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Aachener Zeitung

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Bonifatius Stirnberg feiert 80. Geburtstaghttp://www.aachener-zeitung.de/news/kultur/bonifatius-stirnberg-feiert-...2 von 4 17.04.2013 11:45erheben oder einen Harlekin alberne Possen treiben. Oder respektlos umgekehrt. Stirnbergs figurale Werke„laden zur Interaktion ein“, schreibt Erwin Klein in einem neuen Buch über den <strong>Aachener</strong> Bildhauer (sieheKasten). Die Leute sollen die Objekte anfassen, um sie besser erfassen und begreifen zu können. „DerBetrachter wird wie von Zauberhand zum Mitgestalter und tritt dadurch mit Stirnbergs Kunst in einenhaptischen Dialog“, will heißen, in einen den Tastsinn betreffenden Dialog, „der Kopf, Herz und Handeinbezieht und eine spielerische, aber äußerst komplexe Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk freisetzt“.Der Künstler selbst sagt es schlichter: „Dafür sind meine Brunnen schließlich gemacht. Ich finde es toll,wenn die Bronze richtig blank ist von den vielen zupackenden Händen. Meine Kunst ist Kunst zumAnfassen.“ Er freut sich, dass die Menschen die Figuren berühren und nicht wie gewöhnlich vor der „hehrenKunst“ in Ehrfurcht erstarren.Wenn die großen Namen der Bildhauer-Zunft fallen, ist Bonifatius Stirnberg nicht darunter. Der „deutscheBildhauer“ einer unter „ferner liefen“, ein Handwerker nur? Ist Kunst nicht Kunst, wenn sie VolkesEmpfinden trifft? Bonifatius Stirnberg ein Brunnenbauer nur? Den ob all der niedlichen Püppchen undpossierlichen Tierchen ein naserümpfender <strong>Aachener</strong> Kunst-Kollege einmal wissen ließ, am liebsten würdeer ihn umbringen. Der Erfolg beschere viele Neider, reagiert Stirnberg auf solche Anwürfe heute gelassen.Kritik akzeptiere er, sie dürfe aber „nicht runtermachen und gemein sein“.Und dann kann der freundlich dreinblickende und plaudernde alte Herr, agil und quirlig wie eh und je, dochganz schön aus der Haut fahren, wenn er über die Kunstszene lästert. Die beobachte er genau, doch meide ersie und alle Galeristen „ganz absichtlich wie die Pest“. Für ihn gibt es „unwahrscheinlich viele Künstler,tausend oder mehr, hervorragende Künstler“, doch die Kunstszene lasse nur sehr wenige gelten und nachoben. Weil nur so deren merkantiler Wert hochgehalten und das lukrative Geschäft gemacht werden könne.Von dieser Szene werde heute jemand gefeiert und morgen niedergemacht.„Das ist das System“, graust es den alten Herrn, und er schickt ein „Ich habe etwas gegen Kunst zumKotzen“ hinterher. Kunst à la Georg Baselitz oder Jeff Koons, nennt und bekennt Stirnberg offen, ist nichtseine Welt. Was die Szene über ihn denkt, lässt ihn kalt. Und er kann beim nächsten Atemzug doch grübeln,warum und wieso „manches Kunst ist und Stirnberg nicht“. Der bald 80-Jährige hält sich Trost parat: In 50Jahren sei es mit den Modernen vielleicht aus und vorbei „und der Stirnberg ist etwas wert, mal abwarten“.Dann lacht der alte Herr über das ganze Gesicht.Wer Gefahr läuft, Stirnberg nur als volkstümelnden Brünnchenbauer abzutun, dem sei allerdings empfohlen,in der näheren Umgebung einmal seinen – oft mit viel Ironie – Geschichte und Geschichten erzählendenObjekten näherzutreten. Allein in Aachen sind es 16, neben dem Puppenbrunnen der „Mösche“-Brunnenetwa, das Spielschiff, das Straßenbahn-Denkmal, die Pferde vor dem Hauptbahnhof, in Monschau derTuchmacherbrunnen, in Eschweiler die grandiose Michaelsplastik vor St. Peter und Paul und derSonnenwagen, in Alsdorf die „Heggeströver“, in Hückelhoven die Kuhtränke, „Dürener Originale“ in Düren,in Korschenbroich der Andreas-Brunnen, in Übach-Palenberg der zauberhafte Mäusebrunnen mit Tierenvoller menschlicher Eigenschaften, in Jülich der „Muttkrat“-Brunnen mit der Schutzpa-tronin Minerva, derDorfbrunnen in Geilenkirchen-Prummern, der Rattenkarneval in Heinsberg – um nur einige zu nennen.Wer schaut, sieht die Kunst. Von 1962 bis 1966 studierte der damals schon zum Meister geprüfteHolzbildhauer an der Kunstakademie Düsseldorf Bildhauerei. Der große Joseph Beuys war sein Professor.Unter allen Bewerbern hatte Beuys den <strong>Aachener</strong> ausgewählt. Mit ihm und einer Handvoll weiterer„verrückter Typen“, darunter auch Jörg Immendorff, gründete Beuys seine erste Klasse an der Akademie.Der Lehrer empfing den Schüler mit dem Satz: „Ich hoffe, dass Sie das, die eingereichten Arbeiten, in einemhalben Jahr als abschreckendes Beispiel betrachten.“

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