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Broschüre - opera viva

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NABUCCO – EIN SCHACHSPIELGiuseppe verdi wurde am 10. Oktober 1813 bei Busseto geboren. Er wuchs ineinfachen verhältnissen im von napoleonischen Truppen besetzten HerzogtumParma auf. Nach zwei erfolglosen Opern, dem Tod seiner Kinder und dernoch jungen Frau war verdi so deprimiert, dass er beschloss, das Komponierenaufzugeben. Nach über einem Jahr konnte ihn jedoch der Direktor derScala zu einem weiteren Werk überreden. Er und sein Librettist TemistocleSolera suchten eine Geschichte, die ihren Zustand im zum Teil von fremdenTruppen besetzten Italien wiedergab. Da stiessen sie durch Zufall auf dieGeschichte Nebukadnezar II. Dieser lebte um 600 vor christus als grosserHerrscher des riesigen babylonischen Reiches. Er überfi el das KönigreichJudäa und zerstörte Salomons Tempel in Jerusalem. In der Folge wurdenviele Geiseln zu Zwangsarbeit nach Babylon verschleppt. Nabucco erwies sichals Sensationserfolg.«Theater ist Erfi ndung der Wahrheit, nicht ihreAbbildung» Giuseppe VerdiMir liegt es fern eine pseudohistorische version dieser vorchristlichen Geschichtewiederzugeben. Es kann für mich nicht darum gehen, eine folkloristischeFantasie auszuleben. Gut ausstaffi erte Sänger und schön dekoriertechöre lenken eher vom Wesentlichen ab. Zu weit im Dunkel der Geschichteliegt der Stoff, als dass wir uns mit theatralischen Mitteln anmassen sollten,glaubhaft ein genaues Bild desjenigen machen zu können.Genauso wenig macht es Sinn, den Stoff in die moderne Zeit zu verschieben– auch der Holocaust kann nicht als Hintergrund dienen, denn die Hebräerwurden unter Nebukadnezar grösstenteils nicht getötet, es ging ihm nichtum die Säuberung einer Ethnie, sondern sie wurden gefangen genommenund in sein Land verschleppt. Hier allerdings konnten sie sich relativ freibewegen, sich assimilieren und einige errangen mit der Zeit Ansehen undhohe Posten in Babylon. Trotzdem blieb die Sehnsucht nach der Heimat daszentrale Thema der Juden – das Lied «va pensiero sull’ali dorate» gilt alsHymne des Heimwehs.Interessant sind für mich die Themen, die die Personen in Nabucco miteinanderverhandeln; es geht um Macht, Ringen um Macht, Machtmissbrauch, Liebe,Liebesentzug, Hass, Intrige. Eigentlich eine Familiengeschichte: Der vater wirdvon seiner Adoptivtochter Abigaile entmachtet, er wird verrückt vor Zorn,erhebt sich über Gott und stürzt in tiefe Finsternis. Abigaille liebt den JudenIsmaele, dieser aber liebt die richtige Tochter Nabuccos Fenena. Geläutertsagt Nabucco dem heidnischen Glauben ab und befreit Fenena vor derTodesstrafe, die Abigaille aus Rache über sie verfügt hat. In Selbsterkenntnisbringt Abigaille sich am Ende selber um.Ich möchte diese Geschichte auf eine stilisierte Ebene heben; Wie einSchachbrettspiel breitet sich das Geschehen vor dem Publikum aus: DieHebräer sind weiss gekleidet, Jerusalem ist in Weiss getaucht (Synagogensind traditionell weisse Räume), der abendländische Glauben manifestiertsich im geschriebenen Wort – gegenständliche Darstellungen sind im jüdischenGlauben verboten; dagegen das heidnische Babylon, in dem Schwarzund Gold dominieren: Prunk, Finsternis, Fabelwesen, der Gott Marduk (Baal).Dieser Gott ist manifest, bildlich, sinnlich, physisch. Der chor, das sind dieSchachbauern, selbst ihre Gesichter sind weiss oder schwarz, hervorgehobendie ungeschminkten Schachkönige (Nabucco, König der Babylonier und Zaccaria,der Führer der Juden), die Schachdamen (Abigaille und Fenena) undder Läufer (Ismaele, der «verräter» in den Augen der Juden, aber auch vonAbigaille – ein Spielball).Wie im Schach hat jeder Zug der gegnerischen Partei einen grossen Einfluss auf das eigene verhalten. Eine Figur agiert, die andere reagiert, diesereagiert auf die Aktion und schon gibt es Krieg! Die Personen werden vonihren Urtrieben, der Liebe und dem Machtstreben geleitet. Am Ende bekehrtsich der desillusionierte Nabucco zum jüdischen Glauben, aus schwarz wirdweiss.Die Musik soll sich ohne Ablenkung durch falsch empfundenen Naturalismusvoll entfalten können.René Schnoz22 23

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