Einfärben von KunststoffenSPECIAL<strong>Farbstabil</strong> <strong>bei</strong><strong>hohen</strong> <strong>Temperaturen</strong>Polyamid 6, das miteinem neuartigenTrägersystem für Pigmenteeingefärbt ist,verändert seine Farbeauch nach einer Temperaturbelastungvon320°C nicht (links:mit PA6-basiertemTrägersystem, rechts:mit neuartigem Trägersystem)(Bilder: Akro-Plastic)Polyamide. Ein temperaturstabiles Farbsystem lässt sich nur mit einer bestimmtenAnzahl von Farbmitteln realisieren. Denn durch die im Verar<strong>bei</strong>tungsprozess auftretenden<strong>hohen</strong> <strong>Temperaturen</strong> kommen viele Farbmittel an die Grenzen ihrer thermischenBelastbarkeit.DIRK SCHÖNINGINNO GAULUnter den technischen Kunststoffenspielen Polyamide eine bedeutendeRolle. Der größte Volumenanteilgeht schwarz eingefärbt oder naturfarbenin entsprechende Anwendungen, vor allemin den Automobilbereich. Zu weiterenMarksegmenten von Polyamidgehören Elektrozubehör, Stecker undLebensmittelfolien. Für die Wahl vonPolyamiden spricht das ausgezeichnetePreis-/Leistungs-Verhältnis.Hohe Schlagzähigkeitensowie hohe E-Module <strong>bei</strong>gleichzeitig <strong>hohen</strong> Wärmestandfestigkeitenlassen insbesondere technische Anwendungenzu, in denen gute elektrischeARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.deDokumenten-Nummer KU111312Bild 1. Bildung des reaktiven Zentrums an der Carbonamid-GruppeEigenschaften gefordert sind. Der hohepotenzielle Füllgrad gestattet z.B.den Einsatzvon Glasfasern, was die SteifigkeitsundFestigkeitswerte deutlich erhöht. Amhäufigsten finden Polyamid (PA) 6 und 66zur Herstellung von z.B. Elektro- bzw.Elektroniksteckern sowie verschiedenenGehäuseteilen ihren Einsatz.Um im Wettbewerbsumfeld einen eindeutigenWiedererkennungswert zu erzielen,werden entsprechend dem Brandingdes OEM (Original Equipment Manufacturer)vor allem Gehäuseteile in dessenHausfarbe eingefärbt.Das richtige FarbmittelDamit die Einfärbung der beschriebenenMaterialien auch zum gewünschten undreproduzierbaren Ergebnis führt, ist die>a) b) c) d)Bild 2. Verschiedene Grundkörper <strong>bei</strong> der Polyamideinfärbung verwendeter Pigmente und FarbstoffeKunststoffe 4/2013www.kunststoffe.de27
SPECIALBild 3. PA66-Prüfkörpermit herkömmlichem,PA6-Träger basiertemFarbsystem(links) und Formulierungmit neu entwickeltemTrägersystem(rechts)mentfamilie – die Farbtöne variieren vonBurgunderrot über Rot bis zu einem rechtbrillanten Orange – ist für die Einfärbungvon Polymeren bis in den Hochtemperaturbereichund somit auch für Polyamidbestens geeignet. Doch ihr Preis ist verhältnismäßighoch und ihre Verfügbarkeitam Markt limitiert. Zudem ist diechemische Beständigkeit dieser Pigmentklassesehr eingeschränkt.Generell lassen sich alle Arten von anorganischen,d.h. im weitesten Sinne mineralischenPigmenten, zur Polyamideinfärbungverwenden. Soll es sich jedochum leuchtende, brillante Farben handeln,erreicht man sehr schnell die gegebenenGrenzen dieser Farbmittelfamilie.Der Colorist muss daher auf organische,d.h. synthetisch hergestellte Pigmenteund Farbstoffe zurückgreifen.Aufgrundihrer Eigenschaften, d.h. der zugrundeliegenden chemischen Struktur,besitzen diese Farbmittel sehr unterschiedlicheTemperaturstabilitäten.<strong>Farbstabil</strong>itiät ist wichtigDie sehr reaktive Carbonamid-Gruppeim Polyamid begünstigt physikalischchemischeVorgänge, die zu Veränderungenam Molekül des Farbmittels führenBild 4. Mit Pigment des Grundkörpers Diketopyrrolopyrrol eingefärbtePrüfteile (links: auf Basis PA6, rechts: auf Basis eines neuartigen Trägers)Bild 5. Eingefärbte Prüfplatten aus Polyamid 6 nach Belastung der Polymerschmelze<strong>bei</strong> 320°C in einem Zeitraum von 4 min (links: PA6, rechts:mit neuartigem Träger)Auswahl geeigneter Farbmittel von großerWichtigkeit.Diese Farbmittel müssen zunächst denAnforderungen nach ausreichender Temperaturstabilitätentsprechen, da die Verar<strong>bei</strong>tungstemperaturen<strong>bei</strong>m Spritzgießenbis zu 300°C erreichen. Im Werkzeugtreten zusätzliche Temperaturspitzenvon kurzzeitig deutlich mehr als300°C auf. Dies hängt von der Konzeptiondes Bauteils ab, also wie viele Wanddicken-und Fließwegänderungen es gibtbzw. mit welchen Drücken und Einspritzgeschwindigkeitengear<strong>bei</strong>tet wird.Viele Farbmittel geben hier frühzeitigauf. Es kommt zu Pigmentabbau, was unerwünschteVerfärbungen am Bauteil zurFolge hat. Dies zeigt sich häufig in Formvon bräunlichen, dunklen Schlieren oderVerlust der Deckkraft, da einige Pigmenteunter den dann herrschenden Bedingungenin Lösung gehen. Manche Farbmittelverlieren durch den Abbauprozessihre Farbwirkung ganz.Noch vor ca. 15 Jahren konnte mansich recht einfach und effektiv mit preisgünstigenSchwermetall-Pigmenten(blei- oder cadmiumbasiert) helfen. DerEinsatz dieser Farbmittel ist heute im Zugedes gestiegenen Umweltbewusstseinsnicht mehr erwünscht. Einen möglichenErsatz hat man mit der Einführung vonCersulfid als Farbmittel gefunden, das zuden seltenen Erden gehört. Diese Pig-Temperatur[°C]CIELabPA6-Träger<strong>AF</strong>C-Träger300 dL* -1,37 -1,73da* 0,71 1,43db* -2,68 -1,49320 dL* -3,26 -3,77da* -1,78 0,17db* -6,47 -3,84Tabelle 1. Darstellung der CIELab-Messwertevon PA6- und neuartigem Träger in Abhängigkeitvon der Temperaturbelastungkönnen (Bild 1). Bei einigen Farbmittelntritt dies als reversibler Prozess auf.Zurückzuführen ist dies auf die Bildungsogenannter Elektronen-Donor-Akzeptor-Komplexe.Unter Einwirkung vonLuftsauerstoff erhält das entsprechendeFarbmittel wieder seine ursprünglicheStruktur und nimmt auch weitgehendwieder die ursprüngliche Farbe an. EinigePigmente des Perinon-Typs (Bild 2a)zeigen z.B. dieses Verhalten, das sich <strong>bei</strong>Verar<strong>bei</strong>tung in einer bräunlichen Verfärbungdes Farbmittels äußert. DieserProzess wird <strong>bei</strong> höheren Verar<strong>bei</strong>tungstemperaturenbegünstigt. Bei der Folienextrusiontreten diese Farbveränderungennicht auf, da dort generell mit niedrigeren<strong>Temperaturen</strong> gear<strong>bei</strong>tet wird.So werden z.B. Starkstromstecker häufigin ihrem charakteristischen Rot eingefärbt.Hier führt der Einsatz von Farbmittelndes Perylen-Typs bereits zu sehr gutenErgebnissen (Bild 2b). Im Violettbereichkönnen vor allem Pigmente und Farbstoffeaus der Familie des Anthrachinonseingesetzt werden (Bild 2c).Ein weiteres wichtiges Kriterium <strong>bei</strong>der Auswahl geeigneter Farbmittel sindKornhärte und Kantenschärfe einiger anorganischerPigmente. Pigmente mineralischenUrsprungs weisen oft eine hoheNeigung zu abrasiver Wirkung auf, die dieGlasfasern in verstärkten Polyamidenderart schädigt, dass drastische Einbußen28 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 4/2013