Das kostet eine exklusive Hochzeit

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TiTel HocHzeit D er Informatiker Ivan Cioffi und seine Verlobte sind keine Millionäre – aber als das Hochzeitsdatum feststand, lag auf dem Sparkonto bereits eine ansehnliche Summe Geld. Monate der Planung gingen dem grossen Tag voraus. Einer von insgesamt fünfzig zu erledigenden Punkten, die das Paar aus dem Kanton Zug zu erledigen hatte, betraf die Einladungskarten. Ivan Cioffi beschreibt sie folgendermassen: «Satiniertes hochwertiges Papier mit einer gestochen scharfen silberfarbenen Prägung und einer super Haptik.» Das Essen umfasste ein 7-Gang-Menü von grosser kulinarischer Extravaganz, darunter ein mit Trüffelöl aromatisiertes weisses Tomatensüppchen. Die vierstöckige Torte zierten Rosenköpfe aus Ecuador. «Perfektion war mir wichtig, aber auch die Eleganz», so der 38-Jährige im Nachhinein. Im Verlauf der akribischen Planung sei ihm bewusst geworden, dass er sich mit diesem Fest von allen anderen Hochzeitspaaren abheben wollte. Seine Frau war einverstanden, dass die mehrstöckige Torte purpurfarben war. Und dass – anstelle von weissen Tauben – Adler, Eulen sowie andere Greifvögel durch den Schlosspark flatterten. Janine Schmidt sorgte mit ihrer Firma weddingconsulting.ch dafür, dass dem Paar die organisatorischen Details des Riesenevents (120 Gäste waren geladen) nicht über den Kopf wuchsen. Sie stellte zudem sicher, dass die Tischdecken aus ägyptischer Baumwolle waren, keine rustikalen Showeinlagen stattfanden und eine ausgebildete Nanny die anwesenden Kinder in Schach hielt. Am Schluss des glücklichsten Tages lag ein ansehnlicher Stapel Rechnungen auf dem Tisch. Zusammengezählt beliefen sie sich auf Jedem seine Hochzeit rund 60 000 Franken. «Das Fest war jeden Franken wert», sagt Ivan Cioffi, «denn es symbolisierte unsere grosse und spezielle Liebe auf die bestmögliche Art.» So wie das Ehepaar Cioffi denken viele heiratswillige Schweizerinnen und Schweizer. Während der Start ins gemeinsame Leben früher mit einer Carfahrt ins Blaue und einem schnörkellosen Essen im Säli der Lieblingsbeiz beschlossen wurde, geht es heute romantischer und kostspieliger zu und her. Rund 90 000 Frauen und Männer heirateten im Jahr 2010, und für eine bescheidenes Fest Sheryl Paul, Psychologin «Heiratsangst ist ein Phänomen der Neuzeit. Die meisten Brautleute meinen, plötzliche Zweifel seien ein Zeichen dafür, dass mit der Beziehung etwas nicht stimme. Meiner Erfahrung nach haben sie damit aber in den meisten Fällen nichts zu tun. Die Hektik und der Druck, der mit dem Ausrichten grosser Hochzeiten einhergeht, können die Ursachen sein, dass einem alles über den Kopf zu wachsen scheint. Andererseits hilft die Konzentration auf die Erledigung von tausend Details auch dabei, von Unsicherheiten abzulenken. Mein Tipp? Brautleute sollen in der Vorbereitungsphase gemeinsam Dinge unternehmen, die nichts mit der Heirat zu tun haben.» Vor gut einem Jahr feierten Prinz William und Kate Middleton die «Jahrhunderthochzeit»: Millionen Zuschauer in London, weltweit an die zwei Milliarden vor den TV-Schirmen. Allein der Sicherheitsaufwand verschlang 25 Millionen Euro Wenn TV-Reality-Queen Kim Kardashian wieder mal das Jawort haucht, ist die Show perfekt: Im 2,5-Millionen- Hochzeitskleid machte sie letztes Jahr Basketball-Spieler Kris Humphries glücklich. Die Ehe dauerte 72 Tage. Jetzt wird über Kims Blitzverlobung mit Rapper Kanye West gemunkelt der Liebe lassen sie durchschnittlich 25 000 Franken springen, so die Schätzung des Internetportals wir-heiraten.ch. Beim neuen schweizerischen Branchenverband Wedding- Network spricht man von einem «dynamischen und schnell anwachsenden Markt». Die Experten taxieren das jährliche Geschäftsvolumen auf rund eine Milliarde Franken, Tendenz weiterhin steigend. Den riesigen Kuchen teilen sich neben den klassischen Mitspielern wie Restaurants, Transportanbieter oder Floristen auch neue Branchen, darunter Hochzeitsmessen, spezialisierte Internetplattformen und Media-Agenturen sowie ein wachsendes Heer von Hochzeitsplanern, die sich um die detailreiche und perfekte Organisation der immer aufwendigeren Traumhochzeiten kümmern. Was in der Schweiz Schule macht – grösser, glamouröser, teurer –, ist anderswo längst an der Tagesordnung. Eine traditionelle japanische Vermählung schlägt mit durchschnittlich 70 000 Franken zu Buche, das amerikanische Hochzeitsbusiness ist in der Zwischenzeit 86 Milliarden Dollar schwer, und mehrtägige «Cinderella-Hochzeiten» stehen in den USA so hoch im Kurs, dass Walt Disney sogar eine Brautkleider-Kollektion nach Vorbild der firmeneigenen Fantasieprinzessinnen (Cinderella, Ariel, Rapunzel) lanciert hat. Über die Gründe für die neue Lust an der Traumhochzeit zerbrechen sich Experten den Kopf. «Reichtum und Schönheit reichen nicht mehr aus, um als erfolgreich zu gelten: Die Liebe des Lebens gefunden zu haben, trägt massgeblich zum Status bei», vermuten die Zürcher Paartherapeuten Doris Christinger und Peter A. Schröter, die den Trend auch als Ausdruck einer Überbewertung des romantischen Liebesideals interpretieren. In Zeiten, in denen die neuen Beziehungsmärkte nicht nur Paare, sondern gerade auch viele Fotos: Aspherik, Startraks / Dukas, Darren Staples / Reuters, DDP, Nicolas Righetti / Rezo Zwei Rappen – und stilvoll schwarz-weisse Hochzeitsfotos – gehören für die Cioffis zu einer Hochzeit, die anders als alle anderen ist unfreiwillige Singles kreieren, die den geforderten Attributen Jugend, Schönheit, Reichtum nicht entsprechen, und zugleich die Scheidungsraten in der Schweiz mit 54 Prozent (2011) einen historischen Höchststand erreichten – in solchen Zeiten ist die Heirat nicht mehr in erster Linie ein Anlass von religiöser Bedeutung, noch ist sie mit allzu grossen familiären Erwartungen verbunden. Stattdessen ist sie «vor allem eine Möglichkeit der Welt zu zeigen, dass man geschafft hat, was anderen verwehrt bleibt», sagt Doris Chris tinger. Zwar markiert der schönste Tag für viele Paare einfach einen Meilenstein in der Geschichte ihrer Liebe, an dem sie jene Menschen teilhaben lassen, die ihnen etwas bedeuten. Aber immer öfter ist das Hochzeitsfest auch mit einer exhibitionistischen Zurschaustellung der Liebe verbunden. Rebecca Mead, amerikanische Autorin des Mega-Bestsellers zum Traumhochzeitstrend «Ein perfekter Tag», kritisiert diese Entwicklung als Resultat von kommerziellen Marketingstrategien der Hochzeitsindustrie. «Die Art, wie geheiratet wird, sagt viel über die Werte der jeweiligen Kultur Wahlschweizer Boris Becker ehelichte seine Lilly Kerssenberg im Juni 2009 im Kuppelsaal des Segantini- Museums in St. Moritz. Bei der millionenschwerenTraumhochzeit im Oberengadin knauserte der Alt- Tennisstar nur beim Pfarrer: Nach zweijährigem Rechtsstreit musste der Gottesmann 6200 Franken ans Bein streichen aus», so Mead. Auch Hollywood kreiert Traumwelten, denen sich Paare nur schwer entziehen können. Bei jenen Bildern, die Filmindustrie und Medien entwerfen, handle es sich um vermeintliche Realitäten, sagt der Zürcher Paarforscher Guy Bodenmann. Die Paare würden dort «abgeholt», wo sie sich in ihrer Fantasie sähen: Als hochromantische Menschen, die bis in alle Ewigkeit verliebt bleiben. Die Prominenten machen es mit millionenschweren XXL-Hochzeiten vor – und jene, die sich nicht sofort wieder trennen, gelten als Vorbilder für Verläss- Wallendes Gewand im fernen Ferienparadies: Schlagerstar Marianne Cathomen aus dem Bündnerland und der damalige Fifa-Kommunikationsdirektor Markus Siegler sagten an Heiligabend 2008 unter Palmen auf den Seychellen Ja zueinander. Kosten: unbekannt, aber überblickbar. Diverse Unternehmen haben mitgesponsert SonntagsBlick Magazin 11 10-11 31.05.2012 11:37:35
Wenn Sie es krachen lassen wollen: Das kostet eine exklusive Hochzeit Für 120 Gäste (in Schweizer Franken) Hochzeitsapéro (mit Jahrgangschampagner und Amuse-Bouches / pro Person 100.–) 12 000.– 7-Gang-Menü (5-Stern-Qualität inkl. Wein / pro Person 300.–) 35 000.– 5-stöckige Torte 1000.– Einladungskarten 1000.– Miete einer exklusiven Eventhalle oder ähnlichen Location 15 000.– Miete von Infrastruktur (Stühle, Regenschirme, Musikanlage und anderes) 5000.– Miete von Beleuchtungselementen, Kerzenständern, Laternen 2000.– Miete von Geschirr, Silberbesteck, Kristallgläsern, Tischdecken 1000.– Hochzeitskleid von Vera Wang (inkl. Accessoires) 7000 bis 20 000.– Hochzeitsanzug von Armani 1500.– Ringe 5000 bis 8000.– Haar und Make-up, Maniküre 600 bis 1000.– Drei Hochzeitskutschen mit Pferden 3000.– Blumenschmuck für Kirche und Event-Location (inklusive Dekoration fürs Auto, Brautstrauss, Anstecker, Sträusse für Eltern und Brautjungfern) 10 000.– Live-Musik (Drei-Mann-Band) 2000.– Fotograf (bei grossen Hochzeiten benötigt man zwei Fotografen) 11 000.– Feuerwerk 1500 bis 10 000.– Darbietungen/Showeinlagen Lasershow 3000.– / Feuershow: 2500.– Quelle: Eva Hauser, Geschäftsführerin Wedding&Events/www.wedding-events.ch 12 SonntagsBlick Magazin Total: ca. 120 000.– lichkeit: Victoria und David Beckham. Tom Cruise und Katie Holmes. Kate und William. Um zu demonstrieren, dass es sich bei der Verbindung um eine seriöse Beziehung und somit um die wahre grosse Liebe handelt, praktizieren zudem immer mehr Schweizer Paare, was ursprünglich ebenfalls aus dem schnelllebigen Hollywood stammt: Exklusive Festivitäten für eine halbe Million Franken: Hochzeiten, bei denen das Budget keine Rolle spielt, freuen die Weddingplanner die Ehe-Erneuerung. So schillernd und pompös wie beim ersten Mal wird die Stabilität der Beziehung aber nicht etwa zwanzig Jahre nach der ersten Vermählung gefeiert, sondern schon nach zwölf Monaten. Prinz und Prinzessin sein für einen Tag: An Ideenreichtum mangelt es Schweizerinnen und Schweizern nicht, wenn es darum geht, ihre Vorstellungen von der romantischen Liebe so ausgiebig zu zelebrieren, dass urbane Single-Freunde bisweilen vor Neid erblassen. Während «Hochzeitskredite» neustens auch in der Schweiz kostspie- Foto: Aspherik Im weitläufigen Park der Saint Charles Hall gibts Apéro – und einen fantastischen Blick auf den Vierwaldstädtersee lige Extravaganzen vorfinanzieren, hat sich Eva Hauser mit ihrer Firma Wedding & Events auf die Planung von exklusiven Festivitäten spezialisiert, bei denen das Budget oft gar keine Rolle mehr spielt. Eine halbe Million Franken kostete jenes Fest, bei dem sämtliche Gebäude der Zürcher Sportanlage Dolder mit weissen Stoffbahnen umhüllt wurden. Das Errichten von Wasserspielen und einer begehbaren Brücke, die über das riesige Schwimmbecken führte, und das Aufstellen mehrerer Zelte benötigte eine Bauzeit von zwei vollen Wochen. Das Her- beischaffen von kompletten Infrastrukturen und exotischer Kulinarik, darunter koschere Häppchen oder russische Spezialitäten, bringt Hauser nicht ins Schwitzen, im Gegenteil: Je anspruchsvoller und ausgefallener die Wünsche, desto mehr Spass mache ihr die Arbeit. Ein Paar wollte zur 1001-Nacht- Hochzeit unbedingt einen lebendigen Elefanten auftreten lassen, andere bestanden eine Stunde vor Beginn der dreitägigen Festivität auf einen Farbwechsel bei der kompletten Dekoration, und eine Braut liess sogar das Trauzimmer im Stadthaus, weil es ihr zu trüb erschien, mit einem roten Teppich, neuen Stühlen und eigenem Blumenschmuck ausstaffieren. Ein perfekt organisiertes, aufwendiges Fest strahle auch auf die Beziehung ab, vermutet Guy Bodenmann. «Obgleich es dies für die längerfristig glückliche Liebesbeziehung nicht braucht, bekommt die Traumhochzeit eine überbewertete Funktion.» Doch schon gibt es einen Gegentrend zu sorglosen Materialschlachten und ungezügelter Selbstdarstellung: Zumindest aus ökologischer Sicht stehe das Hochzeits- «Kein Chabis: Volg passt überdurchschnittlich gut zu uns.» durchschnittlich gut zu uns «Als mein Urgrossvater 1920 Sauerkraut herstellte, tat er dies noch von Hand und fuhr das fertige Sauerkraut mit dem Velo zur Kundschaft. Auch heute ist bei uns noch Handwerk gefragt. Zusammen mit den Bauern machen wir etwas Feines aus der Schweiz für die Schweiz. Mit seinen vielen Läden auf dem Land passt Volg gut zu uns und wir zu Volg.» Daniel Schöni Inhaber Schöni Swissfresh Oberbipp Eva Hauser, Wedding-Planerin «In der Schweiz mangelt es an entsprechenden Lokalitäten, die zweihundert oder mehr Gäste aufnehmen können. Detailwissen ist bei meiner Arbeit wichtig: Nicht jedes 5-Sterne-Hotel bietet Silberbesteck an, dafür liefert ein etwas bescheideneres Lokal vielleicht das bessere Essen. Stimmung und Glück lassen sich sowieso nicht kaufen. Eine gute Hochzeitsplanerin kann auch ein Fest mit kleinem Budget zur Traumhochzeit machen und zudem jede Situation retten: Einmal brannte eine komplett eingerichtete Eventhalle – nach monatelanger Vorbereitung – am Abend vor der Trauung ab. Mein Team und ich bauten innerhalb von zwölf Stunden alles neu auf: In der Feuerwehrstation. Es wurde ein einmaliges Fest.» 12-13 31.05.2012 11:37:36
Seite 1: Der teuerste Tag im Leben in unruhi

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