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Leseprobe - Liberal

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AUTOREN DER FREIHEITÜber Schönheit undGerechtigkeitHarald Martenstein fragt: „Wenn Schönheitswettbewerbe unab hängigvon Schönheit entschieden werden sollen, nach welchenKriterien dann?“ Seine Kolumne über „Lookismus“, Burkas und MissQuote erschien Anfang Juli im Zeit Magazin und brachte ihm imAugust, gewählt von unseren Lesern, den Titel „Autor der Freiheit“ ein.ZUR PERSONHARALD MARTENSTEIN, 1953 inMainz geboren, arbeitet alsJournalist und Autor. Nach Stationenbei mehreren Tageszeitungenist er mittlerweile hauptsächlich alsKolumnist tätig, aktuell für das ZeitMagazin, den Tagesspiegel sowieauf radioeins des RBB und im NDR.Mehr zu den Autoren der Freiheitunter autoren.freiheit.orgFoto: picture-alliance/dpaIn Berlin hat sich eine Politikerin derGrünen, Marianne Burkert-Eulitz, gegendie Diskriminierung von Menschenausgesprochen, in diesem Falle beiSchönheitswettbewerben. Sie sagt: „BeiMisswahlen werden grundsätzlich Menschenunserer Gesellschaft ausgeschlossen.“Bei Schönheitswettbewerben gewinnenmeistens Menschen, die dem herrschendenSchönheitsideal entsprechen. AndereMenschen haben keine Chance. Auch ichbin so ein Fall. Zu den Mister-Germany-Wahlen gehe ich seit Jahren gar nicht mehrhin. Es wäre zu schmerzhaft.Zum ersten Mal gibt es jetzt eine Anti-Diskriminierungs-Bewegung, die auch fürmich eintritt. Frau Burkert-Eulitz schlägt vor,dass bei Misswahlen oder Misterwahlenauch weniger schöne Menschen gewinnendürfen. Jeder soll eine Chance haben. Wiedas konkret aussehen könnte, sagt sie nicht.Es ist auch extrem schwierig. Mit der Quotekann man da irgendwie nicht arbeiten.Wenn ich mithilfe der Quote für wenigerschöne Menschen zum Mister Germanygewählt würde, wäre mir das peinlich.Schönheitskönig der Unschönen – ein bittererLorbeer. Ich würde mich nicht trauen,das überhaupt jemandem zu sagen. Es gehteigentlich nur, indem bei den Miss- und denMisterwahlen die Blindbewerbung eingeführtwird. Alle tragen Burka. Dann brauchteman auch keine Geschlechtergrenzen mehrbei den Wahlen, ich könnte sogar zur MissGermany gewählt werden. Aber wenn nachden Wahlen die Siegerinnen ihre Burkaausziehen und wenn dann ich als die neueMiss Germany unter der Burka hervorkomme,gibt es im Publikum sicher einMurren und lange Gesichter. Das wäre auchwieder schmerzhaft.Die Diskriminierung von Menschenwegen ihres Aussehens heißt „Lookismus“,es kommt von dem englischen Wort look. InTeilen von Australien und in der amerikanischenStadt Washington ist Lookismusbereits gesetzlich verboten. Nur Leistung sollzählen. Wobei ich das insofern nicht verstehe,als die Leistung, die man bei einemSchönheitswettbewerb erbringen muss,meines Wissens darin besteht, gut auszusehen.Und wenn man tatsächlich sagt: „Nurdie Leistung soll zählen“, dann werdengrundsätzlich alle Menschen ausgeschlossen,die keine Leistung bringen. Wirklichgerecht ist das auch nicht.Wirklich gerecht wäre es, alle Positionenin der Gesellschaft auszulosen. In einerwirklich gerechten Gesellschaft wäre KardinalRatzinger womöglich beim Filderkrautfestdie Spitzkrautkönigin geworden, was ersonst nie geschafft hätte. Heidi Klum dürftein der Olympiamannschaft der Gewichtheberantreten. Dünne Frauen haben beiden Gewichthebern in der heutigen Gesellschaftkeine Chance. Das Losen wäre gerecht– aber würde es den Betroffenen Spaß machen?Ich weiß auch nicht, was aus all denMenschen werden soll, die, wie ich zumBeispiel, bei Verlosungen immer Pechhaben. Ich nehme an, dass ich dann jedesJahr die Spitzkrautkönigin würde. Insofernbin ich doch eher für die Quote.Aber wer entscheidet darüber, ob einMensch bei den künftigen Wettbewerbenzur Miss Quote im Quotentopf der Schönen,bei den weniger Schönen oder bei denUnschönen antreten darf? Macht das HeidiKlum? Schönheit ist ja, zum Glück, sehr starkGeschmackssache. Egal, wie du aussiehst,irgendwo da draußen ist jemand, dem dugefällst.Ich bin übrigens statt SchönheitskönigJournalist geworden. Am Journalismus fälltauf, dass Menschen, die keinen einzigenkorrekten Satz zustande bringen, dort keineChance haben. Dies ist der sogenannteWritismus. Wenn der Lookismus erst malabgehakt ist, werden sie sich als Nächstesden Writismus vornehmen. ●liberal 1.201415

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