Sonnberghof - Ein Ort der Achtsamkeit - Dachverband ...
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Christine Freund<br />
SHG Zeckenopfer<br />
Kaiserstraße 71/1/3/7<br />
1070 Wien<br />
Tel.: 01/5227070<br />
Fax: 01/5227070/13<br />
Email:<br />
info@zecken.or.at<br />
www.zecken.or.at<br />
Wie finanzieren sich Selbsthilfegruppen?<br />
<strong>Ein</strong> Beitrag von Christine Freund<br />
Die Vermarktung eines Produktes über<br />
Selbsthilfegruppen<br />
Welchen Zweck haben Selbsthilfegruppen für<br />
Pharmaunternehmen?<br />
Inwieweit profitieren Selbsthilfegruppen von<br />
Pharmaunternehmen aber auch umgekehrt?<br />
Die Selbsthilfebewegung führte in den 80er-Jahren noch<br />
eine Außenseiterrolle, das war auch jene Zeit – April 1987<br />
– als ich mit dem Aufbau (Festlegen <strong>der</strong> Struktur)<br />
„meiner“ Selbsthilfegruppe begann. Obwohl es von <strong>der</strong><br />
Gemeinde Wien einen bereits seit zwei Jahren<br />
installierten Fonds zur För<strong>der</strong>ung von Selbsthilfegruppen<br />
gab, schlug ich einen an<strong>der</strong>en Weg ein. Mit einem<br />
Konzept für die Betreuung und Hilfestellung für<br />
Betroffene einerseits sowie die dazugehörige<br />
Öffentlichkeitsarbeit an<strong>der</strong>erseits wandte ich mich<br />
damals an eine Pharmafirma mit <strong>der</strong> Bitte um finanzielle<br />
Unterstützung.<br />
Nach mühevoller Aufbauarbeit österreichweit, die Dank<br />
Sponsoring eines Konzerns ermöglicht werden konnte,<br />
stellten sich anfangs <strong>der</strong> 90er-Jahre immer wie<strong>der</strong><br />
Querelen <strong>der</strong> Grünen-Partei ein. Zu diesem Zeitpunkt<br />
schien es noch verpönt, als Selbsthilfegruppe Gel<strong>der</strong><br />
einer Pharmafirma anzunehmen und in <strong>der</strong> praktischen<br />
Tätigkeit trotzdem unabhängig zu bleiben. Pikanterie am<br />
Rande: dazu gab es einige parlamentarische Anfragen.<br />
Am Engagement dieser Partei zur ideellen Unterstützung<br />
für Selbsthilfegruppen hat es allerdings gefehlt. Durch ein<br />
Setzen von Grenzen im Vorfeld von Seiten <strong>der</strong><br />
Geschäftsführung <strong>der</strong> SHG wurde ein <strong>Ein</strong>greifen des<br />
Sponsors in die Belange <strong>der</strong> SHG nicht einmal<br />
ansatzweise angedacht.<br />
<strong>Ein</strong>ige Zeit darnach war es kein Tabuthema mehr, dass<br />
Patientenorganisationen von Pharmafirmen eine<br />
finanzielle Unterstützung erhielten. Es hat sich immer<br />
mehr gezeigt, dass Selbsthilfegruppen glaubwürdige<br />
Informationsvermittler sind und daher vermehrt für die<br />
bewusstseinsbildende Gesundheitsför<strong>der</strong>ung<br />
eingebunden werden konnten. <strong>Ein</strong> Trend, <strong>der</strong> von<br />
findigen Public-Health-Managern – im Auftrag einer<br />
Pharmaindustrie - einvernahmt wurde, welche schließlich<br />
eigene, wenige Selbsthilfegruppen für gewisse Produkte<br />
kreierten. Letztendlich haben sich diese<br />
Patientenorganisation zum Nachteil <strong>der</strong> Selbsthilfe-<br />
Szene entwickelt. Nicht nur seitens <strong>der</strong> EU aus Brüssel<br />
kam angeblich <strong>der</strong> Ruf nach Offenlegung, son<strong>der</strong>n auch<br />
die ARGE Selbsthilfe Österreich (eine Überorganisation<br />
für SHG im Gesundheitsbereich) wollte die Finanzierung<br />
transparenter gestalten – dem Vernehmen nach zum<br />
Wohle <strong>der</strong> Patienten?!<br />
Viele Gruppen – auch unser Vorstand - waren mit<br />
diesem Outing nicht einverstanden, zumal es bei dieser<br />
Offenlegung auch Nachteile für schutzwürdige<br />
Interessen von Sponsoren im Speziellen bei<br />
<strong>Ein</strong>zelpersonen (Betroffene o<strong>der</strong> Angehörige) geben<br />
kann. Mehrfache Buchhaltungskontrollen über das<br />
gesetzliche verpflichtende Maß hinaus (einschließlich<br />
Rechnungskontrolle nach dem Vereinsgesetz) sowie<br />
eingehende steuerliche Abgabenüberprüfung sind<br />
unseres Erachtens völlig ausreichend. <strong>Ein</strong>e zusätzliche<br />
Befürchtung ist, dass Gruppen sich gegenseitig<br />
ausspionieren, um zu erkunden, wie viel und welche<br />
Firma Geldmittel locker lässt.<br />
Der Neid ist vorprogrammiert<br />
und die eigentliche Arbeit<br />
bleibt auf <strong>der</strong> Strecke. Weiters<br />
ist ein Zugreifen Dritter (z.B.<br />
ARGE Selbsthilfe Österreich)<br />
auf Sponsoringgel<strong>der</strong> völlig<br />
undenkbar und strikte<br />
abzulehnen, da es sich bei<br />
dem Erlangen solcher<br />
finanziellen Mittel um eine ganz spezifische Leistung<br />
einer SHG o<strong>der</strong> Vereins handelt. Es wird auch in an<strong>der</strong>en<br />
Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wohl vehement<br />
abgewiesen werden, etwa in einen gemeinsamen Pool<br />
einzuzahlen und dann <strong>der</strong> Bürokratie die Verwaltung<br />
eines solchen mit allen politischen Implikationen &<br />
Komplikationen zu überlassen und damit ausgeliefert zu<br />
sein. Es ist wohl nicht von <strong>der</strong> Hand zu weisen, dass sich<br />
binnen kürzester Zeit eine Funktionärskaste herausbilden<br />
würde, die ihre eigene Absicherung und ihr Fortkommen<br />
davon ableitet. Man denke nur an Ereignisse in Sport und<br />
Kultur (und muss dabei nicht einmal an schlimmste<br />
Korruptionsfälle denken). Im Falle von Sparmaßnahmen<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand besteht die Gefahr einer<br />
unvermutet raschen <strong>Ein</strong>stellung von Zahlungen (während<br />
bei Sponsoringgel<strong>der</strong>n diese immer noch als<br />
Investitionsbeiträge und Abschreibeposten behandelt<br />
werden könnten).<br />
Von öffentlicher Seite ist klar, ohne SHG gibt es keine<br />
Patientenbetreuung in diesem gewaltigem Ausmaß und<br />
als versuchte <strong>Ein</strong>lenkung wurden deshalb seitens <strong>der</strong><br />
Pharmig im Verhaltenskodex/Artikel 8a im Jahr 2009<br />
Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen die<br />
entsprechenden Richtlinien herausgegeben. Den Druck<br />
auf die verschiedensten Gruppierungen im<br />
Gesundheitsbereich hat man somit an<strong>der</strong>s aufgebaut,<br />
was bedeutet, dass man Sponsoringgel<strong>der</strong> von mehreren<br />
Pharmakonzernen akquirieren muss, um eine<br />
Unabhängigkeit zu dokumentieren.<br />
Ausgabe Nr. 14 im April 2011 Seite 6