Einweisung in den Drehtanz der Mevlevi Derwische - Choretaki
Einweisung in den Drehtanz der Mevlevi Derwische - Choretaki
Einweisung in den Drehtanz der Mevlevi Derwische - Choretaki
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Zur Haltung ist noch zu sagen: Der rechte wie <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ke Arm wer<strong>den</strong> gestreckt seitlich<br />
schräg nach oben gehalten. Die rechte Hand wird geformt wie e<strong>in</strong>e Schale «vom<br />
Himmel empfangend», die F<strong>in</strong>ger <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Hand weisen nach unten «zur Erde<br />
streuend». Die Wendung des Kopfes und <strong>der</strong> Blick <strong>der</strong> Augen ist nach l<strong>in</strong>ks schräg auf<br />
<strong>den</strong> Daumen des seitwärts ausgestreckten Armes gerichtet und heftet sich fest auf<br />
diesen nahen Zielpunkt. Durch das ständige Drehen schw<strong>in</strong>det allmählich die<br />
Umgebung gänzlich aus dem Blickfeld. In diesem Wirbel fühlte ich mich e<strong>in</strong>sam im<br />
Raum, welcher sich <strong>in</strong>s Grenzenlose zu weiten schien. So kreisen die Sterne auf<br />
ihren Bahnen, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en sie durch dieselben Gesetze sicher gehalten wer<strong>den</strong>. Diese<br />
harmonischen Schw<strong>in</strong>gungen erleben wir im Mukabele tanzend. Ich erlebte solche<br />
Augenblicke als Höhepunkte, als ob<br />
Lichtstrahlen <strong>der</strong> Morgensonne über dem<br />
Horizont aufleuchten. Aber dann war ich<br />
immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> schwache, h<strong>in</strong>fällige<br />
Mensch, <strong>der</strong> mit äußerster Anstrengung sich<br />
bemühte, die schwere Masse se<strong>in</strong>es Körpers<br />
erneut anzustrengen, um diese Reise zu<br />
vollen<strong>den</strong>. Es s<strong>in</strong>d vier Reisen, welche die<br />
Zeremonie des Reigens <strong>der</strong> <strong>Mevlevi</strong><br />
vorschreibt. Doch bevor die Tänzer ihre Kreise<br />
beschreiben, versenken sie sich kniend<br />
aufgereiht mit e<strong>in</strong>em schwarzen Umhang<br />
bekleidet <strong>in</strong> Meditation, während e<strong>in</strong> Sänger<br />
feierlich die Hymne <strong>der</strong> Opfergabe des<br />
Mevlana s<strong>in</strong>gt. Diese Strophen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />
altpersischer Sprache verfasst.<br />
Abb. 45: Sema – 4. Selam, <strong>der</strong> Scheikh dreht sich langsam zum Mittelpunkt des Tanzraumes, wo er<br />
e<strong>in</strong>s wird mit dem qutub, <strong>der</strong> unsichtbaren Achse, die Himmel (das Gewölbe des Tanzraumes) und<br />
Erde (die Tanzfläche) verb<strong>in</strong>det.<br />
Danach ertönt e<strong>in</strong> langes, improvisiertes Solo <strong>der</strong> Rohrflöte,<br />
welches die Stimme und <strong>den</strong> Atem Gottes über <strong>der</strong> schlafen<strong>den</strong> Welt symbolisiert. Auf<br />
e<strong>in</strong> Trommelzeichen schlagen die Tänzer mit <strong>den</strong> flachen Hän<strong>den</strong> auf <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong>,<br />
erheben sich und beg<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e feierliche Prozession, dreimal <strong>den</strong> Raum<br />
umschreitend. Dieser Rundgang wird von dem Scheikh angeführt, und man bewegt<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em für diese Prozession charakteristischen Nachstellschritt, <strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er<br />
Instrumentalgruppe rhythmisch begleitet wird.<br />
Nach <strong>der</strong> Vollendung des dritten Kreises werfen die Drehtänzer ihre Umhänge ab. Der<br />
Scheikh hat se<strong>in</strong>en Platz auf dem Thron an <strong>der</strong> Ostseite <strong>der</strong> Peripherie<br />
e<strong>in</strong>genommen. Während dieser Prozession verbeugen sich die <strong>Derwische</strong><br />
vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auf folgende Weise: An dem Thron angekommen kehrt <strong>der</strong> erste sich zu<br />
se<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>termann und beide schauen sich <strong>in</strong> die Augen, machen vore<strong>in</strong>an<strong>der</strong> über<br />
dem Thron e<strong>in</strong>e tiefe Verbeugung, wonach <strong>der</strong> erste se<strong>in</strong>en Weg fortsetzt; <strong>der</strong> zweite<br />
verbeugt sich wie<strong>der</strong> vor dem dritten, bevor er weiter schreitet u.s.w. Außer dem<br />
Scheikh und <strong>den</strong> <strong>Derwische</strong>n ist noch e<strong>in</strong>e wichtige Figur zu nennen, das ist <strong>der</strong><br />
«Wächter», welcher die Ordnung des Reigens zu hüten hat. Die Bekleidung <strong>der</strong><br />
<strong>Derwische</strong> ist ebenfalls symbolisch zu werten. Die hohen randlosen Hüte<br />
symbolisieren <strong>den</strong> Grabste<strong>in</strong>, die schwarzen Umhänge die Dunkelheit des Grabes.