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„Ruhe bewahren und<br />
Sicherheit ausstrahlen“<br />
Jo Marie Farwick,<br />
Co-Founder von Überground, Hamburg<br />
↗ www.überground.com<br />
Im Oktober 2016 sorgte ein plakativer Ideenklau<br />
für Aufsehen in der deutschen Werbebranche: BMW<br />
und die verantwortliche Agentur lucie-p präsentierten<br />
auf der Paris Motor Show einen Imagefilm,<br />
der ungeheure Ähnlichkeiten mit einem Kampagnenfilm<br />
der Newcomer-Agentur Überground für<br />
das Start-up Freeletics aufwies. Aufgeflogen ist das<br />
Ganze, weil ein aufmerksamer Freeletics-Fan die<br />
beiden Filme in einem Splitscreen-Video gegenüberstellte<br />
und dieses auf YouTube veröffentlichte<br />
( https://is.gd/youtubesplitscreen ).<br />
Zu den Ähnlichkeiten kam hinzu, dass in ei nem<br />
Making-of-Video des BMW-Films ein Moodboard<br />
mit Bildern aus dem Freeletics-Film zu sehen war –<br />
dieses wurde dann relativ schnell entfernt. Statt<br />
zu pöbeln, nahmen es Freeletics und Überground<br />
gelassen, bedankten sich süffisant für die Ehre<br />
und luden BMW zum Teamtraining ein. Jo Marie<br />
Farwick, Co-Founder von Überground, über ihre<br />
Beweggründe:<br />
Quelle: www.youtube.com/watch?v=fHTcvpadbHo (Stand 04.01.<strong>2017</strong>)<br />
BMW nutzte die Sportmetapher, um das<br />
Konzeptauto X2 zu positionieren –<br />
und orientierte sich dabei augenscheinlich<br />
stark an dem Freeletics-Spot. Laut<br />
BMW ist die Ähnlichkeit schlicht dem<br />
Zeitgeist geschuldet<br />
● Die erste Tendenz ist, sich tierisch aufzuregen.<br />
Aber das führt oft zu Übersprunghandlungen, die<br />
im Nachhinein nicht so klug sind. Deshalb war meine<br />
Strategie in diesem Fall: Ruhe bewahren und Sicherheit<br />
ausstrahlen (ist eh meist das Beste). Mir war<br />
klar, dass das entweder von Freeletics selbst oder<br />
von den Fans der Marke publik gemacht würde –<br />
und so war es dann ja auch. Freeletics ist so ein<br />
Love-Brand, dass die Fans ihn selbst beschützen.<br />
Dass jemand die beiden Filme im Splitscreen auf<br />
YouTube hochlädt, hätten wir uns nicht besser ausdenken<br />
können.<br />
Für mich war von Anfang an klar, dass ich keinen<br />
Anwalt einschalten möchte. Wir kennen die Hintergründe<br />
nicht, und im Zweifelsfall tendiere ich zur<br />
Seite der Kreativen. Manchmal ist es nun mal so, dass<br />
der Kunde fordert, einen Moodfilm eins zu eins umzusetzen.<br />
Was soll man dann als Kreativer machen?<br />
Nein sagen und den Auftrag verlieren? Mich hat die<br />
Überheblichkeit der Produktionsagentur überrascht.<br />
Sie dachte anscheinend, dass unseren Film nicht<br />
viele Leute gesehen haben können. Hätte sie sich<br />
die Mühe gemacht zu recherchieren, hätte sie gesehen,<br />
dass der Film mehrere Nägel beim ADC gewonnen<br />
hatte – also einem größeren Publikum bekannt<br />
sein musste.<br />
Am Ende war das eine super PR-Aktion für uns.<br />
Wir waren die kreativen Underdogs in der Geschichte<br />
und haben sogar zwei Kundenanfragen bekommen,<br />
die sich explizit auf diese Sache bezogen haben.