13.07.2015 Aufrufe

Der Millikan-Versuch als Remotely Controlled ... - RCL-Portal

Der Millikan-Versuch als Remotely Controlled ... - RCL-Portal

Der Millikan-Versuch als Remotely Controlled ... - RCL-Portal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Didaktik der PhysikFrühjahrstagung Regensburg 2007<strong>Der</strong> <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> <strong>als</strong> <strong>Remotely</strong> <strong>Controlled</strong> Laboratory (<strong>RCL</strong>)Sebastian Gröber, Martin Vetter, Florian Glas, Bodo Eckert, Hans-Jörg JodlTU Kaiserslautern, Fachbereich Physik, Erwin-Schrödinger-Str., 67663 KaiserslauternKurzfassungDie Spannweite des Unterrichts zur Bestimmung der Elementarladung mit dem <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> reicht vom Auslassen des <strong>Versuch</strong>s bis zu einer umfangreichen, der historischen undphysikalischen Bedeutung dieses <strong>Versuch</strong>es gerecht werdenden Behandlung. Nach Darstellungder Ursachen für eine eingeschränkte Behandlung werden Lösungen von mediendidaktischerund methodischer Seite aufgezeigt.<strong>Der</strong> <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> wurde <strong>als</strong> über das Internet in Echtzeit durchführbares Realexperiment(<strong>RCL</strong>) ausgeführt. Im Webcam-Bild lässt sich das Steigen und Fallen der Öltröpfchen verfolgenund die Messwerte am PC aufnehmen. <strong>Der</strong> <strong>Versuch</strong>saufbau und die Webseite zur Bedienungdes Experiments werden vorgestellt. Die mediendidaktischen Eigenschaften von <strong>RCL</strong>swerden im Kontext zweier Unterrichtsszenarien zum <strong>RCL</strong> „<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>“ genutzt: Daseine Szenario zeichnet sich durch eine Blended-Learning-Struktur aus, das andere ist ein Gruppenpuzzle.1. Bedeutung des <strong>Versuch</strong>s<strong>Der</strong> nach dem amerikanischen Physiker Robert Andrews<strong>Millikan</strong> (1868 – 1953) benannte <strong>Versuch</strong> zähltzu den bedeutendsten <strong>Versuch</strong>en der Physik. Bis indas Jahr 1913 verbesserte <strong>Millikan</strong> mit seiner Apparaturstetig die Genauigkeit des Werts der Elementarladung[1]. Niels Bohr profitierte davon im gleichenJahr in seinem die Atomphysik vorantreibendenAtommodell. Aus der Elektronenbewegung inmagnetischen Feldern konnte nun auch die Elektronenmassebestimmt werden. Die Verleihung desPhysik-Nobelpreises im Jahre 1923 an <strong>Millikan</strong> fürseine Arbeiten zur Elementarladung und zum photoelektrischenEffekt war ein krönender Abschluss.Für den Unterricht besitzt der <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> einhohes physikdidaktisches Potential mit folgendenAspekten:• Entwicklung einer Messmethode zur Ladungsbestimmung,• Gewinnung, Darstellung und Auswertung größererDatenmengen,• Entdeckung der Ladungsquantelung und dieBestimmung der Elementarladung,• Geschichtliches zum <strong>Versuch</strong>, wie Hypothesenzur Existenz der Ladungsquantelung, der historische<strong>Versuch</strong>saufbau und Details der <strong>Versuch</strong>sdurchführung,die Durchführung der Originalmessungenund <strong>Millikan</strong> <strong>als</strong> Wissenschaftler.Heute kann mit gegenüber der Originalapparaturvereinfachten <strong>Versuch</strong>sgeräten der Lehrmittelhersteller[2, 3] die Elementarladung in der SekundarstufeII und in Grundpraktika der Hochschule mitausreichender Genauigkeit bestimmt werden. Allerdingsbleibt die Breite und Tiefe der Behandlunginsbesondere beim Unterrichten von Gruppen bzw.Kursen in der Schule hinter der historischen undphysikdidaktischen Bedeutung zurück. Dies zeigenschulische Erfahrungen und die Lehrpläne der Länder[4]:• <strong>Der</strong> <strong>Versuch</strong> ist nicht aufgeführt, oder es wirddarauf verwiesen, ihn außerhalb der regulärenUnterrichtszeit durchzuführen. Faktisch bedeutetetdas, dass der <strong>Versuch</strong> höchstens in Ausnahmefällendurchgeführt und der Wert der Elementarladungoft nur mitgeteilt wird.• <strong>Der</strong> <strong>Versuch</strong> wird reduziert auf die Anwendungvon Gesetzen aus der Mechanik und Elektrostatik.Dadurch steht nicht die eigentliche Physikdes <strong>Versuch</strong>s, sondern die mathematische Behandlungder Messmethode im Mittelpunkt.• <strong>Der</strong> <strong>Versuch</strong> wird - meist in Grundkursen - eingeschränktauf die Behandlung der Schwebemethode.Dadurch wird zwar die Mathematik zum<strong>Versuch</strong>, aber nicht das Verständnis der Messmethodeeinfacher. Weiterhin liefert die Schwebemethodeungenauere Messergebnisse.• Das Verständnis des <strong>Versuch</strong>s wird auf „Nachvollziehenund Erläutern, wie im <strong>Versuch</strong> die E-lementarladung bestimmt wird“ nivelliert. Esentsteht der Eindruck, dass dem Schüler ein Verständnisder Komplexität des <strong>Versuch</strong>s nicht zugetrautwird oder der <strong>Versuch</strong> unter den derzeitigenschulischen Rahmenbedingungen nicht adäquatunterrichtet werden kann.2. Ursachen für eine eingeschränkte BehandlungDie Gründe für eine eingeschränkte Behandlung des<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s sind vielfältig:• Hoher Zeitaufwand für die <strong>Versuch</strong>sdurchführung:Für Einzelmessungen mit einem Öltröpfchenmüssen eine Vielzahl von Tätigkeiten ausgeführtwerden, ausreichend genaue Messungen


2Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Prinzips eines <strong>RCL</strong>.erfordern ein gewisses Maß an Routine, eskommt schon nach relativ wenigen Messungenzu Ermüdungserscheinungen der Augen, und füreinen einigermaßen sicheren Nachweis der Ladungsquantelungmuss die Ladung von vielenÖltröpfchen bestimmt worden sein.• Eingeschränkte Beteiligungsmöglichkeit derSchüler: <strong>Der</strong> höchstens einmal an Schulen verfügbare<strong>Versuch</strong> ist ein typisches Lehrerexperiment,bei dem die Aufnahme der Messwerte vonsich bewegenden Öltröpfchen mittels Standardapparaturennicht mitverfolgt werden kann. EineÜbertragung mit Hilfe von Kamera und Monitorerlaubt lediglich das Mitverfolgen der Messungen,aber keine eigenen, unabhängigen Messungendurch mehrere Schüler (-gruppen).• Verständnisprobleme der Schüler: Die StokesscheReibungskraft wird einmalig in der Oberstufein Verbindung mit dem <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> benötigtund wird meist aus Zeitgründen nicht systematischeingeführt. Für Schüler erscheint besondersbei einer lehrerzentrierten Behandlungdes <strong>Versuch</strong>s die Zeitdauer, bis ein <strong>Versuch</strong>sergebnisvorliegt, im Vergleich zu anderen <strong>Versuch</strong>enhoch, und Motivation und Interesseschwinden. Einem Teil der Schüler bereiten auchdas Erkennen eines Gleichungssystems in einemphysikalischen Zusammenhang und Umformungenmit Potenzen Probleme.Im Folgenden wird zunächst dargestellt, was ein<strong>Remotely</strong> <strong>Controlled</strong> Laboratory (<strong>RCL</strong>) ist, und eswird der Aufbau des <strong>RCL</strong> „<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>“ beschrieben.Anschließend sollen zwei Unterrichtsszenarienzeigen, wie durch Abstimmung von Medium(<strong>RCL</strong>), Inhalt (<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>) und Methoden(Blended-Learning, Gruppenpuzzle) den genanntenProblemen begegnet werden kann.3. Prinzip eines <strong>RCL</strong>Mit einem <strong>Remotely</strong> <strong>Controlled</strong> Laboratory (<strong>RCL</strong>)kann ein Realexperiment über das Internet durchgeführtwerden (Abb. 1). Clientseitig ist der Nutzerüber die Nutzer-Internet-Schnittstelle (Webseite imBrowserfenster) mit dem Internet verbunden. Serverseitigist das mit Aktoren (z. B. Schrittmotor,Schalter) und Sensoren (z. B. Fotodiode, Spannungsmesser)ausgestattete Experiment über dieExperiment-Internet-Schnittstelle (Webserver, Interface,Webcam) mit dem Internet verbunden. DasExperiment und die Experiment-Internet-Schnittstelle bilden das <strong>RCL</strong>. Auf der Webseiteeingegebene Befehle werden nach der Verarbeitungdurch den Webserver und das mit einem Mikrocontrollerzur Steuerung ausgestattete Interface an dieAktoren weitergeleitet. In umgekehrter Richtungkönnen Messwerte der Sensoren auf der Webseiteausgegeben werden. Eine oder zwei Webcams erlaubeneine visuelle Rückmeldung über durchgeführteAktionen, das Beobachten von <strong>Versuch</strong>sergebnissenund das Ablesen von Messwerten. Detailliertetechnische Informationen sind unter [5, 6] zufinden.4. <strong>RCL</strong> „<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>“ <strong>als</strong> modifiziertesRealexperimentBeim <strong>RCL</strong> „<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>“ wurde das <strong>Millikan</strong>-Grundgerät der Firma Leybold modifiziert unddurch Aktoren und Sensoren erweitert [7] (Abb. 2):• <strong>Der</strong> Austausch der Glühlampe im <strong>Millikan</strong>-Grundgerät gegen eine weiße LED gewährleisteteinen höheren Kontrast (bessere Sichtbarkeit derÖltröpfchen vor dunklem Hintergrund) und längereLebensdauer der Lichtquelle (Wartungsfreiheitdes <strong>Versuch</strong>s). Gleichzeitig werden durchdie geringere Wärmeentwicklung der LED Konvektionsströmeder Luft im Kondensator unddamit störende seitliche Driftbewegungen derÖltröpfchen minimiert.• Zum Einblasen von Öltröpfchen erzeugt einAirbrush-Kompressor den notwendigen Luftdruck.Durch Öffnen und Schließen eines Magnetventilswird ein stoßartiger Luftstrom durchden Ölzerstäuber erzeugt.• Eine den Lichtverhältnissen im Kondensatorangepasste, nachtempfindliche und an das Mikroskopokularangeflanschte Webcam liefert einBild mit ausreichend hellen Öltröpfchen und einerAuflösung von 320 x 240 Pixel. Das 135 mm


31zumWebserver4562379 8zumAirbrush-KompressorAbb. 2: <strong>Versuch</strong>saufbau und Steuermodul. <strong>Millikan</strong>-Grundgerät mit Kondensator, Beleuchtung und Mikroskop(1), Steuermodul (2), Interface (3), Webcam (4), Motor zur Fokussierung (5), seitliche Verschiebung(6), Magnetventil (7), Hochspannungsmodul (8), Hochspannungsrelais (9), nach [7].Objektiv und das Mikroskop sind so aufeinanderabgestimmt, dass der betreffende Ausschnitt desKondensators ausreichend groß dargestellt wird.Eine Echtzeit-Übertragung der Öltröpfchenbewegungwird durch das JPG-Komprimierungsverfahrender Webcam erreicht. Die Bildrate von15 Bildern/s erlaubt bei einem DSL-Anschlusseinen flüssigen Stream für eine ruckelfreie Öltröpfchenbewegungim Webcam-Bild. Über denMotor zur Fokussierung kann die Gegenstandsebeneverändert und über einen Druckerschlittenkann der Bildausschnitt seitlich verschoben werden.• Die Hochspannung für den Kondensator wird mitAbb. 3: Laborseite des <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s innerhalb des <strong>RCL</strong>-Port<strong>als</strong>.


4einem spannungsgesteuerten Modul erzeugt. Umnach dem Ausschalten der Spannung das elektrischeFeld zum Verschwinden zu bringen, wirdder Kondensator mit einem Hochspannungsrelaiskurzgeschlossen.5. Messungen mit dem <strong>RCL</strong><strong>Der</strong> <strong>Versuch</strong> erlaubt die Bestimmung der Elementarladungdurch Fallen von Öltröpfchen ohne elektrischesFeld und Steigen von Öltröpfchen im elektrischenFeld. Messungen werden über die Laborseitedes <strong>Versuch</strong>s auf dem <strong>RCL</strong>-<strong>Portal</strong> [8] durchgeführt(Abb. 3). Nach dem Einblasen der Öltröpfchen (Button„Öltröpfchen einblasen“) können zur Beobachtungim Webcam-Bild Öltröpfchen scharf gestellt(Buttons „+“ und „-“) oder der Bildausschnitt seitlichverschoben werden (Buttons „←“ und „→“).Die Steigspannung kann in 50 V-Schritten vorgewählt(drop-down-Feld), eingestellt (Button „SpannungU einstellen“) und ein- und ausgeschaltet werden(Button „U on / off“). Mit einer auf der Webseiteeingebauten Stoppuhr (Java-Applet) unterhalb desWebcam-Bildes können die Steig- und Fallzeitengemessen und gespeichert werden. Detaillierte Informationenzur <strong>Versuch</strong>sdurchführung mit dem<strong>RCL</strong> sind in [9] zu finden.Als Beispiel für das Ergebnis zeigt Abb. 4 die Verteilungvon 230 mit dem <strong>RCL</strong> gemessenen Öltröpfchenladungenin einem Histogramm.und ein zweites mit einem parallelen Vorgehen fürein inhaltlich vernetztes Lernen. Die Szenarien nutzenhierbei methodisch die mediendidaktischenEigenschaften von <strong>RCL</strong>s:• Traditionelle Lehrerexperimente können <strong>als</strong>Schülerexperimente durchgeführt werden.• Experimente können von Schülern zuhause imeigenen Tempo ohne formale Zeitvorgabendurchgeführt werden.• Experimentelle Beobachtungen und <strong>Versuch</strong>sergebnisse- und nicht theoretische Überlegungen -können zum Ausgangspunkt von Themen bzw.<strong>Versuch</strong>en gemacht werden. Auf diesem Wegwird umgekehrt auch das Interesse an der Theoriegeweckt.6.1 Unterrichtsszenario mit Blended LearningDie Struktur des ersten Szenarios (Abb. 5) entsprichtder des Blended Learning: Zuhause sammeln dieSchüler individuell experimentelle Erfahrungen mitdem <strong>RCL</strong> am PC. Im Schulunterricht wird die Präsenzder Schüler (-gruppe) zum Austausch von Wissenoder Erfahrungen und zur Strukturierung oderOrganisation des Lernprozesses genutzt.Abb. 4: Histogramm von 230 Öltröpfchenladungen,aus [7].Abb. 5: Struktur des Unterrichtsszenariosmit Blended-Learning.Aus den ersten drei deutlich voneinander abgegrenztenHäufungen um Vielfache der Elementarladungerhält man durch Mittelwertbildung e = 1,58·10 -19 C.Die breiter werdenden Verteilung um größere Vielfachevon e sind auf die zunehmend ungenauereGeschwindigkeitsmessung der schnelleren Öltröpfchenzurückzuführen. Nähere Informationen zurAuswertung des <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s sind beispielsweisein [10] zu finden.6. UnterrichtseinsatzIm Folgenden werden zwei Unterrichtsszenarienvorgestellt. Ein erstes mit einem linearen Vorgehenfür ein inhaltlich aufeinander aufbauendes LernenAbb. 6: Analogie-Experiment„Glaskugelfall in Öl“.


5Den Einstieg bildet ein Realexperiment, in dem diekonstante (End-) Geschwindigkeit einer in Salatölfallenden Glaskugel unter der Annahme einer Stokesschenoder Newtonschen Reibungskraft und dengegebenen <strong>Versuch</strong>sdaten berechnet und mit dergemessenen Geschwindigkeit verglichen wird (Abb.6). Die Messungen können in einem Lehrer- oderAuf Grundlage der physikalischen Überlegungenkann je nach Leistungsfähigkeit der Gruppe dieFormel zur Ladungsbestimmung lehrergelenkt odereigenständig in Kleingruppen erarbeitet werden.Das <strong>RCL</strong> ermöglicht es, durch kooperatives Messenausreichend Messdaten in relativ kurzer Zeit zugewinnen. Nachdem an einem Beispiel die La-Tab. 1: Struktur des Unterrichtsszenarios mit Gruppenpuzzle.Phase Inhalt(e) Ziel(e)Einführung undGruppenbildungLernen in denExpertengruppenExperiment, Theorieund GeschichteLernen in denStammgruppenTesterstellung inden Expertengruppen• Vorversuch „Fallende Glaskugel in Öl“• Fragestellung des <strong>Versuch</strong>s mit <strong>RCL</strong>• Informationen zur <strong>Versuch</strong>sgeschichte• Kooperative <strong>Versuch</strong>sdurchführung mit <strong>RCL</strong>und Auswertung z. B. mit Excel• Theorie für <strong>RCL</strong>-<strong>Versuch</strong>svariante, Berechnungvon Kräften, weitere <strong>Versuch</strong>svarianten• Zusammenstellen von Informationen zur<strong>Versuch</strong>sgeschichte• Wissensaustausch• Expertengruppen erarbeiteten Testfragen mitLösungen• Grundlagen• Motivation für Expertengruppen• Eigenständiges Arbeiten mit Materialien• Ausarbeitung und Vermittlungskonzeptfür Stammgruppe• Wissen verständlich weitergeben• Lernen mit und von anderen• Reflexion eigenen Wissenszuwachses• Verfügbares Wissen für Test zum <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>Schülerexperiment mit Stoppuhren oder anhandeines Videos [11] mit einem Videoanalyseprogrammdurchgeführt werden. Lediglich die Stokessche Reibungskraftergibt eine gute Übereinstimmung vonTheorie und Experiment. <strong>Der</strong> Einstieg hat folgendeFunktionen:• Aktivierung des Vorwissens der Schüler aus derMechanik,• experimentelle Einführung der Stokesschen Reibungskraft,• vorgelagerte Einführung der Stokesschen Reibungskraftund dadurch eine stärkere Fokussierungauf die Fragestellung des <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s,• vorbereitendes Analogie-Experiment zum <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>.Anschließend untersuchen die Schüler zuhause Unterschiedeund Gemeinsamkeiten zwischen demFallen der Glaskugel in Öl und der Bewegung desÖltröpfchens im <strong>RCL</strong> unter folgenden Aspekten:• Wissen aus dem Analogie-Experiment anwendenund selbstständig Vorwissen aus der Elektrostatiknutzen,• Offenheit bezüglich der Eindringtiefe der Schülerin den <strong>Versuch</strong> bis hin zum Entdecken des<strong>Versuch</strong>szwecks „Ladungsbestimmung“,• Vorbereitung auf Messungen zur Ladungsbestimmungmit <strong>RCL</strong>.dungsbestimmung demonstriert wurde, wird derKurs für Messungen mit dem <strong>RCL</strong> zuhause in Gruppenmit verantwortlichen Gruppenleitern aufgeteilt.Messergebnisse von den Gruppenmitgliedern werdenüber E-Mail oder andere elektronische Austauschmöglichkeitenvon den Gruppenleitern gesammelt.Folgende Aspekte sind relevant:• Die Schüler messen nicht für den Lehrer, sondernfür die Gruppe.• Es bleibt offen, ob einzelne Gruppen den Ehrgeizentwickeln, die Ladungsquantelung durch ausreichendviele Messungen zu entdecken bzw.nachzuweisen. Andernfalls kann durch Zusammenfügender Gruppenmessungen (gleichartigeTabellen verwenden) leicht die erforderliche Anzahlan Messungen erreicht werden.• Die Schüler sollten dazu aufgefordert werden,ihre Messwerte in geeigneter Weise darzustellenund unterschiedliche Repräsentationsformen kritischzu diskutieren.Für dieses Unterrichtsszenario werden ca. fünf Unterrichtsstundenbenötigt.6.2 Unterrichtsszenario mit GruppenpuzzleDas zweite Unterrichtsszenario nutzt die Methode„Gruppenpuzzle“ [12]. Die alternative Methode desStationenlernens ist ungeeignet, da sich die Inhaltedes <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s nicht in ausreichend kleineBlöcke zerteilen lassen. Das Gruppenpuzzle bietet


6gegenüber dem Stationenlernen auch den Vorteil,dass• während des Lernens ein Austausch des erworbenenWissens stattfindet,• die Aufgabe, nicht nur Inhalte selbst zu verstehen,sondern sie auch weiterzugeben (Lehrerwartung),das Lernen der Schüler befördert [13],• die Lernwirksamkeit der Methode weitgehendnachgewiesen ist [13].Zur Einführung für die Expertengruppen „Theorie“und „Experiment“ (Tab. 1) dienen die ersten beidenSchritte des vorhergehenden Szenarios. Für die dritteExpertengruppe „Geschichte“ informiert die Lehrkraftüberblicksartig zu geschichtlichen Aspektendes <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>s [14, 15, 16]. Mit der Einführungwird erreicht, dass• jede Expertengruppe eine Vorstellung von denInhalten der anderen Expertengruppen hat,• die Schüler sich nicht ohne Vorinformationeneiner Expertengruppe zuordnen müssen,• frühzeitig inhaltliche Zusammenhänge zwischenden Expertenthemen erkennbar werden.Die anschließende Arbeit und das Lernen in denExpertengruppen muss von der Lehrkraft durchMedien (<strong>RCL</strong>), Werkzeuge (Excel, Word, Power-Point), Materialien (Aufgabensammlung [17] undInternetseiten zum <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>) und Förderungdes Austauschs zwischen den Expertengruppenunterstützt und moderiert werden. Für die Weitergabedes Expertenwissens in den Stammgruppen ist dieVerschriftlichung der Lerninhalte und Überlegungen,wie das Wissen weitergegeben werden kann,notwendig.Insesondere offene Methoden, wie das Gruppenpuzzle,erfordern eine an die Methode angepassteÜberprüfung des Lernzuwachses: Die Expertengruppenentwickeln, nachdem sie sich bisher Inhalteerarbeitet, sie weitergegeben und Rückmeldungenüber den Erfolg der Weitergabe durch ihre Mitschülererhalten haben, Aufgaben für einen Test zum<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>. Damit wird der eigene Wissenszuwachstransparent und das erworbene Wissengefestigt.Für das Unterrichtsszenario sind je nachdem, wiehäufig mit offeneren Methoden gearbeitet wurde,das 1,5 bis 2-fache der Zeit des ersten Szenarios zuveranschlagen. Dies ist gerechtfertigt, da die Schüleraußer der Physik wichtige Schlüsselqualifikationen,wie z. B. eigenständig Themen erarbeiten, Arbeitenim Team oder Andere sachgerecht zu informieren,erlernen und üben.7. FazitDas Beispiel <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> zeigt, dass <strong>RCL</strong>s beientsprechender Unterrichtsorganisation es ganzenOberstufenkursen ermöglichen, quantitative Messungenan zentralen physikalischen Experimentendurchzuführen. Die konsequente methodische Integrationdes Mediums <strong>RCL</strong> in den Physikunterrichtkann damit eine stärkere Wissenschaftsorientierungdes Oberstufenunterrichts bewirken. <strong>Der</strong> einzelneSchüler hat auch außerhalb des Unterrichts Zeit, sichin <strong>Versuch</strong>e hineinzudenken und eigenständig Messungendurchführen zu können. Die Notwendigkeit,Messergebnisse zu verstehen, motiviert zu theoretischenÜberlegungen, und die Präsentation eigenerMessergebnisse schafft Verantwortung für das eigeneTun – alles Fähigkeiten, die z. B. Wissenschaftlerbrauchen und die mit einem propädeutischen Unterrichtverfolgt werden.Mit den hier vorgestellten Unterrichtsszenarien zum<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong> können Schüler die Quantisierungder Ladung entdecken. Dies hängt vom Geschickdes Lehrers und vom Vorwissen der Schüler ab.Einige Schüler kennen zwar den Wert der Elementarladung,aber die Quantisierung der Ladung ist denmeisten unbekannt. Vielleicht gelingt es erfahrbar zumachen, was einen Wissenschaftler wie <strong>Millikan</strong>antrieb, sich so lange und zielstrebig mit einem<strong>Versuch</strong> auseinanderzusetzen.8. Literatur[1] <strong>Millikan</strong>, R. A. (1924): The Electron – Itsisolation and measurement and the determinationof some of its properties, Chicago & London:University of Chicago Press.[2] Leybold Didaktik GmbH: Gebrauchsanweisung<strong>Millikan</strong>-Gerät, http://www.leybolddidactic.de/ga/5/559/559411/559411d.pdf.[3] Phywe Systeme GmbH & Co. KG: Elementarladungund <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>,http://shop.phywe.de/prod/de/362/422487/elementarladung-und-millikan-versuch.html.[4] Deutscher Bildungsserver: Lehrpläne der Länderfür allgemeinbildende Schulen,http://www.eduserver.de/zeigen.html?seite=400.[5] Vetter, M.; Gröber, S.; Eckert, B.; Jodl, H.-J.(2006): Neues vom Remote <strong>Controlled</strong> LabProjekt, In: Nordmeier, V.; Oberländer, A.(Hrsg.): Didaktik der Physik – Kassel 2006.Berlin: Lehmanns Media, http://rcl.physik.unikl.de/docs/Kassel_DD_21.2.pdf.[6] Vetter, M.; Ludwig, M. (2006): Tutorial zumSelbstbau eines <strong>RCL</strong>, http://rcl.physik.unikl.de/docs/Tutorial_<strong>RCL</strong>.pdf.[7] Glas, F. (2006): <strong>Remotely</strong> <strong>Controlled</strong> Lab:Experimentieren aus der Ferne – <strong>Der</strong> <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>, Staatsexamensarbeit, FachbereichPhysik, TU Kaiserslautern.[8] <strong>RCL</strong> <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>, erreichbar über das<strong>RCL</strong>-<strong>Portal</strong>: http://rcl.physik.uni-kl.de.[9] Messanleitung für <strong>RCL</strong> „<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>“(2007), siehe [8] unter „Aufgaben“.[10] Vogel, D. (1996): Die Auswertung des <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>es,Physik in der Schule 34 (3), S.110-113.[11] Video „Glaskugelfall in Öl“, siehe [8] unter„Aufgaben“.


[12] Meyer, H. (2006): Methodenskript “Gruppenpuzzle”,http://www.member.unioldenburg.de/hilbert.meyer/download/Gruppenpuzzle.pdf.[13] Renkl, A. (1997): Lernen durch Lehren - ZentraleWirkmechanismen beim kooperativenLernen, Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.[14] Koch, M. (1992): Robert A. <strong>Millikan</strong>: <strong>Der</strong>Zweck heiligt die Mittel, Physik in der Schule30 (6), S. 235-236.[15] Heering, P. (2006): Fragwürdiges beim <strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>,Physik in unserer Zeit 5 (37), S.227.[16] <strong>Millikan</strong>, R. A. (1913): On the elementaryelectrical charge and the Avogadro constant,Physical Review 2 (2), pp109-143,http://authors.library.caltech.edu/6438/01/MILpr13b.pdf.[17] Gröber, S. (2007): Aufgabensammlung zum<strong>RCL</strong> “<strong>Millikan</strong>-<strong>Versuch</strong>”, siehe [8] unter„Aufgaben“.7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!