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Es ging den meisten Kindern im Waisenhaus so, und damit es ihnen nicht noch stärker bewusst wurde, gab es<br />
keine Besuchserlaubnis. Auch mein Vater durfte mich nicht besuchen, und das war wohl das Schlimmste für<br />
mich! Wie viel habe ich in diesen Wochen fürs Leben gelernt, vor allem, wie wichtig es ist, Freunde zu haben.<br />
Ich freute mich natürlich unendlich auf meine Eltern und mein schönes Zuhause, das ich jetzt richtig zu schätzen<br />
wusste. Noch oft bin ich in die Kapelle gegangen, in der ich mich immer so wohl fühlte.<br />
Franziska Christine, die vorletzte Äbtissin des<br />
Stiftes Essen Das „Mohrenbild“<br />
Doch wer war die Fürstäbtissin Franziska Christine?<br />
<strong>Sie</strong> wurde am 16. Mai 1696 als Tochter des Herzogs<br />
Theodor Eustach von Sulzbach und seiner Gemahlin<br />
Maria Eleonora Amalie, Landgräfin von Hessen-Rheinfels-<br />
Rothenburg, geboren.<br />
Mit sechs Jahren wurde sie in die Obhut der Kanonissen im<br />
hochadeligen Damenstig Thorn (jenseits der Maas, bei Roer-<br />
mond) gegeben, dort 1717 zur Äbtissin und 1926 zusätzlich zur<br />
Äbtissin des Stiftes Essen gewählt.<br />
Seitdem regierte sie in beiden Herr-<br />
schaftsgebieten.<br />
Die Sorge um elternlose Kinder und die<br />
Errichtung eines Waisenhauses waren ihr<br />
ein Herzensanliegen. Am 4. Dezember<br />
1769 zogen die ersten Kinder dort ein.<br />
<strong>Sie</strong> überwachte die Planung, Bau und<br />
Ausstattung des stattlichen Gebäudes<br />
und kümmerte sich ebenso um die<br />
Erziehung und Ausbildung „ihrer“ Kinder.<br />
<strong>Sie</strong> wurden in <strong>Lesen</strong>, Schreiben und<br />
Rechnen unterrichtet, keine Selbstver-<br />
ständlichkeit damals. Und alle erhielten<br />
beim Verlassen des Hauses eine<br />
stattliche Aussteuer.<br />
Der Mohr,<br />
ihr Kammerdiener.<br />
Franziska Christine weilte regelmäßig im Haus und gründete die Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung „Zur höheren<br />
Ehre Gottes und zum Wohle der Menschen“. Und sie verfügte, dass die „Fundation“ keine geistliche Stiftung<br />
sein sollte, sondern „bis zum Ende der Welt als eine weltliche Stiftung“ bestehen muss.<br />
Am 16. Juli 1776 starb sie und fand ihre letzte Ruhestätte auf ihren Wunsch in der Kapelle ihres Waisenhauses<br />
in Steele.<br />
Aus dem „Hochfürstlichen Waysenhaus“ wurde im Laufe der Jahrhunderte das „Königliche Waisenhaus“, das<br />
„Katholische Stiftswaisenhaus“ und schließlich die „Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung“.<br />
Heute hat das ehemalige Waisenhaus ein differenziertes Betreuungsangebot für Kinder. Neben den Kinderregelgruppen<br />
gibt es heilpädagogische Gruppen, sowie Verselbständigungsgruppen für Jugendliche ab 16<br />
Jahren. Neben der Kinderbetreuung bietet die Fürstin-Franziska-Christine-Stiftung Wohnungen für Senioren,<br />
vollstationäre Pflege, eine Kurzzeitpflege und eine Tagespflege an.<br />
Welch ein Unterschied zu den in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts noch so strengen und harten Regeln.<br />
Der gesamte Gebäudekomplex gehört heute in Essen zu den wichtigsten Baudenkmälern des 18. Jahrhunderts,<br />
und in meiner geliebten Kapelle kann man sich trauen oder seine Kinder taufen lassen.<br />
Seit langer Zeit leben wir nun schon in Langenberg. Wir fühlen uns wohl auf unserer „Grünen Insel“, zu der ich<br />
1959 mit meinem Mann Herbert von Steele aufbrach.<br />
Steele ist Erinnerung geworden – eine gute.<br />
Margit Wille-Bußmann 2012