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Aus den Tiefen der Erde in die Tiefen des Sonnensystems Edelgase ...

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Elementhäufigkeit<br />

92<br />

1<br />

10 –2<br />

10 –4<br />

10 –6<br />

10 –8<br />

10 –10<br />

10 –12<br />

10 –14<br />

o<strong>der</strong> Mars weisen ebenfalls e<strong>in</strong> solches<br />

Defizit auf. Beim Element Kalium kann<br />

man <strong>die</strong>se Verarmung auch bei Planeten<br />

nachweisen, von <strong>den</strong>en bisher nur Son<strong>den</strong>daten<br />

vorliegen, z. B. bei <strong>der</strong> Venusoberfläche.<br />

Das heißt, <strong>die</strong> Verarmung<br />

flüchtiger Elemente – um bis zu e<strong>in</strong>en<br />

Faktor 100 – betraf das gesamte <strong>in</strong>nere<br />

Sonnensystem, nicht nur <strong>die</strong> <strong>Erde</strong>.<br />

Edelgas-Häufigkeiten<br />

im <strong>in</strong>neren Sonnensystem<br />

Die Verarmung flüchtiger Elemente im<br />

<strong>in</strong>neren Sonnensystem betraf <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch <strong>die</strong> gasförmigen Komponenten<br />

und führte zur »Dichotomie« <strong>des</strong> <strong>Sonnensystems</strong>,<br />

also zur Trennung <strong>in</strong> <strong>die</strong> terrestrischen<br />

Planeten im <strong>in</strong>neren Sonnensystem<br />

und <strong>die</strong> Gasriesen im äußeren<br />

Sonnensystem. Der Grad <strong>der</strong> Verarmung<br />

(um mehrere Größenordnungen) lässt<br />

sich aus <strong>den</strong> Häufigkeitsverhältnissen <strong>der</strong><br />

<strong>Edelgase</strong> ableiten. Abb. 5 zeigt <strong>die</strong> Konzentrationen<br />

<strong>der</strong> <strong>Edelgase</strong>, normiert auf<br />

kosmische o<strong>der</strong> solare Häufigkeiten: Für<br />

<strong>die</strong> Planeten <strong>Erde</strong> und Mars wird <strong>die</strong> gesamte<br />

Menge <strong>der</strong> <strong>Edelgase</strong> <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

durch <strong>die</strong> Masse <strong>des</strong> jeweiligen<br />

Planeten geteilt, da <strong>die</strong>se Planeten im Laufe<br />

ihrer Entwicklung weitgehend entgasten<br />

(siehe nachfolgende Abschnitte). Für<br />

primitive (also weitgehend unentgaste)<br />

Meteorite wer<strong>den</strong> <strong>die</strong> im Geste<strong>in</strong> gemessenen<br />

Konzentrationen dargestellt. <strong>Edelgase</strong><br />

eignen sich aus mehreren Grün<strong>den</strong><br />

für solche Vergleiche besser als unedle<br />

Gase. Zum e<strong>in</strong>en gehen sie ke<strong>in</strong>e Ver-<br />

�<br />

kosmische Häufigkeiten (solar)<br />

Meteorite<br />

<strong>Erde</strong><br />

Mars<br />

4 He 20 Ne 36 Ar 84 Kr 130 Xe<br />

Abb. 5: Edelgashäufigkeiten planetarer<br />

Körper, normiert auf kosmische o<strong>der</strong><br />

solare Häufigkeiten. <strong>Edelgase</strong> s<strong>in</strong>d auf<br />

Körpern im <strong>in</strong>neren Sonnensystem<br />

stark verarmt, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>die</strong> leichten<br />

<strong>Edelgase</strong>.<br />

SuW-Dossier Die <strong>Erde</strong><br />

b<strong>in</strong>dungen mit an<strong>der</strong>en Elementen e<strong>in</strong>;<br />

ihre Häufigkeit ist dementsprechend unabhängig<br />

von chemischen Prozessen (wie<br />

im Falle <strong>des</strong> terrestrischen Kohlenstoffs<br />

beispielsweise <strong>die</strong> E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> <strong>die</strong> Biosphäre,<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> unterschiedliche Flüchtigkeit<br />

<strong>der</strong> verschie<strong>den</strong>en Molekülverb<strong>in</strong>dungen<br />

gasbil<strong>den</strong><strong>der</strong> Elemente, etwa<br />

Kohlenstoff <strong>in</strong> CO 2 , CH 4 , Stickstoff <strong>in</strong> N 2 ,<br />

NH 3 etc.). Zum an<strong>der</strong>en decken <strong>die</strong> <strong>Edelgase</strong><br />

e<strong>in</strong>en großen Massenbereich ab,<br />

man ist also empf<strong>in</strong>dlicher für atommassenabhängige<br />

Prozesse (siehe Kasten<br />

rechts). Schließlich gibt es Isotopen-<br />

Anomalien durch <strong>die</strong> Bildung von Edelgasisotopen<br />

aus radioaktiven Zerfällen<br />

(etwa von Uran, Thorium, Kalium; siehe<br />

Kasten rechts und Tabelle 1) – letztere ermöglichen<br />

<strong>Aus</strong>sagen über <strong>die</strong> Herkunft<br />

<strong>der</strong> <strong>Edelgase</strong> aus verschie<strong>den</strong>en Reservoirs<br />

bzw. <strong>der</strong>en Evolution. Beispielsweise<br />

weist das MORB-Reservoir e<strong>in</strong>en höheren<br />

Überschuss radiogener Nuklide auf<br />

als <strong>der</strong> tiefe Erdmantel (siehe Tabelle 2 im<br />

Kasten rechts), was e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e<br />

noch <strong>in</strong>tensivere Entgasung <strong>des</strong> seichten<br />

Erdmantels ist.<br />

Die Häufigkeitsverhältnisse <strong>der</strong> <strong>Edelgase</strong><br />

<strong>in</strong> Abb. 5 zeigen also, dass das <strong>in</strong>nere<br />

Sonnensystem an <strong>Edelgase</strong>n noch stärker<br />

als an geste<strong>in</strong>sbil<strong>den</strong><strong>den</strong> flüchtigen Elementen<br />

verarmt ist. Ursache könnte e<strong>in</strong><br />

starker Sonnenw<strong>in</strong>d während <strong>des</strong> frühen<br />

T-Tauri-Stadiums unserer Sonne gewesen<br />

se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Gase und an<strong>der</strong>e flüchtige Elemente<br />

<strong>der</strong> Akkretionsscheibe nach außen<br />

trieb.<br />

Unklar ist jedoch, <strong>in</strong> welchem Stadium<br />

<strong>der</strong> Akkretion <strong>die</strong>s stattfand, d. h. ob es zu<br />

<strong>die</strong>ser Zeit lediglich sehr kle<strong>in</strong>e Planetesimale<br />

gab o<strong>der</strong> schon fast ausgewachsene<br />

Protoplaneten. Die Klärung <strong>die</strong>ser<br />

Frage hätte enorme Konsequenzen für<br />

unser Verständnis <strong>des</strong> Entstehungsmechanismus<br />

<strong>der</strong> Atmosphären <strong>der</strong> terrestrischen<br />

Planeten, <strong>den</strong>n be<strong>in</strong>ahe ausgewachsene<br />

Planeten könnten durch ihre<br />

Schwerkraft e<strong>in</strong>e Uratmosphäre solarer<br />

Zusammensetzung festhalten. Bei kle<strong>in</strong>en<br />

Planetesimalen müssen dagegen an<strong>der</strong>e<br />

Prozesse wirksam se<strong>in</strong>, etwa vorherige<br />

Adsorption <strong>der</strong> Gase auf Staubkörner.<br />

Der Ursprung<br />

<strong>der</strong> terrestrischen <strong>Edelgase</strong>:<br />

Entgasung <strong>des</strong> Erdmantels?<br />

Abb. 5 zeigt noch weitere <strong>in</strong>teressante<br />

Details. Auffällig ist, dass <strong>die</strong> Planeten an<br />

leichten <strong>Edelgase</strong>n offensichtlich noch<br />

stärker verarmt s<strong>in</strong>d als an schweren.<br />

Dies wurde schon früh erkannt und als<br />

H<strong>in</strong>weis gedeutet, dass <strong>die</strong> heutigen Atmosphären<br />

nicht direkt durch <strong>die</strong> Gravitation<br />

<strong>der</strong> Protoplaneten aus dem solaren<br />

Nebel e<strong>in</strong>gefangen wur<strong>den</strong>. Vielmehr<br />

Isotope<br />

Isotope s<strong>in</strong>d Atome <strong>des</strong> gleichen chemischen<br />

Elements mit unterschiedlicher<br />

Atommasse: Sie unterschei<strong>den</strong> sich nur<br />

durch <strong>die</strong> Anzahl <strong>der</strong> Neutronen im Atomkern<br />

und verhalten sich chemisch gleich.<br />

Zum Beispiel wer<strong>den</strong> Isotopenverhältnisse<br />

beim teilweisen Aufschmelzen e<strong>in</strong>es<br />

Geste<strong>in</strong>s und nachfolgendem Entzug <strong>die</strong>ser<br />

Schmelze nicht verän<strong>der</strong>t. Die Isotopenzusammensetzung<br />

e<strong>in</strong>er Schmelze aus<br />

dem Erdmantel spiegelt somit <strong>die</strong> unverfälschte<br />

Signatur <strong>der</strong> Mantelquelle wi<strong>der</strong>.<br />

Messbare Än<strong>der</strong>ungen von Isotopenverhältnissen<br />

s<strong>in</strong>d nur möglich durch<br />

massenabhängige physikalische Prozesse<br />

(so genannte »Massenfraktionierung«),<br />

beispielsweise durch Diffusionsprozesse.<br />

Auch Kernprozesse wie radioaktiver<br />

Zerfall bestimmter Mutterisotope<br />

können <strong>die</strong> Isotopie durch Zuwachs neu<br />

entstehen<strong>der</strong> (»radiogener«) Isotope<br />

än<strong>der</strong>n (Tabelle 1). Isotope, <strong>die</strong> nicht<br />

durch Kernreaktionen (außer <strong>in</strong> Sternen<br />

vor <strong>der</strong> Bildung <strong>des</strong> <strong>Sonnensystems</strong>) gebildet<br />

wur<strong>den</strong>, bezeichnet man als »primordial«,<br />

sie haben ihre Häufigkeiten<br />

seit <strong>der</strong> Entstehung <strong>des</strong> <strong>Sonnensystems</strong><br />

nicht verän<strong>der</strong>t.<br />

Alle <strong>Edelgase</strong> besitzen mehrere Isotope<br />

(siehe Tabelle 1). Helium hat zwei<br />

Isotope, 3He und 4He, dabei bezeichnet<br />

<strong>die</strong> hochgestellte Zahl vor dem Elementsymbol<br />

<strong>die</strong> jeweilige Atommasse. Neon<br />

und Argon haben je drei Isotope. Neben<br />

legt <strong>die</strong> Ähnlichkeit zum meteoritischen<br />

Häufigkeitsmuster <strong>die</strong> Annahme nahe,<br />

dass <strong>die</strong> akkretieren<strong>den</strong> Planetesimale<br />

<strong>die</strong> <strong>Edelgase</strong> bereits <strong>in</strong> sich hatten und<br />

sich <strong>die</strong> Atmosphären <strong>der</strong> Planeten durch<br />

Entgasung <strong>des</strong> sich zusammenballen<strong>den</strong><br />

Materials bildeten. Diese Hypothese<br />

wurde bereits im Jahre 1937 durch Carl<br />

Friedrich von Weizsäcker aufgestellt,<br />

und zwar anhand von Überlegungen<br />

zum Edelgasisotop 40 Ar. Dieses entsteht<br />

durch Zerfall <strong>des</strong> radioaktiven Kalium-<br />

Isotops 40 K und somit <strong>in</strong> <strong>der</strong> festen <strong>Erde</strong>.<br />

Es ist aber das häufigste Argonisotop <strong>der</strong><br />

irdischen Atmosphäre, woh<strong>in</strong>gegen se<strong>in</strong>e<br />

kosmische Häufigkeit eher ger<strong>in</strong>g ist.<br />

40 Ar kann also nur durch Entgasung <strong>der</strong><br />

festen <strong>Erde</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Atmosphäre gelangt<br />

se<strong>in</strong>, und ist dort <strong>der</strong> dritthäufigste Bestandteil<br />

nach Stickstoff und Sauerstoff.<br />

Obwohl <strong>die</strong> <strong>Erde</strong> tatsächlich weitgehend<br />

entgast ist, enthält sie noch ger<strong>in</strong>ge, aber<br />

messbare Spuren von <strong>Edelgase</strong>n, <strong>die</strong> z. B.<br />

<strong>in</strong> <strong>den</strong> <strong>in</strong> Abb. 2 und 3 und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Abb. 1<br />

und 2 im Kasten »Xenolithe« gezeigten<br />

Geste<strong>in</strong>en enthalten s<strong>in</strong>d.

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