Der Bote vom Berg - Sommer 2015
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175 JAHRE BERGKIRCHENSCHIFF<br />
heit, Brüderlichkeit“ beseitigten die Franzosen das Gottesgnadentum<br />
und schließlich zerschlug der Erbe der Französischen<br />
Revolution, Napoleon, den alten deutschen Reichsverband<br />
und gestaltete die Verhältnisse in Deutschland<br />
nach seinem Gutdünken neu.<br />
Im Zuge dieser Neuordnung entstand auch 1806 das Fürstentum<br />
Isenburg. Carl Friedrich von Isenburg-Birstein lehnte<br />
sich politisch eng an Frankreich an und übernahm somit<br />
auch innenpolitisch französische Rechts- und Verwaltungspraktiken<br />
und bei den Franzosen spielten die Bürger- und<br />
Menschenrechte eine vorrangige Rolle. Artikel 1 der heute<br />
noch gültigen französischen „Erklärung der Menschen- und<br />
Bürgerrechte“ <strong>vom</strong> 26.8.1789 lautet: „Die Menschen sind<br />
und bleiben von Geburt frei und gleich an Rechten…“ und<br />
in Artikel 4 steht: „Die Freiheit besteht<br />
darin, alles tun zu können, was<br />
einem anderen nicht schadet…“. Hier<br />
war kein Platz mehr für ein Heiratsverbot<br />
für Mittellose. Napoleons<br />
Herrschaft über Europa brach zwar<br />
1815 endgültig zusammen, das Rad<br />
der Geschichte konnte aber nicht<br />
zurückgedreht werden. Trotz aller<br />
Bestrebungen der herrschenden<br />
Fürsten war eine Rückkehr zum<br />
Auswanderer am Hamburger Hafen „Ancien Régime“ nicht mehr möglich.<br />
Eine Folge der neuen Situation war<br />
eine deutliche Bevölkerungszunahme, mit der die wirtschaftliche<br />
Entwicklung zunächst nicht Schritt hielt. Das gesamte<br />
19. Jahrhundert war geprägt von Revolutionen und<br />
sozialen Unruhen, die nicht zuletzt durch eine zunehmende<br />
Verelendung weiter Bevölkerungskreise verursacht wurden.<br />
Entlastend wirkte hier die Massenauswanderung in die<br />
USA, die in den 1830er Jahren verstärkt einsetzte, und die<br />
beginnende Industrialisierung, die vielen mittellosen Menschen<br />
neue Erwerbsmöglichkeiten bot. Aus unserer Gegend<br />
ist bekannt, dass manche Gemeinden sogar Geld aufnahmen,<br />
um ihren Dorfarmen die Überfahrt nach Amerika zu<br />
finanzieren, um sich zu entlasten, denn die Armenfürsorge<br />
war eine Gemeindeangelegenheit.<br />
Neue Wege in der Landwirtschaft<br />
Es gab weitere Gründe für das deutliche Anwachsen der<br />
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