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KB Nr. 22 Handeln

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Atelierbesuch bei<br />

Joss Bachhofer<br />

Besuch im Ateilier 03<br />

DER MENSCH IST EIN HOMO MIGRANT<br />

„Ich habe keine Lösung, aber ich liebe das<br />

Problem“, dieser Spruch im Atelier von Joss<br />

Bachhofer scheint charakteristisch für das<br />

Denken des Künstlers zu sein, eines Künstlers,<br />

der aus dem Rahmen fällt, denn er ist weder<br />

Fotograf noch Maler und doch beides und hat<br />

seine ureigene Technik entwickelt, die er hybride<br />

Fotografie nennt.<br />

Im Film der Reihe „Kunstraum“ von BR-alpha<br />

kann man seine Arbeitsweise verfolgen. Joss<br />

Bachhofer nimmt alte Fotos her, fremde oder<br />

eigene, oft sind es welche von seinen Reisen,<br />

von denen zu sprechen sein wird. Aber wie<br />

jüngst in seiner Ausstellung „O my god“ sind<br />

es auch Fotos bekannter Gemälde, auf denen<br />

blutige Szenen der biblischen Mythologie dargestellt<br />

sind. Diese Fotos in großformatigen<br />

Druckdetails klebt er sehr sichtbar auf seinem<br />

großen Ateliertisch aneinander. Dann reibt er<br />

das Puzzle mit Pigmenten ein. Mit einer Malerbürste,<br />

die er in Gipswasser getaucht hat,<br />

steigt der Künstler dann auf sein Bild und<br />

trägt den Gips auf. Damit erreicht er, dass die<br />

Perspektive aufgehoben und das eigentliche<br />

Bild zerstört wird. Manchmal so, dass er es<br />

wegwerfen muss. Nachdem er es mit einem<br />

Föhn getrocknet hat, baut er es neu auf, indem<br />

er Öl aufträgt. Joss Bachhofer sagt: „Das<br />

ist die Form des Lebens und Denkens, es gibt<br />

keinen Stillstand, der Mensch ist ein homo<br />

migrant.“<br />

Das Ergebnis trägt noch die Geschichte des<br />

Fotos in sich, hat aber durch Joss Bachhofers<br />

<strong>Handeln</strong> eine Reise gemacht und trägt seine<br />

Ideen zusätzlich. Insbesondere sind es die vier<br />

Ebenen Foto – Druck – Farbe – Gips/Öl, die<br />

miteinander spielen und eine neue andere<br />

Perspektive vermitteln, die irritiert, denn man<br />

spürt, irgendwas stimmt nicht. Genau das<br />

will der Künstler erreichen. Was er selbst immer<br />

wieder tut, die Wahrnehmung schulen,<br />

nicht mit Erwartungen herangehen, sondern<br />

Muster aufbrechen, einen anderen Blickwinkel<br />

einnehmen. Seine Stellung als Künstler in<br />

der Gesellschaft sieht er als Verantwortung.<br />

Missionieren aber will er nicht, sondern er<br />

versucht, mit Humor zu arbeiten, sich selber<br />

nicht zu wichtig zu nehmen.<br />

Joss Bachhofer wurde in Miesbach geboren<br />

und wuchs am Spitzingsee und Schliersee<br />

auf. Hierher kehrte er vor vier Jahren zurück,<br />

nachdem er mit seiner Frau durch die Welt<br />

reiste. Er lebte in New York, Goa, Korea und<br />

fuhr mit dem Roller 21.000 Kilometer nach<br />

Zentralasien. „Buchara, Samarkand, das sind<br />

Namen, die mich reizen, da wollte ich hin“,<br />

sagt er lächelnd. „Nichts wie weg“, nannte er<br />

die Serie, die er aus den dabei entstandenen<br />

Fotos machte. Einige davon waren im vergangenen<br />

Jahr im Haus der Kunst in München<br />

zu sehen, als die 1. Biennale unter dem Titel<br />

„Vanity Flair“ stattfand. Er zeigte Mahnmale<br />

von denen, die auf der Strecke blieben, ein<br />

Grabstein, eine Feuerstelle. Auch in diesem<br />

Sommer war er an der Präsentation „creatio<br />

continua“ im Haus der Kunst beteiligt, bei der<br />

er die 7 Tage der Schöpfung als Thema wählte.<br />

Religion indes ist kein Thema für ihn. „Ich<br />

brauche sie nicht als Krücke“, ihm genügt die<br />

Ethik der griechischen Antike, um seinen Platz<br />

in der Gesellschaft zu finden.<br />

Im Atelier hängen Werke mit gesellschaftlichem<br />

und historischem Bezug. Ein Atompilz<br />

zum Beispiel. Er solle daran erinnern, dass die<br />

Franzosen, die bis 1992 Versuche in der Südsee<br />

durchführten, Regionen unbewohnbar<br />

machten. „Aber es hat doch auch eine ästhetische<br />

Qualität und das ist das Gemeine“, sagt<br />

Joss Bachhofer. Und der Mensch könne sich<br />

trotz des Grässlichen und des Leids immer<br />

wieder daran goutieren. „Ich will gegen den<br />

Krieg sein“, konstatiert der Künstler. Da ist das<br />

Bild von Göring mit dem Akkordeon und dem<br />

Schriftzug „Wenigstens 12 Jahre anständig<br />

gelebt“, oder die RAF mit ihrer „kalten Intelligenz,<br />

die auch heute noch viele Unterstützer<br />

haben“. Joss Bachhofer bezieht Stellung. Vom<br />

Inhalt her, aber viel mehr noch durch seine<br />

Arbeitsweise, die keine Antworten gibt, sondern<br />

den Betrachter als erstes zum genauen<br />

Hinschauen zwingt, ihn verwirrt, irritiert. Er<br />

kann diese Arbeiten nicht in eine Schublade<br />

stecken, sondern er muss sich damit befassen,<br />

die neue Perspektive wahrnehmen, zur Seite<br />

treten, noch einmal hinschauen.<br />

Und das ist wohl das Wichtigste am Werk Joss<br />

Bachhofers: Es kann Menschen dazu motivieren,<br />

selbst zu denken.<br />

MZ<br />

www.jossbachhofer.de<br />

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