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Sunao Tokunaga – Die Straße ohne Sonne (1931) - linke-buecher.net

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die letzte Stadtbahn, die vorüberfuhr. Das Haus lag unmittelbar am<br />

Bahndamm.<br />

Es waren sieben Gesichter, die hier beisammen waren.<br />

" Wenn noch wenigstens drei kommen würden, könnten wir beginnen",<br />

sagte Takagi ungeduldig, er wartete bereits seit drei Stunden hier.<br />

Was ist nun mit unserem seltenen Gast, wird er kommen?" fragte Matzusaki, der Kassierer,<br />

und schob seinen Kahlkopf aus dem schwarzen Wollschal. Takagi nickte vorsichtig.<br />

" Entschuldigt die Verspätung! kamen Yshisuka. Nakai. Hagimura und Yamamoto<br />

gleichzeitig herein. "Was s 11 denn das?"<br />

Einer faßte den dicken Ärmel der Dotera (Anm.: Dick mit Wolle gefütterter Kimono.). die<br />

Yamamoto als Verkleidung trug, und alle lachten.<br />

" Laß doch, laß doch, es ist todernst", sagte Yshisuka, von dem man nie wußte, ob er Spaß<br />

oder Ernst machte. Das Lachen der Leute, die das kleine Zimmer füllten, wurde allmählich<br />

leiser. Jedesmal wenn der Wind heulte, knarrte unheimlich die schlecht gebaute Holztür.<br />

"Wollen wir anfangen?"<br />

Takagi nahm aus seiner Tasche den Gruppenleiterbericht, den Bericht der S-Abteilung, das<br />

Protokoll der Befehle der S-Abteilung die<br />

Berichte der Pressekommission, der Verpflegungsabteilung und der Abwehrabteilung, gab sie<br />

dem Sekretär und verlas die Tagesordnung der Sitzung: 1. Entscheidung über die Stellung<br />

zum Schlichtungsausschuß Das Zimmer war so voll Rauch, daß man die Gesichter der<br />

Genossen nicht mehr genau erkennen konnte. Das Thema nahm ihre ganze Aufmerksamkeit<br />

in Anspruch. Alle sagten ganz leise ihre Meinung. Dabei stellte sich heraus, daß Yamaura und<br />

Kamei zu der Ansicht von Nakai neigten, und Hagimura mit seiner Meinung in der<br />

Minderheit blieb. Nakai verhielt sich wie immer schweigsam. Hagimura war bereit, seine<br />

eigene Meinung zurückzustellen, wenn seine Zweifel nochmals widerlegt würden.<br />

" Ich lege, offen gesagt, keinen so großen Wert darauf, ob wir den Leuten vom<br />

Schlichtungsausschuß einen Fußtritt geben oder nicht, ich habe nur Angst, daß wir, die<br />

Leitung, zuviel Theorie treiben und die Streikenden in eine verzweifelte Lage bringen, es<br />

gehen <strong>ohne</strong>hin schon so viele Gerüchte darüber herum. "<br />

Wahrend er das sagte, erinnerte er sich, daß Nakai ihm einmal gesagt hatte: Du bist Trado-<br />

Unionist geworden. ...<br />

" Sollen wir das so gering einschätzen, was unsere Mitglieder in den anderthalb Jahren gelernt<br />

haben? Es ist schrecklich, wenn der Genosse Teraishi sagt: je größer die Arbeitslosigkeit, um<br />

so früher die Revolution; solche nackten Theorien den Massen zu sagen, ist gefährlich, damit<br />

macht man die Arbeiter nur ganz verwirrt." Hagimura sagte das ganz gefühlsmäßig, <strong>ohne</strong> die<br />

Folgen zu bedenken, aber gleichzeitig fiel ihm ein, daß er vielleicht zuviel gesagt hätte. Er<br />

konnte nicht mehr an sich halten, und die kalten Gesichter Yamamotos und Yshisukas regten<br />

ihn noch mehr auf.<br />

" Ich sage offen: es war ein großer Schlag, daß wir uns die erste Chance aus der Hand gleiten<br />

ließen. Heute sind noch alle Streikenden mit ganzem Herzen bei der Sache, aber wenn sie erst<br />

anfangen, müde zu werden, halten sie nicht mehr lange aus."<br />

Seine Unruhe trieb ihn, immer weiter zu reden. <strong>Die</strong> Genossen schwiegen und starrten ihn an.<br />

Noch nie war in den bisherigen Sitzungen die Selbstkritik so auf die Spitze getrieben worden.<br />

" Dummheit", sagte Nakai leise; Hagimura wunderte sich, Nakai brauchte sonst nie derartig<br />

heftige Worte.<br />

" Solche Gefühle, von denen der Genosse Hagimura spricht, hat nur er allein. - Aber unsere<br />

Feinde erlauben uns nicht, uns lange damit abzugeben. "<br />

Nakai starrte auf Hagimura, es schien, als ob die kleinen Augen des langen Gesichts<br />

aufglänzten, aber das war nur ein kurzer Augenblick. <strong>Die</strong> Genossen Hagimura und Takagi<br />

sind noch von den Gespenstern des siegreichen Streiks von 1924 verzaubert."<br />

Nakais Augen brannten. Hagimura konnte sich über diese heftigen Worte merkwürdigerweise<br />

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