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Johannes Holst - Galerie Deichstrasse

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1903 wagte der Dreiundzwanzigjährige den Schritt in die Selbstständigkeit.<br />

Schon um die Jahrhundertwende hatte er für je 25 Mark<br />

erste Bilder verkauft, die erkennen lassen, wie ein junges Talent<br />

seinen eigenen Weg suchte – Stillleben, Gebirgs- und Waldmotive,<br />

Porträts und erste Kutterbilder. Diese meist kleinformatigen Arbeiten<br />

hat <strong>Holst</strong> später versucht zurückzukaufen oder gegen große<br />

Seestücke einzutauschen.<br />

Trotz einiger anderer Themen in ganz jungen Jahren wurde<br />

doch das Wasser zu seinem ureigensten Sujet. Die Bilder des Dänen<br />

Daniel Hermann Anton Melbye (1818 Kopenhagen – 1875 Paris)<br />

faszinierten ihn. Das Elementare seiner Seedarstellung, die präzise<br />

Wiedergabe der Schiffe, die Stimmigkeit von Wind, Segeln und<br />

Wasser begeisterten ihn. Sein ehrgeiziges Ziel war es, den Wind<br />

so malen zu können wie Melbye, der seit 1857 abwechselnd in<br />

Hamburg und Kopenhagen lebte. Von Melbyes Darstellungsweise<br />

der Wolken hat <strong>Holst</strong> viel beibehalten, doch in der Gestaltung des<br />

Wassers hat er im Lauf der Jahre seinen eigenen, unverwechselbaren<br />

Stil entwickelt.<br />

Einer der bekanntesten Marinemaler in Hamburg war um die<br />

Jahr hundertwende Professor Heinrich Leitner (1842 Wien – 1913<br />

Der Maler als junger Mann um 1900<br />

Vorbilder und frühe Erfolge<br />

Ham burg). Leitner, ein Schüler von Melbye, war zwar selbst künstlerisch<br />

kein Vorbild für <strong>Holst</strong>, aber er hat den jungen Mann anläßlich<br />

eines Besuches mit seinem Vater in seinem Atelier ermutigt,<br />

seinen eigenen Weg zu gehen.<br />

<strong>Holst</strong> muß kurz nach der Jahrhundertwende mit Schnars-Alquist<br />

in Kontakt gekommen sein. Er legte dem auf dem Gipfel seines Ruhmes<br />

stehenden Meister einige seiner Bilder vor, doch offenbar war<br />

das Urteil für den jungen Mann sehr enttäuschend. Auch menschlich<br />

scheinen die beiden sich nicht gut verstanden zu haben, zu unterschiedlich<br />

waren sie in Herkunft und Ausbildung, der erfolgreiche<br />

»königlich-preußische Professor« und der Dekorationsmaler und<br />

Autodidakt, der Fischersohn von der Elbinsel. <strong>Holst</strong> fühlte sich lange<br />

von Schnars-Alquist unterschätzt, und vielleicht schrieb er deshalb<br />

trotzig auf sein Türschild: »Marinemaler Joh’s <strong>Holst</strong> Autodidakt«. Er<br />

setzte seinen eigenen Stolz gegen alte Wunden.<br />

Um 1903 schaute der damalige Mitinhaber der <strong>Galerie</strong> Commeter,<br />

Oberheide, dem jungen <strong>Holst</strong> beim Skizzieren im Hafen über<br />

die Schulter und bat ihn, mit einigen seiner Arbeiten in die <strong>Galerie</strong><br />

zu kommen. Dort erhielt er für seine ersten Bilder je 100 Mark. Die<br />

Passanten blieben vor dem Schaufenster stehen und bewunderten<br />

die Werke des jungen Marinemalers. Dieser frühe Erfolg legte das<br />

Fundament für sein ganzes Lebenswerk: Die Zusammenarbeit mit<br />

dem Galeristen blieb über Jahrzehnte bestehen; von der <strong>Galerie</strong> Commeter<br />

aus sind unzählige seiner Bilder in alle Welt gegangen.<br />

Immer wieder gerühmt wurde <strong>Holst</strong> für die seemännische Detailtreue<br />

auf seinen Bildern. »Man könnte danach einen Segler takeln«,<br />

sagten die Fahrensleute und: »Alles ship-shape.« Die Schlüssigkeit,<br />

die Übereinstimmung von Wind, Wolken, Wellen, Licht und Betakelung<br />

war seine Stärke. Kaum einer hat es ihm in den kommenden<br />

Jahrzehnten in dieser Kunst gleichgetan.<br />

Diese Stimmigkeit hatte <strong>Holst</strong> seinerseits bei dem englischen<br />

Marinemaler John Robert Charles (Jack) Spurling (1870 London<br />

– 1933 London) bewundert. Spurling hatte als Sechzehnjähriger<br />

auf einem Großsegler angeheuert und wurde später ein erfolgreicher<br />

Marinemaler. Er war sich seines Könnens so sicher, daß er<br />

eine Belohnung von 10 000 Pfund Sterling für jeden aussetzte, der<br />

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ihm einen Fehler in Rigg oder Segeln nachwies – trotz des damals<br />

immensen Betrags hat niemand die Belohnung je reklamiert. Die<br />

Gemälde von Spurling sind heute nicht nur in Großbritannien sehr<br />

begehrt und kaum zu erhalten.<br />

Es ist sehr bemerkenswert, daß in dieser frühen Schaffensperiode<br />

von 1903 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs etliche von <strong>Holst</strong>s<br />

besten Werken entstanden sind. Sie zeichnen sich durch exakte<br />

Detaildarstellung dort, wo das Auge es erwartet, aus (bis hin zu den<br />

Nähten der Segel), sowie durch eine flüssige Pinselführung, wo dies<br />

zur stimmungsvollen Wiedergabe von Wasser, Wind und fliegender<br />

Gischt nötig ist. Manchmal über den Horizont hinausragende Wellenkämme<br />

erinnern an Melbye, gewaltige Wellentäler, von denen oft<br />

nur ein einziges den ganzen Vordergrund des Bildes ausfüllt, er öffnen<br />

dramatische Perspektiven. Die Wolkenbildung ist häufig noch nicht so<br />

dunkel und bedrohlich wie in späteren Jahrzehnten.<br />

Beispielhaft für diese Schaffensperiode ist eine ganze Reihe<br />

von Gemälden, so das Winterbild »Altenwerder Ewer im Eis« von<br />

1907. Offensichtlich sind die Fischer auf der Unterelbe vom strengen<br />

Winter überrascht worden und versuchen, den schützenden<br />

Hafen zu erreichen. Ein Manövrieren ist fast unmöglich, und die<br />

Fischer beraten, was zu tun sei. Schon versucht einer von ihnen,<br />

über die dicken Eisschollen das Ufer zu erreichen – ein gefährliches<br />

Unterfangen. Da der Blick nach Norden geht, ist am Rauch eines<br />

Eisbrechers im Hintergrund zu erkennen, daß ein scharfer Ostwind<br />

weht. Die braun gelohten Segel bilden einen wunderbaren Kontrast<br />

zum frostklaren Winterhimmel.<br />

Erwähnung verdient auch sein Bild des Fünfmastvollschiffes<br />

Preussen von 1909, heute in der Kap-Hornier-Sammlung des Deutschen<br />

Schiffahrtsmuseums in Bremerhaven. Für F. Laeisz, die berühmte<br />

Hamburger Reederei der »Flying P-Liner«, hat <strong>Holst</strong> schon<br />

bald nach der Jahrhundertwende gemalt. Leider sind alle Bilder im<br />

Besitz dieser Reederei im Krieg durch den Brand im Laeisz-Hof an<br />

der Trostbrücke in Hamburg vernichtet worden. Die Preussen, das<br />

einzige Fünfmastvollschiff, 1902 von Joh. C. Tecklenborg in Geestemünde<br />

gebaut, gehörte jahrzehntelang zu <strong>Holst</strong>s Lieblingsthemen.<br />

Sie repräsentierte eindrucksvoll den Höhepunkt des Segelschiffbaus

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