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GIGApril2017

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32<br />

FILM<br />

FILM<br />

33<br />

IGGY FOREVER<br />

Gimme Danger<br />

Punk ist nicht tot, er tanzt nur komisch. Der<br />

Gedanke kann einem schon mal kommen, wenn<br />

man Iggy Pop heute so über die Bühne toben<br />

sieht. Den Karriereanfängen des wilden Proto-<br />

Punks, genauer, seiner Zeit mit den Stooges,<br />

widmet sich nun sein langjähriger Buddy Jim<br />

Jarmusch in dieser rasanten Doku. Dass es sich<br />

dabei um eine Herzensangelegenheit des Indie-<br />

Kultfilmers handelt, ist in jeder Filmminute spürbar;<br />

unbeschwerte Begeisterung überträgt sich<br />

von der ersten Anekdote an auf den Zuschauer.<br />

Und nicht nur Punkerherzen schlagen höher, wenn<br />

Iggy barfuß und augenzwinkernd aus der guten<br />

alten Zeit erzählt. Dazwischen kommen selbstredend<br />

auch Weggefährten zu Wort und, klar,<br />

dröhnen auch immer wieder herrlich garagige<br />

Live- und Studioaufnahmen über die Kinolautsprecher<br />

und erinnern daran, wie roh und sexy<br />

das alles war, damals.<br />

Neben die handelsüblichen Rockumentary-Elemente<br />

montiert Jarmusch aber auch animierte<br />

Sequenzen und Ausschnitte aus alten Filmen und<br />

Serien - was dem Ganzen Originalität und Witz<br />

verleiht, die den meisten Genrebeiträgen bei aller<br />

Fanliebe ja doch eher abgehen.<br />

Trotz aller Exzesse: Inzwischen ist „The Real Wild<br />

Child“ Iggy Pop der letzte Überlebende der Stooges.<br />

Umso schöner, dass Jarmusch ihm gerade<br />

jetzt, zum 70. Geburtstag, dieses charmante<br />

Denkmal setzt. Karin Jirsak<br />

USA 2016; Regie: Jim Jarmusch; Bundesstart:<br />

27.04.; www.gimmedangerfilm.com<br />

16,0mm<br />

SNEAKPREVIEW<br />

Die andere Seite der Hoffnung<br />

Das Flüchtlingsthema ist inzwischen auch im Kino<br />

angekommen. Der Beitrag des finnischen Arthouse-<br />

Filmers Aki Kaurismäki („Le Havre“) wirft einen<br />

humorvollen Blick auf die Thematik und erzählt in<br />

gewohnt lakonischer Weise vom Clash Of Cultures,<br />

den ein junger Syrer (Sherwan Haji) als Illegaler in<br />

Helsinki erlebt.<br />

FIN 2017; Regie: Aki Kaurismäki; mit Sherwan Haji,<br />

Sakari Kuosmanen, Ilkka Koivula u.a.; Bundesstart:<br />

30.03.; www.die-andere-seite-der-hoffnung.de<br />

Es war einmal in Deutschland<br />

Kurz nach dem 2. Weltkrieg machen der jüdische<br />

Geschäftsmann David Bermann (Moritz Bleibtreu)<br />

und seine Freunde einen Wäschegroßhandel auf.<br />

Die Deutschen reißen ihnen die Ware aus den Händen<br />

- nur die amerikanische Offizierin Sara Simon<br />

(Antje Traue) ist skeptisch: Hatte Bermann<br />

etwa Kontakt mit Hitler? Nach dem Roman „Die<br />

© X Verleih AG<br />

Gemütlich: Iggy Pop<br />

erzählt aus der wilden Zeit<br />

mit den Stooges<br />

© StudioCanal<br />

RRRIOT<br />

Tiger Girl<br />

Mit flotten Ideen und jener gekonnten<br />

Lässigkeit, an der es hierzulande chronisch<br />

mangelt, geht Jungfilmer Jakob<br />

Lass nach dem rigorosen „Love Steaks“<br />

weiter seinen Weg. Diesmal mit Griff<br />

in den Fördertopf sowie dem größten<br />

deutschen Verleiher, Constantin Film.<br />

Der zweite Streich, wieder ohne festes<br />

Skript entstanden, handelt von der<br />

schüchternen Maggie (Maria Dragus), die ihre Prüfung<br />

auf der Polizeischule verpatzt und nun einen<br />

Job in einer Securityfirma beginnt. Zufällig<br />

begegnet sie Tiger (Ella Rumpf), ihrem totalen<br />

Gegenstück: Die selbstbewusste Frau nimmt sich<br />

einfach, was sie will. Die spontane Straßenbekanntschaft<br />

erweist sich als Beginn einer schicksalhaften<br />

Verbindung, und Maggie mutiert zur<br />

kompromisslosen „Vanilla“.<br />

Ganz schön frech, wenn die Mädels vom hübschen<br />

Trottel im Einkaufszentrum verlangen, die<br />

Hosen fallen zu lassen, weil sie ihn ganz intensiv<br />

nach angeblichem Diebesgut abtasten wollen<br />

- bedenklich, was eine Securityuniform so<br />

Teilacher“ von Michel Bergmann.<br />

L / B / D 2017; Regie: Sam Garbarski; mit Moritz<br />

Bleibtreu, Antje Traue, Mark Ivanir u.a.; Bundesstart:<br />

06.04.; www.eswareinmalindeutschland.x-verleih.de<br />

The Birth Of A Nation<br />

Auf Festivals gefeiert, im Kino boykottiert: Die Verfilmung<br />

der wahren Geschichte von Nat Turner, der<br />

30 Jahre vor dem amerikanischen Bürgerkrieg einen<br />

Sklavenaufstand anzettelte, sorgte im Vorfeld für<br />

große Kontroversen: Die Vergewaltigungsvorwürfe<br />

gegen Regisseur und Hauptdarsteller Nate Parker<br />

überschatteten das wichtige Thema des Films.<br />

USA 2016; Regie: Nate Parker; mit Nate Parker, Armie<br />

Hammer, Mark Boone Junior u.a.; Bundesstart: 13.04.;<br />

www.facebook.com/TheBirthofaNation<br />

Bleed For This<br />

Mit gebrochenem Genick zurück in den Ring. Unglaublich,<br />

aber wahr: Der Boxer Vinny Pazienza (Miles Teller)<br />

wagte in den 90ern das lebensgefährliche Comeback.<br />

Eine Geschichte, die nach einer Verfilmung nahezu<br />

schreit. Ben Younger („Couchgeflüster“) hat mit<br />

„Whiplash“-Star Miles Teller einen viel versprechenden<br />

Hauptdarsteller gefunden.<br />

Offizierin Simon<br />

(Antje Traue) traut<br />

David Bermann<br />

(Moritz Bleibtreu)<br />

nicht so recht<br />

USA 2016; Regie: Ben Younger;<br />

mit Miles Teller, Aaron Eckhart,<br />

Katey Sagal u.a.;<br />

Bundesstart: 20.04.;<br />

www.bleedforthisfilm.com<br />

17,0mm<br />

alles möglich macht. Das wild inszenierte Anti-<br />

Spießerspektakel bietet aber bei aller Situationskomik<br />

samt Martial-Arts-Einlagen auch<br />

durchaus substanzielle Fragen. Absolut gelungen,<br />

wenn ein Film im harmlos bonbonfarbenen<br />

Outfit so clever provoziert, sich dem Thema<br />

Gewalt mit all seinen Konsequenzen zu stellen.<br />

Dieter Oßwald<br />

D 2017; Regie: Jakob Lass; mit Ella Rumpf,<br />

Maria Dragus, Enno Trebs u.a.; Bundesstart: 06.04.;<br />

www.tigergirl.de<br />

Dank Tiger (Ella Rumpf, re.) mutiert Maggie<br />

(Maria Dragus) zur toughen „Vanilla“<br />

WER‘S FINDET, DARF‘S BEHALTEN<br />

The Founder<br />

Dies ist die Geschichte von McDonald‘s - aber<br />

nicht jene der Erfinder der größten Burgerbude<br />

der Welt oder des bemerkenswerten Werdegangs<br />

vom kleinen Familienrestaurant zum globalen<br />

Fast-Food-Imperium, sondern die des<br />

Mannes, der es dazu machte. Der erfolglose<br />

Vertreter Ray Kroc (Michael Keaton) kommt eines<br />

Tages mit dem magischen Wort „Franchise“<br />

auf die Brüder Dick und Mac McDonald (Nick<br />

Zum Entdecken entschlossen: Percy<br />

Fawcett (Charlie Hunnam)<br />

Die versunkene Stadt Z<br />

Abenteuer im Amazonas: Der britische Offizier<br />

Percy Fawcett (Charlie Hunnam) findet<br />

Spuren einer untergegangenen Zivilisation.<br />

Besessen von der Idee, die letzte große geografische<br />

Entdeckung der Welt zu machen,<br />

bricht er auf, um seine Vision zu beweisen.<br />

Epischer Bilderrausch mit „Sons Of Anarchy“-<br />

Frauenschwarm Charlie Hunnam.<br />

USA 2016; Regie: James Gray; mit Charlie<br />

Hunnam, Robert Pattinson, Sienna Miller<br />

u.a.; Bundesstart: 30.03.;<br />

www.studiocanal.de<br />

Texte: Karin Jirsak<br />

Klappstuhl Sperrsitz Parkett Balkon Loge<br />

© StudioCanal<br />

© 2017 Constantin Film Verleih GmbH / Fogma<br />

4,0mm<br />

FILM DES MONATS<br />

UND NICHTS ALS DIE WAHRHEIT<br />

Verleugnung<br />

Beim Umgang des Autoren David Irving mit<br />

dem Holocaust könnte man mit Trump-Beraterin<br />

Kellyanne Conway wohl von „alternativen<br />

Fakten“ sprechen. Mit denen habe<br />

Irving jahrzehntelang versucht, die Bedeutung<br />

des Holocaust herunterzuspielen, so<br />

der Vorwurf an den mehrfach Verurteilten.<br />

Nachdem ein Sachbuch der US-Universitätsprofessorin<br />

Deborah E. Lipstadt auch in<br />

Großbritannien erschienen war, reichte Irving<br />

1996 eine Verleumdungsklage gegen<br />

Lipstadt und ihren Verlag Penguin Books ein.<br />

Nun existiert im englischen Strafrecht der<br />

irritierende Umstand, das bei einer Verleumdungsklage<br />

die Beweislast beim Angeklagten<br />

liegt. Das bedeutete in diesem Fall,<br />

dass Lipstadt und ihre Anwälte nicht nur<br />

beweisen mussten, das Irving Fakten verdreht,<br />

sondern auch, dass der Holocaust<br />

stattgefunden hat.<br />

Der Film schildert nun dieses Verfahren, mit<br />

drei großartigen Schauspielern: Rachel Weisz<br />

als Lipstadt, Timothy Spall als Irving und Tom<br />

Wilkinson als Anwalt Richard Rampton. Mi-<br />

Offerman, John Carroll Lynch) zu und konfrontiert<br />

sie mit seinem Traum, ihr auf strikte Effizienz ausgerichtetes<br />

Hamburgerrestaurant landesweit zu kopieren.<br />

Der Perfektionismus der beiden Landeier<br />

kollidiert jedoch schon bald mit Krocs Größenwahn,<br />

der vor nichts und niemandem Halt macht.<br />

Die All-American-Story zeigt den Glanz und das<br />

Grauen des Kapitalismus in ehrlicher Form. Regisseur<br />

John Lee Hancock („Blind Side - Die große<br />

Chance“) inszenierte das gut recherchierte Drehbuch<br />

von Robert D. Siegel („The Wrestler“) als<br />

mitreißende Charakterstudie. Deren Protagonist<br />

verliert zwar zunehmend an Sympathie, aber man<br />

begreift ihn und seine Motivation dank der behutsamen,<br />

nie reißerischen Erzählweise. Michael<br />

© SquareOne / Universum<br />

Prof. Lipstadt (Rachel Weisz) muss den<br />

Holocaust beweisen<br />

nutiös zeigt Regisseur Mick Jackson („Bodyguard“),<br />

wie sich Lipstadt und ihre Anwälte<br />

vorbereiten, Auschwitz besuchen<br />

und sich eine Strategie zurechtlegen. In<br />

den Gerichtsszenen wurden ausschließlich<br />

Dialoge aus den Prozessprotokollen benutzt,<br />

aus denen sich ein sehr spannendes,<br />

hoch aktuelles Justizdrama entspinnt.<br />

Martin Schwarz<br />

USA / GB 2016; Regie: Mick Jackson;<br />

mit Rachel Weisz, Timothy Spall,<br />

Tom Wilkinson u.a.; Bundesstart: 13.04.;<br />

www.verleugnung-film.de<br />

Keaton spielt ihn groß, aber dennoch greifbar.<br />

Eine unaufgeregte, sicher inszenierte Geschichte<br />

vom Amerikanischen Traum in Gelb und Rot.<br />

Lars Tunçay<br />

USA 2016; Regie: John Lee Hancock; mit<br />

Michael Keaton, Nick Offerman, John Carroll Lynch<br />

u.a.; Bundesstart: 20.04.; www.thefounder-film.de<br />

KLEBRIG<br />

Die Hütte -<br />

Ein Wochenende mit Gott<br />

Ein Alptraum für Atheisten ist diese knallbunte<br />

Verfilmung des Gottfindungs-Bestsellers „The<br />

17,0mm<br />

Shack“ von William Paul Young. Der Suchende:<br />

Ein trauernder Vater, der - auf eine mysteriöse<br />

Einladung hin - in die abgelegene Waldhütte zurückkehrt,<br />

in der die letzte Spur seiner vermissten<br />

Tochter gefunden wurde. Was den Zweifelnden<br />

dort erwartet, ist nichts weniger als eine<br />

Begegnung mit Gott in seiner ganzen, heiligen<br />

Dreifaltigkeit: Als „Papa“ (Octavia Spencer!),<br />

Sohn (Avraham Aviv Alush) und heiliger Geist (Sumire<br />

Matsubara). Ob die drei seinen Schmerz<br />

lindern können?<br />

Was wie ein Entführungsthriller beginnt, entwickelt<br />

sich bald zum kitschig-christlichen Theodizee-Drama.<br />

Ja, man kann diesen Film mit<br />

Recht verteufeln, ihm aber auch zwei Dinge zugestehen.<br />

Erstens: Er beinhaltet tatsächlich<br />

einige interessante Gedanken darüber, wie man<br />

einen gütigen, dabei allmächtigen Gott annehmen<br />

kann, wo doch so viel Grausames in der<br />

© 2017 Concorde Filmverleih GmbH /<br />

Jake Giles Netter<br />

Lecker: Mack (Sam Worthington) backt Kuchen<br />

mit Gott (Octavia Spencer)<br />

Welt passiert. Bei solcherlei existenziellen Überlegungen<br />

macht Sam Worthington eine immerhin<br />

ganz sympathische Figur. Zweitens: „Die Hütte“<br />

ist, wenn man über den grellen Bibel-TV-<br />

Nimbus hinwegsehen kann, leider verdammt unterhaltsam.<br />

Passend zu Ostern wie ein Fondant-<br />

Ei: Klebrig, aber auch irgendwie lecker.<br />

Karin Jirsak<br />

USA 2016; Regie: Stuart Hazeldine;<br />

mit Sam Worthington, Octavia Spencer, Tim McGraw<br />

u.a.; Bundesstart: 06.04.; www.diehuette-film.de<br />

17,0mm

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