Angler und Fischer in Sachsen-Anhalt - Landesfischereiverband ...
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SONSTIGES<br />
RL = Rote Liste <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> oder BRD<br />
Fischart<br />
Landesanglerverband <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> e.V. im DAV<br />
Untersuchung<br />
2000 auf<br />
2.900 m<br />
Untersuchung<br />
2004<br />
auf<br />
2.900 m<br />
Untersuchung<br />
2009 auf<br />
2.900 m<br />
Seit dem Jahre 2000 erfolgten <strong>in</strong> der Helme regelmäßige<br />
wissenschaftliche Untersuchungen<br />
mittels E-Befi schung. Dabei ergab bereits e<strong>in</strong>e im<br />
Jahre 2004 durchgeführte wissenschaftliche Studie<br />
e<strong>in</strong>e Dramatik, die kaum zu überbieten war.<br />
Denn bei den Äschen <strong>und</strong> Barben waren bereits<br />
die gängigen „Kormorangrößen“ <strong>in</strong> der Wachstumspyramide<br />
verschw<strong>und</strong>en. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e wurden an der Helme umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen<br />
sowie andere Naturschutzmaßnahmen<br />
mit dem LHW, dem Unterhaltungsverband<br />
Helme <strong>und</strong> anderen Naturfre<strong>und</strong>en<br />
<strong>in</strong>tensiviert.<br />
Nun müsste man denken, das diese Maßnahmen<br />
sich positiv auf die Fischbestände auswirken würden.<br />
Das Ergebnis dazu ist jedoch niederschmetternd.<br />
Die Fischbestände g<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> den letzten 11<br />
Jahren dramatisch zurück, während die Kormoranzahlen<br />
vor allem im W<strong>in</strong>ter an der Helme von<br />
ca. 30 auf zeitweise bis zu 200 Stück stiegen. Die<br />
wissenschaftlichen Ergebnisse von E-Befi schun-<br />
Untersuchung<br />
2011<br />
auf<br />
2.900 m<br />
Rückgang<br />
2011<br />
zu 2000<br />
<strong>in</strong> %<br />
Zuwachs<br />
2011 zu<br />
2000 <strong>in</strong> %<br />
Bemerkungen<br />
Aal RL 5 10 9 5 0 % 0 % Jährlicher Besatz<br />
Äsche RL 14 5 4 1 92,9 %<br />
Entnahmeverbot<br />
ab 2004<br />
Bachforelle RL 30 43 36 35 16,6 % Jährlicher Besatz<br />
Bachneunauge RL 0 0 2 0<br />
Blaubandbärbl<strong>in</strong>g 0 0 41 36 Neue Art<br />
Barbe RL 42 30 13 8 80,9 %<br />
Entnahmeverbot<br />
seit 1993<br />
Dreist. Stichl<strong>in</strong>g 5 105 127 39 780,0 %<br />
Döbel 37 35 67 8 78,4 %<br />
Elritze RL 0 3 5 3 Neue Art<br />
Flussbarsch 85 6 0 1 98,8 %<br />
Giebel 439 426 15 29 93,4 % Aus Stausee<br />
Groppe RL 11 84 417 312 2.839 %<br />
Gründl<strong>in</strong>g 155 113 140 22 85,8 %<br />
Güster 2 1 0 0 Verschollen<br />
Hasel RL 77 248 229 22 71,4 %<br />
Hecht RL 6 3 0 8 33,3 %<br />
dav. 7 Hechte<br />
e<strong>in</strong>sömmrig<br />
Karpfen 2 2 1 1 50,0 %<br />
Kaulbarsch 306 18 56 47 84,6 %<br />
Moderlieschen 0 0 2 2 Neue Art<br />
Plötze 555 328 235 107 80,7 %<br />
Rotfeder 1 0 0 0 Verschollen<br />
Schleie 3 3 6 3 0 % 0 % Aus Stausee<br />
Schmerle RL 25 39 53 47 88 %<br />
Ukelei 2 Neue Art<br />
Zander 1 0 6 0 Verschollen<br />
Summe: 1.801 1.502 1.456 793 56 %<br />
Artenanzahl: 20 19<br />
21 dav.<br />
11 RL<br />
20 dav<br />
10 RL<br />
Tabelle 2 Zusammenfassung der wissenschaftlichen Untersuchung an der Helme mittels E-Befi schung durch das Büro für<br />
Gewässerökologie <strong>und</strong> <strong>Fischer</strong>eibiologie Dr. Guntram Ebel <strong>in</strong> drei Referenzstrecken der Helme (<strong>in</strong>sgesamt 2.900 m).<br />
H<strong>in</strong>weis: Da die Beprobungsstrecken <strong>in</strong> den Jahren 2000 <strong>und</strong> 2004 länger waren, wurden die damals ermittelten Fischbestände<br />
auf die 2.900 m der Beprobungsstrecken 2009 <strong>und</strong> 2011 zur Vergleichbarkeit heruntergerechnet.<br />
24 <strong>Angler</strong> <strong>und</strong> <strong>Fischer</strong> <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
gen an drei Referenzstrecken <strong>in</strong> den Abschnitten<br />
Kelbra, Bennungen (Laichschonbezirk) <strong>und</strong> Kathar<strong>in</strong>enrieth<br />
von je knapp 1.000 m machen dies<br />
anschaulich deutlich (Tabelle 2).<br />
Diese Zahlen verdeutlichen e<strong>in</strong>en dramatischen<br />
Rückgang fast aller Fischarten. Lediglich Groppen<br />
<strong>und</strong> Stichl<strong>in</strong>ge sche<strong>in</strong>en von den Renaturierungsmaßnahmen<br />
zu profi tieren. Die Groppen als<br />
Bio<strong>in</strong>dikator für sauberes Wasser s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>zwischen<br />
<strong>in</strong> der gesamten Helme anzutreffen <strong>und</strong> profi tieren<br />
besonders von der verbesserten Wasserqualität<br />
<strong>und</strong> den Renaturierungsmaßnahmen. Dabei<br />
ist jedem <strong>Angler</strong> klar, dass die vor allem nachtaktiven<br />
Groppen sich am Tag unter Ste<strong>in</strong>en verstecken<br />
<strong>und</strong> deshalb e<strong>in</strong>en gewissen Schutz vor den<br />
e<strong>in</strong>fl iegenden Kormoranen haben. Während bei<br />
vielen Flussfi scharten (außer bei den durch Besatz<br />
gestützten Arten Bachforelle <strong>und</strong> Aal) die Bestandsrückgänge<br />
teilweise weit über 80% liegen,<br />
ist der Bestandsrückgang bei Äschen <strong>und</strong> Barben<br />
besonders dramatisch.<br />
Die Helme gehört zur sogenannten Äschen- bzw.<br />
Barbenregion. In e<strong>in</strong>em „ges<strong>und</strong>en“ Fluss müssten<br />
35 – 40 % der Biomasse <strong>in</strong> der jeweiligen<br />
Fließgewässerregion aus den Leitfi scharten bestehen.<br />
Der dramatische Rückgang dieser Leitfi scharten<br />
zeigt, dass diese im Laufe der Evolution<br />
ke<strong>in</strong>e Abwehrmechanismen gegen solche Kormoranüberpopulationen,<br />
wie sie <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
anzutreffen waren, aufbauen konnten. Dies<br />
bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass es nie<br />
solche riesigen Kormoranbestände gegeben haben<br />
kann. Für dieses Kormoranproblem ist ausschließlich<br />
der Mensch u.a. durch e<strong>in</strong>seitige<br />
Schutzmaßnahmen des Kormorans, Schaffung<br />
von künstlichen Gewässern (Tagebaurestgewässer,<br />
Stauseen) die fortschreitende Klimaveränderung<br />
<strong>und</strong> natürlich auch die Beseitigung von<br />
Fischunterständen durch Ausbaumaßnahmen<br />
verantwortlich.<br />
Immer wieder wird von Kormoranschützern das<br />
Argument <strong>in</strong> den Raum geworfen, wenn die Kormorane<br />
nichts mehr zu fressen fi nden, reduziert<br />
sich der Bestand von alle<strong>in</strong>e. Dabei wird bewusst<br />
unterschlagen, dass Kormorane sehr fl exibel s<strong>in</strong>d.<br />
Sie können an e<strong>in</strong>em Tag mehrere h<strong>und</strong>ert Kilometer<br />
zum nächsten Gewässer fl iegen. Die Theorie,<br />
dass der Kormoranbestand sich wieder reduziert,<br />
wird sicher irgend wann e<strong>in</strong>mal zutreffen,<br />
<strong>und</strong> zwar dann, wenn europaweit alle Gewässer<br />
bis auf den letzten Stichl<strong>in</strong>g leer gefressen s<strong>in</strong>d.<br />
Für manche Fischarten, welche mehr als zehntausend<br />
Jahre hier heimisch waren, ist es dann mit<br />
Sicherheit zu spät.<br />
Zum Abschluss noch e<strong>in</strong>mal zu dem am Anfang<br />
erwähnten Artikel. Den Kormoranschützern der<br />
staatlichen Vogelschutzwarte Steckby hatte unser<br />
Vere<strong>in</strong> bereits 2005 die umfangreiche wissenschaftliche<br />
Studie über die Helme aus dem Jahre<br />
2004 sowie die Ergebnisse der E-Befi schung aus<br />
2009 unmittelbar danach zur Verfügung gestellt.<br />
Deshalb hätte den Autoren bei Beherrschung der<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsrechnung klar se<strong>in</strong> müssen,<br />
dass kaum noch mit Äschen oder Barben bei den<br />
Untersuchungen der Kormoranmägen zu rechnen<br />
war. Hier wurde deshalb <strong>in</strong> dem Artikel me<strong>in</strong>er<br />
Me<strong>in</strong>ung nach die Öffentlichkeit bewusst getäuscht<br />
<strong>und</strong> das Kormoranproblem verharmlost.<br />
Diese ökologische Katastrophe bzw. der immer<br />
noch stattfi ndende „Supergau“ an unseren heimischen<br />
Fischbeständen, welche sich seit mehr als<br />
zehn Jahren an unseren Gewässern abgespielt hat<br />
<strong>und</strong> immer noch abspielt, verdient mehr Ernsthaftigkeit<br />
<strong>und</strong> Ehrlichkeit im Interesse des Naturschutzes<br />
als Ganzes. Noch können wir den Lachs<br />
aus Norwegen oder den Pagasiuswels aus Vietnam<br />
im Supermarkt kaufen <strong>und</strong> großzügig unsere e<strong>in</strong>heimischen<br />
Fische vernichten lassen. Ich halte es<br />
aber für mehr als bedenklich, wenn wir unsere<br />
natürlichen Ressourcen <strong>und</strong> die Biodiversität für<br />
e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>seitigen Schutz e<strong>in</strong>er längst nicht mehr<br />
gefährdeten Tierart opfern.<br />
Die Politik sche<strong>in</strong> jetzt das Problem langsam zu<br />
erkennen. Denn nicht nur <strong>in</strong> der Helme s<strong>in</strong>d die<br />
Fischbestände restlos zusammengebrochen. Untersuchungen<br />
zur EU-Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie<br />
zeigen immer mehr, dass es so nicht weitergehen<br />
kann (nicht nur mit dem Kormoranproblem). Es<br />
gibt <strong>in</strong> unseren Flüssen praktisch kaum noch<br />
Fischbiomasse. Sowohl die Agrarm<strong>in</strong>ister der<br />
B<strong>und</strong>esländer als auch der B<strong>und</strong>estag haben jetzt<br />
den Kormoran auf der Agenda <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
als letztes Flächenb<strong>und</strong>esland ohne<br />
Kormoranverordnung ist e<strong>in</strong>e solche Verordnung<br />
bei vielen Politikern ke<strong>in</strong> Tabu mehr.<br />
Bleibt zu hoffen, dass endlich alle Naturschutzverbände<br />
erkennen, dass Fische <strong>und</strong> Kormorane<br />
geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e Chance brauchen <strong>und</strong> dies geht<br />
langfristig nur mit e<strong>in</strong>em europaweiten Kormoranmanagement<br />
mit E<strong>in</strong>griffen <strong>in</strong> die Brutkolonien.<br />
�<br />
Text: Frank Gabriel