Winzer vereint - Opage

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

Winzer Pioniere und ihre Trauben Der grosse Aufbruch begann in den 70er Jahren: Erstmals pflanzten Genfer Winzer neue Sorten wie Pinot Blanc, Gewürztraminer oder Aligoté. Heute sind über 30 Traubensorten in Genf heimisch – dank der Pioniere, die wir Ihnen hier vorstellen. Domaine Les Hutins, Dardagny Jean Hutin Sauvignon Blanc und Gamaret Auf ihren 20 Hektar haben Jean und Pierre Hutin so manche Pionierleistung vollbracht. Als Liebhaber von Loire-Weinen liessen sie schon 1983 einige Stöcke aus Sancerre kommen und pfl anzten sie in der Spitzenlage Rives du Rhône. Der Hutin-Sauvignon hat zwei Gesichter: Die geradlinige Stahltankversion schmeckt jung und frisch am besten. Der Barrique-Sauvignon kann dagegen ruhig etwas altern, wie der 2000er beweist. Er riecht intensiv nach kandierten Früchten, zeigt sich im Gaumen aber noch dicht und voll. 1989 wagten die Hutins auch ein rotes Experiment mit Folgen. Sie kelterten den ersten Gamaret im Kanton Genf. Die Sorte, eine Kreuzung aus Gamay und der weissen Reichensteiner-Traube, war 1970 in der Schweiz gezüchtet worden. Die Gebrüder Hutin trugen massgeblich zu ihrem Durchbruch bei. Heute wird der Gamaret in Genf auf annähernd 100 Hektar angebaut und ist damit die drittwichtigste unter den Rotweinsorten. Nachdem die Hutins ihre erste Gamaret-Ernte noch sortenrein ausgebaut hatten, verwenden sie ihn heute als wichtigsten Teil ihrer vorzüglichen Cuvée Bertholier. Diese besteht aus 70 Prozent Gamaret, ergänzt durch Cabernet Sauvignon, Merlot und etwas Syrah. Der 2000er zeigt sich gerade in schönster Trinkreife. Es ist ein Wein mit betörender Aromatik von Waldbeeren, Gewürz und Lakritze, im Gaumen dicht, vollmundig und saftig. Ein Gewächs mit grossem Potenzial. Domaine des Curiades, Lully Chardonnay und Aligoté Die Mitglieder der Familie Dupraz waren Weinrevolutionäre der ersten Stunde. Schon als Jules Dupraz 1909 die Domäne gründete, orderte er Rheinriesling-Setzlinge. Jahrzehntelang pfl egte er seinen vermeintlichen Riesling, dann stellte sich heraus, dass er irrtümlich Aligoté gesetzt hatte. So wurde der Aligoté per Zufall die älteste Spezialität im Genfer Weinbau. Die Sorte hat ein erstaunliches Alterungspotenzial. Der 1979er etwa zeigt wunderschöne Aromen von Grapefruit und Honig und wirkt im Gaumen dicht und frisch. Als Sohn Louis Dupraz in den 50er Jahren Chardonnay anpfl anzen wollte, bekam er wirklich Chardonnay-Stöcke geliefert. Nur glaubte damals kaum jemand in Genf, dass die grosse Burgunder-Sorte hier zu etwas tauge. Aber die Dupraz lagen wieder mal richtig. Heute produziert die dritte Genera- tion schon vier verschiedene Chardonnay, unter anderem eine Barrique-Version, einen Süsswein (Passerillé) und natürlich eine Selektion von alten Reben. Auch der Chardonnay altert im Terroir von Lully verblüffend gut. Der 1988er betört mit Aromen von Karamell, Nüssen und Apfelgebäck und zeigt auch im Gaumen burgundische Qualitäten. Domaine Villard&Fils, Anières Muscat Louis Dupraz Der exakte Name dieser Traube lautet Muscat Blanc à Petits Grains. Sie ist nicht nur eine der ältesten Weintrauben überhaupt, sie riecht auch so intensiv und verführerisch wie kaum eine andere. Ein berühmter englischer Weinautor erhob deshalb einst die Forderung, Frauen sollten sich lieber ein paar Tropfen frisch-fruchtigen Muscat-Wein an den Hals tupfen als schwülstig-süsse Parfums. In den Mittelmeerländern werden aus Muscat-Trauben seit Jahrhunderten hochwertige Süssweine bereitet, als trockener Weisswein jedoch gelingt er im Norden besser. Philippe Villard 14 VINUM EXTRA GENF
Zum Beispiel im Genfer Winzerdorf Anières. Die Winzerfamilie Villard pfl anzte schon 1976 die ersten Muscat-Stöcke. Und das Terroir dort scheint für die Sorte wie geschaffen. Philippe Villard keltert betörend fruchtintensiven Muscat mit Noten von Rosenblättern, Orangenblüte, Aprikose und Gewürzen. Und trotz dieser Aromenfülle sind es geradlinige, bekömmliche Weine, getragen von einer frischen Säure. Perfekt zum Apéro, aber auch zu asiatischen Gerichten. Domaine du Paradis, Satigny Viognier und Zinfandel Roger Burgdorfer sitzt an der Quelle, wenn es um neue Trauben geht. Denn er ist nicht nur einer der führenden Genfer Winzer, sondern versorgt mit seiner Rebschule die Kollegen auch mit neuen Rebstöcken. Oder geht gleich selbst als Pionier voran. Dass er 1993 den Viognier nach Genf holte, überrascht aus heutiger Sicht nicht mehr. Schliesslich ist diese Traube in Condrieu zu Hause. Und Condrieu gehört zur nördlichen Rhone, wie Genf im Prinzip auch. Burgdorfer lässt den Viognier zu 60 Prozent in Barriques vergären. So entsteht ein Wein mit schöner Fülle und typischer Pfi rsicharomatik. Ein überraschender, ja geradezu spektakulärer Coup gelang der Domaine du Paradis im Jahr 2000, als man Zinfandel anpfl anzte. Die Idee kam von Kellermeister Didier Cornut, der früher mal in Kalifornien gearbeitet hat. Die Sorte ist mit dem Primitivo in Apulien verwandt und wird auch in Kalifornien eher in heissen Gebieten angebaut. Würde sie auch an der Genfer Sonne ausreifen? Schon mit dem ersten Jahrgang, dem 2002er, war die Frage beantwortet. Selbst in diesem kühlen Jahr gelang ein vollfruchtiger, weicher Wein mit Aromen von Himbeere und Pfl aume, der sich jetzt in schönster Trinkreife zeigt. Und am voll konzentrierten 2003er hätten sogar die Kalifornier ihre Freude. VINUM EXTRA GENF Roger Burgdorfer Domaine des Trois-Etoiles, Peissy Gewürztraminer und Merlot Jean-Charles Crousaz hat nicht nur zwei berühmte Sorten in Genf schon früh salonfähig gemacht. Er hat bewiesen, dass diese Sorten hier hochkarätige Weine mit grossem Entwicklungspotenzial hervorbringen können. Sein trockener 1990er Gewürztraminer etwa begeistert heute mit einem spektakulären Aromareichtum von Rosenblättern bis zu kandierten Früchten. Und der 1995er Gewürztraminer Vendange Tardive mit seiner fi nessenreichen, fi ligranen Süsse ist an Perfektion kaum zu überbieten. Er präsentiert sich jetzt, nach zehn Jahren, in schönster Trinkreife. Während die ersten Gewürztraminer-Stöcke «irgendwann vor 1975» gesetzt wurden, pfl egt man den Merlot sogar schon seit den 50er Jahren. Der Vater des heutigen Patrons war damals überzeugt, Gamay angepfl anzt zu haben. Erst 20 Jahre später bemerkte man den Irrtum. Aber das Missgeschick entpuppte sich schnell als Segen. Denn auch der Merlot vollbringt in Genf Überraschendes. Der 2000er ist mit seinen Aromen von reifen roten Beeren, Pfl aume und Rumtopf und seiner kernig-eleganten Struktur im Gaumen das Paradebeispiel eines gelungenen Merlot. Domaine Le Grand Clos, Satigny Petite Arvine und Syrah Anne Chomel, Önologin der Domaine des Trois-Etoiles Die meisten Menschen werden kontinuierlich älter. Nur der Winzer Jean-Michel Novelle scheint immer jünger zu werden. Sein Zaubermittel ist die Begeisterung und Leidenschaft, mit der er seine Weine keltert. Auch Novelle sieht Genf als Teil des grossen Weinfl usses Rhone, genauso wie das Wallis oder den berühmten Hermitage-Berg. So holte er 1994 die legendäre Walliser Spitzensorte Petite Arvine nach Genf. Gleich aus der ersten Ernte, im Herbst 1997, hat er ein Monument von Wein hervorgebracht. Noch heute zeigt dieser trockene 1997er Petite Arvine eine tiefgründige, mineralisch-blumige Finesse und eine sensationelle Dichte und Eleganz im Gaumen. Nicht weniger beeindruckend und langlebig ist sein Syrah. Der 2000er steht gerade am Anfang der Trinkreife. Wir fi nden Aromen von dunklen Beeren, frischem Thymian, Pfeffer sowie eine Spur Moschus. Auch im Gaumen wirkt dieser Wein mächtig und edel. Keine Frage: Jean-Michel Novelle hat mit seiner intuitiv richtigen Sortenwahl die Weinregion Genf ins Zentrum der Rhone gesetzt. Domaine du Centaure, Dardagny Pinot Gris und Scheurebe Jean-Michel Novelle und Régis Colombo 15 verschiedene Sorten reifen heute auf den 20 Hektar dieser Domäne. Das ist sogar im weltoffenen Genf rekordverdächtig. Den Aufbruch zu dieser Vielfalt wagte der damalige Patron Charles Ramu schon vor über 40 Jahren. Im Jahr 1960 pfl anzte er die ersten Pinot-Gris-Stöcke. Die Sorte hat sich in Genf bestens eingelebt und ergibt Charles Ramu 15
Seite 1 und 2: www.vinum.info Ausgabe 2006 CHF 4.8
Seite 3 und 4: Als Spitzensportler sind für Johan
Seite 5 und 6: VINUM EXTRA GENF 5 Foto: Nicolas Ri
Seite 7 und 8: VINUM EXTRA GENF Genfs Weinbau in Z
Seite 9 und 10: Genfer Geist im Glas In Genf sitzen
Seite 11 und 12: L’Esprit de Genève 2004 Domaine
Seite 13: Genf Lausanne Cave Au Petit-Gris De
Seite 17 und 18: In der Domaine des Charmes wird der
Seite 19 und 20: Foto: VINUM nach speziellem Hausrez
Seite 21 und 22: Wie der Name es schon sagt, befinde
Seite 23 und 24: Weinfeste in Genf 2006 Samstag, 20.

Winzer vereint - Opage

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?