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Nr. 21 Disziplin in der Schule - Akademie für Individualpsychologie

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Wertschätzung, emotionale Wärme und Empathie s<strong>in</strong>d das Fundament e<strong>in</strong>erzeitgemässen <strong>Diszipl<strong>in</strong></strong>Es gehört heute zum Grundwissen <strong>der</strong> Erziehungswissenschaft, dass <strong>der</strong> Aufbau positiveremotionaler Beziehungen zwischen Lehrkraft und K<strong>in</strong>d das A und O je<strong>der</strong> Erziehung undBildung ist. Erasmus von Rotterdam schrieb bereits vorausahnend: „Der erste Schritt zumLernen ist die Liebe zum Lehrer.“ O<strong>der</strong> für Pestalozzi war die „sehende Liebe“ dasGrundpr<strong>in</strong>zip se<strong>in</strong>er Pädagogik. Der Individualpsychologe Erw<strong>in</strong> Wexberg setzte den Begriffdes „freundschaftlichen Wohlwollens“ an die Stelle des „viel missbrauchten“ Begriffs „Liebe“:„Die Haltung des freundschaftlichen Wohlwollens muss wirklich unerschütterlich se<strong>in</strong>. Es darfke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Situation im Leben des K<strong>in</strong>des geben, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es das Gefühl hat, diesesWohlwollen verloren zu haben. Wer sich leicht ärgert, ist ke<strong>in</strong> guter Erzieher.“ (Wexberg1974, S.283)Mit diesem letzten Satz von Wexberg wären wir wie<strong>der</strong> bei den Schwierigkeiten desUmgangs mit sich selbst. Die <strong>Individualpsychologie</strong> spricht <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von<strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> „Selbsterziehung“ (Blumenthal 1985, S.103), welche dem Menschenermöglicht, se<strong>in</strong> Leben bewusster, reflektierter zu gestalten, ohne sich vom Ärger auffressenzu lassen. Theo Schoenaker (1999) zeigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em lesenswerten Buch „Mut tut gut“ Wegezur Selbstermutigung auf. Nur wer sich selber akzeptieren und <strong>in</strong>nerlich bejahen kann,umgeht die Gefahren destruktiver Selbstgespräche und kann sich so <strong>der</strong> Gestaltung se<strong>in</strong>esLebens optimal mit all se<strong>in</strong>en Kräften zuwenden: „Lass’ ke<strong>in</strong>en Tag vergehen, ohne Dichselbst zu ermutigen“, empfiehlt Schoenaker (1999, S.229) darum. Auf unser Thema <strong>der</strong><strong>Diszipl<strong>in</strong></strong> bezogen liesse sich sagen, dass diejenige Lehrperson ihre Klasse besser führenkann, die mit positiven Augen, mit ermutigen<strong>der</strong> Grundhaltung auftreten kann. Wer sichleicht ärgert, wer h<strong>in</strong>ter je<strong>der</strong> Unaufmerksamkeit <strong>der</strong> Lernenden e<strong>in</strong>e böse Absicht vermutet,hat es schwerer im Leben, zum Beispiel beim Führen se<strong>in</strong>er Klasse, denn, wie schon WilhelmBusch bemerkte: „Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst imSauerkraut.“Situativ angepasste Lenkung und Führung s<strong>in</strong>d nötig: „Es ist gut, dass sie e<strong>in</strong>bisschen streng s<strong>in</strong>d.“So verabschiedete sich die Schüler<strong>in</strong> Mélanie von ihrer Praktikant<strong>in</strong>.Zwischen wertschätzen<strong>der</strong> und lenken<strong>der</strong> Erziehung muss ke<strong>in</strong> Gegensatz bestehen. ImGegenteil, Lenkung kann, wenn die emotionalen Beziehungen zwischen Erwachsenen undK<strong>in</strong><strong>der</strong>n stimmen, als Interesse und Engagement geschätzt werden. Jugendliche wünschenke<strong>in</strong>e Laisser-faire-Erziehung.Unmissverständliche H<strong>in</strong>weise zur Schädlichkeit fehlen<strong>der</strong> Lenkung und zu damitverbundener fehlen<strong>der</strong> Orientierung stammen aus <strong>der</strong> Gewaltforschung. Der norwegischeGewaltforscher Dan Olweus schreibt zu den Entstehungsbed<strong>in</strong>gungen von Gewalt: „E<strong>in</strong>wichtiger Faktor ist das Ausmass <strong>der</strong> dem K<strong>in</strong>d bei aggressivem Verhalten von <strong>der</strong> erstenBezugsperson entgegengebrachten Toleranz und Liberalität. Wenn die Bezugspersonallgeme<strong>in</strong> freizügig und ‚tolerant‘ ist, ohne dem aggressiven Verhalten gegenüberGleichaltrigen, Geschwistern und Erwachsenen Grenzen zu setzen, wird das aggressiveVerhalten des K<strong>in</strong>des wahrsche<strong>in</strong>lich zunehmen. (Olweus 1995, S.48f.)K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche brauchen Lenkung und Erklärungen ebenso wie Wertschätzung undAchtung, wenn sie sich prosozial entwickeln sollen. Wichtig ist die Komb<strong>in</strong>ation dieser beidenDimensionen, worauf Schmidtchen mit se<strong>in</strong>em „reifen Erziehungsstil“ h<strong>in</strong>weist: „Die Eltern© 04.07.2007 | <strong>Akademie</strong> für <strong>Individualpsychologie</strong> GmbH | Dorfstrasse 111 | CH-8424 Embrach | +41 (0) 44 865 05 20 4/6

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