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5/2010 - Leporello

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lebensART<br />

Essen erleben!<br />

40 l <strong>Leporello</strong><br />

Wo sich esskultur<br />

entfalten kann…<br />

Lukurellos Probleme mit den Lorbeerkränzen in „Schwab’s Landgasthof“ in Schwarzach<br />

K<br />

lassisch gebildet, wie er nun<br />

Keinmal ist, weiss Lukurello<br />

natürlich um um die Ambivalenz<br />

des Lorbeerkranzes.<br />

Damit<br />

werden Sieger<br />

geehrt, aber<br />

er ist nicht<br />

von Dauer,<br />

verwelkt rasch. Er<br />

muss immer wieder neu<br />

errungen werden. Daran mus-<br />

ste Lukurello neulich denken,<br />

als er „Schwab’s Landgasthof“ in<br />

Schwarzach am Main betrat und<br />

nach dem Essen wieder verließ.<br />

Hoch gerühmt ist diese gast- gast- gast-<br />

liche Stätte, in Gourmetführer<br />

aufgenommen und dort wohlwollend<br />

besprochen; Lukurello<br />

Hofgarten<br />

Weinfest<br />

Der Weinfest-Klassiker im Hofgarten<br />

der Würzburger Residenz<br />

Montag, 28. Juni bis<br />

Sonntag, 4. Juli <strong>2010</strong><br />

15 bis 23 Uhr<br />

Information:<br />

Telefon 0931.30509-31<br />

www.hofkeller.de<br />

selbst wurde der etwas abseits<br />

der Hauptstraße liegende Gasthof<br />

emphatisch empfohlen. Und<br />

dann ereignete sich bei einem<br />

späten Mittagessen an einem ganz<br />

normalen Donnerstag eine kleine<br />

Tragödie, die zeigte, wie nah Hoffnung<br />

und Enttäuschung, Sieg und<br />

Niederlage beieinanderliegen, wie<br />

ambivalent eben Lorbeerkränze<br />

sind. „Schwab’s Landgasthof“ ist<br />

ein Schmuckstück, ein grüngestrichenes<br />

altes Wirtshaus, von<br />

außen unprätensiös, innen edelrustikal<br />

und freundlich. Schon<br />

die Holzbank mit Sitzkissen neben<br />

der Eingangstür macht einen<br />

einladenden Eindruck; drinnen<br />

herrscht fränkische Gemütlichkeit<br />

mit viel Holzdekor, sehr hell<br />

gehalten, nicht überladen. Trotz<br />

der relativ späten Mittagszeit war<br />

die Gaststube noch gut besucht;<br />

ein gutes Zeichen. Perfekter Service<br />

eines geschulten Obers in<br />

vollem Dress. Die Speisekarte eine<br />

kleine Überraschung: Man rühmt<br />

sich der Wild- und Fischgerichte,<br />

die Auswahl allerdings war sehr<br />

überschaubar, um nicht zu sagen<br />

schmal. Nur ein Gericht der jeweiligen<br />

Art war zu finden. Dazu allerdings<br />

eine aktuelle Spargelkarte,<br />

zum frühen Beginn der Saison. So<br />

war die Auswahl rasch getroffen:<br />

ein Spargel- und ein Wildgericht<br />

sollten es sein. Als Vorspeise wählten<br />

Lukurello und seine Begleitung<br />

keine der landestypischen Suppen,<br />

sondern geräuchertes Wallerfilet<br />

auf Linsensalat. Und das entpuppte<br />

sich als Offenbarung und<br />

Verheißung sondergleichen. Eine<br />

ungewöhnliche, delikate Kreation,<br />

fein abgeschmeckt, kündete von<br />

der Kunst des Küchenchefs. Der<br />

erste Lorbeerkranz wurde geflochten,<br />

es wurde voller Vorfreude über<br />

die kommenden Hauptgerichte<br />

spekuliert, erste Erwägungen angestellt,<br />

„Schwab’s Landgasthof“<br />

bald wieder zu beehren. Dann<br />

kamen die Hauptgerichte: frischer<br />

Spargel, etwas gewagt aber vielversprechend<br />

mit einer mediterran<br />

angehauchten Tomatensoße,<br />

mit Käse überbacken. Und ein<br />

sogenanntes „Steigerwald-Pfännchen“,<br />

Filet vom Reh mit Semmelknödeln<br />

und Gemüsen, serviert<br />

in einer optisch gar nicht ansprechenden<br />

Metallpfanne. Immer<br />

noch von der köstlichen Vorspeise<br />

inspiriert andachtsvolles Betrachten,<br />

vorsichtiges, erwartungsvolles<br />

Probieren – langes Schweigen...<br />

Erneutes Probieren, man<br />

ringt um Worte... „Naja, ganz gut,<br />

aber...“ Was soll man sagen? Erwartung<br />

und Enttäuschung eben. Die<br />

„äußeren“ Umstände sind schnell<br />

benannt: der Spargel war schlecht<br />

geschält und hatte kein Aroma<br />

(letzteres mag der frühen Saison<br />

geschuldet sein). Die Kartoffeln<br />

zum Spargel waren indiskutabel<br />

zerkocht und völlig geschmacklos.<br />

Die Tomatensoße dagegen ungewöhnlich<br />

und äusserst lecker.<br />

Beim „Pfännchen“ wurde Lukurello<br />

in seinen Vorurteilen gegen<br />

Pfännchen bestätigt: Je tiefer er<br />

zum Boden vordrang, umso mehr<br />

machte sich ein metallischer Geschmack<br />

unangenehm breit. Das<br />

Reh war in Ordnung, die Semmelknödeln<br />

nicht erwähnenswert, das<br />

Gemüse eher fade. Von besonderer<br />

Güte und Geschmack lediglich die<br />

frischen Champignons, die über<br />

das Pfännchen gestreut waren.<br />

Von der Soße soll nicht die Rede<br />

sein, sie war übersalzen und ihr<br />

Ursprung allzu leicht erkennbar.<br />

Was war geschehen? Eine gerühmte<br />

Küche konnte am späten<br />

Mittag offenbar die eigenen Qualitätsansprüche<br />

nicht mehr erfüllen<br />

und kochte also „irgendwie“.<br />

Dieses „Irgendwie“ war nun nicht<br />

dramatisch schlecht, aber auf<br />

diesem Niveau isst man in Mainfranken<br />

überall. Die Erwartungen<br />

waren hoch, der Fall umso tiefer.<br />

Der Lorbeerkranz in „Schwab’s<br />

Landgasthof“ muss neu errungen<br />

werden. Lukurello<br />

illuStrationen: Mario trott

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