Wichtige Erreger in Klinik und Praxis - Zeitschrift für Chemotherapie
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<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Chemotherapie</strong> Juli/August 2005 – 26. Jahrg.<br />
<strong>Wichtige</strong> <strong>Erreger</strong> <strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>ik <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong> (10)<br />
Enterococcus faecium<br />
Morphologie <strong>und</strong> Kultur: Enterococcus faecium ist koloniemorphologisch<br />
nahe mit Enterococcus faecalis verwandt. Alle Enterokokken<br />
haben das Gruppenantigen D, dabei handelt es sich um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> der<br />
Zellwand lokalisierte Glyzerophosphat-Teichonsäure. E. faecium<br />
wächst auf Schafblut-Agar mit e<strong>in</strong>er deutlichen Vergrünung (α-Hämolyse),<br />
während E. faecalis meist nicht hämolysierend ist.<br />
Pathogenese <strong>und</strong> Krankheitsbilder: Das Hauptreservoir ist der Gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>altrakt<br />
von Mensch <strong>und</strong> Tier. E. faecium besitzt offenbar<br />
e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Pathogenität als E. faecalis. Die <strong>für</strong> E. faecalis beschriebenen<br />
Virulenzfaktoren konnten bei E. faecium nur teilweise nachgewiesen<br />
werden. Infektionen durch E. faecium betreffen vor allem Patienten<br />
mit Abwehrschwäche (Hämatologie, Onkologie, Transplantationschirurgie,<br />
Nephrologie). Sie treten <strong>in</strong>sbesondere bei Patienten<br />
mit längerem Krankenhausaufenthalt <strong>und</strong>/oder unter e<strong>in</strong>er E. faecium-selektierenden<br />
Antibiotikatherapie auf. In den letzten Jahren hat<br />
der Anteil von E. faecium an allen Enterokokken-Infektionen deutlich<br />
zugenommen. Hauptursache <strong>für</strong> diese Beobachtung dürfte se<strong>in</strong>,<br />
dass E. faecium häufiger gegen Antibiotika resistent ist als E. faecalis.<br />
Diagnostik: Die Differenzierung zwischen E. faecium <strong>und</strong> E. faecalis<br />
erfolgt auf der Basis von biochemischen Merkmalen wie der Spaltung<br />
verschiedener Zucker. Die Bestimmung der Antibiotikaempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
ist von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu E. faecalis hat<br />
bei E. faecium die Resistenz gegen Ampicill<strong>in</strong> (BINOTAL u.a.) <strong>in</strong> den<br />
letzten Jahren erheblich zugenommen. Bei dem Resistenzmechanismus<br />
handelt es sich um Veränderungen <strong>in</strong> den Penicill<strong>in</strong>-B<strong>in</strong>deprote<strong>in</strong>en,<br />
den Zielstrukturen <strong>für</strong> β-Laktamantibiotika. Die Resistenz<br />
gegen Glykopeptide hat sich ebenfalls ausgebreitet.<br />
Neue<strong>in</strong>führung<br />
Truvada – e<strong>in</strong> neues Komb<strong>in</strong>ationspräparat<br />
zur antiretroviralen Therapie<br />
Etwa 20 Jahre nach der Entwicklung von Zidovud<strong>in</strong><br />
(RETROVIR) als erstem Nukleosidanalogon<br />
zur Therapie der HIV-Infektion stehen<br />
heute zahlreiche Virustatika aus mehreren<br />
Wirkstoffklassen zur Verfügung. E<strong>in</strong>en<br />
Überblick über die derzeit verfügbaren Virustatika<br />
mit HIV-Wirksamkeit geben die Tabellen<br />
auf unserer Seite im Internet unter<br />
www.zct-berl<strong>in</strong>.de/Tabellen. Bisher ist ke<strong>in</strong><br />
Wirkstoff gef<strong>und</strong>en worden, der den <strong>Erreger</strong><br />
völlig beseitigen könnte oder der zur Monotherapie<br />
geeignet wäre. Gegen alle antiretroviral<br />
wirksamen Substanzen entwickelt das HI-<br />
Virus rasch Resistenz, wenn sie alle<strong>in</strong> gegeben<br />
werden; e<strong>in</strong>e lebenslange E<strong>in</strong>nahme e<strong>in</strong>er<br />
Arzneimittelkomb<strong>in</strong>ation ist daher zw<strong>in</strong>gend<br />
notwendig, um die Infektion soweit zu unterdrücken,<br />
dass e<strong>in</strong>e dauerhafte kl<strong>in</strong>ische Besserung<br />
e<strong>in</strong>tritt. Die Fortschritte auf dem Gebiet<br />
der spezifischen Therapie der HIV-Infektion<br />
beschränken sich daher auf die Optimierung<br />
der bekannten therapeutischen Möglichkeiten<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er besseren Wirksamkeit <strong>und</strong><br />
Verträglichkeit, sowie die Entwicklung von<br />
günstigeren E<strong>in</strong>nahmebed<strong>in</strong>gungen. Unter<br />
diesen Aspekten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />
vermehrt Arzneistoffe zur e<strong>in</strong>mal täglichen<br />
Verabreichung <strong>und</strong> fixe Komb<strong>in</strong>ationspräparate<br />
entwickelt worden.<br />
Tenofovir Disoproxilfumarat (VIREAD) <strong>und</strong><br />
Emtricitab<strong>in</strong> (EMTRIVA) wurden <strong>in</strong> den Jah-<br />
ren 2002 <strong>und</strong> 2003 zugelassen. E<strong>in</strong>e ausführliche<br />
Beschreibung der Eigenschaften dieser<br />
Wirkstoffe erfolgte <strong>in</strong> der <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Chemotherapie</strong><br />
bereits früher (s. ZCT Heft 3,<br />
2002 <strong>und</strong> Heft 1, 2004 oder www.zctberl<strong>in</strong>.de/neue<strong>in</strong>fuehrungen).<br />
Die Fixkomb<strong>in</strong>ation<br />
aus Tenofovir <strong>und</strong> Emtricitab<strong>in</strong> ist <strong>in</strong><br />
Deutschland <strong>und</strong> anderen europäischen Ländern<br />
seit Februar 2005 unter dem Namen<br />
TRUVADA verfügbar. 1,2 E<strong>in</strong>e Filmtablette<br />
enthält 300 mg Tenofovir Disoproxilfumarat<br />
<strong>und</strong> 200 mg Emtricitab<strong>in</strong> pro Tablette, beides<br />
Hemmstoffe der reversen Transkriptase<br />
(NRTI). Das Präparat ist <strong>für</strong> die Behandlung<br />
von HIV-1 <strong>in</strong>fizierten Erwachsenen <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />
mit anderen antiretroviral wirksamen<br />
Substanzen zugelassen. In den USA<br />
wurde TRUVADA bereits e<strong>in</strong>ige Monate<br />
zuvor e<strong>in</strong>geführt. Das U.S. Department of<br />
Health and Human Services (DHHS) empfiehlt<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Richtl<strong>in</strong>ien zum E<strong>in</strong>satz von<br />
antiretroviralen Substanzen die beiden Wirkstoffe<br />
des Präparates <strong>für</strong> erwachsene HIV-Infizierte<br />
<strong>in</strong> der Initialtherapie als Basis e<strong>in</strong>er<br />
Komb<strong>in</strong>ation mit e<strong>in</strong>em Nicht-Nukleosid-<br />
Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRTI),<br />
wie zum Beispiel Efavirenz (SUSTIVA). 3 Als<br />
vorteilhaft muss dabei angesehen werden,<br />
dass das neue Komb<strong>in</strong>ationspräparat nur e<strong>in</strong>mal<br />
pro Tag e<strong>in</strong>genommen werden muss. Dies<br />
kann wesentlich zu e<strong>in</strong>er besseren Compliance<br />
der Patienten beitragen <strong>und</strong> damit den<br />
Therapieerfolg steigern.<br />
Kl<strong>in</strong>ische Wirksamkeit <strong>und</strong> Verträglichkeit<br />
Vorläufige Daten e<strong>in</strong>er 48-Wochen-Studie<br />
(GS-934) wurden auf der ICAAC 2004 <strong>und</strong><br />
Therapie: Aufgr<strong>und</strong> der natürlichen <strong>und</strong> erworbenen Resistenz stehen<br />
zur Behandlung von E. faecium-Infektionen nur wenige Antibiotika<br />
zur Verfügung. Die bei E. faecalis-Infektionen bewährte Komb<strong>in</strong>ation<br />
aus Ampicill<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Am<strong>in</strong>oglykosid [Gentamic<strong>in</strong> (RE-<br />
FOBACIN u.a.), Streptomyc<strong>in</strong> (STREPTOFATOL u.a.)] kommt <strong>in</strong><br />
den meisten Fällen nicht <strong>in</strong> Betracht. Bei Vorliegen e<strong>in</strong>er Ampicill<strong>in</strong>-<br />
Resistenz <strong>und</strong>/oder Hochresistenz gegen Am<strong>in</strong>oglykoside (MHK<br />
von Gentamic<strong>in</strong> <strong>und</strong> Streptomyc<strong>in</strong> > 500 mg/l bzw. > 1.000 mg/l)<br />
versagt die ansonsten bewährte synergistische Wirkung der Komb<strong>in</strong>ation.<br />
Carbapeneme sowie Fluorch<strong>in</strong>olone s<strong>in</strong>d zumeist ebenfalls<br />
nicht ausreichend wirksam.<br />
Bei schweren Infektionen wie der Endokarditis wird e<strong>in</strong> Glykopeptid<br />
[Vancomyc<strong>in</strong> (VANCOMYCIN CP LILLY u.a.), Teicoplan<strong>in</strong> (TAR-<br />
GOCID)] <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation mit Gentamic<strong>in</strong> oder Streptomyc<strong>in</strong> empfohlen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs stellt die Resistenz gegen Glykopeptide <strong>in</strong>zwischen<br />
auch <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> Problem dar.<br />
Alternativen bei Resistenz gegenüber beiden Glykopeptiden s<strong>in</strong>d L<strong>in</strong>ezolid<br />
(ZYVOXID) <strong>und</strong> Qu<strong>in</strong>uprist<strong>in</strong>/Dalfoprist<strong>in</strong> (SYNERCID),<br />
wobei letzteres nur gegen E. faecium wirksam ist. E<strong>in</strong>e Reihe von<br />
Stämmen ist auch noch empf<strong>in</strong>dlich gegenüber Cotrimoxazol (EU-<br />
SAPRIM u.a.) <strong>und</strong> Rifampic<strong>in</strong> (RIFA u.a.). Rifampic<strong>in</strong> darf nur <strong>in</strong><br />
der Komb<strong>in</strong>ation mit anderen Antibiotika angewendet werden. Cotrimoxazol<br />
erwies sich bei der Behandlung der experimentellen Endokarditis<br />
als unwirksam. Die E<strong>in</strong>führung von Daptomyc<strong>in</strong>, das <strong>in</strong><br />
vitro e<strong>in</strong>e konzentrationsabhängige bakterizide Wirkung aufweist<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong> den USA bereits erhältlich ist, wird <strong>in</strong> Europa im kommenden<br />
Jahr erwartet.<br />
ICAR 2005 vorgestellt. 4,5 In dieser großen<br />
Multizenterstudie wurden an mehr als 500<br />
therapienaiven Patienten die Komb<strong>in</strong>ationen<br />
aus Tenofovir <strong>und</strong> Emtricitab<strong>in</strong> (TRUVADA)<br />
mit der Komb<strong>in</strong>ation Zidovud<strong>in</strong> plus Lamivud<strong>in</strong><br />
(COMBIVIR) offen gegene<strong>in</strong>ander getestet<br />
(alle Patienten erhielten außerdem Efavirenz).<br />
In der 48-Wochen-Auswertung zeigte<br />
sich e<strong>in</strong> höherer Anteil von Patienten im<br />
„Truvada-Arm“ mit weniger als 50 Kopien/ml<br />
(77% versus 68%, p=0,03). COMBI-<br />
VIR erwies sich als das Präparat mit schlechterer<br />
Verträglichkeit: unter dieser Komb<strong>in</strong>ation<br />
gab es 9% Therapieabbrüche, verglichen mit<br />
4% bei den Patienten, die mit TRUVADA behandelt<br />
worden waren. Die häufigsten Abbruchgründe<br />
waren Anämie, Übelkeit <strong>und</strong><br />
andere gastro<strong>in</strong>test<strong>in</strong>ale Nebenwirkungen.<br />
Virologisches Versagen <strong>und</strong> Resistenz-Mutationen<br />
kamen <strong>in</strong> beiden Armen etwa gleich<br />
häufig vor.<br />
In e<strong>in</strong>er weiteren Studie wurde die Wirksamkeit<br />
der TRUVADA-Komb<strong>in</strong>ation bei Gabe<br />
zusammen mit dem „geboosterten“ Protease-<br />
Inhibitor Lop<strong>in</strong>avir (KALETRA) bei nicht<br />
vorbehandelten Patienten mit relativ weit<br />
fortgeschrittenem Imm<strong>und</strong>efekt überprüft.<br />
Etwa 40% der Patienten hatten zu Therapiebeg<strong>in</strong>n<br />
CD4-Zellen < 200 /µl. Nach 48<br />
Wochen lagen die HIV-RNA-Werte bei 70%<br />
der Patienten, die e<strong>in</strong>mal täglich die Komb<strong>in</strong>ation<br />
erhalten hatten, unterhalb von 50 Kopien/ml.<br />
2<br />
ZUSAMMENFASSUNG: TRUVADA ist<br />
e<strong>in</strong> neues Komb<strong>in</strong>ationspräparat mit den<br />
beiden antiretroviralen Wirkstoffen Emtri-<br />
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