Vogelschutz-Sonderheft Rainer Wald - Der Rainer Wald
Vogelschutz-Sonderheft Rainer Wald - Der Rainer Wald
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Mit den Kauf von 85 ha Auwald im vergangenen Herbst<br />
leistet der LBV einen zentralen Beitrag zum Erhalt der<br />
Artenvielfalt in den Wäldern der Donau-Niederterrasse. In<br />
dieser und den kommenden beiden Ausgaben des Heftes<br />
<strong>Vogelschutz</strong> sollen spezielle Aspekte des <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong>es<br />
beleuchtet werden, die seine Einzigartigkeit und Schutzwürdigkeit<br />
unterstreichen<br />
<strong>Der</strong> <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong> ist einer der letzten großen Auwaldreste im<br />
Mündungsgebiet an der Großen Laaber. Er bildet zugleich<br />
das östlichste Schlussglied in einer Kette von <strong>Wald</strong>gebieten,<br />
die in der Oberpfalz auf den Niederterrassenschottern des<br />
Donauraumes zu finden sind. In Niederbayern selbst, wo der<br />
größte Teil des <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong>es liegt, finden sich dann bis zur<br />
Isarmündung keine derartigen Bestände mehr. Bei all diesen<br />
Wäldern handelte es sich ursprünglich um feuchte Bereiche,<br />
in denen Bruch-, Au- und Eichen- Hainbuchenwälder<br />
unterschiedlichster Ausprägung zu finden waren. Im letzten<br />
Jahrhundert jedoch haben in diesen Beständen Entwässerungsmaßnahmen<br />
und Gehölzumbau die natürlichen <strong>Wald</strong>gesellschaften<br />
stark verändert, zurückgedrängt oder gar zerstört.<br />
Trotzdem existieren noch Reste der natürlichen Vegetation,<br />
die als Grundlage und Referenz für die Renaturierung dienen<br />
können. Im <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong> haben wir nun die einmalige Chance,<br />
das verbliebene Potential zu nutzen, um durch gezielte<br />
Maßnahmen der Natur wieder auf die Beine zu helfen. Auch<br />
wenn die Ausweisung als Naturschutzgebiet bisher ausblieb,<br />
FOTOS: DR.FEIG, DR.STIERSTORFER, ZINNECKER (2) “FrÜhlIngserwachen”<br />
so ist die naturschutzfachliche Bedeutung des <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong>es<br />
immerhin durch seine Meldung als FFH-Gebiet gewürdigt<br />
("Wälder im Donautal", Teilgebietsnummer 7040-302.03).<br />
Als FFH-Lebensraumtypen hat unser <strong>Wald</strong> Stieleichen- und<br />
Hainbuchenwälder, sowie Auenwälder zu bieten. Unsere Aufgabe<br />
in den nächsten Jahren und Jahrzehnten (bei Wäldern<br />
muss man in Generationen denken!) wird es nun sein, die<br />
Optimierung dieser <strong>Wald</strong>gesellschaften zu unterstützen, bzw.<br />
auf einigen stark vom Menschen veränderten Flächen deren<br />
natürliche Entwicklung einzuleiten. Es ist in diesem Fall also<br />
nicht damit getan, nicht mehr einzugreifen, wie es in der<br />
Regel beim Schutz intakter Naturwälder der Fall ist. Insbesondere<br />
die Bereiche, in denen artenarme Nadelholz- oder standortsfremde<br />
Laubholzbestände (oft sogar mit fremdländischen<br />
Arten wie der nordamerikanischen Rot-Eeiche) dominieren,<br />
bedarf es fachgerechter Hilfe, d. h. es erfolgt ein schonender<br />
Gehölzumbau hin zu einem natürlichen Artenbestand: Untypische<br />
Baumarten werden nach und nach entnommen, und<br />
solche, die der "potentiellen natürlichen Vegetation" entsprechen,<br />
werden gepflanzt.<br />
Doch nicht nur das Baumarteninventar wurde in der Vergangenheit<br />
zulasten der natürlichen Vegetation verändert. Auch<br />
die Standortbedingungen, vornehmlich der Wasserhaushalt,<br />
litten unter den Eingriffen des Menschen. Entwässerungsgräben<br />
und die Regulierung der Großen Laaber haben dazu<br />
geführt, dass insbesondere an nasse Bodenverhältnisse angepasste<br />
<strong>Wald</strong>gesellschaften, z. B. Erlenbruchwälder, allmählich<br />
“FrÜhlIngserwachen”<br />
Im raIner wald<br />
ausgetrocknet sind. Noch heute weisen die Stelzwurzeln der<br />
Bäume auf die einst nässeren Bodenverhältnisse hin, während<br />
die bodennahen Stockausschläge Zeugen der früheren Niederwaldnutzung<br />
sind. Die Gelbe Schwertlilie oder die Sumpf-Ssegge<br />
sind als typische Nässezeiger aber trotzdem noch vereinzelt<br />
in solchen Beständen zu finden, gewissermaßen als Zeugen<br />
früherer Wasserstände. Sie sind aber auch Hoffnungsträger<br />
für künftige Renaturierungsmaßnahmen. Dominierend in der<br />
Krautschicht ist gegenwärtig jedoch oft das Seegras und die<br />
Rasen-Sschmiele, untrügliche Indikatoren für Degradation. Im<br />
<strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong> sind diese "trockenen" Erlenwälder häufig mit Erlen-Eschen-Auwäldern<br />
verzahnt, die nach der Wasserstandssenkung<br />
und den daraus folgenden edaphischen Veränderungen<br />
(Vererdung des Niedermoortorfes) aus echten Bruchwäldern<br />
entstehen. Wiedervernässung wird daher eine unserer vordringlichsten<br />
Aufgaben sein, d. h. Entwässerungsgräben werden<br />
rückgebaut, oder zumindest nicht mehr geräumt. Als langfristige<br />
Option – und Vision – könnte sogar die Anbindung an<br />
die natürliche Flussdynamik einer renaturierten Großen Laaber<br />
angestrebt werden.<br />
Radikal anders werden wir die <strong>Wald</strong>bewirtschaftung organisieren:<br />
Eine wirtschaftliche Nutzung wird schlicht nicht mehr<br />
stattfinden, und forstliche Eingriffe werden sich ausschließlich<br />
an naturschutzfachlichen Notwendigkeiten orientieren. Dies<br />
bedeutet, dass z. B. die beeindruckenden Alteichen ihren natürlichen<br />
Lebenszyklus ungestört vollenden dürfen. Gefallene<br />
Bäume, z. B. jene Eichen, die einem heftigen Sommergewitter<br />
Gelbe Schwertlilie Buschwindröschen Schmetterlingstramete Frühlingsbote im <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong>: Hohe Schlüsselblume<br />
im letzten Jahr zum Opfer fielen, werden im Bestand belassen.<br />
Damit beginnt zugleich ein spannendes Experiment, das<br />
in unseren Wirtschaftsforsten leider viel zu selten zugelassen<br />
wird. Insbesondere Pilz- und Käferexperten dürfen sich schon<br />
auf die Raritäten freuen, denen die liegenden Eichenstämme<br />
als Nahrung und Kinderstube dienen. Die Alteichenbestände<br />
stellen den Rest der ehemaligen Eichen-Hainbuchenwälder<br />
dar, die auf höher gelegenen Standorten die potentielle natürliche<br />
Vegetation bilden. Die kleinflächig typisch ausgebildete<br />
Krautschicht mit <strong>Wald</strong>-Llabkraut, Hoher Schlüsselblume oder<br />
Riesen-Sschwingel kann als Ausgangspunkt für eine weitere<br />
Ausbreitung dienen, sobald die Fichtenforste rückgebaut sind.<br />
Abschließend seien noch die Außengrenzen des <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong>es<br />
hin zur umgebenden waldfreien Kulturlandschaft erwähnt:<br />
Auch sie können in Zukunft durch die Förderung eines<br />
reich gegliederten, strukturreichen <strong>Wald</strong>saumes aufgewertet<br />
werden. Unser Ziel ist es, die natürliche <strong>Wald</strong>entwicklung<br />
zuzulassen, und, wo nötig, anzustoßen bzw. zu unterstützen.<br />
Damit sind die meisten Maßnahmen als Initialzündung zu<br />
sehen, um langfristig die natürlichen Prozesse ohne weiteres<br />
Zutun zu ermöglichen. Mit dem <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong> setzten wir ein<br />
wichtiges Zeichen: Neben dem konservierenden Naturschutz,<br />
etwa beim Erhalt wertvoller Offenland-Biotope, ist der Prozessschutz<br />
eine weitere, wichtige Säule zum Erhalt unserer<br />
biologischen Vielfalt. Oft jedoch bedürfen diese Prozesse einer<br />
der Starthilfe, und die wollen wir dem <strong>Rainer</strong> <strong>Wald</strong> geben.<br />
Ein Frühlingserwachen im doppelten Sinne! DR. CHRISTIAN STIERSTORFER<br />
Foto: zinnecker