Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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296 Dokumentation<br />
und Berufe zu tatkräftiger Aufbauarbeit" bezeugt ihren ausgesprochen bürgerlichen<br />
Charakter, der auch in der gleichzeitigen Frontstellung gegen „Unternehmerwillkür"<br />
wie gegen „Klassenhaß" zum Ausdruck kommt. Letzteres aber<br />
ist zugleich Beweis einer gewissen Eigenständigkeit gegenüber der sehr wahrscheinlich<br />
bereits bestehenden KPD, was auch an der Erklärung zugunsten der NSDAP-<br />
Mitläufer deutlich wird - in Berlin wäre das gar nicht möglich gewesen. - Der<br />
Vorsitzende der Einheitspartei machte Mitte Juli einen Besuch bei Külz und bat<br />
um die Herstellung der Verbindung mit Dresden; das geschah dann auch.<br />
In Dresden war am 6. Juli eine „Demokratische Partei Deutschlands" gegründet<br />
und noch am 16. Juli von der Kommandantur genehmigt worden 18 . Erst am<br />
15. Juli wurde den Gründern in Dresden etwas von der LDP in Berlin bekannt,<br />
woraufhin sich einer von ihnen, Johannes Dieckmann, an Külz wandte und ihm<br />
mitteilte:<br />
„Da wir bis zu der vorerwähnten Radiomeldung vom 15. ds. Mts. 19 von keiner<br />
Seite aus dem Reich über etwa beabsichtigte Gründungen einer antifaschistischen<br />
demokratischen nichtmarxistischen Partei etwas gehört hatten, haben wir hier die<br />
Initiative ergriffen und die hiesige Gründung als Keimzelle <strong>für</strong> das ganze Reich<br />
gedacht."<br />
Wie Dieckmann weiter mitteilte, stand ein programmatischer Aufruf unmittelbar<br />
vor der Veröffentlichung, und man hoffte, auch eine eigene Tageszeitung herauszubringen<br />
20 . Die führenden Leute kamen aus der alten Demokratischen Partei,<br />
teilweise aber auch aus der Volkspartei:<br />
Prof. Dr. Kastner<br />
Ernst Scheiding<br />
Dr. Uhle<br />
Dr. Menke-Glückert<br />
Dr. Thürmer<br />
J. Dieckmann<br />
(DDP) 1. Vorsitzender<br />
(DDP-Generalsekretär <strong>für</strong> Sachsen)<br />
(DDP)<br />
(DVP)<br />
(DVP) 21<br />
In Görlitz hatten sich ebenfalls einige alte Demokraten zusammengetan und<br />
am 5. Juli die „Deutsche Demokratische Partei" ins Leben gerufen, unterstützt<br />
vom neuen Oberbürgermeister, selbst Demokrat und auch jetzt wieder Mitglied.<br />
Erst auf die Nachricht vom Stand der Dinge in Berlin wurde ein Bote zu Külz<br />
gesandt mit der Bitte um Werbematerial, was ihm auch gegeben wurde 22 .<br />
In Weimar hatte sich bereits unmittelbar nach dem Einmarsch der Amerikaner<br />
18<br />
Brief Johannes Dieckmanns an Wilhelm Külz vom 17. Juli 1945; Külz-Nachlaß 74,<br />
Bundesarchiv Koblenz.<br />
19<br />
Es handelt sich vermutlich um eine Übertragung oder einen Bericht von der ersten<br />
Kundgebung der „Einheitsfront" in Berlin am 14. Juli.<br />
20<br />
Der Aufruf war nicht mehr zu beschaffen.<br />
21<br />
Dieckmann war, entgegen seinen heutigen Behauptungen, nie enger Mitarbeiter oder<br />
gar Sekretär Stresemanns: er war DVP-Geschäftsführer im Kreise Oldenburg, wo Stresemann<br />
sich einmal zur Wahl gestellt hatte.<br />
22<br />
Brief von Paul Henke an Wilhelm Külz vom 25. Juli 1945; Külz-Nachlaß 74; Bundes<br />
archiv Koblenz.