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lebensART<br />
Essen erleben!<br />
40 l <strong>Leporello</strong><br />
Wo sich esskultur<br />
entfalten kann…<br />
Lukurellos Probleme mit den Lorbeerkränzen in „Schwab’s Landgasthof“ in Schwarzach<br />
K<br />
lassisch gebildet, wie er nun<br />
Keinmal ist, weiss Lukurello<br />
natürlich um um die Ambivalenz<br />
des Lorbeerkranzes.<br />
Damit<br />
werden Sieger<br />
geehrt, aber<br />
er ist nicht<br />
von Dauer,<br />
verwelkt rasch. Er<br />
muss immer wieder neu<br />
errungen werden. Daran mus-<br />
ste Lukurello neulich denken,<br />
als er „Schwab’s Landgasthof“ in<br />
Schwarzach am Main betrat und<br />
nach dem Essen wieder verließ.<br />
Hoch gerühmt ist diese gast- gast- gast-<br />
liche Stätte, in Gourmetführer<br />
aufgenommen und dort wohlwollend<br />
besprochen; Lukurello<br />
Hofgarten<br />
Weinfest<br />
Der Weinfest-Klassiker im Hofgarten<br />
der Würzburger Residenz<br />
Montag, 28. Juni bis<br />
Sonntag, 4. Juli <strong>2010</strong><br />
15 bis 23 Uhr<br />
Information:<br />
Telefon 0931.30509-31<br />
www.hofkeller.de<br />
selbst wurde der etwas abseits<br />
der Hauptstraße liegende Gasthof<br />
emphatisch empfohlen. Und<br />
dann ereignete sich bei einem<br />
späten Mittagessen an einem ganz<br />
normalen Donnerstag eine kleine<br />
Tragödie, die zeigte, wie nah Hoffnung<br />
und Enttäuschung, Sieg und<br />
Niederlage beieinanderliegen, wie<br />
ambivalent eben Lorbeerkränze<br />
sind. „Schwab’s Landgasthof“ ist<br />
ein Schmuckstück, ein grüngestrichenes<br />
altes Wirtshaus, von<br />
außen unprätensiös, innen edelrustikal<br />
und freundlich. Schon<br />
die Holzbank mit Sitzkissen neben<br />
der Eingangstür macht einen<br />
einladenden Eindruck; drinnen<br />
herrscht fränkische Gemütlichkeit<br />
mit viel Holzdekor, sehr hell<br />
gehalten, nicht überladen. Trotz<br />
der relativ späten Mittagszeit war<br />
die Gaststube noch gut besucht;<br />
ein gutes Zeichen. Perfekter Service<br />
eines geschulten Obers in<br />
vollem Dress. Die Speisekarte eine<br />
kleine Überraschung: Man rühmt<br />
sich der Wild- und Fischgerichte,<br />
die Auswahl allerdings war sehr<br />
überschaubar, um nicht zu sagen<br />
schmal. Nur ein Gericht der jeweiligen<br />
Art war zu finden. Dazu allerdings<br />
eine aktuelle Spargelkarte,<br />
zum frühen Beginn der Saison. So<br />
war die Auswahl rasch getroffen:<br />
ein Spargel- und ein Wildgericht<br />
sollten es sein. Als Vorspeise wählten<br />
Lukurello und seine Begleitung<br />
keine der landestypischen Suppen,<br />
sondern geräuchertes Wallerfilet<br />
auf Linsensalat. Und das entpuppte<br />
sich als Offenbarung und<br />
Verheißung sondergleichen. Eine<br />
ungewöhnliche, delikate Kreation,<br />
fein abgeschmeckt, kündete von<br />
der Kunst des Küchenchefs. Der<br />
erste Lorbeerkranz wurde geflochten,<br />
es wurde voller Vorfreude über<br />
die kommenden Hauptgerichte<br />
spekuliert, erste Erwägungen angestellt,<br />
„Schwab’s Landgasthof“<br />
bald wieder zu beehren. Dann<br />
kamen die Hauptgerichte: frischer<br />
Spargel, etwas gewagt aber vielversprechend<br />
mit einer mediterran<br />
angehauchten Tomatensoße,<br />
mit Käse überbacken. Und ein<br />
sogenanntes „Steigerwald-Pfännchen“,<br />
Filet vom Reh mit Semmelknödeln<br />
und Gemüsen, serviert<br />
in einer optisch gar nicht ansprechenden<br />
Metallpfanne. Immer<br />
noch von der köstlichen Vorspeise<br />
inspiriert andachtsvolles Betrachten,<br />
vorsichtiges, erwartungsvolles<br />
Probieren – langes Schweigen...<br />
Erneutes Probieren, man<br />
ringt um Worte... „Naja, ganz gut,<br />
aber...“ Was soll man sagen? Erwartung<br />
und Enttäuschung eben. Die<br />
„äußeren“ Umstände sind schnell<br />
benannt: der Spargel war schlecht<br />
geschält und hatte kein Aroma<br />
(letzteres mag der frühen Saison<br />
geschuldet sein). Die Kartoffeln<br />
zum Spargel waren indiskutabel<br />
zerkocht und völlig geschmacklos.<br />
Die Tomatensoße dagegen ungewöhnlich<br />
und äusserst lecker.<br />
Beim „Pfännchen“ wurde Lukurello<br />
in seinen Vorurteilen gegen<br />
Pfännchen bestätigt: Je tiefer er<br />
zum Boden vordrang, umso mehr<br />
machte sich ein metallischer Geschmack<br />
unangenehm breit. Das<br />
Reh war in Ordnung, die Semmelknödeln<br />
nicht erwähnenswert, das<br />
Gemüse eher fade. Von besonderer<br />
Güte und Geschmack lediglich die<br />
frischen Champignons, die über<br />
das Pfännchen gestreut waren.<br />
Von der Soße soll nicht die Rede<br />
sein, sie war übersalzen und ihr<br />
Ursprung allzu leicht erkennbar.<br />
Was war geschehen? Eine gerühmte<br />
Küche konnte am späten<br />
Mittag offenbar die eigenen Qualitätsansprüche<br />
nicht mehr erfüllen<br />
und kochte also „irgendwie“.<br />
Dieses „Irgendwie“ war nun nicht<br />
dramatisch schlecht, aber auf<br />
diesem Niveau isst man in Mainfranken<br />
überall. Die Erwartungen<br />
waren hoch, der Fall umso tiefer.<br />
Der Lorbeerkranz in „Schwab’s<br />
Landgasthof“ muss neu errungen<br />
werden. Lukurello<br />
illuStrationen: Mario trott