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Siegessäule - Femme!

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<strong>Femme</strong>s durch und durch divers. So wie Katinka. „Klar bin ich eine<strong>Femme</strong>“, sagt sie. „Aber ich bin auch ein Boy.“ Das ist vielleichtder Knackpunkt: Eine <strong>Femme</strong> definiert sich selbst.Ein wichtiger Teil der Kultur ist die Auflehnung gegen generellgeltende Schönheitsideale. Inszenierung ist Politik. <strong>Femme</strong>s gibtes in groß und klein, dicker und dünner, mit Wallemähne oder tätowierterGlatze. „Femininität kann man auch äußerst seltsam,unattraktiv oder sonst wie störend gestalten“, findet Andrea.„Was mich aber am allermeisten nervt, ist die ständige Unterstellung,ich wäre nur deswegen feminin, weil ich nicht als lesbischoder queer sichtbar sein wolle. Wenn dem so wäre, würde ich mirwohl kaum seit zwölf Jahren große Mühe geben, meine Feminininitätauch außerhalb irgendwelcher ‚Szenen’ erkennbar queerzu gestalten. Was übrigens ganz gut zu klappen scheint – jedenfallshaben Heteroleute im Schnitt wesentlich weniger Problemedamit, mich als queer zu lesen, als der Durchschnitt der Lesben.“Diesen Kampf innerhalb der eigenen Kultur kennen fast alle<strong>Femme</strong>-ininitäten. Der Irrglaube, feminine Frauen hätten es leichterin der Welt, ist fest verankert. Die einzige Welt allerdings, inder das zutreffen mag, ist die schwule. Bei vielen Schwulen habenfeminine Lesben wie auch <strong>Femme</strong>s einen Stein im Brett – darüberhinaus stimmt das Vorurteil nur begrenzt. Klar bedient der Kellnereines Heterolokals eine unter Umständen schneller, aber derSexismus trifft dafür auch von beiden Seiten: Die politische Szenebehauptet, feminines Auftreten würde das Patriarchat unterstützen,andere Lesben sehen in <strong>Femme</strong>s Sexobjekte und ein Gros derHeterowelt hält einen entweder für bescheuert, macht Vorschlägefür Dreier oder ist davon überzeugt, der Richtige sei einer einfachnoch nicht über den Weg gelaufen. Gähn.Es ist unübersehbar, dass die Identitätssuche und -findung, die hinterdem Label steckt, mehr umfasst als Äußerlichkeiten und Attitüde.<strong>Femme</strong>s sind Kämpferinnen, denn sie haben nach einem ofttristen Dasein in der glamour- und glitterfeindlichen Lesbenweltden Sprung aus dem Schrank ein zweites Mal geschafft. In vollerMontur. Sie haben sich freigeschwommen und aus der Zwangsbindungan die Butches eine wunderbare Option gemacht. Denn:„Wenn <strong>Femme</strong> nicht ohne Butch ginge, wär ich ja nichts, wenn ichmit niemandem zusammen bin!“, empört sich Sabrina. „MeineIdentität hängt doch wohl nicht von meinen Sexualpartner oderSexualpartnerinnen ab oder davon, in wen ich mich verliebe.“Und weil sie den Kampf um Anerkennung und Sichtbarkeit kennen,ist es den meisten auch ein Bedürfnis, die Vielfältigkeit der<strong>Femme</strong> ist eine Kampfansagean traditionelle Femininitätqueeren Community zu sichern. <strong>Femme</strong>s sind auf Transgendertagungenund Demos zu finden, sie streiten Seite an Seite mit Trans*und Inter für die Sprengung der Zweigeschlechtlichkeit. Die Abschaffungder Geschlechtergrenzen ist umso wichtiger, da <strong>Femme</strong>ssich als eigenes Gender sehen. Manche sprechen von einer Transitionvon weiblich zu <strong>Femme</strong> (FtF – Female to <strong>Femme</strong>).„<strong>Femme</strong>-Identität allerdings auf eine reine Genderidentität zuverkürzen, halte ich auch für einen Fehler. Denn <strong>Femme</strong>ness istauch eine sexuelle Identität. Begehren und Dynamik stehen sicherlichim Vordergrund“, findet Sabine Fuchs. Eine Theorie, diefür Rabea gar nicht funktioniert. Im Gegenteil. „<strong>Femme</strong> als Genderzu sehen heißt für mich, dass es nicht um eine bestimmte sexuelleOrientierung geht“, setzt sie dem entgegen, fügt jedochgemäß der Jede-definiert-selbst-Regel lächelnd hinzu: „Dasmögen andere anders sehen und das ist auch völlig okay.“So entwickelt sich jede <strong>Femme</strong> in ihrem eigenen Kosmos, nur getragenvon dem Wissen um den Schatz der „Weiblichkeit“ und dieFähigkeit, diesen Schatz in alle Richtungen auszuweiten und zuverbiegen. Und so kleben sich <strong>Femme</strong>s Bärte an und werden Kings,tragen Perücken und sind Queens. Egal, ob in High Heels oderTurnschuhen: „<strong>Femme</strong>-ininität ist eine Widerstandsform gegenGeschlechternormen und Sexualitätsnormen. <strong>Femme</strong> ist eineKampfansage an die traditionelle Vorstellung von Femininität alsschwach, hilflos und unbedeutend“, betont Sabine Fuchs. An dervielbeschworenen Femininisierung der Szene zweifelt sie allerdings.„Und selbst wenn, dann wäre das genauso wenig eine Gefahrwie eine ‚Maskulinisierung’. Es sind die Normierungen unddie daraus resultierenden Zwänge und Ausschlüsse, die uns denRaum zum Atmen nehmen.“ Noch einfacher formuliert: „Gendersoll Spaß machen – was soll daran gefährlich sein?“Wer nun das Gefühl hat, dass eine feminine Lesbe leichter zu handelnist als eine <strong>Femme</strong>, dem sei gesagt: Kann sein. Und wem derUnterschied noch nicht klar ist, dem sei geraten: Im Zweifelsfallnachfragen. Möglicherweise ist ein Schulterzucken die Antwort.Oder ein Fragezeichen, ein Vortrag, ein entnervtes Stöhnen. Vielleichtein kapriziöses Lächeln hinterm Bart. Oder auch ein deftigerFluch aus rot gemaltem Mund.Tania Witte

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