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Inklusion in Grundschulen - Landknirpse

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<strong>Inklusion</strong> <strong>in</strong> <strong>Grundschulen</strong><br />

Der aktuelle Stand der Umsetzung (Stand Anfang April 2012)<br />

Seit dem Schuljahr 2010/11 wird <strong>in</strong> allen Rügener<br />

ersten Klassen die <strong>Inklusion</strong> bzw. Integration<br />

unter wissenschaftlicher Begleitung e<strong>in</strong>geführt<br />

und <strong>in</strong> den darauf folgenden Klassenstufen<br />

fortgesetzt. Seit dem Schuljahr 2011/12<br />

arbeiten auch alle anderen <strong>Grundschulen</strong> des<br />

Schulamtsbereiches Greifswald (Gebiet der<br />

Landkreise Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald)<br />

<strong>in</strong> den ersten Klassen<br />

<strong>in</strong> Anlehnung an die Rügener Vorgehensweise.<br />

Die Schulleiter konnten selbst entscheiden,<br />

wie weit sie die auf Rügen praktizierten<br />

Methoden oder Unterrichtsmaterialien nutzen<br />

wollten. Auf die Frage, warum man hier so<br />

schnell Rügener Ansätze übernahm, obwohl<br />

die Ergebnisse von dort noch nicht ausgewertet<br />

waren, antwortet Marit Sch<strong>in</strong>dler, Schulrät<strong>in</strong><br />

für die <strong>Grundschulen</strong> im ehemaligen Landkreis<br />

Nordvorpommern: „Seit 2005 wurden<br />

die Effekte der Diagnoseförderklassen (DFK)<br />

mit dem Ergebnis untersucht, dass diese ke<strong>in</strong>e<br />

nachweisbaren positiven Auswirkungen auf<br />

die Schulleistungsentwicklung, die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Entwicklung und das Erleben sozialer Integration<br />

haben. Somit lag es nahe, alle K<strong>in</strong>der <strong>in</strong><br />

der Grundschule zu <strong>in</strong>tegrieren. Die Grundlage<br />

dafür stellt e<strong>in</strong> amerikanischer Ansatz dar, der<br />

für Deutschland modifiziert wurde. Rügen<br />

8<br />

machte den Anfang, die anderen Regionen<br />

folgten mit mehr Selbstbestimmung. Schulleiter,<br />

Lehrer und Sonderpädagogen wurden<br />

langfristig und umfassend fortgebildet. Sie<br />

s<strong>in</strong>d offen und aufgeschlossen für diese<br />

Methodik und vor allem von der Art des<br />

Lesen-Lernens begeistert. Viele erkennen,<br />

dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der ersten Klasse sich noch<br />

sehr stark entwickeln kann, wenn man es entsprechend<br />

<strong>in</strong>tegriert und fördert.“ Doch die<br />

Idee von heute auf morgen alle DFK abzuschaffen,<br />

kippte, als vor allem Greifswalder<br />

Eltern sich über fehlende Transparenz, zu<br />

wenige Informationen, zu knapp bemessene<br />

Sach- und Personalmittel sowie über zu eilige<br />

Entscheidungen beschwerten. Seit März diesen<br />

Jahres rudert das Bildungsm<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong><br />

Schwer<strong>in</strong> e<strong>in</strong> wenig zurück. Für e<strong>in</strong>e gewisse<br />

Übergangszeit werden die Diagnoseförderklassen<br />

wieder gestärkt. Im neuen Schuljahr<br />

werden dort wieder begrenzt Schulanfänger<br />

e<strong>in</strong>geschult. Das soll so lange gehen bis die<br />

vom Bildungsm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>berufene Expertenkommission<br />

und die von ihr flankierte Begleitgruppe,<br />

<strong>in</strong> der auch Lehrer und Eltern zu Wort<br />

kommen, e<strong>in</strong>e Strategie empfehlen können.<br />

Sie soll e<strong>in</strong> Gutachten für e<strong>in</strong>en Weg zur <strong>Inklusion</strong><br />

bis 2020 vorlegen. Man sah mittlerweile<br />

Zwei Rügener Lehrer<strong>in</strong>nen berichten<br />

Bärbel Palleit, Grundschullehrer<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

Grundschule Altstadt <strong>in</strong> Bergen und Simone<br />

Pastow, Sozialpädagog<strong>in</strong>, ebenfalls dort tätig,<br />

wissen, dass das ganze Modell 2010 aufgrund<br />

der mangelnden Akzeptanz fast gekippt wäre. Es<br />

ist auch schwer für die Lehrer sich so kurzfristig<br />

an e<strong>in</strong>e komplett andere Herangehensweise,<br />

neue Unterrichtsmaterialien und vor allem<br />

noch schwierigere Schülern zu gewöhnen.<br />

Heute sagt Frau Palleit, dass die Unterstützung<br />

durch die Sonderpädagogen wie e<strong>in</strong> Hauptgew<strong>in</strong>n<br />

war. Beide s<strong>in</strong>d von der Methodik <strong>in</strong><br />

der ersten Klasse begeistert. Dort hat die Sonderpädagog<strong>in</strong><br />

drei Förderstunden Deutsch und<br />

zwei <strong>in</strong> Mathe. In der zweiten Klasse s<strong>in</strong>d es<br />

nur noch e<strong>in</strong>e Stunde Deutsch und zwei Mathe.<br />

Diese können aber ganz flexibel verwendet<br />

werden – für e<strong>in</strong>ige Wochen nur für e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d oder<br />

für alle K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der Förderstufe 3. Im Rügener<br />

Modell wird <strong>in</strong> der ersten Klasse der Verhaltenserziehung<br />

große Bedeutung beigemessen.<br />

Mit Hilfe des Verhaltenstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs „Lubo aus<br />

dem All“ sollen die K<strong>in</strong>der Strategien entwickeln,<br />

mit Emotionen wie Angst, Wut und Aggression<br />

umzugehen. Bevor e<strong>in</strong>zelne Buchstaben gelernt<br />

werden, tra<strong>in</strong>iert man die so genannten Vorläuferfähigkeiten,<br />

wie z.B. Laute richtig verstehen,<br />

h<strong>in</strong>hören, reimen, malen und den Stift richtig<br />

halten. H<strong>in</strong>tergrund ist, dass die K<strong>in</strong>der mit<br />

ganz unterschiedlichen Fähigkeiten <strong>in</strong> die<br />

e<strong>in</strong>, dass man Zeit benötigt, um der <strong>Inklusion</strong><br />

e<strong>in</strong>e Chance geben zu können. Erste Ergebnisse<br />

der Expertenkommission werden Ende dieses<br />

Jahres erwartet. Die diesjährigen ersten Klassen<br />

werden somit e<strong>in</strong>e noch abgespecktere Variante<br />

der Integration und des differenzierten Unterrichts<br />

erleben. Lehrerfortbildungen für die<br />

neuen Grundschullehrer, die e<strong>in</strong>e erste Klasse<br />

übernehmen, standen im April noch nicht<br />

fest, s<strong>in</strong>d aber geplant. Die Verwendung des<br />

auf Integration abgestimmten Unterrichtsmaterials<br />

und der Methodik der B<strong>in</strong>nendifferenzierung<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Klasse ist fakultativ und<br />

abhängig von dem Interesse des Schulleiters<br />

und des jeweiligen Lehrers.<br />

Niemand stellt die <strong>Inklusion</strong> <strong>in</strong> Frage. Die UN<br />

Beh<strong>in</strong>dertenkonvention fordert, dass das<br />

Menschenrecht auf gleichen Zugang zur<br />

Bildung <strong>in</strong> geeigneter Weise umgesetzt wird.<br />

Ob <strong>Inklusion</strong> nach dem Rügener Modell bzw.<br />

PISaR – die Präventive Integrative Schule auf<br />

Rügen – wie die Rügener diese Variante der<br />

<strong>Inklusion</strong> richtigerweise nennen – diesen Forderungen<br />

gerecht wird, wissen wir nicht. Vor<br />

allem auch nicht, wenn die geme<strong>in</strong>same Bildung<br />

von hoch-, normal- und m<strong>in</strong>derbegabten<br />

K<strong>in</strong>dern fakultativ und abhängig von<br />

dem Engagement der Schulleiter ist.<br />

Schule kommen. Viele wären mit dem sofortigen<br />

Lernen der Buchstaben überfordert. Zwar benötigt<br />

das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g dieser Vorläuferfähigkeiten<br />

mehr Zeit. Frau Palleit weiß aber, dass die K<strong>in</strong>der<br />

viel schneller und fundierter lesen lernen als<br />

nach der alten Methode. Monatlich werden<br />

E<strong>in</strong>-M<strong>in</strong>uten-Tests (CBM) mit jedem Schüler<br />

e<strong>in</strong>zeln durchgeführt. Deren Ergebnisse ersetzen<br />

die bisherigen Leistungskontrollen und geben<br />

Aufschluss über den Förderbedarf. Anhand<br />

der 10 Tests im Schuljahr wird e<strong>in</strong> Lernprotokoll<br />

(e<strong>in</strong> Diagramm) angefertigt. Eltern werden regelmäßig<br />

über den Leistungsstand des K<strong>in</strong>des<br />

<strong>in</strong>formiert und Empfehlungen für die häusliche<br />

Förderung werden gegeben.<br />

Juni – August 12

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