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Das Interview als pdf - new trinity and unity

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mit zerschossener Lunge nach Hause<br />

und war seitdem nicht mehr arbeitsfähig.<br />

Er war auf die Anthroposophie<br />

gestoßen und hatte beim Sozialimpuls<br />

und der Frage der sozialen Dreigliederung<br />

Feuer gefangen. In diesen Bereichen<br />

verfügte er über Kenntnisse und<br />

war deshalb auch zu Schweppenhäuser<br />

gekommen.<br />

Nach zwei oder drei Wochen bekam ich<br />

Post aus Sylt und von Peter Schilinski<br />

zusammen mit einer Zeitschrift „<strong>Das</strong><br />

mitteleuropäische Deutschl<strong>and</strong>". Es h<strong>and</strong>elte<br />

sich da um eine Zeitschrift, die<br />

Peter Schilinski machte. Gleichzeitig<br />

bekam ich Einblick in die Korrespondenz,<br />

die Josef Busch mit Peter Schilinski<br />

aufgenommen hatte.<br />

Lazarus21: Welchen Eindruck hattest du<br />

dabei?<br />

Wilfried Heidt: Es war alles hochinteressant.<br />

Aber ich f<strong>and</strong> vor allem, dass Peter<br />

Schilinski das ganz <strong>and</strong>ers machte <strong>als</strong><br />

wissenschaftlich gewohnt. Der machte<br />

es irgendwie volkspädagogisch. Ein oder<br />

zwei Monate später kam von Busch ein<br />

Brief mit dem Hinweis, dass Peter Schilinski<br />

ihn im Schwarzwald besuchen<br />

werde und dass er mich zu diesem Meeting<br />

einlade.<br />

Ich folgte der Einladung, fuhr <strong>als</strong>o in den<br />

Schwarzwald und lernte so Peter Schilinski<br />

kennen. Wir stellten sofort fest,<br />

dass wir auf derselben Wellenlänge<br />

waren. Die Dreigliederung brauchte er<br />

mir nicht mehr beizubringen. Wir sind<br />

uns begegnet <strong>als</strong> Vertreter zweier Generationen,<br />

denn er war 1916 geboren und<br />

ich war <strong>als</strong> Jahrgang 1941 genau 25<br />

Jahre jünger. Aber wir sahen die damaligen<br />

Verhältnisse eigentlich deckungsgleich.<br />

Er beschäftigte sich mit der Frage,<br />

was man in dieser gegenwärtigen<br />

Situation machen könne. Ich erfuhr von<br />

ihm, dass er schon seit 20 Jahren unterwegs<br />

war in Deutschl<strong>and</strong>, um irgendwelche<br />

Anthroposophen zu finden, die in<br />

Sachen Dreigliederung vielleicht etwas<br />

unternehmen wollten.<br />

Lazarus21: Wann war das?<br />

Wilfried Heidt: Wir sind jetzt im Jahre<br />

1966 angekommen. Der ersten Begegnung<br />

im Schwarzwald folgte eine zweite<br />

und eine dritte. Wir meinten, es müsse<br />

etwas geschehen. Wir müssten etwas<br />

„anzetteln". Aber was? Eine Revolution.<br />

Denn dass die Dreigliederung des sozialen<br />

Organismus nach beiden Seiten hin<br />

eine revolutionäre Herausforderung darstellt,<br />

das ist uns dam<strong>als</strong> klar gewesen.<br />

Aber macht man das, wo alles still und<br />

ruhig war in diesem L<strong>and</strong>? Der Peter war<br />

immerhin in Norddeutschl<strong>and</strong> mit der<br />

Ostermarschbewegung in Kontakt gewesen.<br />

Lazarus21: Aber zu der Zeit existierte<br />

doch schon die DFU und auch Renate<br />

Riemeck war schon tätig.<br />

Wilfried Heidt: Ja, aber es war nicht so,<br />

dass ich mich damit hätte ausein<strong>and</strong>ersetzen<br />

wollen. Für mich war da eine<br />

Alternative überhaupt nicht sichtbar. <strong>Das</strong><br />

war ein politisches Konzept, in dem nach<br />

meiner Ansicht die altkommunistischen<br />

Zusammenhänge aktiv waren. Renate<br />

Riemeck war mir in diesem Moment <strong>als</strong><br />

Autorin anthroposophischer Couleur<br />

noch nicht bekannt. Ich lernte sie erst im<br />

kommenden Jahr durch das Buch „Bilanz<br />

eines Jahrhunderts - Mitteleuropa"<br />

kennen. Ich kannte sie dam<strong>als</strong> auch<br />

nicht persönlich. Ich habe sie erst ein<br />

Jahr später kennen gelernt, sie besucht<br />

und mit ihr gesprochen. Ich wusste nur,<br />

dass sie mit Hillringhaus in Verbindung<br />

gewesen war in diesem mitteleuropäischen<br />

Studienwerk. Sie spielte dabei<br />

eine wichtige Rolle, sodass es überhaupt<br />

zust<strong>and</strong>e kam. In dieser Richtung war<br />

für mich zunächst einmal Schweppenhäuser<br />

wichtig. Dann kam der Zusammenhang<br />

mit Peter Schilinski, bei dem<br />

ich den Eindruck hatte, dass ich mit dem<br />

zusammenarbeiten könne. In kurzer Zeit<br />

gründete sich zwischen uns eine Freundschaft<br />

und eine Zusammenarbeit. Wir<br />

machten uns mit Josef Busch und zwei,<br />

drei Leuten aus seinem Umfeld auf den<br />

Weg. Peter erzählte mir, mit wem er<br />

noch in Kontakt war. <strong>Das</strong> war der Professor<br />

Folkert Wilcken in Freiburg, der<br />

dam<strong>als</strong> schon hoch betagt war.<br />

Lazarus21: Die Zeit der Republikanischen<br />

Clubs war das noch nicht?<br />

Wilfried Heidt: <strong>Das</strong> kommt erst 1968. In<br />

dem Sinne bewegte sich noch nichts.<br />

<strong>Das</strong> dauerte noch ein paar Monate. Es<br />

ergab sich aber sehr schnell mit dem 2.<br />

Juli 1967 und den Berliner Ereignissen<br />

beim Schah-Besuch und dem Tod von<br />

Benno Ohnesorg. Meine ersten Informationen<br />

in Richtung Tschechoslowakei<br />

kamen aus meinem Studium heraus<br />

durch das Buch von Karel Kosic „Dialektik<br />

des Konkreten". Da war uns klar,<br />

dass da etwas in Gang gekommen war,<br />

von dem wir aber noch nicht genau<br />

wussten, was dahinter steckte. Denn<br />

politisch war der Prager Frühling noch<br />

nicht ans Tageslicht gekommen. Es gab<br />

die Schriftstellerzusammenhänge, davon<br />

hatten wir ein bisschen Kenntnis. Aber<br />

was da eigentlich wirklich dahinter<br />

steckte, war für uns dam<strong>als</strong> noch nicht<br />

greifbar.<br />

Wichtig war aber, dass mich Peter darüber<br />

informierte, dass sich eine Gruppierung<br />

älterer Anthroposophen im<br />

Studienhaus Rüspe gebildet hatte. Zum<br />

Teil waren diese auch in Funktionen der<br />

Anthroposophischen Gesellschaft tätig.<br />

Peter und Ulle Weber waren zu einem<br />

Treffen eingeladen worden. Man beabsichtigte,<br />

sich regelmäßig im Abst<strong>and</strong><br />

von einem Vierteljahr in Rüspe zu einer<br />

internen Konferenz zu treffen. Peter hatte<br />

dem Kreis von mir erzählt und so<br />

konnte ich auch mitkommen. <strong>Das</strong> war<br />

der Anfang des sogenannten Rüspe-<br />

Kreises. Da gehörten Manfred Schmidt-<br />

Brabant, Helmut Pelzer, Markus Kühn,<br />

Hartwig Wilcken, Frau Thon vom Studienhaus<br />

u.a. dazu. Es war so ein Kreis<br />

von 12 bis 14 Leuten. Auch Holländer<br />

waren dabei. Die kamen allerdings<br />

immer erst am zweiten Tag, nachdem<br />

die interne Gruppe schon getagt hatte.<br />

Vom NPI (dem Niederländischen Institut<br />

für Organisationsentwicklung) waren<br />

auch Leute dabei wie Lex Bos.<br />

Lazarus21: War Bernard Lievegoed<br />

dabei?<br />

Wilfried Heidt: Nein, wohl aber Schüler<br />

von ihm.<br />

Lazarus21: Und war Dieter Brüll dabei?<br />

Wilfried Heidt: Der Dieter gehörte nicht<br />

zum NPI. Er war später dabei, gehörte<br />

aber nicht zum eigentlichen Rüspe-Kreis.<br />

So kamen wir nach dem zweiten Jahr<br />

1967, <strong>als</strong> die Dinge sich schon auf der<br />

Straße abspielten, im Studienhaus Rüspe<br />

zusammen. Diese Anthroposophen hatten<br />

zwar kein Projekt in der Tasche, aber<br />

es war doch klar, dass sich da etwas bewegte.<br />

An dieser Stelle waren zum ersten<br />

Mal der Peter und ich nicht allein, sondern<br />

in der Bewegung der anthroposophischen<br />

Szenerie drin. <strong>Das</strong> wurde initi-<br />

Lazarus21 2-2008 23

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