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ANDACHT<br />
„W u Mns böe erf“<br />
Mord und Totschlag, Terror und<br />
Krieg beherrschen die Medien – und<br />
leider auch große Teile der Welt. Zu<br />
diesen globalen Katastrophen kommen<br />
noch die persönlichen: Krankheit<br />
und Tod, Arbeitslosigkeit oder<br />
Scheidung. Wie können wir damit<br />
leben und: wie können wir da noch<br />
an einen gütigen, liebevollen Gott<br />
glauben? Ich habe dazu ein interessantes<br />
Buch von einem amerikanischen<br />
Rabbiner gelesen: Harold S.<br />
Kuschner: „Wenn guten Menschen<br />
Böses widerfährt“ (ISBN 978-3-<br />
579-06556-4). Er selbst wurde von<br />
frühen Tod seines Sohnes, der an<br />
Progerie litt (vorzeitige Alterung),<br />
hart getroffen. Er stellt u.a. die These<br />
auf, dass das Schöpfungswerk<br />
Gottes noch nicht vollendet ist und<br />
dass außerdem der Mensch selbst –<br />
halb Tier, halb Gott (Kushner) – in<br />
seinen Entscheidungen frei sei. Gott<br />
belohnt weder gutes, noch bestraft<br />
er böses Leben, er prüft nicht und<br />
legt die besonders schweren Lasten<br />
auch nicht denen auf, von denen er<br />
annimmt, dass sie genügend Kraft<br />
und Glauben haben. Gott ist nicht<br />
für das Böse in der Welt verantwortlich:<br />
„Gott kann nicht alles tun, aber<br />
er kann wichtige Dinge tun“. Gott<br />
steht denen bei, die in Not sind, er<br />
2<br />
gibt ihnen Kraft, durchzuhalten oder<br />
Neues zu beginnen, zusammenzustehen<br />
und weiterhin Liebe zu<br />
geben. Ein lesenswertes Buch.<br />
Kushner greift natürlich (er ist<br />
jüdischer Rabbi) das Leben und<br />
Sterben Jesu nicht auf. Aber genau<br />
in diesem Leben ist all das konzentriert,<br />
was menschliches Leben oft<br />
so schwer macht. Obwohl Jesus<br />
ein sehr guter und sehr gläubiger<br />
Mensch war, muss er ein furchtbares<br />
Schicksal erleiden (es ist übrigens<br />
nicht furchtbarer als das der<br />
Milliarden anderen Menschen, die<br />
durch Folter und Hass zu Tode kommen).<br />
Jesus verzweifelt an Gott:<br />
„Warum hast Du mich verlassen?“<br />
Und Gott gibt eine Antwort, wie in<br />
Kushners Buch beschrieben: Die<br />
neue Gemeinde, „Christen“, werden<br />
eine Religion der Liebe, der Freude,<br />
der Zuversicht. Schließlich gipfelt<br />
ihr Glaube in dem Satz: „Gott ist die<br />
Liebe „ (1. Johannesbrief). Christen<br />
haben zu dem Glauben gefunden,<br />
dass Gott nur mit Gutem zu verbinden<br />
ist – und zwar mit dem Guten,<br />
das allen Menschen auch einsichtig<br />
ist. Und wo immer die christliche<br />
Kirche nicht gut war – Beispiel<br />
gewaltsame Missionierung, Hexenverbrennung<br />
usw. – hat sie ihren<br />
Glauben von der Überwindung des<br />
Todes und des Bösen verraten.<br />
In der Passions- und Osterzeit<br />
gehen wir bewusst und symbolisch<br />
Jesu Weg von Leiden und Leben,<br />
von Trauer und Trost nach. Ich lade<br />
Euch, liebe Brüder und Schwestern,<br />
ein, diesen Weg mit uns mitzugehen:<br />
In unseren Gottesdiensten,<br />
in der Stillen Woche, im Osterfest.<br />
Pfr. Heinrich Arnold