Editorial - TTVR
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RANDSPORTART TISCHTENNIS<br />
„Leiden ist leichter als handeln!“<br />
Gespräch, Interview und Ursachenanalyse mit Thomas Dick, dem leitenden Trainer des Tischtennis-<br />
Institutes Schwarzwald für die noch immer nicht ausreichende Akzeptanz von Tischtennis als Sportart,<br />
dem seit 15 Jahren anhaltenden Rückgang der Mitglieder in Deutschland und dem in dieser Sache<br />
vermuteten „Geheimnis der Motivation“<br />
Koblenz/Baiersbronn. In den vergangenen<br />
drei Ausgaben von TISCHTENNIS<br />
IM RHEINLAND haben wir in einer<br />
dokumentierten Artikelserie („Randsportart<br />
Tischtennis“) um Zustand der<br />
Vereins- und Verbandslandschaft in<br />
Deutschland Problemlösungsansätze<br />
des Tischtennis-Institutes Schwarzwald<br />
veröffentlicht. Grundtenor dieser Meinung<br />
war die These, dass in Deutschland<br />
vor allem der Aus- und Weiterbildung<br />
von „Führungskräften“, zu denen<br />
vor allem ehrenamtliche Vorstandsmitglieder<br />
in Vereinen und Landesverbänden,<br />
aber auch hauptberufliche Trainer(innen)<br />
oder Mitarbeiter(innen) in<br />
Verbänden zählen, oft ein geringer oder<br />
sogar gar kein Stellenwert eingeräumt<br />
wird und dadurch u.a. erhebliche Spätfolgen<br />
für unsere Sportart entstehen, die<br />
einen massiven Mitgliederrückgang und<br />
Demotivation im ehrenamtlichen Bereich<br />
zur Folge haben.<br />
Dies zu ändern, ist eine der besonderen<br />
Aufgaben, derer sich das Tischtennis-<br />
Institut Schwarzwald als erste bundesweite<br />
Führungs- und Bildungsinstitution<br />
im deutschsprachigen Tischtennissport<br />
ab 2004 angenommen hat. Das unabhängige<br />
Unternehmen hat sein Programm<br />
seit Beginn des Jahres 2004 um<br />
Impulsveranstaltungen in Form von<br />
Fachvorträgen und Seminaren erweitert.<br />
Wir sprachen mit Thomas Dick. Er ist<br />
leitender Trainer und Kopf des Tischtennis<br />
– Institutes Schwarzwald und beschäftigt<br />
sich neben seiner täglichen<br />
Trainingsarbeit vor allem mit Fragen der<br />
Popularitätssteigerung und des Imagegewinns<br />
von Tischtennis im deutschsprachigen<br />
Raum. Er informiert, referiert<br />
und berät Trainer und Funktionsträger<br />
aus Verbänden und Vereinen.<br />
Seine Ideen und Meinungen treffen den<br />
Nerv vieler Probleme der Randsportart<br />
Tischtennis, die sich – man höre und<br />
staune – offensichtlich nicht so sehr im<br />
Bereich von TV-Übertragungszeiten zur<br />
Akzeptanz als vielmehr in der täglichen<br />
Führungsarbeit in Verein und Verband,<br />
sozusagen „vor der eigenen Haustüre“<br />
abspielen!<br />
Ein Vortrag, ein Seminar neigt sich dem<br />
Ende zu, und wie fast jedes Mal meldet<br />
sich ein Teilnehmer mit der fundamentalzweifelnden<br />
Frage: „Welche Vereine<br />
Thomas Dick, Leitender Trainer des Tischtennis-Institutes Schwarzwald<br />
oder Verbände machen das denn so,<br />
wie Sie vorschlagen?“ Sicherungsbedarf,<br />
das Sicherungsbedürfnis und wenig<br />
eigenverantwortliche Risikobereitschaft<br />
artikulieren sich da, die Suche<br />
nach „dem Rezept“, nach Vorbildern,<br />
die man ja vorzeigen kann. In unsicheren<br />
Zeiten ist das verständlich, mindestens<br />
beruhigend: „Gleichziehen“ oder<br />
auch „Nachmachen“ kann so falsch<br />
nicht sein. „Wer unschlüssig ist, dem<br />
geht es nicht mehr um die Qualität eines<br />
Arguments, sondern um die Massenhaftigkeit<br />
seines Vorkommens. Die vereins-<br />
oder auch verbandsinterne Rationalität<br />
verdichtet sich daher in vielen Vereinen<br />
und Verbänden zu einem einzigen Satz:<br />
Alle anderen machen es doch auch und<br />
das, was wir machen, funktioniert<br />
doch!“, so Dick, einer der ersten ernsthaften<br />
Berater und Ausbilder im<br />
deutschsprachigen Tischtennis.<br />
Dick weiß, was alle anderen machen. Er<br />
erzählt lineare Geschichten aus der Praxis:<br />
„Erwachsene Spieler bitten, mit<br />
Nachwuchsspielern zu trainieren“, heißen<br />
sie oder „Beiträge möglichst niedrig<br />
halten, um konkurrenzfähig zu bleiben!“,<br />
„Ordnungsstrafen konsequent<br />
aussprechen, um endlich zu erziehen“,<br />
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und andere Geschichten aus Vereinen<br />
und Verbänden. Das sind „Dienstleistungen<br />
der Sicherheit“, sogenannte organisationspsychologischeBeruhigungspillen<br />
in schwierigen Zeiten, in<br />
Zeiten, in denen Tischtennis weiter an<br />
Akzeptanz und Mitgliedern verliert –<br />
und das gegen den Wunsch vieler Funktionäre!<br />
„Eine der größten Utopien, denen der<br />
Deutsche Tischtennis-Bund und viele<br />
seiner Verbände noch immer hinterherlaufen,<br />
ist der Wunsch nach großen Mitgliederzuläufen<br />
in Vereinen, wenn der<br />
DTTB einmal einen wirklich guten Erfolg<br />
(mit Einzelspielern oder einer<br />
Mannschaft einfährt) oder ein sonstiger<br />
einzelner Erfolg eintritt oder neue Anreizsysteme<br />
installiert werden“, so Dick<br />
weiter, der fundiert recherchiert, argumentiert<br />
und beginnt, quer zu denken.<br />
„Schauen Sie sich einmal folgenden<br />
Sachverhalt an: 1989 hatte Tischtennis in<br />
Deutschland ca. 820.000 in Vereinen organisierte<br />
Mitglieder (Rosskopf wurde<br />
1992 Einzel-Europameister), im Jahr<br />
1999 waren es noch 730.000 (zwischenzeitlich<br />
gab es 1996 Europameistertitel<br />
durch Nicole Struse und die Damenmannschaft),<br />
2000 wurden 718.000 ge-