02.05.2017 Aufrufe

Kapital & Märkte: Ausgabe April 2017

Wachstumslokomotive? Lesen Sie in der aktuellen Kapital & Märkte, warum sich die deutsche Wirtschaft trotz ökonomischer Superlative in einer Schieflage befindet und wie es dazu kommen konnte. - Leistungsbilanzüberschüsse finanzieren Konsum im Ausland - Investitionstätigkeit in Deutschland enttäuschend - Große Herausforderungen für das Wirtschaftsmodell Deutschlands

Wachstumslokomotive? Lesen Sie in der aktuellen Kapital & Märkte, warum sich die deutsche Wirtschaft trotz ökonomischer Superlative in einer Schieflage befindet und wie es dazu kommen konnte.

- Leistungsbilanzüberschüsse finanzieren Konsum im Ausland

- Investitionstätigkeit in Deutschland enttäuschend

- Große Herausforderungen für das Wirtschaftsmodell Deutschlands

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Kapital</strong> & <strong>Märkte</strong><br />

lässige Währungsquote bis 50% nur zur<br />

Hälfte ausgeschöpft. Die Risikobudgets<br />

werden daher zunehmend von Sonderthemen<br />

wie z.B. High Yield und<br />

Schwellenländeranleihen ausgeschöpft.<br />

Aufgrund der höheren Risiken werden<br />

diese Investments generell nur über<br />

breit diversifizierte Fondslösungen abgebildet<br />

und unterliegen einem strengen<br />

Risikomanagement.<br />

Deutschland: Wirtschaftsmodell<br />

steht<br />

vor großen Herausforderungen<br />

Betrachtet man die Position unseres<br />

Landes im Vergleich zu den anderen<br />

Mitgliedsländern der Eurozone, dann<br />

wird deutlich, warum die deutsche<br />

Wirtschaft als Lokomotive der EU, ja sogar<br />

Europas bezeichnet wird. An erster<br />

Stelle der ökonomischen Superlative<br />

fällt der exorbitante Überschuss der<br />

Handels- und damit der Leistungsbilanz<br />

auf (vgl. Abb. 1). Der Außenhandelssaldo<br />

kletterte in den vergangenen Jah<br />

ren von Rekord zu Rekord und erregt damit<br />

nicht nur den Argwohn der neuen<br />

US-Regierung, sondern auch schon länger<br />

den der anderen Euro - Mitgliedsländer.<br />

Das Plus in der Leistungsbilanz<br />

Deutschlands erreichte 2016 sagenhafte<br />

266 Milliarden Euro, was über 8% des<br />

deutschen Sozialproduktes entspricht<br />

und damit eine klare Verletzung der Forderung<br />

nach außenwirtschaftlichem<br />

Gleichgewicht sowie den EU-Vorgaben<br />

darstellt. Auf Platz zwei der Überschussländer<br />

folgt das wesentlich größere China<br />

und Platz drei belegt Japan. Demgegenüber<br />

steht beispielsweise ein Defizit<br />

der USA von 478 Milliarden US Dollar.<br />

Im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz<br />

von 1967 ist noch das Ziel eines außenwirtschaftlichen<br />

Gleichgewichts verankert.<br />

Doch scheint die deutsche Öffentlichkeit<br />

dieses Ziel bis vor kurzem zu<br />

ignorieren. Stetig steigende Handelsüberschüsse<br />

werden alleine als Ausdruck<br />

eigener Wettbewerbsstärke interpretiert.<br />

Es bedurfte der aggressiven<br />

Rhetorik von US Präsident Trump, um<br />

diese Schieflage in der deutschen Wirtschaft<br />

publik zu machen.<br />

Dem Leistungsbilanzüberschuss entspricht<br />

ein bilanztechnisch äquivalent<br />

Abbildung 1: Leistungsbilanzen Deutschlands und Italiens mit IWF Fortschreibung<br />

Quelle: Thomson Reuters Datastream<br />

umfangreicher <strong>Kapital</strong>export. Dieser ist<br />

insoweit unproblematisch, als diese <strong>Kapital</strong>anlagen<br />

und Investitionen im Ausland<br />

Erträge abwerfen. Wenn aber wie<br />

durch die Finanzkrise massive Entwertungen<br />

der Auslandsanlagen eintreten,<br />

bedeutet dies aus deutscher Sicht eine<br />

teilweise Vermögensvernichtung. Dem<br />

Konsum- und Investitionsverzicht im<br />

Inland steht dann kein entsprechender<br />

Wert gegenüber. Bedenkt man, dass<br />

über eine halbe Billion Euro in überwiegend<br />

problematische US Immobilienverbriefungen<br />

und bei Lehman Brothers<br />

angelegt worden sind, wird der Nutzen<br />

des Leistungsbilanzüberschusses für die<br />

deutsche Wirtschaft fragwürdig. Ob die<br />

jetzige Anlage eines Teils der Überschüsse<br />

in Staatsanleihen anderer Länder<br />

sich auf Dauer als besser herausstellen<br />

wird, darf bezweifelt werden.<br />

Glücklicherweise sorgen die inzwischen<br />

bedeutend angewachsenen Direktinvestitionen<br />

der Unternehmen im Ausland<br />

für solide und wachsende Erträge,<br />

die gerade in Zeiten von drohendem<br />

Protektionismus Risiken abfedern.<br />

Man kann es auch so zusammenfassen:<br />

Deutschlands Leistungsbilanzüberschüsse<br />

finanzieren Konsum sowie Investitionen<br />

im Ausland. Dabei werden<br />

die Exporte faktisch zu rund 23% auf<br />

Kredit geliefert (Leistungsbilanzüberschuss<br />

zu Gesamtexport).<br />

Was sind die Treiber für diese außergewöhnliche<br />

Entwicklung insbesondere<br />

seit dem Tief der Finanzkrise im Jahr<br />

2009?<br />

Erstens sind die deutschen Lohnstückkosten<br />

in den 15 Jahren davor nicht zuletzt<br />

durch die Agenda 2010 sehr viel<br />

langsamer gestiegen als in allen anderen<br />

Ländern der Eurozone. Auch Reallohnverluste<br />

und -Stagnation der deutschen<br />

Arbeitnehmer ermöglichten dies.<br />

Dieser „Verzicht“ hatte wiederum eine<br />

ausgeprägte Konsumschwäche zur Folge,<br />

welche nicht zur ansonsten erfreulichen<br />

Wirtschaftsentwicklung Deutschlands,<br />

also Wachstum und Abbau der<br />

Arbeitslosigkeit passen wollte. Inzwischen<br />

hat sich diese Entwicklung gebessert,<br />

ja umgekehrt. Seit einigen Jahren<br />

steigen hierzulande Löhne und Gehälter<br />

bedingt durch die gute Beschäftigungslage<br />

wieder an und auch die Lohnstückkosten<br />

klettern schneller als im EU-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!