“ und „C 4239“ in<br />
Tinte und Bleistift.<br />
S.65 Mutter und Sohn, Feder in Tusche auf satiniertem<br />
chamois Halbkarton, 47 × 33,5<br />
cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel,<br />
der Nummerierung „F Da/Bi 80“ in<br />
Tinte und den Nummern „K 5733“ (2x)<br />
und „C 3107“ und „5364“ (durchgestrichen)<br />
in Bleistift.<br />
S.66 Badende, Holzschnitt auf chamois imitiertem<br />
Japanpapier, 29,3 × 25 cm auf<br />
42 × 33,5 cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „H<br />
564 IV“. Einer von fünf bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube H 585 III.<br />
1928–1929<br />
S.70 Schreitender auf grünem Grund, Öl auf<br />
Leinwand, 70,5 × 60,5 cm. Rückseitig mit<br />
dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„KN Da/Bh 29“. WVZ-Nr. Gordon<br />
0930.<br />
1929<br />
S.67 Kopf Hans Arp, Holzschnitt auf festem<br />
imitierten Japanpapier, 35 × 31,6 cm auf<br />
52 × 39,5 cm. Unten rechts signiert und<br />
unten links mit „Eigendruck“ bezeichnet<br />
sowie unten in der Mitte mit „Kopf Arp“<br />
betitelt. Einer von vier bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-<br />
Nr. Dube H 618.<br />
S.68 Strasse in der Dämmerung, Öl auf Leinwand,<br />
65,5 × 81 cm. Oben rechts signiert<br />
und mit „29“ datiert. Rückseitig mit dem<br />
Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„KN-Da/Bh 20“. WVZ-Nr. Gordon<br />
0934.<br />
1930<br />
S.71 Stehender weiblicher Akt, die Arme<br />
hinter dem Kopf verschränkt, Kohle auf<br />
satiniertem Halbkarton. 51,5 × 35,5 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „K Da/Be 89“ in<br />
Tinte sowie den Nummern „K 7391“ und<br />
„7048“ in Bleistift.<br />
S.72 Sängerin am Piano, Öl auf Leinwand,<br />
120 × 150 cm. Rückseitig signiert, mit<br />
102
Werkliste<br />
„29“ datiert und mit „cantatrice au piano“<br />
betitelt. WVZ-Nr. Gordon 0943.<br />
S.74 Stehender Akt, schwarze Kreide auf<br />
leicht geripptem chamois Japanpapier,<br />
52 × 35,5 cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Beschriftung<br />
„K Da/Bg 233“ sowie den Nummerierungen<br />
„K 7449“ in Tinte und Bleistift und<br />
„7106“ in Bleistift.<br />
1932<br />
S.75 Theaterszene, Pinsel in Tusche über Bleistift<br />
auf satiniertem Papier, 39 × 50 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Bezeichnung „Illl/ Da 83“<br />
in Tusche und der Nummerierung<br />
„K 10347/6“ in Bleistift.<br />
1933<br />
S.76 Drei Akte im Walde, schwarze Kreide auf<br />
satiniertem chamois Papier, 36 × 51 cm.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „K Da/Bf 82“ in<br />
Tinte sowie den Nummern „K 3925“ und<br />
„C4066“ in Tinte und Bleistift. Rückseitig<br />
„Drei Akte im Walde“, Kreidezeichnung<br />
1933.<br />
1934<br />
S.86 Blick auf Davos, Tuschfeder auf satiniertem<br />
Halbkarton, 34,5 × 52,2 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „F Da/Aa 47“ sowie den<br />
Nummern „K 4493“, „C 4787“ in Tinte<br />
und Bleistift und „4125“ in Bleistift.<br />
1935<br />
S.77 Im Café (wohl Schneider Davos), Federund<br />
Pinselzeichnung in verschiedenen<br />
blauen Tinten, laviert auf satiniertem<br />
chamois Papier, 36 × 50 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„P Da/Bi 31“ und den Nummern<br />
„K 6711“ und „C 2137“ in Tinte und<br />
Bleistift sowie der Nummer „6362“ in<br />
Bleistift.<br />
S.78 Seelandschaft mit Regenbogen, Aquarell<br />
über Bleistift auf satiniertem chamois<br />
Halbkarton, 36 × 50 cm. Rückseitig mit<br />
dem Nachlass-Stempel und der Nummerierung<br />
„A Da/Aa 113“ in Tinte sowie den<br />
Nummern „K 3955“, „C 2977“ in Tinte<br />
und Bleistift und der Nummer „3587“ in<br />
Bleistift.<br />
1936<br />
S.79 Bauern beim Pflanzen, Aquarell und<br />
schwarze Kreide auf satiniertem chamois<br />
Papier, 38 × 50 cm. Unten rechts<br />
in Tinte (?) von Erna <strong>Kirchner</strong> signiert.<br />
Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel<br />
und der Nummerierung „A Da/Bh 8“ und<br />
der Nummer „K 1388“ in Bleistift.<br />
S.82 Blick ins Sertigtal, Kohle auf satiniertem<br />
chamois Halbkarton, 51 × 36 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „K Da/Aa 100“.<br />
S.81 Badeanstalt, Holzschnitt auf imitiertem<br />
Japanpapier, 50 × 37 cm auf 58,8 × 41,3<br />
cm. Rückseitig mit dem Nachlass-Stempel.<br />
Einer von vier bisher bekannt gewordenen<br />
Abzügen des Künstlers. WVZ-Nr.<br />
Dube H 665 II.<br />
1937<br />
S.85 Scene aus dem „Sommernachtstraum“,<br />
Öl auf Leinwand, 196 × 150 cm. Rückseitig<br />
mit dem Nachlass-Stempel und der<br />
Nummerierung „KN-Da/Bk 2“. WVZ-Nr.<br />
Gordon 1005.<br />
S.83 Kühe und Kälber im Gebirge, Bleistift auf<br />
Pergamin, 42 × 29,6 cm. Rückseitig ohne<br />
den Nachlass-Stempel, jedoch aus dem<br />
Nachlass des Künstlers und der Nummer<br />
„K 10507“ in Tinte.<br />
103
Impressum / Imprint<br />
Wir bedanken uns sehr herzlich beim <strong>Ernst</strong> <strong>Ludwig</strong> <strong>Kirchner</strong> Nachlass<br />
für die hervorragende und professionelle Unterstützung der Ausstellung!<br />
Text Text Dr. Isa Bickmann, Frankfurt<br />
Übersetzung Translation Jeanne Haunschild, Bonn<br />
Herstellung Production Jan van der Most, Düsseldorf<br />
Foto Photo Ulrich Helweg, Bad Salzuflen<br />
Redaktion Editorial Sylvia B. Schlieder, Julia Thieke<br />
Herausgeber Editor Samuelis Baumgarte Galerie<br />
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ISBN 978-3-00-047869-7<br />
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104
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