IMIS-BEITRÄGE - IMIS - Universität Osnabrück
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Hartmut Esser<br />
komme, dann sei diese eher die Folge gestiegener Opportunitäten und der<br />
freiwilligen räumlichen Kongregation nach individuellen kulturellen Präferenzen<br />
statt Anzeichen für eine (erzwungene oder reaktive) ethnische Segmentation.<br />
7<br />
Im Grunde geht die Verteidigung des Assimilationskonzeptes bei Alba<br />
und Nee also davon aus, daß es in der Tat doch weiter einen institutionellen<br />
und kulturellen Kern der jeweiligen nationalstaatlich definierten Aufnahmegesellschaften<br />
gebe, der auf die Migranten (aller Generationen) über alle Differenzen<br />
und Distanzen hinweg als eine Art unwiderstehlicher zentripetaler<br />
Kraft wirkt und sie, schon von den ›objektiven‹ eigenen Interessen her, letztlich<br />
über die Generationen hinweg auf den Weg der Assimilation an diesen<br />
Kern zwingt. Genau dies aber scheint von der Gegenthese eines Endes des<br />
klassischen Assimilationskonzeptes bestritten zu werden: Es gebe, auch angesichts<br />
der Entstehung übernationaler Institutionen und der weltweiten Interdependenzen<br />
der verschiedenen Kulturen, diesen Kern in der bisherigen<br />
Eindeutigkeit nicht mehr, andere Zentren, etwa die der Herkunftsgesellschaften<br />
oder die einer (transnationalen) ethnischen Gemeinde, seien von einer<br />
ähnlichen oder gar größeren Stärke und Attraktivität, und mit diesem (neuen)<br />
Mehrebenen-Polyzentrismus komme die alte mono- und ethnozentristische<br />
Assimilationstheorie – endgültig und grundsätzlich – nicht (mehr) zurecht.<br />
Der folgende Beitrag hat ein einfaches Ziel. Er will zunächst einmal begrifflich<br />
klären, worum es bei der Assimilation von Migranten eigentlich geht<br />
– und welche Alternativen es dazu gibt. Diese Klärung ist die notwendige,<br />
wenngleich nicht hinreichende Voraussetzung für die dann nötige theoretische<br />
Modellierung der in Frage stehenden Prozesse und deren systematischer<br />
empirischer Überprüfung. Es geht, wenn man so will, um die verschiedenen<br />
Explananda einer dann erst noch zu formulierenden erklärenden Theorie der<br />
intergenerationalen Integration von Migranten. Aber auch schon in der begrifflichen<br />
Klärung werden gewisse theoretische Zusammenhänge erkennbar,<br />
einschließlich der Perspektiven ihrer (auch: normativen) Bewertung. Sie<br />
ergeben sich aus der Annahme, daß die Funktionsbedingungen komplexer,<br />
funktional differenzierter Gesellschaften, die in aller Regel die Zielkontexte<br />
der internationalen Migrationen sind, den ›konstitutionellen‹ Standard abgeben,<br />
vor dessen Hintergrund die Prozesse der intergenerationalen Integration<br />
von Migranten normalerweise stattfinden. Das Ergebnis sei hier schon so zusammengefaßt:<br />
Es gibt (mindestens) zur strukturellen Assimilation der Migranten,<br />
speziell im Bildungssystem und auf den primären Arbeitsmärkten,<br />
7 Vgl. dazu etwa John R. Logan/Richard Alba/Wenquan Zhang, Immigrant Enclaves<br />
and Ethnic Communities in New York and Los Angeles, in: American Sociological<br />
Review, 67. 2002, S. 299–322, hier S. 316f.<br />
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