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Berliner Debatte – INITIAL Landnahme und die Grenzen ...

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Allerdings basierte auch <strong>die</strong> wohlfahrtsstaatliche Pazifizierung kapitalistischer <strong>Landnahme</strong>nauf endlichen Ressourcen. Sie bewirkte eine „Zerstörung der bis dahin für denkleinbetrieblich-handwerklichen Sektor konstitutiven Strukturen, Produktionsweisen, Lebensformen<strong>und</strong> Verhaltensorientierungen“ (Lutz 1984: 213), <strong>und</strong> sie war mit fortschreitenderNaturvernutzung sowie einer Verschärfung des Nord-Süd-Gegensatzes verb<strong>und</strong>en.Zeitdiagnose: Die finanzkapitalistische <strong>Landnahme</strong> des SozialenAls Reaktion auf <strong>die</strong> erlahmende Dynamik des fordistischen Kapitalismus setzte Mitte der1970er Jahre eine Gegenbewegung ein, <strong>die</strong> sich als dreifache <strong>Landnahme</strong> bezeichnen lässt.Außerhalb der kapitalistischen Zentren ist sie (1) mit Durchsetzung <strong>und</strong> Expansion desKapitalismus vor allem in Osteuropa <strong>und</strong> den so genannten BRICS-Staaten (Brasilien, China,In<strong>die</strong>n, Russland, Südafrika) verb<strong>und</strong>en. Innerhalb der Zentren wird <strong>die</strong>se Durchdringungzuvor nichtkapitalistischer Räume <strong>und</strong> Territorien (2) genutzt, um <strong>die</strong> raum-zeitlichenFixierungen von Kapital aus der Ära des sozial-bürokratischen Kapitalismus aufzubrechen.Während <strong>die</strong> Expansion außerhalb der kapitalistischen Kernregionen teilweise dem Musterder ursprünglichen Akkumulation entspricht oder auf einer Adaption „fordistischer“ Praktikenberuht, erfolgt <strong>die</strong> Restrukturierung innerhalb kapitalistischer Zentren (3) über <strong>die</strong> Konstitution<strong>und</strong> Durchsetzung einer Basisregel, <strong>die</strong> das Leitbild des innovativen Unternehmers <strong>und</strong> mitihm das Prinzip schöpferischer Zerstörung in allen wichtigen gesellschaftlichen Feldern zuverallgemeinern sucht. Da <strong>die</strong> zeitdiagnostische Dimension <strong>die</strong>ser dreifachen <strong>Landnahme</strong>schon häufig ausgeleuchtet wurde, genügt es an <strong>die</strong>ser Stelle, das theoretische Argument zuschärfen, wobei sich <strong>die</strong> Ausführungen auf <strong>die</strong> finanzkapitalistische „innere <strong>Landnahme</strong>“ inden Kernregionen des globalen Nordens konzentrieren.Sozioökonomische Ursachen: Fiktives Kapital <strong>und</strong> VerschuldungAls Treiber der (finanz)marktgetriebenen <strong>Landnahme</strong> <strong>die</strong>nten zunächst Unternehmens- <strong>und</strong>Anlagestrategien, <strong>die</strong> angesichts von Überkapazitäten in weltwirtschaftlichen Leitbranchenneue Anlagesphären für überschüssiges Kapital erschließen sollten. Weder der Kapitalexportmittels Ausländischer Direktinvestitionen (FDI), noch <strong>die</strong> Investitionen in neue Hochtechnologie-Branchenreichten jedoch aus, um <strong>die</strong> Überakkumulationsproblematik dauerhaft zuentschärfen. Überkapazitäten finden sich mittlerweile nicht nur in den ehemaligenLeitbranchen des fordistischen Kapitalismus (allein im Wertschöpfungssystem Automobil einDrittel der Kapazität), sondern auch in zuvor wachstumsintensiven neuen Branchen (IT,Telekommunikation). Die Überakkumulationsproblematik hat <strong>die</strong> raum-zeitliche Verschiebungvon Kapital in <strong>die</strong> Finanzsphäre begünstigt. In den Kernregionen bedingte sie verlangsamtesWirtschaftswachstum. Steigende Profitraten gingen mit sinkenden Investitionsquoten einher<strong>und</strong> ließen <strong>die</strong> Finanzsphäre für Banken <strong>und</strong> institutionelle Anleger zunehmend attraktivwerden. Seit den 1970er Jahren wird <strong>die</strong> kapitalistische Dynamik in den Zentren daher inimmer stärkerem Maße von expan<strong>die</strong>renden Finanzmarktsegmenten bestimmt, <strong>die</strong> sichihrerseits durch zunehmende internationale Verflechtung, <strong>die</strong> informationstechnologischeDurchdringung <strong>und</strong> Beschleunigung von Operationen sowie einen Bedeutungszuwachsspekulativer Aktivitäten auszeichnen. Neben fehlenden Anlagemöglichkeiten in der sogenannten Realwirtschaft speist sich <strong>die</strong> Expansion der Finanzmärkte inzwischen aus zweizusätzlichen Quellen: (a) aus der zunehmenden Vermögens- <strong>und</strong> Einkommensungleichheit,<strong>die</strong> überschüssiges Geldkapital bei den begüterten Schichten konzentrierte <strong>und</strong> es so demKonsum entzieht; (b) aus der fortschreitenden Privatisierung von Alterssicherungssystemen,<strong>die</strong> institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder <strong>die</strong> Investmentabteilungen großer Banken

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