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Leseprobe - Albert Knorr

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Hinweis: Diese <strong>Leseprobe</strong> steht auch als Hörprobe im Internet zur Verfügung:<br />

http://albertknorr.blog.de<br />

„Stimmt so“, bestätigte der gut aussehende Mittvierziger der Kellnerin mit einem<br />

charmanten Lächeln.<br />

„Vielen Dank“, erwiderte sie freundlich und warf einen Blick in seine blaugrauen Augen.<br />

Für einen Moment war sie hypnotisiert von der Ausstrahlung, die von dem schwarzhaarigen<br />

Israeli ausging. Bereits beim Servieren war ihr der dunkel gekleidete Mann mit dem<br />

sportlichen Körperbau angenehm aufgefallen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt mich zu fragen,<br />

was ich nach Dienstende mache, dachte sie. Das Interesse der hübschen Kellnerin war ihm<br />

nicht entgangen und er war versucht, seine Abendplanung noch einmal zu überdenken. Mit<br />

einem verstohlenen Blick auf seine Armbanduhr war aber klar, dass dieser Abend einer<br />

anderen gehörte. Jammerschade, aber mit uns beiden wird das heute leider nichts.<br />

„Einen schönen Abend noch.“ Zögerlich entfernte sich die Frau von seinem Tisch.<br />

„Danke, Ihnen auch.“ Er starrte über die kleine Steinmauer der Restaurantterrasse hinaus<br />

auf die See. Die Sonne versank langsam im Meer und tauchte den Abendhimmel über Tel<br />

Aviv in ein violettes Licht.<br />

Zeit für dich aufzubrechen, drängte er sich selbst, seine Verabredung wahrzunehmen. Er<br />

griff nach einem Apfel auf dem Tisch und nahm ihn für später mit. Beim Aufstehen<br />

betätigte er die Fernbedienung seines Autos, das den Befehl zum Öffnen des Verdecks<br />

nahezu geräuschlos umsetzte.<br />

Mit einem Satz schwang er sich über die ungeöffnete Fahrzeugtür. Das hast du schon ewig<br />

nicht mehr getan. Ein jungenhaftes Grinsen huschte über sein Gesicht. Gut zu wissen, dass<br />

du es noch kannst.<br />

Der Turbo geladene Motor erwiderte den forschen Druck auf das Gaspedal mit einem tiefen<br />

Brummen. Zeitgleich wurde der Oberkörper des Fahrers unsanft in den dunklen Ledersitz<br />

gedrückt. Die Kombination aus schnellen Autos und hübschen Frauen passte gut zu dem<br />

Image, das er seit Jahren wie eine schlechte Gewohnheit pflegte.<br />

Aus den Lautsprechern des Cabrios erklang die Filmmusik zu Top Gun, während er den<br />

Apfel aß.<br />

Noch 15 Minuten bis zum Date, ich sollte einen Zahn zulegen. Rasant, aber nicht ohne das<br />

nötige Fingerspitzengefühl, manövrierte er den silbernen Wagen an das südlichste Ende der<br />

israelischen Metropole.<br />

Pünktlich auf die Sekunde, dachte er beim Betreten der Diskothek. Er war gut vorbereitet<br />

auf die Verabredung mit der brünetten Schönheit, deren Foto er sich vor Verlassen des<br />

Wagens eingeprägt hatte. Gut, dass wir uns oben treffen, bei dem Gedränge hier auf den<br />

Tanzflächen wäre es hoffnungslos, nach ihr zu suchen. Es dauerte eine Weile, bis er sich<br />

durch die fast unüberschaubare Menge an tanzfreudigen Besuchern zu dem Treppenaufgang<br />

9<br />

gekämpft hatte. Eine stählerne Wendeltreppe führte in den oberen Teil. Dieser war in zwei<br />

Hälften mit Sitzplätzen unterteilt, die sich jeweils nur entlang der Außenmauern erstreckten.<br />

Der gesamte mittlere Bereich war nach unten offen und ermöglichte einen perfekten Blick<br />

auf die darunter liegenden Tanzflächen. Eine schmale Hängebrücke, die bei jedem seiner<br />

Schritte schaukelte, verband die oberen Sitzbereiche. Zielsicher steuerte er einen der<br />

hintersten Tische an, dessen geschützte Randlage eine gewisse Abgeschiedenheit inmitten<br />

der Öffentlichkeit bot. Ein formschöner Frauenrücken wartete auf einem der verchromten<br />

Stühle darauf, erobert zu werden. Ihr gewelltes Haar reichte fast bis an die Hüften.<br />

Das muss sie sein! Der geübte Blick des Jägers hatte sein Opfer bereits ausgemacht.<br />

Jetzt nur nichts anmerken lassen. Routiniert verlangsamten sich seine Schritte und er<br />

näherte sich mit gespielter Unsicherheit dem Tisch.<br />

„Entschuldigen Sie, bitte...“, lenkte er die Aufmerksamkeit der gut aussehenden Frau auf<br />

sich, „…ich bin mir nicht sicher, ob ich hier richtig bin und mir ist das jetzt ein wenig<br />

peinlich.“ Er gab sich größte Mühe, seine Worte mit einem Ton der Verlegenheit zu<br />

untermalen.<br />

Voller Erwartung drehte sich die Angesprochene zu ihm. „Ja, bitte?“<br />

Donnerwetter, die sieht ja noch schärfer aus als auf den Fotos.<br />

„Ich... ich bin hier zu einem Blind Date verabredet.“<br />

„Sind Sie das?“, fragte sie, sichtlich amüsiert von seiner schauspielerischen Vorstellung.<br />

Er nickte. „Mein erstes überhaupt.“<br />

Sie musterte ihn sorgfältig und lehnte sich dann entspannt zurück. „Und?“<br />

„Und?“, wiederholte er ihre Frage, als wüsste er damit nichts anzufangen.<br />

Ist der süß!, dachte sie und versuchte, ihm mit einem Lächeln etwas Unsicherheit zu<br />

nehmen. „Wollen Sie sich nicht setzen?“<br />

„Dann sind Sie...“<br />

„Sternenzauber“, vollendete sie seinen Satz. „Und Sie müssen demnach ‚Firstdate’ sein.“<br />

Unsicher hob er die Schultern ein Stück an und antwortete: „Ja... Ich weiß, mein<br />

Pseudonym ist nicht sehr originell, aber...“<br />

„Das finde ich nicht, verglichen mit anderen Männern scheint es doch zu Ihnen zu passen.“<br />

„Dann machen Sie so was öfter?“ Er bemühte sich, überrascht zu klingen.<br />

„Sie sind nicht mein erstes Date, falls Sie das meinen. Wissen Sie, mit Verabredungen ist es<br />

wie mit Austern, die wenigsten bringen Perlen hervor.“<br />

Er schwieg, doch sein Blick machte sie glauben, dass er Mühe hatte, ihren letzten Satz<br />

richtig zu deuten.<br />

„Das war jetzt nicht auf Sie bezogen“, versicherte sie ihm.<br />

„Natürlich nicht“, griff er ihre Hilfestellung dankend auf.<br />

Den Typ nehm’ ich mir heute mit nach Hause, so viel ist schon mal sicher.<br />

„Setzen Sie sich doch bitte zu mir an den Tisch“, ermunterte sie ihn erneut.<br />

„Danke, gern.“

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